Zusammenfassung
Von prinzipieller Bedeutung (namentlich für die epidemiologische Forschung) ist die auch nach unseren Erfahrungen gesicherte Tatsache, daß in sehr zahlreichen Fällen jener spezifischen Infektionskrankheit, die zur Kinderlähmung führt, deutliche Paresen überhaupt ausbleiben. Recht häufig kommt es nur zu leichten motorischen Schwächezuständen, zu Hypotonien in dieser oder jener Extremität ohne gröbere Paresen oder zum vorübergehenden Verlust der Sehnenreflexe. Die Krankheit kann sich gewissermaßen sogar im „Stadium febrile“ erschöpfen. Es bestehen dann nur unbestimmte Allgemeinerscheinungen oder die geschilderten Lokalsymptome von seiten der Atmungs- und Verdauungsorgane, sowie der Meningen. Alle diese vielfarbigen abortiven Fälle sind für die Weiterverbreitung des Leidens wohl viel gefährlicher als die ausgeprägte Poliomyelitis. Ihr Vorkommen läßt sich zwar klinisch beweisen, ihre Häufigkeit aber ist bei dem jetzigen Stand unserer Kenntnisse gar nicht abzuschätzen. Wir haben aber mehr und mehr den Eindruck gewonnen, daß die meisten Fälle von Heine-Medinscher Krankheit ohne gröbere, nervöse Ausfallserscheinungen verlaufen und wir glauben fast, daß die ausgesprochene Prädilektion des frühen Kindesalters für die spinalen und bulbären Lähmungen nicht nur auf einer größeren Empfänglichkeit für das Virus an sich, sondern vielleicht auch auf einer besonderen Neigung zur Entwicklung der nervösen Ausfallserscheinungen beruht.
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Müller, E. (1910). Abortive Fälle. In: Die spinale Kinderlähmung. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-50921-6_7
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-50921-6_7
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