Pathologische Anatomie der Spinal- und Hirnnervenganglien, einschließlich der Wurzelnerven

Zusammenfassung

Die pathologische Anatomie der Spinal- und Hirnnervenganglien ist erst wenig ausgebaut und mit vielen Unsicherheiten belastet; sie befindet sich noch im Stadium des Sammeins von Tatsachenmaterial. Die bisherigen Befunde lehren, daß von „Krankheiten “der Ganglien nicht gesprochen werden kann, da die nachgewiesenen Veränderungen immer nur Teil eines Prozesses sind, der zugleich an anderen Abschnitten des Nervensystems Veränderungen hervorruft. Auf diese muß bei der Schilderung oft zurückgegriffen werden, wobei sich Überschneidungen mit anderen Darstellungen dieses Handbuches unvermeidlich er geben. An den Ganglien erweist sich besonders deutlich, daß physiologische und pathologische Befunde durch alle Übergänge miteinander verbunden sind. Nur daraus werden die Differenzen des Schrifttums verständlich, die sich bereits im deskriptiven Teil der Mitteilungen finden. Für die Deutung der anatomischen Bilder ist zu beachten, daß in den Ganglien nicht alles, was sich an Veränderungen der Nervenzellen und der Glia findet, als Ausdruck eines krankhaften Vorganges anzusehen ist. Manche Veränderungen beruhen auf physiologischen Entwicklungs- und Rückbildungserscheinungen, die sich im postnatalen Leben vollziehen und mit dem Alter zunehmen. Daher wird es bei älteren Individuen schwer, eine krankhafte Veränderung der Ganglienzellen von einer durch die physiologische Rückentwicklung bedingten gestaltlichen Umwandlung zu unterscheiden. Diese Schwierigkeit, welche sich auch für andere Teilfragen der Ganglienpathologie ergibt, erfordert eine kurze Darstellung der „normalen“ Befunde, die auch deshalb der Schilderung krankhafter Veränderungen vorausgestellt werden muß, weil das Studium der pathologischen Anatomie der Ganglien immer wieder auf Probleme von deren normaler Histologie stößt, die eine große Zahl ungelöster Fragen enthält.