Zusammenfassung
Die theoretische Chemie im eigentlichen Sinne unterscheidet sich von der Praxis der Wissenschaft nur dadurch, dass sie sich mit allen vorhandenen Körpern ohne weiteren Unterschied, nur dem wissenschaftlichen Interesse huldigend, beschäftigt, während die praktische Chemie nur auf solche Körper ihr Augenmerk richtet, deren Behandlung einen materiellen Nutzen mit sich führt. Es liegt auf der Hand, dass sonach die praktische Chemie nur ein Theil der theoretischen sein sollte, da sie ja nur den materiellen Nutzen bringenden in sich begreift. Wenn zufällig in der letzteren Erfahrungen gemacht werden, die den augenblicklichen Standpunkt der allgemeinen Wissenschaft überschreiten, so hat nicht etwa die Praxis als solche sich die Erringung derselben zuzuschreiben, sondern es ist die eingehende Beschäftigung mit bestimmten Körpern, bedingt durch die mächtigste, Triebfeder des menschlichen Strebens, das materielle Interesse, dem sie den Fund einer neuen Thatsache verdankt. Wie vorher die Praxis durch die Erkenntniss aller bis dahin bekannten Thatsachen, gleichsam auf den Schultern der modernen Wissenschaft stehend, erst befähigt wurde zu neuen Beobachtungen, so wäre sie auch verpflichtet, ihre Erfahrungen zum Gemeingut zu machen; denn nur dadurch wäre es möglich, dass unter der grösseren Anzahl von Fachmännern, die dann auf einer höheren Sprosse der wissenschaftlichen Erkenntniss stehen, ein Einzelner, durch überragende Kenntniss oder Glücksgunst geleitet, eine neue Stufe der grossen Leiter erklimmt. Auch er müsste dann den gewonnenen Standpunkt zum Allgemeingute machen. Geschähe dies, so würde es nur eine chemische Wissenschaft geben, bereichert sowohl durch die Erfahrungen des bescheidenen Laboratoriums wie der Stätten hochragender Schornsteine und mächtiger Bleiconstructionen.
This is a preview of subscription content, log in via an institution.
Buying options
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Learn about institutional subscriptionsPreview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Rights and permissions
Copyright information
© 1866 Springer-Verlag Berlin Heidelberg
About this chapter
Cite this chapter
Reimann, M. (1866). Einleitung. In: Technologie des Anilins. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-50794-6_1
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-50794-6_1
Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-642-50485-3
Online ISBN: 978-3-642-50794-6
eBook Packages: Springer Book Archive