Zusammenfassung
M. H., gestatten Sie mir, einige Betrachtungen zu den Problemen des Morphinismus anzustellen und einige Gedankengänge zu verfolgen, welche vielleicht geeignet sind, pathogenetische und therapeutische Fragen unserem Verständnis näher zu rücken. Sie wissen, daß zur Erklärung der Pathogenese des Morphinismus mehrere Theorien aufgestellt worden sind, nämlich die von Faust vertretene Giftzerstörungstheorie, sodann die von Rübsamen verfochtene Theorie der cellulären Unterempfindlichkeit. Spätere Autoren, wie Meyer und Gottlieb nehmen ein Zusammenwirken beider Faktoren an. Zur Giftzerstörungstheorie ist folgendes zu bemerken: Bekanntlich ist es immer schon möglich gewesen, Morphium im Körper und seinen Ausscheidungen nachzuweisen. Man legte aber trotz ungenauer quantitativer Methoden zu viel Gewicht auf Zahlenverhältnisse und kam so zu falschen Schlüssen. Da es durch die von Loots angegebene neue Modifikation der Spaethschen Methode nunmehr möglich ist, beim Menschen nach subcutanen Gaben von 0,015 g Morphium im Harn Morphium nachzuweisen, so kann von einer beträchtlichen Giftzerstörung nicht die Rede sein und eine diese zur Grundlage nehmende Theorie hat nicht mehr viel Wahrscheinlichkeit für sich. Zur Erklärung der cellulären Unterempfindlichkeit nehmen eine Reihe von Forschern, wie Cloetta,Ghedini, Babel, Schübel an, daß es sich um eine Reaktion des Morphiums mit den Gehirnlipoiden handle, und zwar mit dem Lecithin. Dieser Anschauung hat sich mit neuestem Loots und auch Fauser zugewandt. Nun aber ist m. E. mit dieser Theorie einerseits das Wesen des Morphinismus, namentlich die „Revolution im Stoffwechsel“, wie sich Deutsch ausdrückt, nicht verständlicher geworden, andererseits dürfte sie wohl für die Kompliziertheit der Vorgänge im Organismus zu elementar gefaßt sein.
Vortrag in der Deutschen Forchungsanstalt für Psychiatrie.
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Wuth, O. (1926). Über Probleme des Morphinismus. In: Arbeiten aus der Deutschen Forschungsanstalt für Psychiatrie in München (Kaiser-Wilhelm-Institut). Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-49740-7_4
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