Zusammenfassung
Je nachdem, ob das Problem der Geschlechtsbeziehungen vom medizinischen, soziologischen oder psychologischen Standpunkt her aufgerollt worden ist, haben sich die verschiedensten Ansichten über das „Wesen“ des Mannes, das „Wesen“ der Frau und das „Wesen“ ihrer Beziehungen zueinander gezeigt. Gestützt auf ihre körperlichen Befunde, steht die medizinische Wissenschaft heute noch mehr oder weniger auf dem Standpunkte einer grundsätzlichenVerschiedenheit von Mann und Frau bezüglich ihrer physischen und psychischen Bedürfnisse und Erlebnisfähigkeiten und so nährt sie den Glauben, daß es Sache des Glückes oder des Schicksals sei, ob ein Mann und ein Weib, die sich vereinigen, zueinander „passen“ oder nicht. Auch durch die soziologischen und psychologischen Untersuchungen liefen immer wieder die Beweise für die verschiedene Veranlagung der Geschlechter, bis im Jahre 1923 Dr. M. Vaerting in ihrem Buche: „Neubegründung der Psychologie von Mann und Weib“ auf dem Wege soziologischer Beweisführung den Irrtum aufzeigte, in dem bisher die Geschlechterpsychologie darum befangen sein mußte, weil sie stets vom Manne und in einer Zeit der Vorherrschaft des männlichen Geschlechtes konzipiert worden ist. In diesem Buche wird der Nachweis erbracht, daß all das was heute als „typisch weibliche“ Eigenschaften empfunden und gewertet wird, Ergebnis soziologischer Entwicklung, Ergebnis langwährender männlicher Vorherrschaft ist. Zu Zeiten des Matriarchats treten nämlich die gleichen Eigenschaften als typisch beim Manne hervor, die heute dem Weibe anhaften, während sie beim Weibe zu jener Zeit als in ihr Gegenteil verkehrt nachgewiesen werden können. Das wichtige Ergebnis des Vaertingschen Buches ist, den Beweis für die Relativität psychischer Geschlechtsdifferenzen erbracht und diese als Reaktionen auf psychische Druckverhältnisse (Herrschen und Beherrschtsein) hingestellt zu haben.
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Künkel, R. (1926). Psychologie der Geschlechtsbeziehungen. In: Wexberg, E. (eds) Handbuch der Individualpsychologie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-50692-5_5
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