Zusammenfassung
Deutschland wird bei der Entstehung von Sozialversicherungssystemen — dem Kernsektor des Sozialstaats — gemeinhin eine gewisse Pionierrolle zugeschrieben. Diese Pionierrolle bezieht sich auf drei kennzeichnende Momente: Schaffung eines spezifisch auf die Lohnarbeiter ausgerichteten Sicherungssystems, Gestaltung mit den Mitteln des Öffentlichen Rechts (u.a. Zwang) und reichsweite Geltung. Damit verbunden war eine Abkehr von der politisch diskriminierend angelegten Armenfürsorge, die zwar auch nahezu reichsweit galt, deren Leistungen aber von Gemeinde zu Gemeinde differierten. Wie kam es zu dieser Pionierrolle?
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Literatur
Der Vortrag resümiert im wesentlichen Forschungsergebnisse, die in der Kasseler Arbeitsstelle der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur “Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867–1914” gewonnen wurden. Der erste Band “Von der Haftpflichtgesetzgebung zur ersten Unfallversicherungsvorlage” bearbeitet vom Verfasser und Heidi Winter befindet sich im Druck (Jena, Stuttgart und New York 1993), die dort enthaltenen Quellennachweise werden hier nur teilweise aufgeführt.
Vgl. Ludolf Herbst: Die erste Internationale als Problem der deutschen Politik in der Reichsgründungszeit. Ein Beitrag zur Strukturanalyse der Politik “monarchischer Solidarität”. Göttingen 1975. Die hier angesprochenen Vorgänge sind zuvor nur auf der breiten Quellenbasis der (damaligen) Archivüberlieferung in Österreich von Ludwig Brügel (Geschichte der österreichischen Sozialdemokratie. Wien 1922, Bd. 2) dargestellt worden, teilweise allerdings mit geradezu sinnverdrehenden Fehlern.
Die Rahmenkonstellationen zeigt auch auf: Heinrich Lutz: Österreich-Ungarn und die Gründung des Deutschen Reiches. Frankfurt/M., Berlin, Wien 1979.
PA Ausw. Amt R 190, fol. 223 f..
Wolfgang Saile: Hermann Wagener und sein Verhältnis zu Bismarck. Ein Beitrag zur Geschichte des konservativen Sozialismus. Tübingen 1958, S. 112.
Schreiben Bismarcks an Itzenplitz vom 17. Nov. 1871, GStA Merseburg Rep. 120 BB VII 1 Nr. 2 Bd. 1, fol. 75–79; Abdruck: Zeitschrift für Sozialreform, Jg. 1992, S. 53–55. Diese Passage hat Bismarck in der Konzeptreinschrift persönlich ergänzt.
Ebenda.
Ebenda.
Brief Theodor Lohmanns an Rudolf Friedrichs vom 12.11.1871, BArchP 90 Lo 2 Nr. 2, fol. 55
PA Ausw. Amt R 195, fol. 3.
Öst.StA Abt. HHStA IB K 35 1873 110.
ÖstStA Abt. HHStA IB K 35 1873 59.
PA Ausw. Amt R 195, fol. 39 u. 42.
Gerhard A. Ritter: Sozialversicherung in Deutschland und England. Entstehung und Grundzüge im Vergleich. München 1983, S. 25 f..
Im Prinzip richtig die Einschätzung bei Hans Rothfels: Theodor Lohmann und die Kampfjahre der staatlichen Sozialpolitik (1871–1905). Berlin 1927, S. 30.
Öst.StA Abt. HHStA Wien IB K 35 1872, fol. 325 Rs.
Abänderungsantrag zum Regierungsentwurf des Reichshaftpflichtgesetzes, Sten.Ber. RT 1871, 1. LP, I. Sess., Drucksache Nr. 71.
Vgl. dazu die in Anm.l genannte Quellensammlung.
Das Schuldmoment im römischen Privatrecht, Gießen 1867, S. 40.
Gedanken und Erinnerungen. Die drei Bände in einem Bande. Stuttgart und Berlin o.J., S. 608.
Fürst Bismarck. Neue Tischgespräche und Interviews. 2. Aufl., Stuttgart u.a. 1895, S. 111.
Bismarck-Erinnerungen des Staatsministers Freiherrn Lucius von Ballhausen. Stuttgart u. Berlin 1920, S. 189 f..
Vgl. Bismarcks großes Spiel. Die geheimen Tagebücher Ludwig Bambergers. Eingeleitet und herausgegeben von Ernst Feder. 2. Aufl., Frankfurt/M. 1933, S. 335 f..
Vgl. dazu das von Harry Rohwer-Kahlmann herausgegebene Sonderheft “100 Jahre Kaiserliche Botschaft” der Zeitschrift für Sozialreform, Jg. 1981, S. 667–716.
Vgl. zu den Einzelheiten: Florian Tennstedt: Geschichte des Sozialrechts. In: Bernd v. Maydell, Franz Ruland: Sozialrechtshandbuch, Neuwied u. Darmstadt 1988, S. 66–113; dort auch Hinweise auf die ältere Literatur.
So eine Äußerung gegenüber dem Vizepräsidenten des Reichstags und Vorsitzenden der sozialpolitischen Kommission des Reichstags Georg Freiherr von und zu Frankenstein am 13.6.1882, die dieser Theodor Lohmann berichtete (Brief Theodor Lohmanns an Ernst Wyneken vom 22. 6.1882, BArchP 90 Lo 2 Nr. 2, fol. 144 Rs.).
Vgl. Florian Tennstedt: Vom Proleten zum Industriearbeiter. Arbeiterbewegung und Sozialpolitik in Deutschland 1800 bis 1914. Köln 1983, S. 426 ff..
So der Bahnarzt Wilhelm Möller in seiner vom Reichsbund gegen die Sozialdemokratie geförderten Monographie über “Die Herrschaft der Sozialdemokratie in der deutschen Krankenversicherung” (Berlin 1908).
Rolf Neuhaus: Arbeitskämpfe, Ärztestreiks, Sozialreformer. Sozialpolitische Konfliktregelung 1900 bis 1914. Berlin 1986, S. 245 ff..
Brief Theodor Lohmanns an Ernst Wyneken vom 5.10.1883, BArchP 90 Lo 2 Nr. 2, fol. 178.
Vgl. dazu: Fritz Hellwig: Carl Freiherr von Stumm-Halberg. Heidelberg u. Saarbrücken 1936, S. 185 ff.; Theodor Lohmann hat wesentlichen Anteil daran, daß diese Pläne Stumms nicht zu einer Gesetzesvorlage der Regierung gediehen.
Vgl. dazu Hans Günter Hockerts: Sozialpolitische Entscheidungen im Nachkriegsdeutschland. Alliierte und deutsche Sozialversicherungspolitik 1945 bis 1957. Stuttgart 1980.
Vgl. Florian Tennstedt: Vom Proleten zum Industriearbeiter. Arbeiterbewegung und Sozialpolitik in Deutschland 1800 bis 1914. Köln 1983, S. 448 ff..
So Walter Bogs: Die Sozialversicherung in der Weimarer Demokratie. Berlin 1981, S. 14.
Vgl. Hans-Peter Benöhr (Hg.): Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversorgung in der neueren deutschen Rechtsgeschichte. Tübingen 1991, S. 105 ff..
Vgl. Florian Tennstedt: Berufsunfähigkeit im Sozialrecht. Frankfurt/M. 1972, S. 48 ff..
Karl Christian Führer: Arbeitslosigkeit und die Entstehung der Arbeitslosenversicherung in Deutschland 1902–1927. Berlin 1990.
Vgl. Christoph Sachße, Florian Tennstedt: Geschichte der Armenfürsorge in Deutschland. Bd. 2: Fürsorge und Wohlfahrtspflege 1871 bis 1929. Stuttgart u.a. 1988.
Vgl. Christoph Sachße, Florian Tennstedt: Geschichte der Armenfürsorge in Deutschland. Bd. 3: Der Wohlfahrtsstaat im Nationalsozialismus. Stuttgart u.a. 1992.
Vgl. dazu Hans Günter Hockerts: Sozialpolitische Entscheidungen im Nachkriegsdeutschland. Alliierte und deutsche Sozialversicherungspolitik 1945 bis 1957. Stuttgart 1980
und Eckart Reidegelt: Die Sozialversicherung zwischen Neuordnung und Restauration. Soziale Kräfte, Reformen und Reformpläne unter besonderer Berücksichtigung der Versicherungsanstalt Berlin (VAB). Frankfurt/M. 1982.
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© 1993 Physica-Verlag Heidelberg und Mittelbayerische Druck- und Verlags-Gesellschaft Regensburg
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Tennstedt, F. (1993). Sozialpolitik und innere Reichsgründung. Politische Rahmenkonstellationen in Europa als Ausgangspunkt für Deutschlands Aufbruch zum Sozialstaat. In: Lottes, G. (eds) Soziale Sicherheit in Europa. Schriftenreihe der Europa-Kolloquien im Alten Reichstag, vol 2. Physica-Verlag HD. https://doi.org/10.1007/978-3-642-48419-3_3
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