Zusammenfassung
Die Diätetik — eigentlich Lebensweise — ist in der Medizin die Lehre der Ernährung oder prägnant der zweckgemäßen Ernährung. Der Gesunde pflegt sich nicht nach wissenschaftlichen Prinzipien zu ernähren: Er befriedigt seinen Hunger, seinen Appetit und Durst nach den Gewohnheiten seines Landes, seiner Familie, seiner Person, gemäß seiner sozialen Lage. Diese instinktive Befriedigung seines Nahrungsbedürfnisses, dessen Regulatoren Hunger, Durst, Appetit, Ekel und Sättigungsgefühl sind, ist die beste Gewähr für eine gedeihliche Ernährung, die sich in der Konstanz des Körpergewichts und in der körperlichen Leistungsfähigkeit bei vollem Wohlbefinden zeigt. Insofern wäre es auch überflüssig von einer Diätetik des Gesunden hier zu sprechen, zumal ja mit dem Worte Diätetik schlechtweg der Arzt eigentlich auch nur die Diätetik des Kranken, d. h. des von dem Durchschnitt abweichenden Individuums versteht. Eine solche Beschränkung der „Diätetik“ lediglich auf das von der Norm abwegige Individuum ohne Berücksichtigung der Ernährungsfragen des Gesunden wäre aber nicht nur eine einseitige Betrachtung an sich, es ist vielmehr die Diätetik der Kranken ohne Berücksichtigung und Kenntnis normal-physiologischer Vorgänge gar nicht zu verstehen. Dazu kommt noch eines: Wir leben in einem Staate, d. h. einem sozialen Organismus, dessen Individuen nur zum kleinsten Teile Selbstversorger im landwirtschaftlichen Sinne sind; die meisten sind in bezug auf ihre Ernährung „vom Markt“ abhängig, der bis zum Kriege sich nicht nur auf die Erträgnisse des Landes beschränkt hat. Die Butter, die wir gewöhnlich in Deutschland aßen, war größtenteils aus den südamerikanischen Staaten in Palmkern-und Rübölkuchen nach Deutschland herübergekommenes Fett, das den Kühen als Nahrung und damit zur Fettquelle der Milch gedient hatte.
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Brugsch, T. (1919). Die physiologischen Grundlagen der Ernährungslehre. In: Lehrbuch der Diätetik des Gesunden und Kranken. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-47424-8_1
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