Zusammenfassung
Bei der Erörterung der Zusammenhänge zwischen Individualpsychologie und Politik denken wir an zwei mögliche Beziehungen: an einen praktischen und an einen systematischen Zusammenhang. Wir können die Frage aufwerfen, wie sich der Individualpsychologe bei seiner praktischen Arbeit — als Pädagoge, Psychotherapeut usw. — der jeweiligen Tagespolitik gegenüber verhält und verhalten soll und wir können den Beziehungen nachgehen, welche zwischen der Individualpsychologie als wissenschaftlichem System und jedem möglichen System der Politik bestehen können oder bestehen müssen. Bei konsequentem Durchdenken des Problems ergibt es sich wohl, daß diese Trennung nur eine künstliche sein kann, schon aus dem Grunde, weil jedes Denken ein Tun und jedes individualpsychologische Handeln ein Denken ist. Insoferne politische Faktoren einen wesentlichen Bestandteil jeder menschlichen Wirklichkeit bilden, mit welcher sich der Individualpsychologe auseinandersetzen muß, ist dieser auch ständig abhängig von den allgemeinen Orientierungen, die er aus dem systematischen Zusammenhang seiner Wissenschaft zum Problemkreis der Politik bezieht, und er kann seine politische Orientierung nicht verleugnen, ohne seine Wissenschaft zu verleugnen. Es läßt sich jedoch gleichzeitig erweisen, daß man beim Denken dieser letzten Konsequenz, welche der Individualpsychologie eine ständige politische Wirksamkeit zumutet und als notwendig voraussetzt, den Begriff der Praxis in einem extremen Sinne erfaßt, der weit hinausgreift über jenen Bereich der unmittelbaren Wirkung — in der Pädagogik, Psychotherapie, in der kritischen Aufklärung — der gemeiniglich als individualpsychologische Praxis aufgefaßt wird und auch aufgefaßt werden muß.
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Kaus, O. (1926). Individualpsychologie und Politik. In: Wexberg, E. (eds) Handbuch der Individualpsychologie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-50692-5_28
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-50692-5_28
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