Die Thermodynamik ist als Teilgebiet der Physik eine allgemeine Energielehre. Sie befasst sich mit den verschiedenen Erscheinungsformen der Energie und deren Umwandlung ineinander. Sie stellt die allgemeinen Gesetze bereit, die jeder Energieumwandlung zugrunde liegen.

1 Systeme, Systemgrenzen, Umgebung

Unter einem thermodynamischen System, kurz auch System genannt, versteht man dasjenige materielle Gebilde oder Gebiet, das Gegenstand der thermodynamischen Untersuchung sein soll. Beispiele für Systeme sind eine Gasmenge, eine Flüssigkeit und ihr Dampf, ein Gemisch mehrerer Flüssigkeiten, ein Kristall oder eine energietechnische Anlage. Das System wird durch eine materielle oder gedachte Systemgrenze von seiner Umwelt, der sog. Umgebung getrennt. Eine Systemgrenze darf sich während des zu untersuchenden Vorgangs verschieben, beispielsweise wenn sich eine Gasmenge ausdehnt, und sie darf außerdem für Energie und Materie durchlässig sein. Energie kann über eine Systemgrenze mit einer ein- oder austretenden Materie sowie in Form von Wärme ( D 3.2.3 ) und Arbeit ( D 3.2.1 ) transportiert werden. Das System mit seiner Systemgrenze dient bei der Betrachtung und Berechnung von Energieumwandlungsprozessen als Bilanzraum mit seiner Bilanzgrenze. Stellt man z. B. eine Energiebilanz ( D 3 Erster Hauptsatz) für das System auf, so werden die über die Systemgrenze ein- und austretenden Energien und die Energieänderungen und Eigenschaften im System in Form einer Bilanzgleichung miteinander verknüpft. Ein System heißt geschlossen, wenn die Systemgrenze für Materie undurchlässig und offen, wenn sie für Materie durchlässig ist. Während die Masse eines geschlossenen Systems unveränderlich ist, ändert sich die Masse eines offenen Systems, wenn die während einer bestimmten Zeit in das System einströmende Masse von der ausströmenden verschieden ist. Sind einströmende und ausströmende Masse gleich, so bleibt auch die Masse des offenen Systems konstant. Beispiele für geschlossene Systeme sind feste Körper oder Massenelemente in der Mechanik, Beispiele für offene Systeme sind Turbinen, Strahltriebwerke, strömende Fluide (Gase oder Flüssigkeiten) in Kanälen. Ist ein System gegenüber seiner Umgebung vollkommen thermisch isoliert, kann also keine Wärme über die Systemgrenze transportiert werden, so spricht man von einem adiabaten System. Abgeschlossen nennt man ein System, das von allen Einwirkungen seiner Umgebung isoliert ist, sodass weder Energie in Form von Wärme oder Arbeit noch Materie mit der Umgebung ausgetauscht werden.

Die Unterscheidung zwischen geschlossenem und offenem System entspricht der Unterscheidung zwischen Lagrangeschem und Eulerschem Bezugssystem in der Strömungsmechanik. Im Lagrangeschen Bezugssystem, das dem geschlossenen System entspricht, untersucht man die Bewegung eines Fluids, indem man dieses in kleine Elemente von unveränderlicher Masse zerlegt und deren Bewegungsgleichung ableitet. Im Eulerschen Bezugssystem, das dem offenen System entspricht, denkt man sich im Raum ein festes Volumenelement aufgespannt und untersucht die Strömung des Fluids durch das Volumenelement hindurch. Beide Arten der Beschreibung sind einander äquivalent, und es ist oft nur eine Frage der Zweckmäßigkeit, ob man ein geschlossenes oder offenes System der Betrachtung zugrunde legt.

2 Beschreibung des Zustands eines Systems . Thermodynamische Prozesse

Ein System wird durch bestimmte physikalische Größen charakterisiert, die man messen kann, beispielsweise Druck, Temperatur, Dichte, elektrische Leitfähigkeit, Brechungsindex und andere. Der Zustand eines Systems ist dadurch bestimmt, dass alle diese physikalischen Größen, die sog. Zustandsgrößen, feste Werte annehmen. Den Übergang eines Systems von einem Zustand in einen anderen nennt man Zustandsänderung .

Beispiel:

Ein Ballon ist mit Gas gefüllt. Thermodynamisches System sei das Gas. Die Masse des Gases ist, wie die Messung zeigt, durch Volumen, Druck und Temperatur bestimmt. Zustandsgrößen des Systems sind also Volumen, Druck und Temperatur, und der Zustand des Systems (Gases) ist durch ein festes Wertetripel von Volumen, Druck und Temperatur gekennzeichnet. Den Übergang zu einem anderen festen Wertetripel, beispielsweise wenn eine gewisse Gasmasse ausströmt, nennt man Zustandsänderung.

Den mathematischen Zusammenhang zwischen Zustandsgrößen nennt man Zustandsgleichung .

Beispiel:

Das Volumen des Gases in einem Ballon erweist sich als eine Funktion von Druck und Temperatur. Der mathematische Zusammenhang zwischen diesen Zustandsgrößen ist eine solche Zustandsgleichung.

Zustandsgrößen unterteilt man in drei Klassen: Intensive Zustandsgrößen sind unabhängig von der Größe des Systems und behalten somit bei einer Teilung des Systems in Untersysteme ihre Werte bei.

Beispiel:

Unterteilt man einen mit Gas von einheitlicher Temperatur gefüllten Raum in kleinere Räume, so bleibt die Temperatur unverändert. Sie ist eine intensive Zustandsgröße.

Zustandsgrößen, die proportional zur Masse des Systems sind, heißen extensive Zustandsgrößen .

Beispiel:

Das Volumen, die Energie oder die Masse selbst.

Dividiert man eine extensive Zustandsgröße X durch die Masse m des Systems, so erhält man eine spezifische Zustandsgröße \(x=X/m\).

Beispiel:

Extensive Zustandsgröße sei das Volumen eines Gases, spezifische Zustandsgröße ist dann das spezifische Volumen \(\upsilon = V/m\), wenn m die Masse des Gases ist. SI-Einheit des spez. Volumens ist m3∕kg.

Zustandsänderungen kommen durch Wechselwirkungen mit der Umgebung des Systems zustande, beispielsweise dadurch, dass Energie über die Systemgrenze zu- oder abgeführt wird. Zur Beschreibung einer Zustandsänderung genügt es, allein den zeitlichen Verlauf der Zustandsgrößen anzugeben. Die Beschreibung eines Prozesses erfordert zusätzlich Angaben über Größe und Art der Wechselwirkungen mit der Umgebung. Unter einem Prozess versteht man somit die durch bestimmte äußere Einwirkungen hervorgerufenen Zustandsänderungen. Der Begriff Prozess ist also weiter gefasst als der Begriff Zustandsänderung. So kann z. B. ein und dieselbe Zustandsänderung durch verschiedene Prozesse hervorgerufen werden.