Zusammenfassung
Alle Einwendungen gegen die naturwissenschaftlich-konstruktive Psychologie, welche wir bisher kennengelernt haben, gipfeln schließlich in der Forderung, zu dem Grundproblem der Psychologie aller Zeiten, nämlich demjenigen der „Subjektivität als solcher“, vorzudringen. Soeben haben wir noch zwei neue Versuche aus den letzten Jahren kennengelernt. Beide schießen aber gleichsam über das Ziel der empirischen Psychologie hinaus: der Natorpsehe Versuch, indem er den Gegenstand der Psychologie in unerreichbarer Ferne liegen läßt und nur den Weg, die μέϑoδoς, zu diesem Ziel angibt; der Husserlsche Versuch, indem er das psychologisch-reale Dasein sofort in „reines“, abstraktes „Wesenssein“ auflöst. Und doch sind beide Versuche für den Fortgang der empirischen Psychologie als Wissenschaft von grundlegender Bedeutung, jeder auf seine Art: Natorp stellt mehr den allgemeinen Charakter der Subjektivität: als das, wozu die Objektivität das Gegenüber, den Gegenpart bildet, heraus. Aus dem Vollen der Objektivität, des Objektivierten heraus zielt er nach dem Vollen der Subjektivität. Ihm kommt es in erster Linie darauf an, den Dualismus beider „Reiche“ zu überwinden und zum Monismus zu gelangen. Viel radikaler und konsequenter als z. B. Wundt, der an einem und demselben psychischen Erlebnis doch noch verschiedene Inhaltsbestandteile „auffaßt“, erklärt Natorp, wie wir wissen, daß es inhaltlich wie numerisch dieselben Erscheinungen sind, mit denen es die beiden Wissenschaften zu tun haben, daß aber der Erkenntnisprozeß hier und dort eine diametral entgegengesetzte Richtigung einschlägt.
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Binswanger, L. (1922). Die nicht-naturwissenschaftliche Darstellung des Psychischen. Das Psychische als Funktion, Akt oder Erlebnis. In: Einführung in die Probleme der Allgemeinen Psychologie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-47384-5_4
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