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Traum und Pharmaka

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Zusammenfassung

Über die Beeinflußbarkeit der Traumfunktionen durch Pharmaka ist wenig Verbindliches bekannt. Siebenthal erwähnt in seiner umfassenden Monographie über die „Wissenschaft vom Traum“ keine Arbeiten, die sich mit diesem Problem befassen. Erst die neuere Megaphen-Literatur bringt einige interessante Einzelheiten über Veränderungen der Träume unter Phenothiazinpräparaten. Ernst, der die Häufigkeit des Erstickungsmotivs hervorhob, schrieb dazu: „Wo sonst Menschen und Tiere die Traumwelt beleben, nahmen hier unangenehm ausgeklügelte Apparate und Einrichtungen überhand.“ Die „widerliche, zynisch-kalte Mechanisierung und Technisierung des Traumlebens entspricht vielleicht der Empfindung der eigenen Gefühlsarmut und Beziehungslosigkeit... im Megaphenversuch“. Im auffallenden Gegensatz zu der gedämpften Affektlage des Wachzustandes stünde die Lebhaftigkeit und „brutale Aktivität der Träume“. Die Angst- und Erstickungsmotive werden mit der oft vorliegenden Dyspnoe in Verbindung gebracht. Hemmer wies auf die Häufigkeit des Überwältigt-Werdens und „Sich-Nicht-Wehren-Könnens“ als Traummotive unter der potenzierten Narkose hin. Habs u. Kilb beobachteten Traumerfahrungen mit dem Leitmotiv der Angst in geradezu experimenteller Abhängigkeit von der Antihistaminkörpertherapie. Auch englische Autoren wiesen auf ähnliche Erfahrungen hin (Anton-Stephens, Winkelman). Diese durch ihre Übereinstimmung sehr bemerkenswerten Beobachtungen werden auch von einem Teil der gesunden Versuchspersonen bestätigt, mit denen Heimann u. Witt Largactilversuche unternahmen. So träumte eine Versuchsperson von einer Kriminalgeschichte, bei welcher sie aus ihr unbekannten Gründen beteiligt war. Komplizierte technische Dinge waren vorherrschend. Ein Auto war irgendwie in Bewegung, das Maschinelle war deutlich und grell in Aktion, dazu allerlei Apparate, die dem Beweisverfahren dienten, Laboreinrichtungen usw.; aber von einem Delikt, einem Täter, einem Motiv oder gar einer eigenen Rolle beim Ganzen war nicht die Spur vorhanden. In den Träumen tritt also als Prinzip eine merkwürdige Entpersönlichung der Traumwelt bei gleichzeitigem Eindringen des Technisch-Apparativen auf, ein Phänomen, das für den Ablauf des modernen Lebens so außerordentlich kennzeichnend ist und im Traum in pharmakologisch karikierter Form erscheint.

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© 1956 Springer-Verlag OHG. Berlin · Göttingen · Heidelberg

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de Boor, W. (1956). Traum und Pharmaka. In: Pharmakopsychologie und Psychopathologie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-49820-6_9

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-49820-6_9

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