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Schwierigkeiten unserer Auffassung, scheinbare und wirkliche

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Die Psychoide
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Zusammenfassung

Wie schon angedeutet, müssen in der Entwicklung außer den führenden Mechanismen noch andere Faktoren, wenn auch in Nebenrollen mitwirken, so die Auslese, und höchst wahrscheinlich Schwankungen, Variationen, die in bezug auf Bedürfnisse und Entwicklungsrichtung „zufällig“ genannt werden müssen — außerdem gewiß noch manches andere, von dem wir zur Zeit nicht träumen. Wir sind ja bloß am Anfang der Kenntnisse einerseits der Psychoide und anderseits der Entwicklungsmöglichkeiten, und müssen uns deshalb eher verwundern, daß, was sich nicht dem Prinzip als selbstverständlich unterordnet, nur Ausnahmen sind. Hat man doch noch zu einer Zeit, da ich studierte, die Milz als ein unnützes Organ ansehen wollen, weil man auch ohne dieselbe leben kann. Wenn ein Prinzip alles erklärte, so wäre ich überzeugt, daß es auf einer Täuschung, einer Tautologie, beruhte.

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Literatur

  1. Kammerer: Allgemeine Biologie. S. 285. Berlin: Deutsche Verlagsanstalt 1920, Solche Fälle zeigen u. a., daß Atrophie und Verschwinden eines Organs oder einer Funktion nicht identisch sind mit dem Schwinden der Bildungstendenz. Der Engrammkomplex der Augenentwicklung bleibt auch bei dem blinden Olm bestehen, wird indessen nichtekphoriert. Wahrscheinlich wären auch die blinden Asseln und Flohkrebse aus Bergwerken dank bare Versuchstiere nicht nur für Rückbildung, sondern auch für Erneuerung der rückgebildeten Augen. Genaue Verfolgung der Variabilität im Verhältnis zur Raschheit der Erholung-der Augen könnte dabei die Frage entscheiden, ob es sich um bloße Ausleseerscheinung handeln kann, wie die Gegner der Vererbung erworbener Eigenschaften annehmen.

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  2. Standfuss: mündliche Mitteilung.

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  3. Das ist kein Beweis, daß der Tagschmetterling die Schmetterlingsform und eventuell die Farbe nicht sieht; sein Sexualinstinkt kann möglicherweise trotz guten Sehens nur an die Wirbelbewegungen anknüpfen, wie das Kind alle Männer mit gelben Rockknöpfen als Schutzleute ansieht, oder wie der Fetischist sogar seine ganze Sexualität an einen beliebigen irgendwie mit dem natürlichen Sexualobjekt zusammenhängenden Gegenstand assoziiert.

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  4. Hertwig, O.: Werden der Organismen. S. 593 und 613. Jena: Fischer.

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  5. Baue, Fischer und Lenz: Menschliche Erblichkeitslehre. 2. Aufl. Bd. 1, S. 317. München: J. F. Lehmann.

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  6. Wieviel Farben Nebenprodukte sind, läßt sich noch nicht sagen. Wir wissen auch nicht, was der farbige Fleck auf dem Flügel eines Schmetterlings seiner Psychoide bedeutet. Es ist aber sehr unvorsichtig, wenn man die Lichtbedeutung der Tierfarben deshalb leugnen will, weil z. B. einzelne Tiefseetiere farbig (namentlich rot) sind. Im großen und ganzen bieten die Tiefseetiere, soweit ich weiß, gerade ein Beispiel der fehlenden Farben im Dunkeln. Ein solches Tier könnte nun aber auch deshalb rot sein, weil irgendein nützlicher Chemismus als Nebenprodukt rote Farbe in seine Haut oder seine Schuppen bringt — oder aber auch, weil die Tiefsee nicht überall ganz dunkel ist; die Leuchtapparate sowie die enormen Augen mit ihren besonderen Einrichtungen (Teleskopaugen) so mancher Tiefseetiere hätten ja keinen Sinn, wenn sie nicht eine biologische Lichtwirkung, also am ehesten Sehen, vermitteln würden. — Wenn die Farben am häufigsten in Organen sind, die keinen lebhaften oder gar keinen Chemismus mehr haben, wie Haare, Federn, Schuppen, so mag das wohl in erster Linie daher rühren, daß bei undurchsichtigen Tieren die Farben nur an der Oberfläche einen Sinn haben, und zugleich die Oberfläche chemisch unempfindlicher Decken bedarf.

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  7. Wahrscheinlich nicht einmal bloß gegenüber Feinden. Alle Kinder haben die Neigung, sich Schlupfwinkel zu suchen oder zu schaffen; der erwachsene Mensch noch verbirgt sein Inneres so sehr, daß nicht einmal er selber es genügend kennt, und von den Weddas werden die langen Haare geschickt dazu benutzt, wenigstens ihr Gesicht, ihre Mimik und damit einen großen Teil ihrer Gedanken und Tendenzen zu verbergen. Schleier und Fächer haben gewiß auch ähnliche Bedeutung. Die Furcht der Primitiven, ihren Namen bekannt zu geben, ist allgemein, und die zur Erklärung herbeigezogene Zauberfurcht bedarf natürlich selber wieder der Begründung, und die finden wir in der instinktiven Abneigung, den andern zu viel von sich wissen zu lassen.

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  8. Die prächtigen Färbungen und Muster vieler Raupen wage ich trotz ihrer sonstigen Un Verständlichkeit nicht hierher zu zählen.

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  9. Soviel ich weiß, geschieht es nicht bloßbeim Balzen.

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  10. Ich möchte geradezu bezweifeln, daß die Hirnrinde oder vielleicht die ganze Entwicklung prinzipiell neue Instinkte schaffen kann. Die vorhandenen Urinstinkte können nur für spezielle Anwendungsweisen ausgebaut werden. Wenn die primitivsten Lebewesen auf Sinnesreize reagieren müssen, um zu leben, so heißt es (für einen Organismus) nur die andere Seite der nämlichen Funktion herausheben, wenn man sagt, der Lebling habe „den Trieb“, Sinnesreize aufzusuchen. Daraus entwickelt sich beim beweglichen Geschöpf die Nahrungssuche, bei Vögeln und Säugern auch die Neugierde, beim Menschen der Wissenstrieb.

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  11. Es wäre interessant, zu untersuchen, ob auoh die Pflanzen im Kampf untereinander irgendwelche Scheinmittel anwenden. Jedenfalls müßten solche prinzipiell anders sein, weil die Pflanzen sozusagen keine Sinnesorgane besitzen, weder zum Angriff noch zur Flucht größere Ortsbewegungen machen können und unter sich den Kampf auf chemischem Wege oder durch Entziehung von Licht und dgl. führen. Immerhin werden die Pflanzen am meisten Anlaß haben, ihre Hauptpracht den Insekten und den Früchte verzehrenden Tieren vorzuspiegeln.

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  12. Die Neigung, die Bedeutung seiner Persönlichkeit zu erhöhen, hat sich wohl nicht nur aus den praktischen Bedürfnissen des Kampfes und sonstiger Konkurrenz heraus entwickelt, sie ist vielleicht schon ein Bestandteil des primären Lebtriebes, in dem ein Sichwichtig-Machen, ein Aus-sich-etwas-Machen liegt, auch wenn man sich den Lebling ohne Rivalen denkt.

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  13. Die Werbung um das Weibchen und der Brunstkampf der Männer bilden als Trieb eine Einheit, und beiden Zwecken dienen gleiche Mittel, sich zur Geltung zu bringen.

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  14. Es verdient jedenfalls Beachtung, daß in den Korallenriffen, den „Blumengärten des Meeres“, wo die Tiere weitgehend vor Angriff geschützt sind, lebhafte Färbungen auffallend stark zur Ausbildung gekommen sind. Die Farbenfreude oder der Exhibitionstrieb kann da ohne Nachteil die entgegenstehende Tendenz, sich zu ducken, überwiegen. Ein gleiches Gegensatzpaar ist beim Menschen auffällig, der in größerer Gesellschaft bald verstummt, bald sich durch Reden hervortut.

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  15. Reaktion auf Farben ist etwas viel Primitiveres als Reaktion auf Formen, deren taktile oder optische Unterscheidung eine weitgehende synthetische und abstrahierende Arbeit verlangt, während die Farben im Rohmaterial und als bloße Empfindungen benutzt werden können. Diese Eigenschaft teilen die Farben mit Gerüchen und Geschmäcken, die ebenfalls elementar auf die Instinkte wirken und deshalb in direktem Zusammenhang mit der Affektivität stehen; das gilt auch vom Menschen trotz der starken Rückbildung seines Geruchssinnes. Vgl. auch Töne und Geräusche — Melodien — Worte.

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  16. Auf Zusammenhänge der Farben mit dem instinktiven Kern der Persönlichkeit deuten auch die Mitteilungen von Christoffel und Grossmann (Zeitschr. f. d. ges. Neurol. u. Psychiatrie, Bd. 87, S. 372-376. 1923), Untersuchungen an 10–14jährigen, in der Entwicklung ein wenig zurückgebliebenen Jungen. Die Form wird viel eher als die Farbe vom Objekt übernommen. Beim Malen hat jeder Junge sein charakteristisches Farbengemisch; andere Farbenzusammenstellungen weiß er nicht zu handhaben, weder nach Vorlage noch nach der Natur. In den Zuständen krankhaften Glückgefühls sieht man alles farbig, in Melancholie grau in grau. Melancholiker können auch im Rorschachschen Versuch die Farben nicht zur Deutung der Klexe verwenden. Oligophrene zeigen oft deutliche Anregung durch die Farben, so daß sie im Rorschachschen Versuch nach der Darbietung der farbigen Tafeln mehr Antworten geben. Glücksgefühl ist zum großen Teil identisch mit innerer Wahrnehmung der ungestörten Erfüllung aller positiven Lebensprozesse, es ist zugleich ein Lebensgefühl in diesem Sinne. So könnte, wie die Wahrnehmung der Farben Glücks-und Lebensgefühl begleitet und anregt, die Exhibition derselben Ausdruck von Glücks-und Lebensgefühl sein. Könnte der Zusammenhang der Farben mit der Sexualität am Ende doch noch etwas vom „hohen Lied der Liebe“ an sich haben, obschon die Pflanzen keine Augen besitzen? Die Frage ist vielleicht einmal beantwortbar und gar nicht so phantastisch, sobald man die Distanz zwischen Mensch und den andern Organismen auf das naturwissenschaftlich begründete Maß zurückgeführt hat und namentlich daran denkt, daß wir nicht Funktionen der menschlichen Psyche auf niedere Wesen zu übertragen haben, sondern daß in Wirklichkeit die Hirnpsyche nur einzelne Funktionen spezialisiert hat, die von jeher der Lebsubstanz angehörten.

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  17. Daß Kammerer die quantitativen Verhältnisse zwischen Gelb und Schwarz bei Salamandern schon im Individuum hochgradig verändern konnte, den Typus des Musters (Taeniata-Maculosa) aber nur in der Folge der Generationen, kann nicht wohl ohne Bedeutung sein. Die Vereinzelung der Erfahrung verbietet aber jetzt noch eine Benützung.

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  18. Man hat sagen wollen, daß ähnliche Lebensweise am gleichen Ort ähnliche Form bedinge. Kann der Ort einem Schmetterling Wespenform geben? Und woher die „gleiche Lebensweise“? Ist nicht eben diese „Mimikrie“?

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  19. Gibt es ein schlecht oder gar nicht sehendes Tier, das optische Eigenschaften nachmacht? Und wird man nicht Geruchsmimikrien bei Geruchstieren finden,-wenn man sie sucht ?

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  20. Man hat die Bedeutung oder die Tatsache selbst der Mimikrie bestreiten wollen mit dem Hinweis darauf, daß z. B. auch die Wespen gefressen werden. Aber gibt es denn keine Tiere, die die Wespen ihres Stachels wegen meiden? Auch muß es doch eine Bedeutung haben, daß meist (immer?) Tiere nachgeahmt werden, die uns irgendwie geschützt erscheinen.

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  21. Der Vorgang ist so ähnlich dem der Begriffsbildung aus einzelnen Erfahrungen, daß der Ausdruck „Abstraktion“ auch hier mehr als ein Bild bedeutet.

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  22. Wir kennen bis jetzt nur die Mendelschen Erbgesetze. Es fehlt aber an Anhaltspunkten für die Annahme, daß nicht noch andere Genverteilungen vorkommen; man hat im Gegenteil Gründe, noch andere Erbmechanismen zu vermuten.

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  23. Bleuler: Der Sexualwiderstand. Jahrb. f. psychoanalyt. Forschungen. Bd. 5, S. 442. 1913.

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  24. Anm. b. d. Korr.: Es soll doch Bastarde zwischen Hasen und Kaninchen geben.

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  25. Da der Schaden der Bastardierung von den Eltern nicht wohl empfunden werden kann, so wäre ein Abscheu der Psychoide vor Mißheiraten vorläufig nur durch Auslese zu erklären. Ist der Abscheu aber einmal da, so muß die Psychoide mithelfen, Körperform und Instinkte so zu gestalten, daß Bastardierung möglichst vermieden wird. Warum soll übrigens die Psychoide aus ihrer äonenlangen Erfahrung nicht ein gewisses „Gefühl“ für Harmonie in Form und Funktion abstrahiert haben? („Harmonie“ zunächst rein in praktischer Bedeutung als „Leben fördernde Zusammenhänge“.)

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  26. Der Hahnisnschwanz ist nach Pauly ein dauerndes Brunstzeichen, weil die Hähne keine kalten Zeiten haben; so vielleicht auch beim Menschen und Affen der Bart.

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  27. Selektionstheorie und Lustprinzip. Internat. Zeitschr. f. Psychoanalyse Bd. 9, S. 183. 1923.

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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.

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Bleuler, E. (1925). Schwierigkeiten unserer Auffassung, scheinbare und wirkliche. In: Die Psychoide. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-47396-8_11

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