Zusammenfassung
Im Rahmen der Neuen Wachstumstheorie hat vor allem jene Literaturrichtung besondere Beachtung gefunden, die den privaten Forschungs- und Entwicklungssektor (F&E-Sektor) als den Motor des technischen Fortschritts endogen modelliert.1 Diese F&E-Wachstumsmodelle eignen sich darüber hinaus sehr gut dazu, außenwirtschaftliche Fragen zu untersuchen. In der vorliegenden Arbeit wird einer dieser Ansätze, das Romer-Modell (1990b), zugrunde gelegt.2 Das Romer-Modell knüpft an die Tradition der neoklassischen Wachstumstheorie an. Alle Produktionsfaktoren sind intersektoral mobil und aufgrund flexibler Preise vollbeschäftigt. Es gibt zwei Sektoren: einen güterproduzierenden Fertigungssektor und einen F&E-Sektor. Abb. 3.1 stellt die Sektoren schematisch dar. Der Fertigungssektor stellt Industriegüter her und setzt dafür Kapitalgüter, Humankapital und Arbeit3 ein. Die Industriegüter können entweder Konsumgüter oder Kapitalgüter sein. Der Wachstumsmotor wird durch einen privaten, gewinnorientierten F&E-Sektor angetrieben. Der F&E-Sektor erstellt Designs (Blaupausen oder Konstruktionspläne) für neue Kapitalgüter und vergrößert gleichzeitig den Wissensstand in der Volkswirtschaft. Gedanklich lassen sich zwei Wirkungskanäle der F&E-Tätigkeiten unterscheiden. Zum einen nimmt die Diversifikation des Kapitalstocks zu, was annahmegemäß über Spezialisierungsgewinne zu einer Erhöhung der Produktivität in der Güterfertigung führt.
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Literatur
Einen Überblick über verschiedene F&E-Wachstumsmodelle geben Gries, Wigger und Hentschel (1994).
Eine weitere, vielbeachtete Klasse von F&E-Wachstumsmodellen wurde von Grossman und Helpman (1991) entwickelt. Diese Modelle abstrahieren jedoch von den Einflüssen des technischen Fortschritts auf den Kapitalstock bzw. das Kapitalstockwachstum. Damit wird jedoch, nach Auffassung des Verfassers, ein essentieller Aspekt des Wachstumsprozesses vernachlässigt. Bereits Judd (1985) hat ein Modell entwickelt, bei dem patentgeschützte Innovationen ursächlich für das Wachstum sind.
Hier ist im Gegensatz zum Humankapital ungelernte oder weniger qualifizierte Arbeit gemeint.
Vgl. Romer (1987), S. 56f. Dieses Konzept entspricht dem Love-for-variety-Ansatz auf der Konsumseite, der von Dixit und Stiglitz (1977) entwickelt wurde. Dabei wird angenommen, daß eine höhere Anzahl von Konsumgütervarianten nutzensteigernd ist. Ethier (1982) überträgt diese Idee auf die Produktionsseite.
Rivera-Batiz und Romer (1991a) vergleichen den hier dargestellten Ansatz mit einem Modell, bei dem in der F&E neben dem Einsatz von Humankapital auch Kapitalgüter und ungelernte Arbeiter benötigt werden (lab equipment approach).
Diese Gleichsetzung ist nicht zwingend und auch ökonomisch nicht plausibler als andere Zusammenhänge der beiden Größen. Grossman und Helpman (1991), S. 57f., untersuchen in einem ähnlichen Wachstumsmodell verschiedene Annahmen darüber, wie sich der Wissensstand in Abhängigkeit von der Anzahl der Designs entwickelt. Sie unterscheiden dabei lineare Beziehungen (wie im vorliegenden Modell) sowie steigende und fallende Grenzzuwächse des Wissensstandes.
Vgl. auch Grossman und Helpman (1991), S. 15f.
Diese Annahme ist insbesondere dann unschädlich, wenn i innerhalb eines sehr großen Wertebereichs liegt.
Romer (1990b) unterstellt einen etwas allgemeineren Fall, daß nämlich auf die Produktion von n Einheiten des Konsumgutes verzichtet werden muß, um eine Einheit eines beliebigen Kapitalgutes herzustellen.
Eine andere Möglichkeit, das Ausbleiben von Produktimitationen zu begründen, besteht darin, anzunehmen, daß aus ökonomischen Optimierungsüberlegungen heraus erst gar kein Anreiz zum Kopieren bestehender Produkte entsteht. Verursacht etwa der Kopiervorgang selbst Kosten, da das bestehende Gut und der damit verbundene Produktionsprozeß zunächst erforscht und umgesetzt werden muß, und sind die laufenden Produktionskostendes Imitators gleich den laufenden Kosten des innovativen Unternehmens, so würde ein einsetzender oligopolistischer Bertrand-Wettbewerb die Gewinne beider Unternehmen auf null reduzieren. Weder das innovative noch das imitierende Unternehmen würde für die Produktentwicklungskosten entschädigt werden. Produktimitation wäre ökonomisch irrational. Vgl. hierzu Grossman und Helpman (1991), S. 49.
Im Unterschied hierzu nimmt Romer (1990b) an, daß die Monopolisten die Kapitalgüter verleihen. Es fallen dann Opportunitätskosten der Kapitalgüterfertigung in Höhe des Zinssatzes (r) an. Daraus folgt weiterhin, daß der Annuitätenpreis für eine Kapitalgütereinheit den Grenzerträgen des Kapitalgutes in einer Periode und der Wert der Monopolrente der abdiskontierten Summe der Mieteinnahmen entspricht. Die Modellergebnisse bleiben durch die hier vorgenommene Modifikation weitgehend unbeeinflußt.
Zur genauen Ableitung der Monopolpreisbildung siehe Anhang 3B.
Eine Produktionsfunktion (Nutzenfunktion) ist additiv separabel, wenn der Grenzertrag (Grenznutzen) eines Faktors (Konsumgutes) unabhängig von der Menge eines beliebigen anderen Faktors (Konsumgutes) ist. Vgl. hierzu auch Anhang 3A.
Eine vertiefende Analyse der genannten Zusammenhänge erfolgt im Anhang 3A. In der Realität gibt es natürlich enge und weitere Substitutionsbeziehungen und vor allem auch Komplementärbeziehungen. Young (1993) hat das Zusammenspiel von Substitutions- und Komplementärbeziehungen in einem Wachstumsmodell analysiert.
Vgl. hierzu auch Anhang 3A.
Im Wachstumsgleichgewicht muß x konstant bleiben. In den Kapiteln 3.2 und 3.3 wird gezeigt, daß im Gleichgewicht K und A mit der gleichen Rate wachsen. Daraus folgt zusammen mit der Gleichung (3.1.13) die Konstanz von x.
Analog kann auch eine Gleichgewichtskurve gezeichnet werden, wobei an der Abszisse die gleichgewichtige Wachstumsrate abgetragen wird. Dies wird aus der rechten Seite der Gleichung (3.2.8) deutlich.
Die gleichgewichtige Wachstumsrate (g) darf nicht größer sein als p/(l-a). Im anderen Fall würde der Nutzenindex mit einer Rate g(l-a) schneller wachsen, als der Periodennutzen abdiskontiert wird. Das Nutzenintegral in Gleichung (3.1.15) würde divergieren. Diese Bedingung ist gleichbedeutend mit p + ag-g>0 oder r-g>0. Der um die Wachstumsrate korrigierte Zins (r-g) darf nicht negativ werden. Vgl. Romer (1990b), S. 92f. Dies entspricht der No-Ponzi-game-Bedingung, vgl. hierzu Blanchard und Fischer (1989), S. 49.
In der Abbildung 3.5 würde die Grenzproduktkurve von Humankapital in der Güterfertigung für alle Werte von HY (HA) über der Grenzproduktkurve von Humankapital in der F&E liegen. Es käme dann eine Randlösung zustande, dort wo die wHY-Kurve die rechte Ordinate schneidet.
Vgl. hierzu die Gleichungen (3.2.4) und (3.2.6). Das Modellergebnis, daß die Ausstattung einer Volkswirtschaft mit unqualifizierten Arbeitskräften keinen Einfluß auf die Steady-state-Wachstumsrate hat, ist nicht sehr robust. Romer (1990b), S. 93f., weist selbst daraufhin, daß bei leicht veränderter Modellstruktur eine höhere Ausstattung mit Arbeit sowohl wachstumssteigernd als auch wachstumssenkend wirken kann.
Der Schattenpreis (X) von k gibt den zusätzliche Nutzen an, den die Produktion einer weiteren Kapitalgütereinheit erbringen würde. Analog gibt der Schattenpreis (fx) den Grenznutzen eines weiteren Designs (einer weiteren Wissenseinheit) an.
Daß die Schattenpreise im Steady-state gleichmäßig wachsen müssen, resultiert aus folgender Überlegung: Die Schattenpreise geben den Nutzen einer zusätzlichen Einheit der Stockgrößen k (Anzahl der Kapitalgüter) und A (Anzahl der Designs) an. Würde etwa der Schattenpreis der Kapitalgüter langsamer wachsen als der Schattenpreis des Wissens (der,Designs), so würde der relative Schattenpreis für Wissen (Designs) steigen. Als Resultat wäre es gesamtwirtschaftlich optimal, Ressourcen aus der Kapitalgüterproduktion abzuziehen und vermehrt in der Akkumulation von Wissen einzusetzen.
Im Steady-state ist die Variable x konstant und kann eindeutig aus den Technologie- und Präferenzparametern und der Humankapitalausstattung abgeleitet werden.
Um etwa die Wachstumsrate um einen Prozentpunkt zu erhöhen, muß auf Gegenwartskonsum in Höhe eines Prozents des Kapitalstocks verzichtet werden.
Vgl. etwa Frenkel und Razin (1994), S. 119.
In einer geschlossenen Volkswirtschaft besteht das Vermögen nur aus Sachkapital. Das Finanzvermögen ist in einer geschlossenen Volkswirtschaft denknotwendig null.
Vgl. hierzu auch Kapitel 3.5 und Anhang 3C.
Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel 3.3.
Man kann den Kapitalgüterpreis entweder als Gegenwartswert aller zukünftigen Erträge ausdrücken (I/7) (Gleichung (3.1.6)) oder als Periodenertrag (r/7). Beide Konzepte führen zum gleichen Ergebnis.
Da der Faktor ungelernte Arbeit erstens preisunelastisch angeboten wird und zweitens nur in der Güterproduktion eingesetzt werden kann, entsteht keine verzerrende Allokationswirkung beim Faktor Arbeit.
Der Beweis hierzu erfolgt im Anhang 3C.
Grossman und Helpman (1991), S. 75f., analysieren in einem ähnlichen Modellrahmen verschiedene Annahmen über die Entwicklung der Grenzerträge der Wissensakkumulation. Zur Diskussion dieser Annahme vgl. auch Romer (1990b), S. 84.
Vgl. Romer (1990b), S. 97.
Vgl. beispielsweise Aghion und Howitt (1992) sowie Grossman und Helpman (1991).
Vgl. hierzu etwa Lucas (1988), Saarenheimo (1993) sowie Kapitel 2.6 dieser Arbeit.
Vgl. beispielsweise Varian (1992), S. 235.
Für plausible Parameterwerte ist eine Verletzung dieser Bedingung nicht zu erwarten. Beispielsweise müßte die intertemporale Substitutionselastizität schon größer als 6,25 (a<0,16) sein, damit bei einer Produktionselastizität des Kapitals (7) von 0,4 die Möglichkeit eines negativen Steady-state-Wertes von z bestehen würde.
Die methodische Vorgehensweise ist beispielsweise bei Chiang (1984), S. 638f., beschrieben.
Vgl. hierzu etwa Chiang (1984), S. 643.
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© 1997 Physica-Verlag Heidelberg
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Trauth, T. (1997). Ein F&E-Wachstumsmodell mit zunehmender Kapitalgütervielfalt. In: Innovation und Außenhandel. Wirtschaftswissenschaftliche, vol 145. Physica-Verlag HD. https://doi.org/10.1007/978-3-642-47004-2_3
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-47004-2_3
Publisher Name: Physica-Verlag HD
Print ISBN: 978-3-7908-1019-6
Online ISBN: 978-3-642-47004-2
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