Zusammenfassung
Ein gut Teil des Widerstandes gegen die Annahme einer kindlichen Sexualität hat seine Quelle in dem engbegrenzten Umfang, den man noch zumeist dem Begriffe der Sexualität zuzuerkennen geneigt ist. Wenn wir als sexuelle Äußerung nur das gelten lassen, was der geschlechtlichen Vereinigung mit einem Partner des anderen Geschlechtes, oder gar nur das, was der geschlechtlichen Portpflanzung dienen soll, dann allerdings werden wir beim Kinde, abgesehen von den immerhin nicht sehr häufigen Fällen der Verführung durch Erwachsene oder der bewußten Nachahmung beobachteter Sexualakte, alles Sexuelle vermissen. Stecken wir aber den Begriff der Sexualität so eng, so bleibt uns nicht nur das Verhalten des Kindes vielfach unverständlich und damit der Vorgang der Geschlechtsreife ein unfaßbares Begebnis, sondern es fehlt uns auch jeder Zugang zum Verständnis der sogenannten Perversionen und Inversionen auf dem Gebiete des Geschlechtslebens Erwachsener. Ja, wir werden nicht einmal das Liebesleben der „normalen“ Erwachsenen verstehen, die sich zu Zeiten an einem platonischen Liebesgedicht, einer mit keuscher Verehrung bewahrten welken Blume genügen lassen:
„Schaff’ mir ein Halstuch von ihrer Brust, Ein Strumpfband meiner Liebeslust!“ (Faust, erster Teil.)
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Literatur
Freud weist in diesem Zusammenhange darauf hin, daß sexuelle Befriedigung das beste Schlafmittel ist.
Ich wähle weiterhin als Abkürzungen Va. = Vater, Mu. = Mutter, Ki. = Kind.
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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
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© 1923 Julius Springer in Berlin
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Friedjung, J.K. (1923). Die kindliche Sexualität. In: Die Kindliche Sexualität und ihre Bedeutung für Erziehung und Ärztliche Praxis. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-47474-3_2
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