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§ 22 Die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf ihrem Weg von der Verwaltung zur Gerichtsbarkeit

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Handbuch der Geschichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Deutschland und Europa
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Zusammenfassung

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit oszilliert begrifflich zwischen der Verwaltung und der Gerichtsbarkeit. Zwar bringt ihre Bezeichnung ihre zentrale Funktion, die Ausübung gerichtlicher Kontrolle über Verwaltungshandeln, klar auf den Punkt. Offen bleibt aber, ob sie organisatorisch auch selbst der zweiten, ausführenden Gewalt angehört und derart eine Gerichtsbarkeit „der“ Verwaltung darstellt oder ob sie einen Teil der dritten, rechtsprechenden Gewalt bildet und damit als Gerichtsbarkeit „für die“ Verwaltung anzusehen ist. Bei ihrer Zuordnung zur Exekutive liegt der Akzent auf ihrer ersten Worthälfte; sie präsentiert sich dann als „Verwaltungs“-Gerichtsbarkeit. Placiert man sie hingegen in den Rahmen der Judikative, tritt ihr zweites Begriffselement hervor; in diesem Fall erscheint sie als Verwaltungs-„Gerichtsbarkeit“.

Präsident des Verwaltungsgerichts Dr. Bert Schaffarzik leitet das Verwaltungsgericht Chemnitz und ist Präsident des Verfassungs- und Verwaltungsgerichts der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands und Lehrbeauftragter an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer.

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Notes

  1. 1.

    Vgl. Michael Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, Bd. 2, München 1992, S. 242.

  2. 2.

    Im Ausland judizierten als solche bezeichnete Verwaltungsgerichte jedoch schon früher. Die Avantgarde bildeten die seit 1803 tätigen „Administrationsgerichte“ der Schweizer (Neu-)Kantone Aargau, Thurgau, St. Gallen, Waadt und Tessin sowie das „Verwaltungsgericht“ des Kantons Solothurn; vgl. Bert Schaffarzik, Die ersten Verwaltungsgerichte der Welt, in: U. Schliesky/C. Ernst/S.E. Schulz (Hrsg.), Festschrift für Edzard Schmidt-Jortzig, Heidelberg 2011, S. 801 ff.; und → Schindler, § 29.II.3. In Frankreich hatte man zwar schon zu Beginn der Revolution für jedes Departement ein besonderes „Verwaltungsgericht“ (tribunal d’administration) für Steuer- und Verwaltungsstreitigkeiten geplant, doch wurden die entsprechenden Gesetzentwürfe von 1789 und 1790 (Projet de l’organisation du pouvoir judiciaire, proposé à l’Assemblée nationale, par le Comité de constitution, in: Archives parlementaires, Sitzung v. 22.12.1789, Anlage 2, S. 725 ff., Titel 15 Art. 1 ff., und Nouveau projet sur l’ordre judiciaire, conforme aux bases décrétées par l’Assemblée nationale, proposé par le Comité de constitution, v. 05.07.1790, Paris 1790, Titel 13 Art. 1 ff.) nicht verwirklicht; → Capitant, § 35.III.2.a. Die dem tribunal d’administration zugedachten Kompetenzen übernahm seit 1800 der jeweilige Präfekturrat (→ Fn. 5 und 51).

  3. 3.

    Vgl. zum folgenden auch Fritz Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, 8. Aufl., Tübingen 1928, S. 28 ff. und 236 ff.; Walter Jellinek, Verwaltungsrecht, 2. Aufl., Berlin 1929, S. 75 ff.; Hans Bögershausen, Die Entwicklung der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit unter besonderer Berücksichtigung ihres Verhältnisses zur Verwaltung und Justiz, Diss. Köln 1951, S. 1 ff.

  4. 4.

    Vgl. Bert Schaffarzik, Das Hammerschlags- und Leiterrecht im konkurrierenden Regelungszugriff des öffentlichen Rechts und des Privatrechts am Beispiel des § 89 SächsABG, in: H. Bauer/R. Breuer/C. Degenhart/M. Oldiges (Hrsg.), 100 Jahre Allgemeines Baugesetz Sachsen, Stuttgart 2000, S. 345, 354 f.

  5. 5.

    Die prominentesten Erscheinungsformen im 19. Jahrhundert bildeten der württembergische Geheime Rat (§ 60 WüVerf 1819), der das Modell schon im Schilde führende hessische Administrativjustizhof (Art. 31 ff. Edikt die Organisation der dem Ministerium des Innern und der Justiz untergeordneten Regierungsbehörden betreffend v. 06.06.1832, RegBl. S. 365) und das jeweilige sächsische Fachministerium (D-Gesetz das Verfahren in Administrativjustizsachen betreffend v. 30.01.1835, GVBl. S. 88); in Württemberg und Sachsen wurden die Spruchkörper durch Richter der Obergerichte verstärkt. Ephemere Phänomene blieben die den gleichnamigen französischen Pendants nachempfundenen, in einigen Rheinbundstaaten auf Departementsebene errichteten Präfekturräte; siehe z. B. für Anhalt-Köthen Art. 9 Verwaltungsordnung v. 19.02.1811, abgedr. bei Michael Kotulla, Deutsches Verfassungsrecht 1806–1918, Bd. 1, Heidelberg 2006, S. 1525. Präfekturräte bestanden naturgemäß auch in den dem französischen Kaiserreich 1810 einverleibten nordwestdeutschen Territorien (Art. 36 Abs. 1 Décret concernant l’organisation générale des départements hanséatiques v. 04.07.1811, abgedr. bei Jean-Baptiste Duvergier, Collection complète des lois, Bd. 17, 2. Aufl., Paris 1836, S. 397). Der Administrativjustiz zuzurechnen waren weiterhin verschiedene als „Verwaltungsgerichte“ titulierte Einrichtungen im Ausland. Das betrifft die „Tribunais administrativos“ nach Art. 80 ff. des portugiesischen Dekrets Nr. 23 zum Aufbau der öffentlichen Verwaltung v. 16.05.1832 (→ § 38) und die durch Art. 8 des spanischen Gesetzes über Organisation und Zuständigkeiten der Provinzialräte v. 02.04.1845 errichteten „Tribunales (en los asuntos) administrativos“ (→ § 39), die auf einer wahren Konfektionsgesetzgebung nach der normativen Backform der französischen Präfekturräte beruhten, aber auch die Administrativgerichte für Grund- und Viehsteuern nach dem griechischen Gesetz v. 09.07.1838 (→ § 37). Administrativjustiz par excellence übt seit 1799 in Frankreich der Conseil d’État (Staatsrat) aus, dessen intern zuständiger Spruchkörper zeitweise sogar ausdrücklich als „Administrativjustizkomitee“ (Comité de justice administrative) firmierte; → Capitant, § 35.IV.1.a.

  6. 6.

    Übersichtlich dazu Peter Oestmann, Menschenrechte und ihre Durchsetzung im Alten Reich, in: G. Schmidt-von Rhein/A. Cordes (Hrsg.), Altes Reich und neues Recht, Wetzlar 2006, S. 57 ff.

  7. 7.

    Vgl. zu den „vota ad imperatorem“ → Westphal, § 1.III und V.1; und Peter Moraw, Reichshofrat, in: A. Erler/E. Kaufmann (Hrsg.), Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, Bd. 4, Berlin 1990, Sp. 630, 634.

  8. 8.

    Den – besonders reichhaltig von Burkhard Wilhelm Pfeiffer, Practische Ausführungen aus allen Theilen der Rechtswissenschaft, Bd. 3, Hannover 1831, S. 182 ff. und 279 ff., elaborierten – Prototyp bildete das Kurfürstentum Hessen(-Kassel) (§ 35 Abs. 2 KurhessVerf 1831). Vgl. auch die Regelungen in § 182 Abs. 1 Frankfurter Reichsverfassung (FRV) 1849, in Anhalt-Bernburg (§ 38 Abs. 1 AnBLVerfG 1850), Bremen (§ 15 HBVerf 1854), Hamburg (Art. 89 Abs. 1 HHVerf 1860), Hannover (§ 37 Abs. 1 HannGG 1833), Oldenburg (Art. 48 OlRevStGG 1852), Reuß ä.L. (§ 42 RÄVerf 1867), Reuß j.L. (§ 37 Abs. 1 RJRevStGG 1852), Schleswig-Holstein (Art. 115 Abs. 1 SHLGG 1848), Schwarzburg-Sondershausen (§ 169 Abs. 1 und § 176 SSVerfG 1849, § 97 Abs. 1 SSLGG 1857 und Gesetz die Aufhebung der Administrativjustiz betreffend v. 1.4.1850, GS S. 280) sowie Waldeck und Pyrmont (§ 81 Abs. 1 WPVerf 1852). Selbst Administrativjustizmodellstaaten wiesen z. T. justizstaatliche Züge auf. So unterlag in Sachsen-Weimar-Eisenach die Steuerverwaltung gerichtlicher Kontrolle; vgl. W. Alfons Knetsch, Das Staats- und Verwaltungsrecht von Sachsen-Weimar-Eisenach, Hannover 1909, S. 112; und ferner etwa Art. 122 Abs. 5 Gemeindeordnung v. 17.04.1895 (RegBl. S. 145).

  9. 9.

    Titel 2 Art. 13 Gerichtsverfassungsgesetz (Loi sur l’organisation judiciaire) v. 16. und 24.08.1790.

  10. 10.

    So die Bestimmungen in Baden (§ 14 Abs. 3 BadVerf 1818), Bayern (Titel VIII § 5 BayVerf 1818), im Großherzogtum Hessen(-Darmstadt) (Art. 102 GhzHessVerf 1820) und in Sachsen-Altenburg (§ 49 GG 1831). Zu den Sonderfällen Sachsen und Württemberg → III.

  11. 11.

    Vgl. Christian Waldhoff, Geschichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit, in: K.F. Gärditz (Hrsg.), VwGO, Köln 2013, Einführung, Rn. 5.

  12. 12.

    In diesem war die Justiz manchmal stärker als die Verwaltung – vgl. bayerisches Gesetz die Competenzconflicte betreffend v. 28.05.1850 (GBl. Sp. 161) und braunschweigisches Gesetz die Errichtung eines Gerichtshofs zur Entscheidung von Competenzstreitigkeiten betreffend v. 19.05.1851 (GVS S. 65) – oder aber schwächer als diese vertreten – vgl. preußisches Gesetz über das Verfahren bei Kompetenzkonflikten zwischen den Gerichten und Verwaltungsbehörden v. 08.04.1847 (GS S. 170) und wohl auch badische Verordnung die Aufhebung des Staatsrats betreffend v. 27.10.1849 (RegBl. S. 543): Staatsministerium als Kompetenzkonfliktorgan ohne das betroffene Ressort unter Ergänzung durch drei Richter. Nach dem sächsischen Gesetz die Behörde für Entscheidung in letzter Instanz über Competenzzweifel zwischen Justiz- und Verwaltungsbehörden betreffend v. 13.06.1840 (GVBl. S. 97) war die „Kommission“ paritätisch besetzt, wobei in einer Pattsituation nicht die Stimme des Vorsitzenden, des Präsidenten des Oberappellationsgerichts, den Ausschlag gab, sondern das Verfahren kraft Gesetzes in die Zuständigkeit der Justiz fiel. In manchen Justizstaaten wurden Kompetenzkonflikte hingegen unmittelbar durch die ordentlichen Gerichte (vgl. § 113 Abs. 2 KurhessVerf) und in den Administrativstaaten überwiegend durch das Staatsministerium oder den Staatsrat entschieden. Dazu auch der Überblick von Johannes Poppitz, Der Kompetenzkonflikt, Leipzig 1941, S. 31 ff. und S. 58 ff.

  13. 13.

    Die in den Landtagen geführten Debatten, die an die Grundfesten des Verhältnisses von Bürger und Staat rührten und in denen oftmals mit harten Bandagen um die Schaffung und Ausformung der neuen Gerichtsbarkeit gefochten wurde, gehörten zu den Sternstunden des Parlamentarismus. Besonders spektakulär verliefen sie in kleineren Staaten wie in Sachsen-Coburg-Gotha, wo der Landtag unter Zurückweisung des stark administrativjustizstaatlich gefärbten Entwurfs der Regierung selbst ein VGH-Gesetz konzipierte (Protokolle des Gemeinschaftlichen Landtags 1899, 45. Sitzung v. 09.10.1899, S. 462 ff.), oder in Reuß j.L., das sich aus dem Prozess der Gründung des Thüringischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) jäh verabschiedete, um sich zusammen mit Reuß ä.L. dem Sächsischen OVG zuzuwenden (vgl. Bert Schaffarzik, Der Anschluss der Fürstentümer Reuß an das Sächsische OVG, in: S. Reich (Hrsg.), Festschrift zum 100jährigen Jubiläum des Sächsischen OVG, München 2002, S. 145 ff.). In welchem Maße die Verwaltungsgerichtsbarkeit auch im Ausland als zentrale Institution begriffen wurde, zeigt sich etwa am Beispiel der Tschechoslowakei, wo das Gesetz über das Oberste Verwaltungsgericht v. 02.11.1918 (→ § 41) – nach den beiden Gesetzen über die Gesetz- und Verordnungssammlung und die obersten Verwaltungsbehörden – bereits als drittes Gesetz der neuen Republik erlassen wurde und damit absolute Priorität genoss.

  14. 14.

    Vorher galt Art. 96 Abs. 1 GG a.F.; vgl. Otto Bachof, Die verwaltungsgerichtliche Klage auf Vornahme einer Amtshandlung, 2. Aufl., Tübingen 1968, S. 18 f. Die Begründung zum Entwurf der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – (BT-Drs. 3/55, S. 26) führt insoweit zutreffend aus: „Die Trennung von den Verwaltungsbehörden stellt … klar, daß Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht mehr Verwaltungsselbstkontrolle, sondern im Sinne der Gewaltenteilung echte Gerichtsbarkeit ist, daß sie also nicht mit der Exekutive verquickt sein darf.“

  15. 15.

    RegBl. S. 399.

  16. 16.

    RegBl. S. 333.

  17. 17.

    GS S. 195.

  18. 18.

    GS S. 177.

  19. 19.

    Sog. Willfahrung (Julius Hatschek, Lehrbuch des deutschen und preußischen Verwaltungsrechts, 5. und 6. Aufl., Leipzig 1927): § 31 des anhaltischen Gesetzes die Verwaltungsgerichte und das Verwaltungsstreitverfahren betreffend (AnVGG) v. 27.03.1888 (GS S. 41), § 18 des braunschweigischen Gesetzes betreffend die Verwaltungsrechtspflege (BsVRPG) v. 05.03.1895 (GVS S. 79), § 29 des bremischen Gesetzes über die Verwaltungsgerichtsbarkeit (HBVGG) v. 06.01.1924 (GBl. S. 23), § 21 des hamburgischen Gesetzes über Verwaltungsgerichtsbarkeit (HHVGG) v. 02.11.1921 (GVBl. S. 585), § 20 des lippischen Gesetzes die Verwaltungsgerichte und das Verwaltungsstreitverfahren betreffend (LippVGG) v. 09.02.1898 (GS S. 281), § 10 des Gesetzes über das Verwaltungsstreitverfahren im Freistaat Mecklenburg-Strelitz (MStrVSVG) v. 17.08.1922 (AAnz S. 473), § 67 des Gesetzes für das Großherzogtum Oldenburg betreffend die Verwaltungsgerichtsbarkeit (OlVGG) v. 09.05.1906 (GBl. S. 693), § 64 PrLVG, § 38 des sächsischen Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (SächsVRPG) v. 19.07.1900 (GVBl. S. 486), § 18 des sachsen-coburg-gothaischen Gesetzes betreffend die Errichtung eines VGH (SCGVGHG) v. 14.11.1899 (GS Gotha S. 187) und Art. 19 lit. a des sachsen-meiningischen Gesetzes betreffend das Verwaltungsstreitverfahren (SMVSVG) v. 15.03.1897 (VS S. 193).

  20. 20.

    Nur Art. 30 f. des Staatsvertrags (StV) über die Errichtung des Thüringischen OVG v. 15.12.1910 (RegBl. für das Großherzogtum Sachsen 1912 S. 606) verwendete den für Justizorgane üblichen Begriff des Beschlusses.

  21. 21.

    BadVOG, SächsVRPG, ThürOVGStV, Bayern: Gesetz die Errichtung eines VGH und das Verfahren in Verwaltungsrechtssachen betreffend (BayVGHG) v. 08.08.1878 (GVBl. S. 369), Hessen(-Darmstadt): Gesetz betreffend das oberste Verwaltungsgericht (HessOVGG) v. 11.01.1875 (RegBl. S. 45), Württemberg: Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege (WüVRPG) v. 16.12.1876 (RegBl. S. 485).

  22. 22.

    So das Bonmot des Klassikers des französischen Verwaltungsprozesses Édouard Laferrière, Traité de la juridiction administrative, Bd. 2, 2. Aufl., Paris 1896, S. 561.

  23. 23.

    Vgl. zum ganzen Wilhelm Krais, Gesetz v. 8. August 1878 die Errichtung eines VGH und das Verfahren in Verwaltungsrechtssachen betreffend, Erlangen 1879, S. 121.

  24. 24.

    Otto von Sarwey, Das öffentliche Recht und die Verwaltungsrechtspflege, Tübingen 1880, S. 88 f. und 118; Felix Genzmer, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, in: G. Anschütz/R. Thoma (Hrsg.), Handbuch des Deutschen Staatsrechts, Bd. 2, Tübingen 1932, S. 506, 510 mit Fn. 10.

  25. 25.

    Dagegen war schon seinerzeit die Position nicht mehr seriös vertretbar, der Staat sei gar keine juristische Person und könne daher keine Rolle im Verwaltungsprozess einnehmen. Dahinter steckte der – besonders scharf von Max von Seydel, Bayerisches Staatsrecht, Bd. 1, 2. Aufl., Freiburg 1896, S. 169 ff., artikulierte – Unwille, den Landesherrn als bloßes – wenn auch höchstes – Organ innerhalb der Rechtsperson Staat aufzufassen. Diese Qualifizierung war aber die zwingende Folge der – fast überall erfolgten – Annahme einer Landesverfassung. Dazu aus polyhistorischer Perspektive Reinhart Koselleck, Begriffsgeschichten, Frankfurt a.M. 2006, S. 290 ff.

  26. 26.

    Siehe § 17 BadVOG, Art. 4 Abs. 1 BayVGHG, Art. 4 HessOVGG, § 12 SächsVRPG, Art. 26 ThOVGStV sowie Art. 20 und 68 Abs. 2 WüVRPG. Er war auch in den norddeutschen Verwaltungsgerichtsgesetzen überwiegend vorgesehen.

  27. 27.

    Mangels Vergabe der Beklagtenrolle erfüllte er insoweit vielmehr eine Ersatzfunktion. Wo doch ein Beklagter existierte – im Süden etwa ein unterstaatlicher Hoheitsträger und im Norden stets (→ III) – versah er für diesen eine Hilfsfunktion (vgl. z. B. § 41 Abs. 2 AnVGG und § 74 Abs. 2 PrLVG), z. T. eine Vertretungsfunktion (z. B. § 41 Abs. 1 AnVGG und § 74 Abs. 1 PrLVG) und nur im seltenen Fall eines Kompetenzvakuums selbst eine Parteifunktion (z. B. § 41 Abs. 3 AnVGG und § 74 Abs. 3 PrLVG).

  28. 28.

    Art. 41 Abs. 1 BayVGHG. Soweit Art. 9 BayVGHG von einer Berufung sprach, war dies mehr rechtstechnisch gemeint; vgl. auch Krais (Fn. 23), Art. 9 Anm. 3, 6 und 7.

  29. 29.

    Vgl. die Judikate in der Sammlung von Entscheidungen des Bayerischen VGH. Auch in Österreich redete man nicht vom Urteil; vgl. Budwińskis Sammlung der „Erkenntnisse“ des k.k. VGH.

  30. 30.

    Vgl. von Seydel (Fn. 25), S. 299 f. mit Fn. 43; Otto Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 1, 3. Aufl., München 1924, S. 108 und 132.

  31. 31.

    Vgl. Michel Fromont, Droit administratif des États européens, Paris 2006, S. 164 ff.; Karl-Peter Sommermann, Das Recht auf effektiven Rechtsschutz als Kristallisationspunkt eines gemeineuropäischen Rechtsstaatsverständnisses, in: F. Kirchhof/H.-J. Papier/H. Schäffer (Hrsg.), Festschrift für Detlef Merten, Heidelberg 2007, S. 443, 448 f.; Elio Casetta, Manuale di diritto amministrativo, 13. Aufl., Milano 2011, S. 320 ff. und 795 ff. Siehe schon Art. 3 Abs. 1 des italienischen Änderungsgesetzes über den Staatsrat v. 31.03.1889 (→ § 36). In Schweden und Portugal genügt bei der „Kommunalbeschwerde“ gegen eine Gemeinde sogar die Gemeindemitgliedschaft als solche („jeden geht alles an“); vgl. zu dieser besonderen Popularklage → Aroso de Almeida, § 38.II.4 und 7 und III.1 und 4.a und c und → Wenander, § 30.III.5; sowie Carsten Krage, Einführung in das schwedische Kommunalrecht, Stuttgart 1990, S. 115 ff. Soweit dem süddeutschen Verwaltungsprozess eine prononciert subjektiv-rechtliche Funktion beigelegt wird (so z. B. Christian-Friedrich Menger, Zur Geschichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Deutschland, in: DÖV 1963, S. 726, 727; Martin Pagenkopf, 150 Jahre Verwaltungsgerichtsbarkeit in Deutschland, Stuttgart 2014, S. 25), erfasst dies seinen Normal- und Ausgangsmodus nicht; vgl. aber zu späteren Volten und regionalen Spezifika das prestigiöse Werk Ottmar Bühlers, Die subjektiven öffentlichen Rechte und ihr Schutz in der deutschen Verwaltungsrechtsprechung, Berlin 1914, S. 319 ff.; und sogleich → III.

  32. 32.

    Otto Bähr, Der Rechtsstaat, Kassel 1864, S. 70 f.

  33. 33.

    Paul Schoen, Deutsches Verwaltungsrecht, in: F. von Holtzendorff/J. Kohler (Hrsg.), Enzyklopädie der Rechtswissenschaft, Bd. 4, 7. Aufl., München 1914, S. 193, 299.

  34. 34.

    Vgl. auch Jellinek (Fn. 3), S. 296.

  35. 35.

    Diese replikatorische Wahrheit wusste schon Eike von Repgow zu vermitteln (in: R. Schmidt-Wiegand (Hrsg.), Der Oldenburger Sachsenspiegel, Textband, Graz 1995, 1. Buch Art. 62, S. 127). In einprägsamer Mundart lautet sie: „Eines Mannes Rede ist keines Mannes Rede, man soll sie billig hören beede.“

  36. 36.

    Die Praxis lehrt jedoch, dass dem Beklagten im Verwaltungsprozess nicht selten der Sieg in eigener Sache wichtiger als der Sieg des geltenden Rechts ist.

  37. 37.

    Nach dem progressiven Ansatz in § 10 HHVGG waren dies namentlich die Grundrechte. Die subjektiv-rechtliche Dimension als solche war auch für die Gerichte evident; vgl. PrOVG, Urt. v. 30.04.1877, E 2, 351, 353 f.; Urt. v. 05.05.1877, E 2, 399, 404; Urt. v. 20.02.1878, E 3, 186, 189. Manche Vertreter der Rechtsgelehrsamkeit sahen indes über die normativen Vorgaben und die judiziellen Erkenntnisse hinweg und formierten mit ihrer verbissen wirkenden These der objektiv-rechtlichen Prägung des Verwaltungsprozesses nachgerade eine juristische Parallelgesellschaft (Conrad Bornhak, Preußisches Staatsrecht, Bd. 2, 2. Aufl., Breslau 1912, S. 446 ff.; mit besonderem Furor Philipp Zorn, Kritische Studien zur Verwaltungsgerichtsbarkeit, in: VerwArch 2 (1894), S. 74, 96 ff.). Soweit sie Rudolf v. Gneist (Der Rechtsstaat und die Verwaltungsgerichte in Deutschland, 2. Aufl., Berlin 1879, S. 270 ff.) als Kronzeugen anriefen, übersahen sie, dass seine Überlegungen zur objektiven Funktion des Verwaltungsrechtsschutzes – unbeschadet seiner Rolle als spiritus rector der preußischen Verwaltungsgerichtsbarkeit als solcher – gerade nicht Gesetz geworden waren und er nach seiner Berufung zum Rat und stellvertretenden Vorsitzenden des Preußischen OVG im Nebenamt an dessen auf Realisierung subjektiver Rechte gerichteten Aufgabe getreulich mitwirkte. Auch neuere Stimmen verbreiten noch die Fama vom (vorwiegend) objektiven Charakter des norddeutschen Verwaltungsprozesses: Menger (Fn. 31), S. 727; Dieter Lorenz, Verwaltungsprozeßrecht, Heidelberg 2000, § 2 Rn. 4; Pagenkopf (Fn. 31), S. 39. Wie hier hingegen: Max von Brauchitsch, Die neueren Organisationsgesetze der inneren Verwaltung, Berlin 1876, Einl., S. VIII; Edgar Loening, Lehrbuch des Deutschen Verwaltungsrechts, Leipzig 1884, S. 8 ff., 797 f. und 806; Fritz Kunze, Das Verwaltungsstreitverfahren, Berlin 1908, S. 185 und 190 ff.; Martin Ibler, Rechtspflegender Rechtsschutz im Verwaltungsrecht, Tübingen 1999, S. 197 f.; mit weiteren Nuancen Karl-Peter Sommermann (Fn. 31), S. 449. Zu Preußen im Ansatz auch Bühler (Fn. 31), S. 266 ff. und (zurückhaltender) S. 462 ff., klarer zu anderen norddeutschen Ländern: S. 495 ff.

  38. 38.

    Ein Unikum war die Fiktion (!) eines Beklagten (in Gestalt der Ausgangsbehörde) durch Art. 13 Abs. 2 SMVSVG in Verfahren, „in welchen eine Gegenpartei nicht vorhanden ist.“ Der Meininger Gesetzgeber hatte ersichtlich Angst vor der eigenen Courage.

  39. 39.

    Dieser mit „Händeln“ (Streitigkeiten), aber auch dem „Aushandeln“ etymologisch verwandte Begriff bringt die Reziprozität von Rede und Gegenrede, d. h. das wechselseitige Prozessieren zum Ausdruck. Deshalb ist die Verhandlung – wie allerdings nicht selten zu hören oder zu lesen – keine richterliche, sondern eine – wenn auch richterlich geleitete – Betätigung des Klägers und des Beklagten: „Die Parteien verhandeln“, aber „das Gericht sitzt“. Derart korrekt z. B. § 6 Abs. 1 des badischen Gesetzes die Verwaltungsrechtspflege betreffend (BadVRPG) v. 14.06.1884 (GVBl. S. 197).

  40. 40.

    Im Süden waren die Prozessgrundsätze der Publizität und Mündlichkeit ebenfalls von fundamentaler Bedeutung: § 18 Abs. 1 S. 1 BadVOG, § 26 Abs. 1 SächsVRPG und Art. 21 Abs. 1 WüVRPG.

  41. 41.

    Exemplarisch für alles: §§ 61 ff. und §§ 127 ff. PrLVG und etwa §§ 7 ff. BsVRPG. Umfassend dazu: Max Schultzenstein, Parteien, Parteifähigkeit und Parteibegriff im Verwaltungsstreitverfahren nach dem LVG, in: VerwArch 12 (1904), S. 112 ff.; Loening (Fn. 37), S. 817 ff.; Karl Friedrichs, Verwaltungsrechtspflege, Bd. 2, Berlin 1921, S. 563 ff. Anders etwa Mayer (Fn. 30), S. 148 ff., der dem Staat nur eine „Parteirolle“ zubilligt, ihm aber die Eigenschaft als echte Partei abspricht.

  42. 42.

    § 103 Abs. 1 S. 1 PrLVG.

  43. 43.

    § 82 Abs. 1, § 83 Abs. 1 und § 93 Abs. 1 PrLVG. Vereinzelt fungierte eine Behörde sogar als Aktivpartei im erstinstanzlichen Verfahren; so sahen §§ 119 und 120 des preußischen Gesetzes über die Zuständigkeit der Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsbehörden (PrVVGZustG) v. 01.08.1883 (GS S. 237) im Gewerberecht eine behördliche Klage auf Untersagung eines Betriebs bzw. Zurücknahme der Konzession vor. Entsprechende „Richtervorbehalte“ kannten und kennen ausländische Verwaltungsrechtsordnungen insbesondere im Bereich der (Kommunal-)Aufsicht; vgl. z. B. → Olechowski, § 28.V („Amtsbeschwerde“ in Österreich), → Aroso de Almeida, § 38.III.5 („öffentliche Klage“ des portugiesischen „Ministério público“), → Tkaczyński, § 40.III (zu Polen), → Gábriš/Giba, § 42.III.3 und IV.3 (Klage des Prokurators in der Slowakei), → Rozsnyai, § 43.I.4.b, II.1 und IV (zu Ungarn) und → Pilving/Ernits, § 44.III.5 (gerichtlicher „Protest“ der Aufsichtsbehörde in Estland). In beschränktem Umfang gilt das auch für den Justizkanzler und den Justizombudsman in Schweden. Zu einer Assonanz im deutschen Recht, der – allerdings vor dem Zivilgericht anzustrengenden – Klage der Aufsichtsbehörde nach dem Personenstandsgesetz, vgl. Bert Schaffarzik, Die Standesämter und ihre weisungsfreien Weisungsaufgaben, in: DÖV 2009, S. 899 ff. Davon abzugrenzen ist die altenglische Tradition der maternalistischen Rechtsbehelfe der Krone zugunsten von Bürgern in Form der „prerogative writs“, bei denen bis heute die altruistisch auftretende Königin als Klägerin („R. v. …“, d. h. Regina versus … (gegen die jeweilige „administrative authority“)), der vom Verwaltungshandeln betroffene Einzelne hingegen nur als Dritter („ex parte …“) rubriziert wird; → Brinktrine, § 32.II.5.c.aa (Fn. 182).

  44. 44.

    § 15 S. 2 SCGVGHG, § 9 HHVGG (mit dem dortigen Bezug auf den Rechtsweg ist der Verwaltungsrechtsweg gemeint) sowie § 18 Abs. 2 und § 69 HBVGG. Verschiedentlich eröffnete auch der Fachgesetzgeber den „Verwaltungsrechtsweg“ (z. B. Art. 54 Abs. 2 des hessischen Gesetzes die Ausübung und den Schutz der Fischerei betreffend v. 27.04.1881, RegBl. S. 43).

  45. 45.

    Dieser fand jedoch später Eingang in die thüringische Verwaltungsgerichtsbarkeit: § 48 Abs. 1 S. 1 Gesetz über die Verwaltungsgerichtsbarkeit v. 30.05.1923 (GS S. 393).

  46. 46.

    Daher postulierte das Sächsische OVG wie selbstverständlich – gegen den Willen des Gesetzgebers (→ Tolkmitt, § 15.IV.5) – eine die Betroffenheit in subjektiven öffentlichen Rechten voraussetzende Klagebefugnis (Urt. v. 13.09.1902, Jb 3, 145, 148 ff.; Urt. v. 14.10.1908, Jb 13, 4, 8 ff.). Selbst der Bayerische VGH setzte im nicht-kontradiktorischen Prozess mitunter subjektiv-rechtliche Akzente (vgl. Entsch. v. 21.10.1889, E 11, 563, 564).

  47. 47.

    Siehe Fn. 8.

  48. 48.

    Kurioserweise verirrten sich in die Judikatur des Württembergischen VGH noch im 20. Jahrhundert von Zeit zu Zeit privatrechtliche Positionen statt subjektiver öffentlicher Rechte als Basis von Rechtsbeschwerden; vgl. Bühler (Fn. 31), S. 329 ff.; → Ibler, § 8.II.4.e.

  49. 49.

    § 5 BadVOG, Art. 8 BayVGHG („Verwaltungsrechtssachen“ über „bestrittene Rechtsansprüche und Verbindlichkeiten“), Art. 48 Abs. 1 und 2, Art. 55 ff., Art. 67 Abs. 1, Art. 98 Nr. 1 und 2, Art. 111 Abs. 2 und Art. 124 des hessischen Gesetzes betreffend die innere Verwaltung und die Vertretung der Kreise und der Provinzen (HessKPG) v. 12.06.1874 (RegBl. S. 251) und Art. 5 Nr. 1 HessOVGG („Administrativjustizsachen“ und diesen gleichgestellte „Gemeindeverwaltungssachen“), § 21 und §§ 34 ff. SächsVRPG sowie Art. 10 und 23 ff. WüVRPG. Art. 15 ThürOVGStV fasste sie unter dem Verfahrenstypus der „Revision“ zum OVG zusammen (vgl. Rudolf Knauth, Die Gesetzgebung über die Verwaltungsrechtspflege in Thüringen, Berlin 1914, S. 14 f.); die betreffenden Streitigkeiten waren in den Ausführungsgesetzen (AG) der Vertragsstaaten aufgezählt: Großherzogtum Sachsen: §§ 1 ff. AG v. 10.07.1912 (RegBl. S. 625), Schwarzburg-Rudolstadt: § 1 f. SRAG v. 27.09.1912 (GS S. 233), Schwarzburg-Sondershausen: §§ 9 ff. Gesetz über die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte (SSVGZG) v. 03.10.1912 (GS S. 715), Sachsen-Coburg-Gotha: § 2 SCGAG v. 18.02.1913 (GS Gotha S. 55), Coburg: § 1 Gesetz über die Zuständigkeit des Thüringischen OVG in Jena v. 25.04.1913 (GS S. 189), Gotha: § 1 Gesetz über die Zuständigkeit des Thüringischen OVG in Jena v. 24.04.1913 (GS S. 143). Sachsen-Coburg-Gotha rettete den vor seinem VGH praktizierten kontradiktorischen Prozess sogar in das einseitig konzipierte Anfechtungsklageverfahren vor dem Thüringischen OVG hinüber (§ 7 Abs. 1 SCGAG) und trug so zur späteren umfassenden Inklusion eines Beklagten in den thüringischen Verwaltungsprozess (siehe Fn. 45) bei. Nur in Sachsen-Altenburg – SAAG v. 18.03.1912 (GS S. 46) – wurde Art. 15 ThürOVGStV nicht implementiert; dort war allein die Anfechtungsklage statthaft.

  50. 50.

    Verhandlungen der Ständeversammlung des Großherzogtums Baden 1861/63, 2. Kammer, Protokolle, 4. Beilagenheft, 2. Hälfte, S. 635. Das galt selbst für den Fall einer Enteignung (siehe z. B. Art. 98 Nr. 2 lit. b bis d HessKPG), die man sich als Zwangs-„Kauf“ (vgl. Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl., München 2011, § 27 Rn. 8) vorstellte. Die Beschränkung der süddeutschen Parteistreitigkeiten auf Fälle materiell-rechtlicher Koordination übersieht Schultzenstein (Fn. 41), S. 123 ff.

  51. 51.

    Vgl. Krais (Fn. 23), S. 46 und 118; Ina Bauer, Von der Administrativjustiz zur Verwaltungsgerichtsbarkeit, Sinzheim 1996, S. 90 f. Hier fungiert erneut der contentieux administratif als Blaupause, der anfänglich sogar primär auf Gleichordnungsbeziehungen ausgerichtet war (recours de pleine juridiction) und erst allmählich durch die Entwicklung des – auf Annullierung (Kassation) von Verwaltungsakten abzielenden – recours pour excès de pouvoir ausgebaut wurde. Die Rundumschlagsfunktion des Koordinationsstreits „de pleine juridiction“ hat Laferrière (Fn. 22), Bd. 1, 2. Aufl., Paris 1896, S. 15 f., wie folgt herausgeschält: „Die Verwaltungsrechtsprechung … reformiert die von der Verwaltung getroffenen Entscheidungen nicht nur, wenn sie rechtswidrig, sondern auch, wenn sie falsch sind; sie ersetzt diese durch neue Entscheidungen; sie stellt Verpflichtungen fest und spricht Verurteilungen zu Zahlungen aus.“ Die Verfahrensgegenstände der süddeutschen Parteistreitigkeiten und des contentieux de pleine juridiction waren allerdings inhaltlich disparat: Im Unterschied zu ersteren spielte sich letzterer vornehmlich auf den Feldern der direkten Steuern, der Entschädigungen und der (in Frankreich typischerweise: öffentlich-rechtlichen) Verträge über die Verdingung öffentlicher Arbeiten ab (Art. 4 Gesetz über die Einteilung des französischen Gebiets und die Verwaltung v. 28. Pluviôse (Regenmonat) VIII (17.02.1800) → § 35), die in (Süd-)Deutschland (ohne das Steuerwesen) wiederum – nach dem Ende der Administrativjustiz (siehe dazu z. B. den exakt nach französischer Schablone erstellten Kompetenzfächer des Präfekturrats in Anhalt-Köthen (Art. 8 Verwaltungsordnung v. 22.02.1811, abgedr. bei Kotulla (Fn. 5), S. 1529)) – privatrechtlich (fiskalisch) traktiert und den Zivilgerichten zugewiesen wurden.

  52. 52.

    Soweit der Gesetzgeber vereinzelt eine innerhalb bestimmter Frist anzugreifende Entscheidung der Gemeinde bezeichnete (z. B. bei Art. 10 Nr. 4 und 5 WüVRPG), dürfte es sich nicht um einen klassischen Verwaltungsakt gehandelt haben (im Beispiel: Beschluss des Gemeinderats).

  53. 53.

    Diesen Gedanken verkörpert in Reinform § 13 Abs. 1 des lippischen Gemeindeverfassungsgesetzes (LippGemVG) v. 01.12.1927 (GS S. 303): „Träger der öffentlich-rechtlichen Gewalt ist die Gesamtheit der Einwohner, denen das Gemeindebürgerrecht zusteht (Gemeindebürger).“ Auch im Ausland wurden die Kommunen manchmal ähnlich – als juristische Personen des Privatrechts – perzipiert (→ Aroso de Almeida, § 38.III.5).

  54. 54.

    § 184 FRV, Art. 127 WRV, § 53 AnBLVerfG, § 39 RJRevStGG und § 23 WüVerf 1919. So heute noch Art. 49 Verf Rheinland-Pfalz.

  55. 55.

    Siehe z. B. Art. 65 Abs. 3 HessKPG, § 45 SächsVRPG und Art. 64 Abs. 2 WüVRPG.

  56. 56.

    Eine entsprechende Klage kannte etwa § 18 Abs. 3 des anhaltischen Gesetzes betreffend die sachliche Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte (AnVGZG) v. 27.03.1888 (GS S. 65).

  57. 57.

    Vgl. Bühler (Fn. 31), S. 461 f.

  58. 58.

    Vgl. Rspr. I (1864–1890).

  59. 59.

    Verhandlungen (Fn. 50) 1883/84, 4. Beilagenheft, S. 657 und 669 f. Stilbildend war insoweit die Schrift des Vorsitzenden Rates am Badischen VGH Karl Josef Schmitt, Die Grundlagen der Verwaltungsrechtspflege im constitutionell-monarchischen Staate, Stuttgart 1878, S. 118 ff.

  60. 60.

    Der weite subjektiv-rechtliche Ansatz im (heutigen) Sinne allgemeiner Handlungsfreiheit wurde nun auch in Baden betont (Verhandlungen, ebd., S. 672).

  61. 61.

    HessVRPG v. 08.07.1911 (RegBl. S. 265).

  62. 62.

    Eines der seltenen positiven Beispiele betraf die Entlassung von Volksschullehrern (Art. 5 S. 1 Nr. 2 HessOVGG). Auf dem praktisch bedeutsamen Gebiet des Polizeirechts endete der Beschwerdeweg nach dem Kreisausschuss und dem Provinzialausschuss als Eingangs- und Mittelinstanz indes beim Ministerium des Innern (Art. 80 und Art. 111 Abs. 3 HessKPG).

  63. 63.

    Siehe Fn. 51.

  64. 64.

    In den vier zugehörigen Ländern wurde es jeweils separat erlassen, z. B. in Bayern als Gesetz v. 25.09.1946 (GVBl. S. 281).

  65. 65.

    Gesetz v. 23.09.1952 (BGBl. I S. 625).

  66. 66.

    Dementsprechend hatte das Bundesverwaltungsgericht das Rubrum zu korrigieren; vgl. Carl Hermann Ule, Gesetz über das Bundesverwaltungsgericht, Berlin 1952, § 23 Anm. I.4.

  67. 67.

    In Frankreich verharrt der Staatsrat immer noch im Rahmen der zweiten Gewalt (vgl. Fromont (Fn. 31), S. 121; Karl-Peter Sommermann, Konvergenzen im Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozeßrecht europäischer Staaten, in: DÖV 2002, S. 133, 141), ebenso in den Niederlanden (Art. 73 ff. Verf) und in Belgien (Art. 160 Verf), während er in Italien „janusköpfig“ als Teil der Exekutive – in seiner beratenden Funktion (Art. 100 Abs. 1 und 3 Verf) – wie auch der Judikative – in Bezug auf den Rechtsschutz (Art. 103 Abs. 1) – strukturiert ist und in Griechenland insgesamt zur Justiz gehört (Art. 93 ff. Verf).

  68. 68.

    Zutreffend Johann Caspar Bluntschli, Allgemeines Staatsrecht, Bd. 2, 2. Aufl., München 1857, S. 236 ff.; Poppitz (Fn. 12), S. 30 und 153; und für die analoge Einrichtung in Frankreich Maurice Hauriou, Précis de droit administratif, 3. Aufl., Paris 1897, S. 846 f. Konsequent umgesetzt wurde dieser Gedanke in Art. 138 lit. a und b des österreichischen Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) v. 01.10.1920, nach dem es der Verfassungsgerichtshof war, der über Kompetenzkonflikte zwischen den Behörden bzw. dem VGH und den (anderen) Gerichten erkannte.

  69. 69.

    § 105 Abs. 2 OlVGG.

  70. 70.

    Art. 3 des bayerischen Gesetzes die Entscheidung der Kompetenzkonflikte zwischen den Gerichten und den Verwaltungsbehörden oder dem VGH betreffend (BayKKG) v. 18.08.1879 (GVBl. S. 991) stellte den vier Mitgliedern der ordentlichen Gerichtsbarkeit drei VGH-Angehörige gegenüber.

  71. 71.

    § 2 S. 2 des badischen Gesetzes die Entscheidung von Kompetenzkonflikten betreffend v. 30.01.1879 (GVBl. S. 191), Art. 2 Abs. 2 des württembergischen Gesetzes betreffend die Entscheidung von Kompetenzkonflikten (WüKKG) v. 25.08.1879 (RegBl. S. 272) und § 100 Abs. 2 SächsVRPG sahen hingegen nur generell Verwaltungsrichter oder höhere Verwaltungsbeamte als Vertreter der Verwaltungsseite vor, ohne der Verwaltungsgerichtsbarkeit feste Sitze einzuräumen.

  72. 72.

    So die preußische Rechtslage: Verordnung betreffend die Kompetenzkonflikte zwischen den Gerichten und den Verwaltungsbehörden v. 01.08.1879 (GS S. 573). Auch solche Länder, die ihren Kompetenzgerichtshof im Jahr 1879 gegründet hatten, Verwaltungsgerichte aber erst später schufen, nahmen vielfach keine personelle Anpassung durch Entsendung von Verwaltungsrichtern in den Kompetenzgerichtshof vor; vgl. § 15 Abs. 3 BsVRPG oder § 80 mecklenburg-schwerinsches Gesetz über die Verwaltungsgerichtsbarkeit (MSchwVGG) v. 03.03.1922 (RegBl. S. 211).

  73. 73.

    Das musste ihnen vor allem in Hessen leichtfallen, wo der VGH selbst als Kompetenzgerichtshof fungierte (Art. 5 S. 1 Nr. 3 HessOVGG), der insoweit wie auch sonst – abgesehen vom Präsidenten – aus Richtern der ordentlichen Gerichtsbarkeit und Beamten im Nebenamt bestand (die von Art. 6 Abs. 2 HessVRPG eröffnete Möglichkeit der Ernennung hauptamtlicher Verwaltungsrichter wurde nie genutzt; vgl. Staatshandbuch für den Volksstaat Hessen 1928, S. 18). Die Beamtenrichter dürften aufgrund ihrer verwaltungsrichterlichen Sozialisation dem Übergang von Verfahren auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit durchaus gewogen gewesen sein.

  74. 74.

    Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 WüKKG.

  75. 75.

    §§ 8 f. AnVGG, Art. 48 und Art. 55 ff. HessKPG, §§ 1 ff. MSchwVGG und §§ 36 ff. und 50 ff. PrLVG. Nicht dazu gehörten die badischen Bezirksräte, die bei der Entscheidung öffentlich-rechtlicher Streitigkeiten eine „staatliche“ Tätigkeit ausübten (vgl. § 2 Abs. 1 BadVOG), sowie im Hinblick auf die staatlichen Zuständigkeiten für Personalgewinnung, Dienstaufsicht bzw. Ausgabenlast die Distriktsverwaltungsbehörden in Bayern (Art. 27 ff. BayVGHG), die Kreisverwaltungsgerichte in Lippe – die Kreise traten dort allein als örtliche Zuständigkeitsbereiche dieser Gerichte und ansonsten in der Verwaltungsstruktur gar nicht in Erscheinung (§§ 9 f. LippVGG) – und Sachsen-Meiningen (Art. 3 SMVSVG), die Bezirksverwaltungsgerichte in Mecklenburg-Strelitz (§§ 1 ff. MStrVSVG) und Schwarzburg-Sondershausen (§§ 2 ff. Gesetz betreffend die Verwaltungsgerichte v. 13.05.1912, GS S. 401) sowie die Verwaltungsgerichte für die Ämter und Städte 1. Klasse in Oldenburg (§ 9 OlVGG).

  76. 76.

    Ausdrücklich zur kommunalen Kostenlast: § 9 Abs. 2 AnVGG, Art. 72 Abs. 1 HessKPG, § 6 MSchwVGG und § 164 Abs. 1 der preußischen Kreisordnung für die Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen v. 13.12.1872 (GS S. 661).

  77. 77.

    Steinbeiß-Winkelmann, § 4.

  78. 78.

    Hof- und Staatshandbuch des Großherzogthums Baden 1884, S. 353; Hof- und Staatshandbuch des Königreichs Bayern 1908, S. 239; Staatshandbuch für Thüringen 1926, S. 96 ff.

  79. 79.

    So Hof- und Staatshandbuch des Großherzogthums Baden 1884, S. 197 ff.; Hof- und Staatshandbuch des Königreichs Bayern 1908, S. 175 ff.; Staatshandbuch für Thüringen 1926, S. 466 ff. Damit wurde geradezu der Eindruck erweckt, als gebe es lediglich zwei Gewalten. Die aktuellen Staatshandbücher des Bundes und der Länder lassen statt dessen alle Gerichte in vorbildlicher Klarheit als Komponenten der dritten Gewalt erkennen; vgl. z. B. Staatshandbuch Sachsen, Köln 2016, S. 104 ff.

  80. 80.

    Hof- und Staatshandbuch des Großherzogtums Hessen 1905/06, S. 119 (im Staatshandbuch für den Volksstaat Hessen 1928, S. 18, unter dem Staatspräsidenten); Staatshandbuch des Freistaates Oldenburg 1928/30, S. 19 ff.; Handbuch über den Königlich Preußischen Hof und Staat 1890, S. 57 f.; Staatshandbuch für das Königreich Sachsen 1905, S. 150; Hof- und Staatshandbuch des Königreichs Württemberg 1887, S. 116; 1905, S. 23; Staatshandbuch für Württemberg 1928, S. 165 f.

  81. 81.

    Hof- und Staatshandbuch für das Herzogtum Braunschweig 1908, S. 23 f.; Mecklenburg-Schwerinsches Staatshandbuch 1927, S. 51 ff.; Hof- und Staatshandbuch für das Herzogtum Sachsen-Meiningen 1904, S. 142 f. In Meiningen mussten sich dafür die ordentlichen Gerichte mit einem Platz hinter der Justizabteilung des Staatsministeriums begnügen, was ihnen allerdings keine Ruhe ließ und zu einer Abstoßungsreaktion führte: Das Thüringische Oberlandesgericht unterwarf die mit drei Instanzen besonders üppig ausgestattete Meininger Verwaltungsgerichtsbarkeit einer nachgeschalteten zivilgerichtlichen Kontrolle (!) und katapultierte diese derart in (auf die Spitze getriebener) justizstaatlicher Manier unsanft in die Gefilde der Verwaltung zurück (Urt. v. 07.03.1912, Blätter für Rechtspflege in Thüringen und Anhalt 1912, 115, 120; Urt. v. 09.04.1914, Blätter für Rechtspflege in Thüringen und Anhalt 1917/18, 289, 291). Selbst noch nach Gründung der Bundesrepublik gab es (kurzzeitig) ein ähnliches Phänomen: Die ordentliche Gerichtsbarkeit hatte mit dem vom Deutschen Richterbund herausgegebenen „Handbuch der Justiz“ in seiner ersten Ausgabe (Hamburg 1953), das von den anderen Gerichtszweigen keine Notiz nahm, einen closed shop betrieben. Den Verwaltungsgerichten und ihrem richterlichen Personal gelang aber immerhin schon mit der zweiten Ausgabe von 1954 der Sprung in dieses Kompendium.

  82. 82.

    § 17 Abs. 1 AnVGG, § 1 Abs. 2 Nr. 1 SCGVGHG und Art. 5 Abs. 1 SMVSVG: der Staatsminister; § 2 Abs. 1 Nr. 1 des lübeckischen Gesetzes über die Verwaltungsgerichtsbarkeit (HLVGG) v. 06.12.1916 (GVS S. 137): ein rechtskundiger Senator. Soweit in Sachsen-Meiningen dem OVG nicht angehörende Ministerialbeamte zum „Berichterstatter“ bestellt werden konnten (Art. 6 SMVSVG) – beim schwedischen Regierungsgericht war dies sogar der Normalfall (→ Wenander, § 30.II.5) –, dürften jene ähnlich wie in unserer Zeit die Generalanwälte vor dem Europäischen Gerichtshof agiert haben.

  83. 83.

    In § 65 MSchwVerf 1920 rangierte sie bei der Verwaltung am Ende des entsprechenden Abschnitts.

  84. 84.

    Art. 60 HessVerf 1919, Art. 45 LippVerf 1920, § 45 MStrLGG 1923 – § 45 MStrLGG 1919 hatte dagegen einen eigenen Abschnitt gebildet – und § 43 SLippVerf 1922; in Schaumburg-Lippe blieb der Verfassungstext mangels Gründung eines Verwaltungsgerichts jedoch toter Buchstabe.

  85. 85.

    Mayer (Fn. 30), S. 131; Genzmer (Fn. 24), S. 518; Gerhard Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs, 14. Aufl., Berlin 1933, Art. 107 Anm. 1 f.; etwas offener Friedrich Giese, Die Verfassung des Deutschen Reiches, Berlin 1919, Art. 107 Anm. 5; ferner etwa: Walter Schelcher, Justiz und Verwaltung, in: Ergänzungsheft zu Fischers Zeitschrift für Praxis und Gesetzgebung der Verwaltung 50 (1919), S. 1, 32 f.; Erich Schlesinger, Verwaltungsgerichtsbarkeit in Mecklenburg-Schwerin, in: PrVBl. 1922/23, S. 199.

  86. 86.

    So Walter Jellinek, Der Schutz des öffentlichen Rechts durch ordentliche und durch Verwaltungsgerichte, in: VVDStRL 2 (1925), S. 8, 12 ff.; Fritz Poetzsch-Heffter, Handkommentar der Reichsverfassung, 3. Aufl., Berlin 1928, Art. 107 Anm. 1 und 4; im Ergebnis auch Fleiner (Fn. 3), S. 250.

  87. 87.

    Konsterniert deshalb auch Waldhoff (Fn. 11), Rn. 15.

  88. 88.

    Art. 8 des badischen Gesetzes den VGH und das verwaltungsgerichtliche Verfahren betreffend v. 24.02.1880 (GVBl. S. 29) und § 42 BadVRPG, Art. 29 Nr. 2 BayKKG, § 15 SCGVGHG sowie Art. 1 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 WüKKG.

  89. 89.

    In Württemberg hatte der Gesetzgeber den Kompetenzkonflikt zwischen Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit gleich doppelt genäht: Die Behörde hatte dort auch die Möglichkeit, die Entscheidung des VGH zunächst abzuwarten und anschließend gegen diese eine sog. Nichtigkeitsklage wegen Kompetenzüberschreitung anzustrengen; über diese entschied wiederum der VGH, aber in veränderter und erweiterter Besetzung (Art. 70 f. WüVRPG). In Baden war die Behörde ausschließlich auf die Nichtigkeitsbeschwerde – wegen „Unzuständigkeit oder Gewaltsüberschreitung“ – verwiesen; die Erhebung des Kompetenzkonflikts während des laufenden Verwaltungsprozesses schied hier aus. Die Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde oblag jedoch nicht dem VGH selbst, sondern dem Kompetenzgerichtshof. Andernorts konnte die Verwaltung gegen die Verwaltungsgerichtsbarkeit teilweise ebenfalls formal den „Kompetenzkonflikt“ erheben, doch war dessen Entscheidung dem jeweiligen oberen Verwaltungsgericht kraft eigener (Kompetenz-)Kompetenz anheimgegeben (§ 57 LippVGG, § 81 MSchwVGG, § 44 Abs. 1 MStrVSVG und § 113 PrLVG); vgl. auch Kunze (Fn. 37), S. 360 f.; Hatschek (Fn. 19), S. 23 f.

  90. 90.

    Nach Art. 29 Nr. 3 BayKKG bestand der sog. Kompetenzsenat des VGH aus vier originären VGH-Mitgliedern und drei höheren Verwaltungsbeamten.

  91. 91.

    § 15 Abs. 4 BsVRPG und § 16 SCGVGHG.

  92. 92.

    Vermutlich dämpfte die von Max Schultzenstein, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit in den Herzogthümern Coburg und Gotha, in: VerwArch 8 (1900), S. 468, 472, vertretene Meinung, das die ordentlichen Gerichte einbeziehende Institut der Verweisung sei reichsrechtswidrig, die Nachahmungsfreude der anderen Länder.

  93. 93.

    Hauptamtliche Verwaltungsrichter (außer dem Präsidenten) wirkten (z. T. neben ordentlichen Richtern) in Baden, Bayern, Braunschweig, Mecklenburg-Schwerin, Oldenburg, Preußen, Sachsen, Thüringen und Württemberg.

  94. 94.

    Darum gehörte das Preußische OVG etwa für Georg Christoph von Unruh, Vom Gesetzesstaat zum Rechtsstaat, in: DVBl. 1975, S. 838, 844, fraglos zur Justiz; ebenso → Merten, § 6.IV.3.c.cc(1).

  95. 95.

    Mayer (Fn. 30), S. 131 und 138. Siehe aber auch die atypische Bestimmung des Art. 6 S. 2 und 3 HessOVGG, die dem Hessischen VGH diese Befugnis verwehrte.

  96. 96.

    Nota bene: Der Behörde wird in der letztgenannten Variante der Erlass des Verwaltungsakts nur in vornehmer Zurückhaltung anheimgegeben, ohne sie dazu förmlich zu verpflichten oder zu verurteilen. Vgl. ferner § 41 Nr. 7 S. 1 BadVRPG, § 36 S. 1 des Schwarzburg-Sondershäuser Gesetzes betreffend das Verfahren vor den Bezirksverwaltungsgerichten und dem Landesverwaltungsgericht (SSVGVG) v. 12.10.1912 (GS S. 727), Art. 39 Abs. 1 S. 2 ThürOVGStV und § 137 ThürLVO.

  97. 97.

    Deklaratorisch insoweit: § 14 Abs. 4 OlVGG.

  98. 98.

    Vgl. Jellinek (Fn. 3), S. 291; Karl-Peter Sommermann, Verwaltungskontrolle im Europäischen Verwaltungsraum, zur Synchronisierung der Entwicklung von Verwaltungsrecht und Verwaltungskontrolle, in: S. Magiera/K.-P. Sommermann/J. Ziller (Hrsg.), Festschrift für Heinrich Siedentopf, Berlin 2008, S. 117, 121; und → Hanisch, § 16.III.3. Diese Regel durchbrach indes § 32 Abs. 1 S. 1 SCGVGHG.

  99. 99.

    Das betraf auch die Änderung durch teilweise Aufhebung; eine – dem Gericht verwehrte – positive reformatorische Entscheidung lag darin nicht.

  100. 100.

    Auf die Aufhebung belastender Verwaltungsakte beschränkte sich dagegen die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Lippe und Sachsen-Coburg-Gotha (→ Doerfert, § 13.III, und → Stadler, § 14.VI.1.a).

  101. 101.

    § 15 S. 1 Nr. 3 BadVOG, § 15 i.V.m. § 11 HHVGG, § 39 Abs. 1 HLVGG und – en passant – § 17 Abs. 3 MStrVSVG. Die funktionsgleiche Nachfolgeregelung des § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO ist demgegenüber auf den – grundrechtlichen – Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 02.05.2001, SächsVBl. 2001, 293, 294; Beschl. v. 29.11.2005, Jb 13, 322, 324) anstelle des – kondiktionsrechtlichen – Erstattungsanspruchs zugeschnitten.

  102. 102.

    § 32 Abs. 2 S. 1 BsVRPG. Eine förmliche Verpflichtung oder Verurteilung zum Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts gab eine solche weiche Formulierung indes nicht her. Gleiches gilt für die Entscheidungsformel eines stattgebenden (Vor-)Bescheids, der zufolge dem Beklagten die „Klaglosstellung“ oder „Befriedigung“ des Klägers (siehe Fn. 19) „aufgegeben“ wurde, zumal damit nach der Idee des „Vor“(!)-Bescheids, „vorläufigen“ Rechtsschutz zu gewähren (vgl. § 29 Abs. 2 HBVGG und § 21 Abs. 2 HHVGG), (zunächst) keine definitive Entscheidung bezweckt war.

  103. 103.

    Außerdem sollte der Einzelne nicht mit Hilfe einer deklarativen Entscheidung des Verwaltungsgerichts in die laufende Verwaltung eingreifen können, sondern den für ihn bestimmten Verwaltungsakt abwarten. Vgl. Bornhak (Fn. 37), S. 463 Fn. 5; Genzmer (Fn. 24), S. 511. Die Berührungsängste des Gesetzgebers mit Feststellungsklagen klangen aber seit den 1920er Jahren vereinzelt ab; → VII (Fn. 133).

  104. 104.

    Siehe Fn. 67.

  105. 105.

    Vgl. Ernst v. Hippel, Das richterliche Prüfungsrecht, in: Anschütz/Thoma (Fn. 24), S. 546 ff.

  106. 106.

    Anfänglich wiesen selbst seine Erkenntnisse im contentieux administratif lediglich einen konsultativen Charakter auf, weil die eigentliche Streitentscheidung dem (monarchischen) Staatsoberhaupt vorbehalten war („justice retenue“). Die eigenständige „justice déléguée“ des Staatsrats (1848–1852 und seit 1872) stellt eine republikanische Neuerung dar.

  107. 107.

    § 1 Abs. 3 S. 1 HHVGG, Art. 45 S. 1 ThürOVGStV und § 71 Abs. 3 ThürLVO (dazu → Schwan, § 17.IV.2 (mit Fn. 72), IV.5.d und VI.6) sowie § 9 VGG 1946. Vielfach fungierten die Verwaltungsgerichte sogar ohne gesetzliche Grundlage als administrative „think tanks“; vgl. → Rehak, § 9.V (Fn. 206), Hanisch, § 16.III.2 (Fn. 83), → Welti/Claussen, § 18.IV.3 (Fn. 82). Ähnliches gilt in Schweden, wo einzelne Mitglieder des Obersten VGH wie früher des Regierungsgerichts planmäßig zur gutachtlichen Normprüfung an den Gesetzgebungsrat abgeordnet sind; → Wenander, § 30.III.2.

  108. 108.

    Art. 36 Abs. 4 BayVGHG, § 83 Abs. 1 OlVGG, § 25 Abs. 1 S. 2 SächsVRPG und § 1 S. 2 SSVGVG; für Rechtsmittel: Art. 72 Abs. 1 HessVRPG, § 70 Abs. 3 MSchwVGG.

  109. 109.

    § 13 Abs. 1 BadVOG, § 49 Abs. 1, § 50 Abs. 1 und § 60 Abs. 2 AnVGG, Art. 67 Abs. 1 S. 1 und Art. 111 Abs. 6 HessKPG und Art. 7 Abs. 3 S. 2 HessOVGG, § 36 Abs. 1 LippVGG, § 82 Abs. 1, § 83 Abs. 1 und § 93 Abs. 2 PrLVG, § 77 SächsVRPG, Art. 29 Abs. 1 SMVSVG und § 42 Abs. 3 SSVGVG. Diese prokuratorische Rechtsmittelbefugnis stand mitunter auch dem Vertreter des öffentlichen Interesses zu (siehe z. B. § 90 S. 1 OlVGG). Art. 71 HessVRPG berechtigte sogar den dem Kreisausschuss vorsitzenden Kreisrat (in heutiger Terminologie den Landrat) zur Revision gegen Urteile des Provinzialausschusses vor dem VGH. Würde man diese Befugnis in die VwGO hineinspiegeln, könnte der Präsident des Verwaltungsgerichts Revision gegen OVG-Urteile zum Bundesverwaltungsgericht einlegen: ein faszinierender Gedanke!

  110. 110.

    Dazu auch → de Pretis/Fraenkel-Haeberle, § 36.VI.

  111. 111.

    Dieser wird naturgemäß in den süddeutschen Gesetzen besonders eindringlich betont: § 22 Abs. 3 BadVRPG, Art. 20 Abs. 1 und Art. 27 Abs. 1 BayVGHG, Art. 61 Abs. 1 S. 1 HessKPG, § 25 Abs. 1 S. 1 und § 51 Abs. 1 SächsVRPG, Art. 35 Abs. 1 ThürOVGStV und Art. 17 Abs. 3 WüVRPG. Siehe aber auch z. B. § 53 Abs. 4 und § 55 Abs. 1 MSchwVGG und § 74 Abs. 1 und § 80 Abs. 1 OlVGG.

  112. 112.

    Ebenso illusionistisch wie die Zivilrechtsprechung konnten verwaltungsgerichtliche Urteile allerdings ausfallen, wenn sie das (unerkannt falsche) Vorbringen einer Seite zugrunde legten, zu dem die andere Seite schwieg, was verschiedentlich zulässig war (vgl. § 22 S. 2 MStrVSVG, § 83 Abs. 2 OlVGG)

  113. 113.

    Expressis verbis: § 4 Abs. 4 BadVRPG, Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 BayVGHG, § 9 HBVGG, § 46 HHVGG, Art. 67 Abs. 1 und Art. 111 Abs. 2 HessKPG und Art. 5 Nr. 1 HessOVGG, § 33 Abs. 4 MSchwVGG, § 2 Abs. 1 Nr. 5 SAAG, § 4 Abs. 1 Nr. 4 SRAG, § 128 Abs. 2 Nr. 1 ThürLVO und Art. 13 Abs. 2 WüVRPG. Der Sache nach sind auch diejenigen Vorschriften zu nennen, die den gerichtlichen Prüfungsumfang auf die fehlerhafte Anwendung des geltenden Rechts (und die Verletzung der Rechte des Klägers) begrenzten: vgl. z. B. § 7 Abs. 1 S. 2 MStrVSVG, § 14 Abs. 3 Nr. 1 OlVGG, § 127 Abs. 3 Nr. 1 PrLVG und § 76 Abs. 1 Nr. 1 SächsVRPG. Eine Ausnahme wurde für Streitigkeiten nach §§ 20 und 21 RGewO angenommen, die aus dem behördlichen Rekursverfahren herausgewachsen waren und wie jenes eine unbeschränkte Ermessenskontrolle bedingen sollten; vgl. Bögershausen (Fn. 3), S. 79; Ibler (Fn. 37), S. 299 ff.; so auch § 38 Abs. 2 S. 2 – in Württemberg-Baden § 38 Abs. 3 S. 2 – VGG. Bei Lichte besehen ging es dabei aber vielmehr um Merkmale des gesetzlichen Tatbestands, die nach moderner Lesart mangels Zuerkennung von Beurteilungsspielräumen zwanglos umfassend justitiable unbestimmte Rechtsbegriffe darstellen.

  114. 114.

    § 49 Abs. 3 BsVRPG, § 14 Abs. 2 HBVGG, § 34 Abs. 2 MSchwVGG, § 32 Abs. 2 MStrVSVG, § 15 Abs. 2 OlVGG, § 133 Abs. 1 und 2 PrLVG und § 7 Abs. 1 Nr. 1 SCGVGHG. Man beachte auch die Ausreißer in § 46 Abs. 1 AnVGZG und § 1 Ziff. XIV Nr. 2 des lippischen Gesetzes betreffend die sachliche Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte v. 09.02.1898 (GS S. 298) mit der Ausdehnung verwaltungsgerichtlicher Kontrolle auf die Gesetzmäßigkeit polizeilicher Vollstreckungsakte.

  115. 115.

    Art. 24 BayVGHG, § 14 BsVRPG, § 52 HBVGG, § 45 HHVGG, § 44 MSchwVGG, § 31 MStrVSVG, § 59 Abs. 1 OlVGG, § 53 PrLVG, § 12 SCGVGHG und Art. 15 Abs. 4 SMVSVG. Teilweise überließ der Gesetzgeber die Herstellung aufschiebender Wirkung der Klage von vornherein behördlicher Machtvollkommenheit: § 84 SächsVRPG, § 6 Abs. 1 SAAG und § 9 Abs. 1 SRAG. Siehe dazu vor rechtsvergleichendem Horizont Karl-Peter Sommermann, Der vorläufige Rechtsschutz zwischen europäischer Anpassung und staatlicher Verschlankung, in: K. Grupp/M. Ronellenfitsch (Hrsg.), Festschrift für Willi Blümel, Berlin 1999, S. 523, 542 f.

  116. 116.

    Besonders einflussreich war die sächsische Rechtsprechung; vgl. Bühler (Fn. 31), S. 164 und (kritisch dazu) 450 ff.; Martin Oldiges, Verwaltungsgerichtliche Ermessenskontrolle, in: FS SächsOVG (Fn. 13), S. 195, 204 ff. m.w.N. Die Rechtsprechung bewegte sich dabei nur selten innerhalb normativer Flanken nach Art des § 114 S. 1 VwGO; siehe aber § 9 HBVGG („Ermessensmissbrauch“). Im Ausland wurde die Ermessensfehlerlehre schon etwas früher gesetzlich kultiviert: Österreich: Art. 129 Abs. 3 B-VG (Ermessensmissbrauch); Tschechoslowakei: § 2 Nr. 2 Gesetz über das Oberste Verwaltungsgericht v. 02.11.1918 (→ § 41) i.V.m. § 3 des österreichischen Gesetzes betreffend die Errichtung eines VGH v. 22.10.1875 (→ § 28); Polen: Art. 3 lit. b OVGHG v. 03.08.1922 (→ § 40: Ermessensüberschreitung). In Belgien empfand man allerdings gerade die Feststellung des Ermessensmissbrauchs als starken Einbruch in die aktive Verwaltung und behielt diese darum dem Plenum (anstelle der Kammer) der Verwaltungsabteilung des Staatsrats vor: Art. 48 Abs. 3 Hs. 1 Gesetz zur Errichtung eines Staatsrats v. 23.12.1946 (→ § 34).

  117. 117.

    Ob der spezifisch juristische Ansatz ihres Vorgehens den Richtern stets klar vor Augen stand, kann hier nicht vertieft werden. Anfangs changierten vor allem in Preußen Maßstäbe wie Notwendigkeit und Angemessenheit wohl noch zwischen Ermessenskontrolle und Ermessensfehlerkontrolle; vgl. Jellinek (Fn. 3), S. 32 f.; Ibler (Fn. 37), S. 226 ff.

  118. 118.

    So geschah es mit § 41 Abs. 2 HLVGG. Vgl. auch Art. 63 WüVRPG, der dem VGH die Befugnis zu einer aufschiebenden Verfügung unter Abweichung vom dortigen Grundsatz der sofortigen Vollziehbarkeit der Verwaltungsakte einräumte. Eine generelle verwaltungsgerichtliche Zuständigkeit zum Erlass einstweiliger Anordnungen bzw. Verfügungen statuierten § 62 OlVGG, § 24 SCGVGHG, Art. 28 SMVSVG und § 41 SSVGVG.

  119. 119.

    Edgar Loening, Die Rechtskraft verwaltungsgerichtlicher Urtheile, in: VerwArch 7 (1899), S. 1 ff.; Jellinek (Fn. 3), S. 297 f.

  120. 120.

    Zorn (Fn. 37), S. 121 ff.; Bornhak (Fn. 37), S. 475 f.

  121. 121.

    § 47 HBVGG, Art. 67 Abs. 1 S. 1 HessVRPG, § 61 MSchwVGG, § 32 des reußischen (j.L.) Gesetzes über das Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren v. 17.06.1912 (GS S. 67), § 61 SächsVRPG und § 112 ThürLVO.

  122. 122.

    § 42 MStrVSVG und Art. 72 WüVRPG. Noch weiter ging § 15 Hs. 2 HLVGG mit einem dem Kläger zugebilligten Wahlrecht zwischen dem Rechtsweg zum ordentlichen Gericht und der Anrufung des Verwaltungsgerichts; so auch § 1 Abs. 2 S. 5 AnVGZG, sofern die ordentliche Gerichtsbarkeit bereits vor der Gründung der Verwaltungsgerichte Verwaltungsrechtsschutz gewährt hatte.

  123. 123.

    Das war in weitem Umfang der Fall. Mit § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO vergleichbare Generalklauseln enthielten demgegenüber § 8 HBVGG, § 9 HHVGG, § 4 HLVGG, § 73 Abs. 1 Nr. 1 SächsVRPG, § 1 SAAG, § 3 SRAG, §§ 70 f., 113 und 126 ff. ThürLVO und Art. 13 Abs. 1 WüVRPG.

  124. 124.

    Zutreffend Hatschek (Fn. 19), S. 365 f.; Carl Schmitt, Verfassungslehre, Berlin 1928, S. 133. In Abwandlung des prozessualen „Aktivstatus“ französischer Signatur (→ VI) wurde hier im Obsiegensfall somit (im norddeutschen Verwaltungsprozess) auch ein Beklagter in „Aktion“ versetzt.

  125. 125.

    So die konzise Feststellung Bühlers (Fn. 31), S. 490.

  126. 126.

    Z. B. § 16 Nr. 6 OlVGG und §§ 11, 15, 28 und 29 PrVVGZustG. Teilweise standen sie wie § 92 LippGemVG auch außerhalb der Verwaltungsgerichtsgesetze („aufdrängende Sonderzuweisungen“).

  127. 127.

    So kam das BayVGHG auf sage und schreibe 40 verschiedene Parteistreitigkeiten (Art. 8) sowie 31 einseitige Beschwerdeverfahren (Art. 10).

  128. 128.

    Wie dieses Modell in praxi funktionierte, veranschaulichen die §§ 24 ff. des hamburgischen Gesetzes betreffend das Verhältnis der Verwaltung zur Rechtspflege v. 23.04.1879 (GS S. 110).

  129. 129.

    § 42 HHVGG und § 48 HBVGG. In einzelnen Fachgesetzen war die Versagung als spezielles Rechtsschutzobjekt freilich schon lange zuvor hervorgehoben worden; vgl. §§ 18 und 20 f. RGewO.

  130. 130.

    Die Diskussion in Lübeck war hier weiter vorangekommen, doch scheiterte die vom Senat befürwortete Klage auf „Anordnung“ der verweigerten Amtshandlung in der Bürgerschaft; → Welti/Claussen, § 18.IV.2.b (Fn. 71).

  131. 131.

    Hanisch, § 16.III.3, und → Kramer, § 21.IV.3. Ausdrücklich gegen diese Option das hanseatische Schwestergericht: HHOVG, Urt. v. 17.12.1930, E 3, 150, 152 f.

  132. 132.

    Vgl. Bernhard Blüher, Zur Feststellungsklage in der Verwaltungsrechtspflege, in: JbSächsOVG 16, S. 1, 97, 98 ff.

  133. 133.

    § 20 HHVGG sowie § 42 Nr. 2 MStrVSVG und § 28 HBVGG; später trat noch Lübeck hinzu (§ 15 HLVGG v. 28.09.1933, GVBl. S. 193). Zuvor war die Feststellungsklage nur punktuell gesetzlich statthaft, vgl. z. B. § 6 Nr. 7 SSVGZG (hinsichtlich des Status eines öffentlichen Wegs).

  134. 134.

    Hans Julius Wolff, Verwaltungsrecht, Bd. 1, 8. Aufl., München 1971, § 43 II b.

  135. 135.

    ABl. der Militärregierung – Britisches Kontrollgebiet 1948 S. 719.

  136. 136.

    § 106 BadVollzugsVO und Art. 9 HessOVGG. Eine gewisse Ähnlichkeit dieses Vorgehens mit der heute durch die Bundesgerichte und die europäische Gerichtsbarkeit regelmäßig praktizierten Vorabinformation der Medien ist unverkennbar.

  137. 137.

    Über dieses Ziel schießen indes einzelfallunabhängig entwickelte höchstrichterliche Plenarbeschlüsse oder bei „Richterkollegien“ ausgegebene Parolen hinaus, wie sie in Osteuropa vorkommen und eher an von der Exekutivspitze erlassene interne Verwaltungsvorschriften erinnern („Direktivenjurisprudenz“); vgl. zu Russland und Ungarn → Starilov, § 45.III.1 und IV, und → Rozsnyai, § 43.III.2.b und IV.

  138. 138.

    Vgl. die Angaben in den einzelnen Beiträgen dieses Handbuchs.

  139. 139.

    Die Rechtsprechung des Großherzoglich-Badischen VGH, Rspr. I (1864–1890), II (1891–1895) und III (1896–1910); Sammlung von Entscheidungen des (Königlich) Bayerischen VGH, E 1 (1879) bis 63 (1944); Entscheidungen der Hamburgischen Verwaltungsgerichte, E 1 (1922) bis 4 (1935); Entscheidungen des (Großherzoglich-)Hessischen VGH (erst nach dem Relaunch des Verwaltungsprozesses von 1911), E 1 (1913) bis 8 (1932); Entscheidungen des (Königlich) Preußischen OVG, E 1 (1876) bis 106 (1941); Jahrbücher des (Königlich) Sächsischen OVG, Jb 1 (1901) bis 42 (1941); Jahrbuch der Entscheidungen des Thüringischen OVG, Jb 1 (1912) bis 18 (1947); und die – vom Württembergischen VGH zusammen mit dem Oberlandesgericht bestückten und 1922 in der Zeitschrift für die freiwillige Gerichtsbarkeit und die Gemeindeverwaltung in Württemberg aufgegangenen – Jahrbücher der Württembergischen Rechtspflege, Jb 1 (1885) bis 29 (1919).

  140. 140.

    Übergreifend impliziert auch das Grundgesetz (Art. 19 Abs. 4 sowie Art. 94 Abs. 2 S. 2 und Art. 95 Abs. 1) ein nach der ordentlichen Gerichtsbarkeit und den jeweiligen Fachgerichtszweigen differenziertes System von Rechtswegen.

  141. 141.

    So werden in Bayern häufiger als in anderen Regionen Duldungsverfügungen in öffentlich-rechtlichen Realakten aufgespürt; vgl. näher Ulrich Stelkens, in: P. Stelkens/H.J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, 8. Aufl., München 2014, § 35 Rn. 94 f. In der Schweiz geht man sogar prinzipiell von einem Vorrang der Verfügung aus, der eine regelrechte „Jagd“ nach Verwaltungsakten auslöst; siehe Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlemann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Aufl., Zürich 2006, Rn. 1997; → Schindler, § 29.V.4.

  142. 142.

    Unterreitmeier, § 26.V.4. Er hatte sich allerdings seit jeher auch Kritik gefallen lassen müssen; Schmitt (Fn. 59), S. 125, geißelte seine Bestellung neben dem Beklagten gar als „ungehörig“.

  143. 143.

    § 42 Abs. 2, § 43 Abs. 2 S. 1, § 47 Abs. 2 S. 1 (n.F.), § 61 Nr. 2, § 113 Abs. 1 S. 1 und Abs. 5 S. 1, § 123 Abs. 1 S. 1 sowie § 162 Abs. 1 VwGO.

  144. 144.

    Vgl. § 89 Abs. 1, § 93 S. 2, § 106 (a.F.), § 111 und § 146 Abs. 2 VwGO. Derart folgt die VwGO der klassischen Idee, nach der Rechte „zu etwas“ ermächtigen, während Ansprüche „auf etwas“ gerichtet sind.

  145. 145.

    Vgl. dazu prospektivisch → Sommermann, § 48.III.4 und § 55.I.

  146. 146.

    Dem leistet allerdings die Annahme einer Derogation individueller Ansprüche durch vermeintlich vorrangiges Verwaltungsprozessrecht – so jüngst Johannes Buchheim, Actio, Anspruch, subjektives Recht, Tübingen 2017, passim – geradezu Vorschub.

  147. 147.

    Ähnlich Eberhard Schmidt-Aßmann, Kohärenz und Konsistenz des Verwaltungsrechtsschutzes, Tübingen 2015, S. 22 f. und 66 f.

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Schaffarzik, B. (2019). § 22 Die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf ihrem Weg von der Verwaltung zur Gerichtsbarkeit. In: Sommermann, KP., Schaffarzik, B. (eds) Handbuch der Geschichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Deutschland und Europa. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-41235-6_22

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