Zusammenfassung
In der modernen Arzneitherapie werden häufig mehrere Pharmaka gleichzeitig angewendet. Hierfür gibt es eine Reihe verschiedener Gründe, die in der Abb. 1 schematisch erläutert sein sollen. Wenn mehrere pharmakodynamische Angriffsmöglichkeiten eine gute therapeutische Wirkung versprechen, liegt es auf der Hand, diese auch auszunutzen, wie z. B. bei der Hypotonie. Dementsprechend ist eine Kombination von Pharmaka, wie sie in erstem Fall dargestellt ist, vernünftig und sinnvoll, zumal da hierdurch auch die Wahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen der einzelnen Pharmaka herabgedrückt werden kann. Im zweiten auf der Abb. 1 dargestellten Fall werden mehrere Pharmaka gegeben, weil verschiedene Symptome oder Krankheiten unabhängig voneinander therapiert werden sollen, wie dies z. B. die Infarktprophylaxe mit Anticoagulantien bei einem Epileptiker erfordert, der gleichzeitig Antikonvulsiva zu sich nimmt. Der dritte Fall symbolisiert die häufig gegebene Situation, daß fixe Kombinationspräparate angewandt werden, von denen Komponenten aber nur eine oder zumindest nicht alle sinnvoll sind. Dies bedeutet, daß der Organismus bei solchen Kombinationspräparaten mit für die intendierte Wirkung nicht notwendigen Substanzen belastet wird. Zumindest werden jedoch unnötige Pharmaka verabreicht, deren Kosten eingespart werden könnten. Beispiele hierfür wären Multivitaminpräparate, deren einzig wesentliche Komponente z. B. nur Vitamin B12 ist. Der vierte in der ersten Abbildung skizzierte Fall mehrfacher Arzneimittelanwendung kommt wahrscheinlich häufiger vor, als man anzunehmen geneigt ist. Ein zur Behandlung einer Krankheit eingesetztes Pharmakon kann seinerseits Nebenwirkungen verursachen, die wiederum durch ein anderes Mittel bekämpft werden müssen. Dies ist z. B. bei vielen sedativ wirkenden Antihistaminica der Fall, deren unerwünschte Nebenwirkung mit Psychoanaleptica behandelt wird, so daß es zwangsläufig zu einer Mehrfachmedikation kommt. Schließlich kann ein fünfter Fall (Abb. 1) von simultaner Aufnahme mehrerer Fremdstoffe dann vorliegen, wenn aus der Umwelt oder der Arbeitswelt wirksame Stoffe unbeabsichtigt inkorporiert werden und dann in der Lage sind, zusätzlich gegebene Pharmaka in ihrer Wirkung oder Pharmakokinetik zu beeinflussen. Ein Beispiel wäre die Möglichkeit der Induktion arzneimittelabbauender Fermentsysteme in der Leber durch DDT. Daß umwelttoxikologische Einflüsse, z. B. Blei, ihrerseits Symptome hervorrufen, die eine medikamentöse Behandlung erfordern, gehört nur noch indirekt in diesen Rahmen. Es ist einleuchtend, daß die Häufigkeit von Wechselwirkungen mit steigender Zahl und Dosis gleichzeitig verordneter Pharmaka zunimmt.
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Netter, K.J. (1973). Ursachen von Arzneimittelwechselwirkungen. In: Neunundsiebzigster Kongress. Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, vol 79. J.F. Bergmann-Verlag, Munich. https://doi.org/10.1007/978-3-642-47087-5_29
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