Zusammenfassung
Jakob Henle war von 1832 bis 1840 in Berlin. Er hat diese Stadt sehr geschätzt, die er einmal seine „zweite Vaterstadt“nannte. Nur wenn er unzufrieden oder unglücklich verliebt war, fand er sie „trostlos“. Er war in seinem Beruf geachtet, freute sich an den Erfolgen seiner wissenschaftlichen Arbeit und verkehrte in den ersten Berliner Familien. Anschließend an die 1963 veröffentlichten Briefe) will ich hier wiederum Briefe bringen, die seine Persönlichkeit von vielen Seiten beleuchten. So sehen wir nicht nur den Forscher und Lehrer heranreifen, der seine Arbeiten, den Verkehr mit dem Ministerium und Erlebnisse der verschiedensten Art schildert, wir bekommen dadurch auch einen Einblick in das Leben und Treiben im alten Berlin. Denn Henle verkehrte im Hause des Bildhauers Rauch, der damals „an dem Hilfsmodell zum alten Fritzen seinem Pferd lebensgroß und mit vieler Anstrengung“arbeitete und 1840 anfing, „etwas alt und ängstlich“zu werden. Er verkehrte bei Schinkel, kannte Schadow und Alexander von Humboldt, wohnte bei der Witwe des Philosophen Hegel und ging im Hause seines Lehrers Johannes Müller, wenigstens anfangs, ein und aus. Bei den Bankleuten Magnus und von Mendelssohn war er ständiger Gast, mit dem Maler Bendemann eng befreundet. Er spielte Geige, liebte Musik und die Künste und kannte die schöne Literatur seiner Zeit. Als Mann mit umfassender Bildung war er überall beliebt und begehrt. Durchschnittlich alle zwei Wochen schrieb er seinen Eltern einen langen Brief, in dem er freimütig alles besprach, was ihn bewegte. Er verstand es meisterhaft, die Pflichten seines Berufs mit Geselligkeit zu verbinden.
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Biographische Notizen
Altenstein. Karl Freiherr von Stein zum Altenstein, 1817–1838 Preußischer Minister für Geistliche-, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten (Kultusminister)
Alton, Joh. Samuel Eduard d’, 1803-1854. Schwiegersohn von Rauch. Prosektor und Lehrer der Anatomie an der Akademie der Künste in Berlin. Folgte 1834 einem Ruf nach Halle als Nachfolger von Meckel
Asseburg, Graf. Studienfreund Henles
Bendemann, Eduard, 1811–1889. Historienmaler, später Direktor der Kunstakademie in Düsseldorf. Schwager des Malers Hübner
Bergmann, Potsdamer Bekannte von Henle
Bidder, Heinrich Friedrich, 1810-1894. Studierte in Dorpat, lebte eine Zeitlang in Berlin. 1836 Prosektor, 1842 Professor der Anatomie in Dorpat
Froriep, Robert von, 1804-1861. Der mit Henle eng befreundete spätere Preußische Geheime Medizinalrat, Sohn des sachsen-weimarischen Obermedizinalrates Ludwig Friedrich von Froriep, war seit 1833 Prosektor am Pathologischen Museum der Charité
Frühling, Jettchen. Bekannte der Frau Justizrat Sulzer
Hecker, Bekannter von Henle
Hegel, Marie, geb. von Tucher. Geboren 1791, Witwe des Philosophen Hegel und Mutter von Karl Hegel (später Professor in Erlangen) und Immanuel Hegel (später Konsistorialpräsi- dent in Berlin)
Hehl, Lenchen, lebt im Hause des Bankiers A. Mendelssohn
Henle, Friedrich Gustav Jakob, geboren am 19. 7. 1809 in Fürth als ältestes von fünf Kindern des Kaufmannes Wilhelm Henle (f 1856) und seiner Frau Helena Sophia, geb. Diespeck (f Oktober 1836). Mit den Eltern übersiedelte Henle 1815 nach Mainz, 1824 nach Koblenz. Er studierte 1827–1832 an den Universitäten Bonn und Heidelberg, promovierte 1832 bei Johannes Müller in Bonn und legte 1832/33 sein medizinisches Staatsexamen in Berlin ab. Dort wurde er bei seinem inzwischen nach Berlin berufenen Lehrer J. Müller 1834 Prosektor. 1837 Habilitation. 1840 Ruf nach Zürich als Professor der Anatomie. 1844–1852 Heidelberg, 1852–1885 Göttingen. Einen nach dem frühen Tod von J. Müller an ihn ergangenen Ruf auf dessen Berliner Lehrstuhl lehnte Henle ab und blieb in Göttingen, woer am 13. 5. 1885 starb.
Als Henle nach Berlin ging, lebten seine Schwestern Marie, Rosalie, Johanna und Helene noch bei den Eltern in Koblenz. Marie, an der er besonders hing, war bereits mit seinem Schulfreund Mathieu verlobt, sie heiratete 1836. Die dritte Schwester, Johanna (Nettchen), heiratete (nach der Berliner Zeit Henles) ebenfalls einen Freund ihres Bruders, Gustav Adolf Schöll. Jakob Henle selbst heiratete 1846 Elise Egloff (f 21. 2. 1848) und nach ihrem frühen Tod 1849 Marie Richter Henning, Leopold Dorotheus von, 1791–1866, Professor an der Universität Berlin, Mitarbeiter des Philosophen Hegel
Hübner, Rudolph Julius Benno, 1806-1882, Maler. Bis 1833 in Berlin, später Professor an der
Kunstakademie in Dresden. Schwager von E. Bendemann Hueck, Alexander Friedrich, 1802–1842. Professor der Anatomie in Dorpat, 1835 Dekan der dortigen medizinischen Fakultät
Humblot, Berta, Berliner Bekannte von Henle
Jordan, Mitbewohner der Berliner Junggesellenwohnung Henles
Kalisch, Bekannter von Henle (vielleicht der 1814 in Polnisch-Lissa geborene deutsche Schrift-steller Ludwig Kaiisch)
von der Mark, Armeelieferant. Die Familien Henle und von der Mark waren seit langem be-freundet. Henle war es unangenehm, als Bewerber um die Hand der Tochter Julie zu gelten
Magnus. Von der Familie des Bankiers Magnus, in dessen Haus Henle zu Gast war, wurden die mit ihm eng befreundeten Eduard Magnus und Gustav Magnus berühmt
Magnus, Eduard, 1799–1872. Bildnis-, Genre- und Historienmaler. Porträtierte viele bedeutende Zeitgenossen (u. a. auch Rauch). Schüler von J. Schlesinger. Seit 1837 Mitglied der Berliner Akademie
Magnus, Heinrich Gustav, 1802-1870. Hervorragender Physiker, Chemiker und Technolog, machte grundlegende Versuche über Blutgase und die Rolle, die sie bei der Atmung spielen
Mathieu. Mitabiturient von Henle. Legte während Henles Aufenthalt in Berlin dort sein Examen als Gerichtsassessor ab. Heiratete 1836 Henles Schwester Marie. Später als Landgerichtsrat in Trier
Meckel, Johann Friedrich d. J., 1791-1833, Professor der Anatomie in Halle
Mendelssohn, Alexander, Berliner Bankier. Vetter von Felix Mendelssohn-Bartholdy, mit dem Henle ebenfalls verkehrte. A. Mendelssohn war verheiratet mit Marianne Seeligmann. Das zweite ihrer acht Kinder war Margarete Mendelssohn
Müller, Johannes, geboren am 14. 7. 1801 in Koblenz als ältestes von fünf Kindern eines Schuhmachers, gestorben am 28. 4. 1858 als ord. Professor der Anatomie und Physiologie und Direktor des anatomischen Theaters und des anatomischen zootomischen Museums in Berlin. Müller promovierte 1822 in Bonn, habilitierte sich dort 1824, wurde 1826 a. o. und 1830 ord. Professor. Ostern 1833 folgte er dem Rufe nach Berlin als Nachfolger des von ihm sehr geschätzten Rudolphi. Er gab das „Archiv für Anatomie, Physiologie und wissenschaftliche Medicin“heraus, bei dessen Redaktion ihm Henle half. J. Müller war verheiratet mit Maria Anna Zeiller, der Tochter eines höheren Beamten aus Simmern
Rathke, Martin Heinrich, 1793–1860. Studierte Medizin und Naturwissenschaften, promovierte 1818 in Berlin zum Dr. med. 1829–1835 Professor der Physiologie und allgemeinen Pathologie in Dorpat, 1835 Nachfolger des Professors von Baer in Königsberg, wo er die Professur für Anatomie und Zoologie übernahm
Rauch, Christian Daniel, 1777–1857, der berühmte Bildhauer
Reinick, Robert, 1807–1852. Dichter, Maler, Graphiker. Schüler von Karl Begas d. Ä. 1831–1838 in Düsseldorf, 1838–1841 in Rom, später in Dresden. Hauptleistung auf dichterischem Gebiet
Schadow, Joh. Gottfried, 1794–1850, der berühmte Bildhauer und Direktor der Berliner Kunst-Akademie
Schinkel, Karl-Friedrich, 1781–1841, der berühmte Baumeister und Maler
Schlesinger, Jakob, 1792–1855. Maler und Restaurateur, seit 1822 als Professor an der Kunstakademie in Berlin, Lehrer von Eduard Magnus
Schöll, Gustav Adolph, geboren am 2. 9. 1805 in Brünn, studierte Theologie, Philosophie, Philologie. 1833 Habilitation in Berlin, dort 1835 Lektor für Mythologie an der Akademie der Künste, 1842 Professor der Archäologie an der Universität Halle, 1843 Direktor der Kunstschule in Weimar, 1861–1882 Oberbibliothekar der Großherzoglichen Bibliothek in Weimar. Gestorben am 26. 5. 1882. Schöll heiratete Henles Schwester Johanna
Schönlein, Johann Lukas, 1793–1864, habilitierte sich 1817 für pathologische Anatomie, 1824 als ordentlicher Professor für spezielle Pathologie und Therapie in Würzburg, 1833 Ruf nach Zürich. Schönlein kam 1839 als Leibarzt des Königs und Professor an der medizinischen Klinik nach Berlin
Schultze (Schulze), Johannes, 1786–1869, Preußischer Geheimer Oberregierungsrat im Kultus-ministerium. Schultze war früher Leiter der Schulen in den preußischen Rheinlanden und hatte als solcher die Eltern von Joh. Müller bewegt, den hochbegabten Sohn studieren zu lassen. 1849–1858 Direktor der Unterrichts-Abteilung im Kultusministerium
Schultze, Karl August Sigismund, 1795–1877, Schüler von Meckel, bei dem er Assistent und von 1818–1821 Prosektor war. 1821–1831 als Professor der Anatomie und Physiologie in Freiburg i. Br., 1831–1868 in Greifswald
Schwann, Theodor, 1810–1882, promovierte 1834 bei Joh. Müller in Berlin, übernahm 1835 Henles Stelle als Gehilfe am anatomischen Museum. 1839 Professor in Löwen, 1848–1880 in Lüttich. Begründer der tierischen Zellenlehre Senkenberg, Koblenzer Bekannte der Familie Henle
Sulzer, Justizrat in Berlin
Tschoppe, Geheimrat in der Berliner Ministerialkommission, die mit der Untersuchung der angeklagten Burschenschaftler betraut war
Weber, Moritz Ignaz, 1795–4875. 1825 Professor e. o. der Anatomie, 1830 ord. Professor der Anatomie in Bonn, Lehrer Henles.
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Hoepke, H. (1964). Jakob Henles Briefe aus Berlin 1834–1840. In: Ernst, F. (eds) Heidelberger Jahrbücher. Heidelberger Jahrbücher, vol 8. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-46002-9_5
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