Zusammenfassung
Es ist nicht schwer, die Unhaltbarkeit der auf dem Continent im Schwange gehenden Parteiclassificationen nachzuweisen. Der vielgebrauchte, rein formale Gegensatz „conServativ“ und „progressiv“ ist z. B. ganz nichtssagend, insofern er auf politische Gegner1) angewandt wird. Selbst Heinrich Leo verwahrt Sich in Seinem am 14. März 1864 im Berliner Evangelischen Verein gehaltenen Vortrage: „Was ist conservativ?“ Bert. 1864 S. 1, in Seiner bekannten barocken Weise dagegen, im Sinne eines Kaufmanns oder einer Hausfrau conservativ zu sein, welche Waaren, Lebensmittel, Kleidungsstücke, Meublen, mit einem Worte todtes Material conserviren wollen und Sagt: „Das Conserviren vielmehr, was wir im Auge haben, hat es mit Lebendigem und mit Leben zu thun, und schließt Veränderungen, wie sie jede Entwickelung nothwendig begleiten, nicht nur ein, Sondern verlangt sie. Politisch conserviren heißt: Einrichtungen, Sitten, Rechte, kurz! den ganzen Inhalt eines politischen Lebens in continuirlichem, gebeihlichem, im Wachsenden und werdenden Zustanbe — im Fortschritte, aber in wirklich gebeihlichem Fortschritte erhalten und den zur Auflösung, zum Zerfall führenden Fortschritt — also das, was eigentlich Rückschritt ist, abwehren.“ Kann nicht ein „Fortschrittsmann“ bona fide behaupten, in diesem Sinne auch conservativ zu sein? Vgl. John Stuart Mill’s Betrachtungen über die Repräsentativverfassung, deutsch von Wille, S. 14–18, wo es u. A. S. 15 mit Recht heißt: „Es ist unmöglich eine politische Anstalt oder Einrichtung gesellschaftlicher Angelegenheiten auszufinden, welche nur allein zur Orbnung führt, oder allein zum Fortschritt, was dem Einen dient, fördert Beibe.“ Iede Partei ist in der That conservativ, wenn ihre Forderungen ganz erfüllt sind, jede ist progressiv, wenn sie halb, und destructiv, wenn sie gar nicht erfüllt sind.
„For form of governments let fools contest, Whate’er is best administred, is best.“ Pope.
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Walcker, C. (1865). Ueber politische Parteien im Allgemeinen. In: Kritik der Parteien in Deutschland vom Standpunkte des Gneist’schen Englischen Verfassungs- und Verwaltungsrechts. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-50717-5_1
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