Zusammenfassung
Es hat sich als berechtigt erwiesen, die Dementia praecox unter den Gesichtspunkten dieser Untersuchungen aus den übrigen Psychosen der geisteskranken Massenmörder herauszuheben. Alles, was an prinzipiellen Beziehungen zwischen dem Massenmorddelikt und den Erscheinungsformen der Psychosen sich bei diesen andern Mördern gefunden hat, das traf man wieder bei der Dementia praecox; man traf aber darüber hinaus noch andere Zusammenhangsmöglichkeiten, die in den speziellen Auswirkungen der Dementia praecox wurzelten. Das hat auch dem ganzen Grundgedanken dieser Bearbeitung der Kasuistik recht gegeben insofern, als gerade diese Vielheit der Zusammenhänge besonders sinnfällig erwies, wie wenig für die Erkenntnis der Verursachung damit gesagt ist, daß die statistische Forschung die Geisteskrankheit als die Ursache des Deliktes aufzeigen kann.
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Literatur
Die beiden Fälle wurden von mir im Laufe der letzten drei Jahre für die Geriohte begutachtet.
Alle Namen sind Decknamen.
Das älteste, uneheliche, und vier der ehelichen Kinder; eines der letsteren wurde bei Verwandten erzogen.
Andererseits wußte man zufällig, daß Humbier vor vielen Jahren einmal Pförtner an einem Krankenhaus war, wo er damals wegen eines sehr vielseitigen, mit ungewöhnlicher Frechheit betriebenen Geschlechtsverkehrs mit dem Personal der Frauenabteilung entlassen werden mußte.
Da die Erregung der Bevölkerung bis in die Klinik gedrungen war, lief Frau Kaiser unter einem falschen Namen. Es war auch mit ihr von vornherein verabredet worden, daß im Krankensaal von ihr und vom Arzt niemals von der Tat geredet, nie darauf angespielt werden solle.
Diese Paula war bei den getöteten Kindern; eines der fünf ehelichen Kinder war, wie schon erwähnt wurde, bei Verwandten untergebracht und entging dem Tode. Wenn Frau Kaiser sich in dem Briefe an den Staatsanwalt als „Mutter von fünf Kindern“ bezeichnet, eo hat sie da im Affekt offenbar nur an die fünf Geburten in der Ehe gedacht.
Wenigstens verhielt sie sich so auf direktes Befragen. In ihren spontanen Bemerkungen war, wie sieh oben ergab, doch ab und zu etwas von Angst vor dem Manne zum Vorsehein gekommen.
Die Heimatgemeinde hat für uns genau festgestellt, wie weit diese Angaben der Frau Fried tatsächliche Unterlagen haben. Aus der Feststellung ergibt sich daß die von Frau Fried erwähnte evangelische Kirche in den Jahren 1909–12 erbaut wurde. Es sei richtig, daß der Ehemann Fried für einen gewissen Robert H. in den Jahren 1910 und 1911 Gefälligkeitswechsel unterschrieben habe. Fried hat in den Jahren 1910 und 1911 ein Gipsergeschäft betrieben, geriet aber 1911 in Zahlungsschwierigkeiten und mußte das Geschäft einstellen. Er sei von jeher in seinem Berufe fleißig gewesen. In den Jahren, in denen er das eigene Geschäft betrieben habe, habe er sich etwas mehr als nötig in den Wirtshäusern aufgehalten; als ein Trinker sei er jedoch nicht zu bezeichnen. Solange er noch Geselle war, habe er fleißig gearbeitet und mäßig gelebt. Ausdrücklich bemerkt wurde, daß der rasche Zusammenbruch des Geschäfts auch daher kam, daß der Bruder des Fried, der auch ein Gipsergeschäft betrieb, ihm in jeder Hinsicht Schwierigkeiten machte. Außerdem habe es dem Fried an dem nötigen Betriebskapital gefehlt.
Ihr eigenes Wort; nicht etwa Aufnahme einer Frage!
Abgesehen von dem Ergebnis der Untersuchung nach Abderhalden bei Frau Kaiser ist von der körperlichen Untersuchung bei beiden Frauen nichts Wesentliches zu beriohten. Das Serum der Frau Kaiser wurde im Abderhaldenschen Laboratorium in Halle untersucht und ergab: Serum allein —; Gehirn [(+)]; Nebennieren —; Schilddrüse —; Thymus [+]; Ovarium +; Rückenmark [+].
Diese Herrichtung, Schmückung oder wenigstens sorgfältige Aufbahrung der Kinderleichen war in den Fällen 68, 113, 116, 121 der Kasuistiken zu treffen.
Es handelt sich um einen in der letzten Zeit in der Psychiatrischen Klinik in Heidelberg beobachteten Fall. Bemerkt sei, daß die Kranke trotz der schweren Verletzung gerettet wurde. Eine Änderung der Psychose ist nicht eingetreten.
So, wie bei der Paranoia der Fall Wagner.
Die Zusammenfassung der Untersuchungen der Kasuistikfälle (S. 69ff.) und die Ergebnisse der beiden neuen Fälle deuten schon derartige im engen Sinne schizophrene Auswirkungen an. Man wird z. B. auch nach der Beteiligung des „pathologischen Einfalls“ Bleulers (Dementia praecox oder Gruppe der Schizophrenien, Leipzig und Wien 1911 bei Deuticke, S. 76; im Handbuch der Psychiatrie, herausgegeben von Aschaffenburg) und der „Triebhandlungen“ Kraepelins (Psychiatrie. 8. Aufl. Leipzig 1913 bei Barth. Bd. 3. Teil 2. S. 710) zu suchen haben. Bei solchen eingehenden Analysen an der Hand einer gründlich durchgearbeiteten Kasuistik werden dann auch zum Vergleich die einfachen Tötungshandlungen bei der Dementia praecox herangezogen werden müssen. Möglicherweise wird auch das zu einer Herausarbeitung der für die Mas s en tat wesentlichen Faktoren verhelfen.
Bleuler, Die psychologischen Kriterien der Zurechnungsfähigkeit. Monatsschr. f. KriminalpsychoL u. Strafrechtsref. 1. 1905. S. 621.
Helene Friderike Stelzner, Die Frühsymptome der Schizophrenie in ihren Beziehungen zur Kriminalität und Prostitution der Jugendlichen. Allgem. Zeitschr. f. Psychiatrie. 71.
A. a. O. S. 101.
Vgl. dazu auch Anmerkung 3, S. 42.
Die mindestens bei Frau Fried absolut unwahrscheinlich wäre.
Vgl Anmerkung 1, S. 20.
A. a. O. S. 101.
Von beiden Fällen handeln nur wenige Zeilen. Die Aufnahme in unsere Kasuistik kam daher nicht in Betracht. Übrigens hatten beide Täterinnen an die Mordtaten den Selbstmordversuch angeschlossen.
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Wetzel, A. (1920). Die Erweiterung einer Kasuistik des Massenmords bei der Dementia praecox. In: Über Massenmörder. Abhandlungen aus dem Gesamtgebiete der Kriminalpsychologie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-50813-4_3
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