Zusammenfassung
Jedermann kennt eine Menge Zusammenhänge im Seelenleben, die ihn seine Erfahrung lehrte (nicht bloß durch häufige Wiederholung, sondern ebensogut durch die Verständlichkeit eines einzelnen wirklichen Falles, der ihm aufgegangen ist). Mit ihnen operieren wir bei der Analyse psychopathischer Persönlichkeiten und solcher Psychosen, die eine teilw „psychologische Erklärung“ noch immer herausfordern. Je reicher an verstehenden Erkenntnissen jemand ist, desto feiner und richtiger werden ihm im Einzelfall solche Analysen mit „psychologischer Erklärung“ gelingen. Nirgends, weder in der Normalpsychologie noch in der Psychopathologie hat man, sei es, weil es unmöglich oder weil es zu schwierig ist, diese verstehende Psychologie zusammenhängend und systematisch bearbeitet. Die verständlichen Zusammenhänge, die jeder kennt und die die Sprache ständig vergegenwärtigt, allgemein zu formulieren, führt zu Trivialitäten. Das ergreifend Verstehbare pflegt konkrete Gestalt zu haben und in der Systematisierung verlorenzugehen. Trotzdem drängen wir in der Wissenschaft auf systematisches Wissen und, wenn ein System der Verstehbarkeiten eine Torheit wäre, so wollen wir wenigstens über die Prinzipien des Verstehens in den Gehalten des Verstehbaren methodisch Ordnung anstreben. Vorher aber erinnern wir uns, woher wir eigentlich uns Reichtum. Beweglichkeit und Tiefe unseres Verstehens erwerben können.
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Jaspers, K. (1946). Verständliche Zusammenhänge. In: Allgemeine Psychopathologie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-49689-9_6
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