Zusammenfassung
Um den gravierenden Strukturwandel in der ostdeutschen Industrie seit 1989 zu verstehen, mag ein kurzer Rückblick auf die 70er und 80er Jahre sehr hilfreich sein. Denn folgende Industriepolitik und -tradition in der ehemaligen DDR führten zu einem relativ hohen Anteil der Grundstoffindustrie an der gesamtindustriellen Produktion, zu einem relativ veralteten Anlagenbestand mit meist hohem spezifischem Energiebedarf und extrem hohen spezifischen Emissionen, insbesondere bei der Energieumwandlung:
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Infolge der nur begrenzt am Weltmarkt wettbewerbsfähigen Industriewaren der ehemaligen DDR war es für dieses Mitgliedsland der COMECON sehr schwierig, notwendige Importe von fortschrittlichen Investitionsgütern in Hartwährung ordern zu können. Hinzu kamen Handelsbarrieren seitens des Westens für militärtaugliche dual use-Produkte und politisch bedingte Information- und Reisebarrieren seitens der Länder jenseits des “Eisemen Vorhangs”.
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Die Industrialisierung und Konzentration der Investitionen auf die Produktionsausweitung in der ehemaligen DDR führte allerdings in erheblichem Ausmaß zu einer Vernachlässigung von Erneuerungsinvestitionen.
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Nach der zweiten Ölpreiskrise (1979/80) verlangte die Sowjetunion von den COMECON-Staaten erheblich höhere Preise für Erdöl und Erdgas, worauf die Energiepolitik der DDR-Regierung mit einer noch stärkeren Nutzung der einheimischen Braunkohle reagierte, die sich bis 1978 auf 63% Anteil am Primärenergieverbrauch zurückgebildet hatte (1970: 75%) und Ende der 80er Jahre wieder 70% erreichte. Wurden im Jahre 1980 in der Industrie noch 2,6 Mio t Heizöl eingesetzt, so waren es 1985 nur noch 0,68 Mio t.
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Der Versuch der Unternehmen, die Planvorgaben einzuhalten — und dies auch unter Vernachlässigung von Kostengesichtspunkten beim Aufbau betriebsautonomer Versorgung — verschlang notwendige Ressourcen, mit denen man Erneuerungsinvestitionen hätte durchführen müssen.
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Jochem, E., Seidel, M. (1995). Die energieintensive Grundstoffindustrie im Strukturwandel der ostdeutschen Wirtschaft. In: Holland, D., Kuhlmann, S. (eds) Systemwandel und industrielle Innovation. Technik, Wirtschaft und Politik, vol 16. Physica-Verlag HD. https://doi.org/10.1007/978-3-642-46972-5_6
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