Zusammenfassung

Durch das konsequente Einhalten und Anwenden der Standardhygienemaßnahmen (Kap. 13) lassen sich die meisten Transmissionen zwischen Patienten, aber auch Übertragungen auf das Personal vermeiden. Das folgende Kapitel widmet sich den Besonderheiten einzelner Erreger und Infektionskrankheiten und den ggf. erforderlichen zusätzlichen Schutzmaßnahmen. Es hilft bei der individuellen Risikoanalyse hinsichtlich Erregertyp, Übertragungsweg, Streupotenzial und exponierter Personen. Eine erregerspezifische Übersicht zum Nachschlagen ermöglicht eine schnelle Orientierung.

14.1 Multiresistente gramnegative Erreger

Multiresistente gramnegative Erreger (MRGN ) spielen in verschiedenen Fachgebieten und in Risikobereichen (z. B. Intensivstationen, Neonatologie, immunsupprimierte Patienten) eine zunehmende Rolle. Hierbei treten sie als Besiedler und Infektionserreger nosokomialer Infektionen , aber auch als mitgebrachte Erreger („community acquired“) in Erscheinung (Mattner 2012).

Es zeigen sich ausgeprägte regionale Prävalenzunterschiede, jedoch eine bundesweit zu beobachtende Zunahme. So erhöhte sich z. B. im Zeitraum zwischen 1995 und 2007 in der Resistenzstudie der Paul-Ehrlich-Gesellschaft die Resistenz von E. coli gegenüber Ampicillin um 20 % auf 54,9 %, gegenüber Cotrimoxazol um 10 % auf 34,4 % und gegenüber Ciprofloxacin um 20 % auf 26,4 % der Isolate. War bislang die Chinolonresistenz an das Alter gekoppelt, so fällt bei differenzierter Analyse auf, dass die Mehrfachresistenz inzwischen gerade bei jungen Menschen stark zunimmt. Der Anteil der ESBL-bildenden Stämme (ESBL = „extended-spectrum betalactamase“) stieg von 1 % auf 9,9 %, und eine Resistenz gegenüber Cefotaxim lag 2007 bei 10,3 % gegenüber wenigen Nachweisen in 1995 vor. Die Wirksamkeit von Carbapenemen ist mit über 99 % hingegen nach wie vor gut (Kresken 2011).

Allerdings wird international auch eine Zunahme der Carbapenemresistenzen bei gramnegativen Erregern beschrieben. Dies gilt vor allem für carbapenemresistente Klebsiellen, wobei Hotspots in Griechenland, Israel, Teilen Chinas und der Ostküste der USA liegen.

Die Weitergabe von Resistenzen bei gramnegativen Erregern kann sowohl chromosomal als auch plasmidkodiert über Transposomen erfolgen. Da die Resistenzgene auch speziesübergreifend ausgetauscht werden können, ergibt sich ein besonders hohes Verbreitungspotenzial.

Es gibt über 150 verschiedene β-Laktamasen, von den klassischen Penicillinasen über die Extended-Spectrum-β-Laktamasen (ESBL ) bis hin zu den Carbapenemasen. Die Einteilung der β-Laktamasen erfolgt nach dem Ambler-Schema in die Gruppen A, B, C und D. Die Gruppen A, C und D sind Serin-β-Laktamasen, die Gruppe B sind Metallo-β-Laktamasen.

  • Die Ambler-Gruppe A ist in der Regel durch Clavulansäure hemmbar. Zu ihr gehören die Typen TEM-1, TEM-2, SHV-1, ESBL-SHV, CTX-M-15 und KPC.

  • Die Ambler-Gruppe B besteht aus den Metallo-β-Laktamasen, die durch EDTA, nicht aber durch Clavulansäure hemmbar sind. Zu ihr gehören VIM, IMP, NDM und GIM.

  • Die Ambler-Gruppe C sind die AmpC-β-Laktamasen, die nicht durch Clavulansäure hemmbar sind. Zur Gruppe C zählen die chromosomalen AmpC von Enterobacteriacaeen und Citrobacter freundii und plasmidkodierte AmpC wie CMY-2.

  • Die Ambler-Gruppe D sind die OXA-β-Laktamasen, die ebenfalls nicht durch Clavulansäure hemmbar sind. Zu ihr zählen OXA-1 und OXA-48.

Stand bislang die Aufzeichnung von Erregern mit besonderen Resistenzen nach § 23 IfSG und damit vor allem der ESBL-Bilder im Vordergrund, so hat das Robert Koch-Institut eine neue Klassifikation der Mehrfachresistenz gegenüber 4 ausgewählten Antibiotikaklassen vorgeschlagen (Tab. 14.1; KRINKO 2011). Die so klassifizierten Erreger sind nun auch in der neugefassten Liste der aufzeichnungspflichtigen Erreger nach § 23 IfSG (RKI 2013) enthalten, während die alleinige Chinolonresistenz von E. coli nicht mehr aufzeichnungspflichtig ist.

Tab. 14.1 KRINKO-Klassifikation der multiresistenten gramnegativen Erreger (MRGN)

Im Verhältnis zu anderen Erregern mit besonderen Resistenzen wie MRSA (methicillinresistenter Staphylococcus aureus) oder VRE (vancomycinresistente Enterokokken) dürften MRGN (Tab. 14.2) bei Extrapolation der bisherigen Entwicklung in Zukunft eine dominierende Rolle spielen (Abb. 14.1). Die KRINKO-Klassifikation der MRGN ist in Tab. 14.1 dargestellt.

Abb. 14.1
figure 1

Extrapolation der relativen Bedeutung von MRSA, VRE und MRGN

Tab. 14.2 Beispiele für die Klassifizierung von MRGN je nach Antibiotikaresistenz für die wichtigsten Erreger in alphabetischer Reihenfolge

Das EUCAST (European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing) empfiehlt bei Nachweis einer ESBL, die Antibiogramme nicht mehr zu interpretieren und nicht mehr alle Cephalosporine der 3. Generation als resistent zu klassifizieren. Es kann also vorkommen, dass nicht beide Leitantibiotika der Cephalosporine der 3. Generation (Ceftazidim und Cefotaxim) intermediär oder resistent sind. Die klinische Bedeutung einer In-vitro-Sensibilität ist unklar. Bei Enterobacteriaceae wird dennoch eine Klassifikation als 3MRGN empfohlen, wenn eines der beiden, Ceftazidim oder Cefotaxim, nicht sensibel getestet wird.

Bei Enterobacteriaceae kann es vorkommen, dass trotz Vorliegen einer Carbapenemase die Empfindlichkeit für Imipenem oder Meropenem noch im formal sensiblen Bereich liegt. EUCAST empfiehlt auch in diesen Fällen, keine Interpretation des Antibiogramms vorzunehmen, sondern die Carbapeneme als sensibel zu befunden bzw. die MHK (minimale Hemmkonzentration) anzugeben. Unabhängig von der Resistenzkategorie auf dem Befund empfiehlt es sich, bei Nachweis von Carbapenemasen in Enterobacteriaceae entsprechende Isolate als 4MRGN zu klassifizieren.

Die klinische Bedeutung einer In-vitro-Sensibilität der getesteten Carbapeneme ist ebenfalls unklar. Das Gleiche gilt für die Interpretation sogenannter Synergietestungen. Insofern sollte bei Vorliegen einer Carbapenemase bei multiresistenten Erregern einer sicher wirksamen Therapie (z. B. mit Colistin) bei schweren Krankheitsbildern der Vorzug gegeben werden. Bei klinischen Problemfällen (z. B. mit Colistinresistenz oder Therapieversagen) sind jedoch die tatsächlichen MHK-Werte hilfreich, und Kombinationstherapien, teilweise auch mit erhöhter Dosis, haben sich in der Praxis als wirksam erwiesen.

International wurde eine abweichende Nomenklatur publiziert, die auch grampositive Erreger einschließt (Magiorakos 2012). Sie verwendet die Begriffe multiresistent (MDR), extrem resistent (XDR) und panresistent (PDR), wie man sie ähnlich von der Einteilung der Resistenzlage bei Mycobacterium tuberculosis kennt (Tab. 14.3).

Tab. 14.3 Einteilung multiresistenter Erreger in MDR, XDR und PDR. (Adaptiert nach Magiorakos 2012)

Trotz leicht abweichender Nomenklatur und Definition, insbesondere der einbezogenen Antibiotikaklassen, ist die Grundidee der Klassifikation vergleichbar, und die Ableitung von krankenhaushygienischen Schutzmaßnahmen könnte auch bei Verwendung dieser Einteilung nach Streupotenzial, individueller und epidemiologischer Risikoanalyse erfolgen (wobei MDR den 3MRGN und XDR und PDR den 4MRGN entsprechen würden).

14.1.1 Krankenhaushygienische Bedeutung

Die folgenden Leitsätze zur krankenhaushygienischen Bedeutung der einzelnen Erreger entsprechen den Empfehlungen der KRINKO (2012) als Grundlage für die Risikoanalyse und werden hier in verkürzter Form zusammengefasst.

14.1.1.1 Acinetobacter baumannii

Die weltweite Ausbreitung und Zunahme carbapenemresistenter A.-baumannii-Klone (4MRGN) ist am ehesten als ein Problem anzusehen, das mit der stationären oder ambulanten Versorgung von Patienten assoziiert ist. 3MRGN A. baumannii sind weniger gut untersucht, und die Verbreitung über Einrichtungen des Gesundheitssystems ist nicht gesichert.

Es ist davon auszugehen, dass nur ein Teil besiedelter Patienten im Rahmen des stationären Aufenthalts eine Infektion erleidet und dass ein erheblicher Anteil der Patienten asymptomatisch besiedelt ist. Derzeit kann nicht sicher festgestellt werden, ob die Infektion mit einem 3MRGN A. baumannii mit einer erhöhten Mortalität einhergeht. Im Vergleich zu Infektionen durch antibiotikaempfindliche Isolate besteht jedoch eine erhöhte Morbidität mit signifikant verlängerter Krankenhausaufenthaltsdauer.

Infektionen durch 4MRGN A. baumannii haben gegenüber Infektionen mit sensiblen Isolaten eine höhere Mortalität.

Die Übertragung von A. baumannii erfolgt durch direkten oder indirekten Kontakt zu Quellen aus der belebten und in nennenswertem Umfang auch der unbelebten Umgebung des Patienten.

14.1.1.2 Escherichia coli

Antibiotikaresistente E. coli haben eine niedrige Reproduktionsrate im Krankenhaus, die deutlich <1 einzuschätzen ist. Die reine Besiedlung mit 3MRGN E. coli ist nach bisherigen Erkenntnissen nicht mit einem ungünstigen klinischen Verlauf assoziiert, während insbesondere schwere Infektionen mit einer erhöhten Mortalität gegenüber empfindlichen Stämmen verbunden sind. Zur Abschätzung des Outcomes von 4MRGN E. coli im Vergleich zu empfindlichen Stämmen liegen bisher keine ausreichenden Daten vor.

Die Übertragung von MRGN E. coli erfolgt in erster Linie durch Kontakt mit Lebensmitteln oder Trägern von MRGN E. coli bei Nichteinhaltung von Standardhygienemaßnahmen. Neben patienteneigenen Risikofaktoren sind die Aufnahme durch die Nahrung und eine Antibiotikatherapie die stärksten Risikofaktoren für den Erwerb eines 3MRGN E. coli. 4MRGN E. coli werden derzeit durch Aufenthalte in Endemiegebieten nach Deutschland importiert.

14.1.1.3 Klebsiella

Das Auftreten von 4MRGN-Klebsiella-pneumoniae -Isolaten ist derzeit in Europa noch kein Problem in der ambulanten Versorgung, sondern manifestiert sich nahezu ausschließlich in Krankenhäusern. Die Verbreitung erfolgt hauptsächlich klonal.

Die Verbreitung von 3MRGN K. pneumoniae ist in lokalen Ausbrüchen in der Regel ebenfalls klonal, es ist jedoch unklar ob eine überregionale Verbreitung, die mit Einrichtungen der stationären oder ambulanten Patientenversorgung assoziiert ist, erfolgt.

Die Reproduktionsrate von multiresistenten Klebsiella spp. ist in der Regel niedrig. Bestimmte Stämme können jedoch mit höheren Reproduktionsraten einhergehen und Ausbrüche verursachen. In endemischen Situationen unter Risikopatienten, die mit multiresistenten K. pneumoniae besiedelt sind, können bis zu 40 % im Krankenhaus eine Infektion erleiden. Insgesamt muss davon ausgegangen werden, dass der Anteil kolonisierter Patienten, die nur durch Surveillance-Untersuchungen entdeckt werden können, sowohl für 3MRGN- als auch für 4MRGN-Klebsiellen hoch sein kann.

Infektionen durch K. pneumoniae mit 4MRGN-Phänotyp haben aufgrund bisheriger Erkenntnisse einen ungünstigeren klinischen Verlauf als Infektionen durch K. pneumoniae mit 3MRGN-Phänotyp.

Klebsiellen werden in der Mehrzahl der Fälle direkt oder indirekt von Person zu Person übertragen. Bei Häufung von Infektionen muss jedoch immer auch an eine Quelle aus der unbelebten Umgebung gedacht werden, wobei Klebsiellen eher feuchte Habitate bevorzugen.

Der wichtigste Risikofaktor für Infektionen mit 3MRGN-Klebsiellen ist, unabhängig von der betroffenen Population, die vorausgegangene Therapie mit Antibiotika. Neugeborene sind eine der am häufigsten von Klebsielleninfektionen betroffenen Populationen.

Für Infektionen mit 4MRGN-Klebsiellen stellen neben einer vorausgegangenen Therapie mit Antibiotika insbesondere Hospitalisierung und invasive Eingriffe Risikofaktoren dar. Der Aufenthalt in medizinischen Einrichtungen in Hochendemiegebieten ist ein besonderer Risikofaktor für 4MRGN Klebsiellen (ein gezieltes Screening ist daher bei Verlegungen aus dem Ausland, insbesondere bei Intensivpatienten, sinnvoll).

14.1.1.4 Enterobacter

Es ist anzunehmen, dass ca. 10–25 % der mit multiresistenten Enterobacter  spp. besiedelten Patienten im Rahmen ihres Krankenhausaufenthalts eine Infektion bekommen. Für Infektionen mit 3MRGN Enterobacter spp. ist eine erhöhte Mortalität nicht sicher nachweisbar; für Infektionen mit Carbapenem-resistenten Enterobacter spp. (4MRGN) ist die Mortalität nach bisherigen Erkenntnissen erhöht. Die Übertragung von Enterobacter spp. ist eher selten, erfolgt jedoch in der Regel über die Hände des Personals oder Gegenstände aus der direkten Umgebung der Patienten.

Neben patienteneigenen Risikofaktoren ist eine vorausgegangene Antibiotikatherapie ein Risikofaktor für den Erwerb eines 3MRGN Enterobacter spp. Neugeborene sind vergleichsweise häufiger von Infektionsausbrüchen betroffen. 4MRGN Enterobacter spp. werden derzeit durch Aufenthalte in Endemiegebieten nach Deutschland importiert.

Daten zur Epidemiologie antibiotikaresistenter Isolate anderer, seltener nachgewiesener Enterobakterien (z. B. Proteus spp., Morganella morganii, Serratia spp. oder Citrobacter spp.) sind spärlich. Während für Serratien eine Persistenz einzelner Klone im Krankenhaus beschrieben ist, gibt es keine dringenden Hinweise darauf, dass eine krankenhausassoziierte Verbreitung von Proteus spp., Citrobacter spp. oder M. morganii vorliegt.

Serratia-Infektionen können mit Quellen aus der unbelebten Umgebung assoziiert sein, für andere seltene Enterobakterien stehen hingegen der Darm als Quelle und die Übertragung von Person zu Person im Vordergrund. Risikofaktoren für Infektionen mit selteneren antibiotikaresistenten Enterobakterien sind vor allem vorausgegangene Therapien mit Antibiotika. Für Serratia spp. sind Neugeborene eine besonders anfällige Population.

14.1.1.5 Pseudomonas aeruginosa

Die Reproduktionsrate für P. aeruginosa ist von den Eigenschaften des einzelnen Stammes und der jeweiligen Umgebungssituation abhängig. Daten zum Verhältnis infizierter zu besiedelten Patienten außerhalb von Hochrisikopopulationen liegen nicht vor. In Risikopopulationen entwickeln bis zu 50 % aller kolonisierten Patienten systemische Infektionen. In anderen Populationen ist davon auszugehen, dass ein höherer Anteil an Patienten asymptomatisch besiedelt bleibt.

Auch wenn ein Vergleich der publizierten Studien bei unterschiedlichen Studiendesigns und Resistenzdefinitionen schwierig ist, ist ein Zusammenhang zwischen Infektionen mit resistentem P. aeruginosa und einer erhöhten Morbidität und Mortalität offensichtlich. Unterschiede in der Mortalität zwischen 3MRGN und 4MRGN können aus den vorliegenden Daten nicht abgeleitet werden.

Für Pseudomonaden stellen sowohl die endogene Infektion als auch die Übertragung von Person zu Person und Umgebungsreservoire bedeutsame Infektionswege dar. Neben patienteneigenen Risikofaktoren und invasiven Maßnahmen ist eine vorausgegangene Antibiotikatherapie Risikofaktor für den Erwerb von 3MRGN oder 4MRGN P. aeruginosa. Besonders häufig sind Patienten der Intensivstation betroffen.

14.1.1.6 Stenotrophomonas maltophilia

Stenotrophomonas maltophilia ist bereits intrinsisch resistent gegen eine große Anzahl von Antibiotika, und es wird eine Zunahme der erworbenen Resistenz gegenüber Cotrimoxazol beschrieben.

Der Erreger löst Infektionen in der Regel nur bei stark immunsupprimierten Patienten, vor allem solchen mit soliden und hämatologischen Krebserkrankungen, aus; bei ihnen ist die Infektion auch mit einer nennenswerten Letalität verbunden. Als weitere Gruppe sind Patienten mit zystischer Fibrose (Mukoviszidose ) betroffen.

Die Epidemiologie weist darauf hin, dass die Verbreitung mit Standardhygienemaßnahmen gut kontrollierbar ist, sodass dieser Erreger nicht in die MRGN-Klassifikation aufgenommen wurde.

14.1.1.7 Burkholderia cepacia

Auch Burkholderia cepacia weist eine Reihe intrinsischer Antibiotikaresistenzen auf und wird überwiegend selektioniert und selten exogen übertragen. Besonders häufig treten Burkholderia cepacia bei Patienten mit zystischer Fibrose und Bronchiektasen in Erscheinung. Sie werden nicht als MRGN klassifiziert.

14.1.2 Praktische Hygienemaßnahmen

Die Hygienemaßnahmen werden abgestuft je nach Erreger und Streupotenzial durchgeführt. Je nach lokaler endemischer Situation kann es sinnvoll sein, alle ESBL-Nachweise mindestens wie 3MRGN zu behandeln, auch wenn noch mehrere andere Antibiotikaklassen wirksam sind (Tab. 14.4). Hierbei spielt vor allem die Gefahr der plasmidkodierten Weitergabe des Resistenzgens eine Rolle.

Tab. 14.4 Übersicht über Maßnahmen zur Prävention der Verbreitung von MRGN. (Adaptiert nach KRINKO 2012)

14.1.2.1 Hygiene beim Patienten

14.1.2.1 Einzelzimmer
  • Einzelzimmerindikation wird nach Einschätzung des Streupotenzials (z. B.Tracheostoma, Husten, Inkontinenz, Durchfall, Lokalisation, Compliance des Patienten usw.) und nach dem Risikopotenzial des Erregers (Art des Erregers und seine Resistenz) sowie dem Risikobereich der Unterbringung (Normalstation, Intensivstation, Neonatologie etc.) gestellt (Tab. 14.4)

  • Kohortierung bei Erregern der gleichen Spezies mit gleichem Resistenzphänotyp möglich.

Unterschiedliche Stämme und Resistenzgene sind dennoch möglich.

  • Patienten dazu anleiten, den Toilettendeckel beim Spülen geschlossen zu halten und anschließend die Hände zu desinfizieren.

14.1.2.1 Umgang mit Mitpatienten
  • Bei Mitpatienten, die bei Diagnosestellung eines gramnegativen multiresistenten Erregers bei einem Patienten (Indexpatient) mit diesem im selben Zimmer liegen, werden Screeninguntersuchungen (z. B. Analabstrich, gepoolter Nasen-Rachen-Abstrich) aufgrund der klinischen Situation (z. B. Immunsuppression, bevorstehende Operation) durchgeführt. Je nach epidemiologischer Situation und Profil der Einrichtung kann ein routinemäßiges Mitpatientenscreening sinnvoll sein (z. B. nach mehr als 24-stündiger gemeinsamer Unterbringung mit einem Indexpatienten).

  • Bei einer notwendigen empirischen Antibiotikatherapie des Mitpatienten muss jedoch das Antibiogramm des multiresistenten gramnegativen Erregers in die Therapieentscheidung auch bei fehlendem Screeningergebnis miteinbezogen werden.

14.1.2.1 Besucher
  • Besucher mit normalem Immunstatus können den Patienten besuchen.

  • Bei abwehrgeschwächten Besuchern im Zweifelsfall Rücksprache mit dem Hygieneteam halten.

  • Auf das Händeschütteln zur Begrüßung verzichten.

  • Wichtig ist eine gründliche Händedesinfektion (Einweisung durch Stationspersonal) vor Verlassen des Patientenzimmers.

  • Bei engem, über den Handkontakt hinausgehendem, körperlichem Kontakt (z. B. beim Einbeziehen der Angehörigen in die Pflege oder Physiotherapie des Patienten) wird Schutzkleidung analog dem Pflegepersonal getragen.

14.1.2.1 Wäsche
  • Der Wäscheabwurf erfolgt im Zimmer (patientennah).

  • Die üblichen desinfizierenden Waschverfahren sind ausreichend (keine Klassifikation als „infektiöse“ Wäsche).

  • Zusätzlichen Plastiksack verwenden, wenn der Stoffsack durchfeuchten könnte

  • Nach Abtransport der geschlossenen Säcke sofort die Hände desinfizieren

14.1.2.1 Abfall
  • Sämtlicher Müll (z. B. auch Verbandsmaterial) zum Hausmüll (AS 18 01 04; nicht „infektiös“) geben

  • Nach Abtransport der geschlossenen Säcke sofort die Hände desinfizieren

14.1.2.1 Flächendesinfektion
  • Flächen bei sichtbarer Kontamination immer sofort gezielt desinfizieren

  • Übliche Flächendesinfektionsverfahren mit den üblichen Mitteln und Konzentrationen gemäß Reinigungs- und Desinfektionsplan verwenden

  • Reinigungspersonal informieren

  • Laufende Desinfektion: Wischdesinfektion der patientennahen Flächen auf Allgemeinstation einmal täglich, auf Intensivstation einmal pro Schicht, Fußboden einmal täglich desinfizierend reinigen.

14.1.2.1 Besonderheiten bei/nach Verlegung
  • Information der Zieleinrichtung bzw. des nachbehandelnden Arztes

  • Bei Verlegung durch den Rettungsdienst Verwendung eines Überleitungsbogens (z. B. des lokalen MRE-Netzwerks)

  • Information des Patienten und ggf. seiner Angehörigen

  • Schlussdesinfektion aller erreichbaren (Ober-)Flächen im Patientenzimmer

  • Verbrauchsmaterialien im Zimmer entweder vor Weiterverwendung desinfizieren oder entsorgen

  • Vorhänge o. ä. waschen

  • Toilettenbürsten und Toilettenpapierrestbestände entsorgen.

14.1.2.1 Zusatzmaßnahmen bei Isolierung

Zusätzlich zu den Maßnahmen der Standardhygiene und Barrierepflege sind folgende Maßnahmen notwendig:

  • Unterbringung im Einzelzimmer mit eigener Nasszelle oder Kohortierung mit Patienten mit gleicher Spezies und gleichem Resistenzphänotyp

  • Langärmeligen Schutzkittel bei allen direkten Patientenkontakten tragen (bei Acinetobacter baumannii Schutzkittel wegen der möglicherweise erhöhten Umgebungskontamination bereits vor Betreten des Zimmers anlegen)

  • Zuordnung von unkritischen Geräten/Instrumenten zum Patienten während der Dauer des Aufenthalts.

14.1.2.2 Hygiene beim Personal

14.1.2.2 Händedesinfektion
  • Immer äußerst sorgfältig nach den Regeln der Standardhygiene durchführen (mindestens 30 s)

  • Insbesondere vor aseptischen Tätigkeiten und nach möglicher Kontamination

  • Insbesondere nach jeder Manipulation an der/den kolonisierten bzw. infizierten Körperstelle(n) vor weiteren Tätigkeiten am Patienten, um nach Möglichkeit eine Ausdehnung der Besiedlung auf andere Körperstellen zu verhindern, z. B. bei Verbandswechsel, endotrachealem Absaugen, Mundpflege, Manipulationen am Blasenkatheter etc.

  • Einmalhandschuhe nach den Regeln der Standardhygiene verwenden. Handschuhe ausziehen, wenn Tätigkeit beendet, danach Händedesinfektion. Nicht mit den Handschuhen an den Händen andere Tätigkeiten im Patientenzimmer (z. B. Eintragungen in die Kurve, Aufräumarbeiten) durchführen, um eine Ausbreitung des Erregers in der Patientenumgebung soweit wie möglich zu verhindern.

  • Über diese Standardhygienemaßnahmen hinausgehend sollte immer auch vor Verlassen des Patientenzimmers (unabhängig davon, ob Patientenkontakt stattgefunden hat oder nicht) eine hygienische Händedesinfektion durchgeführt werden, da evtl. unbemerkt eine Kontamination der Hände durch Kontakt mit kontaminierten Flächen erfolgt ist.

14.1.2.2 Schürzen und Schutzkittel
  • Für übliche pflegerische Tätigkeiten, bei denen die Gefahr der Durchfeuchtung der Arbeitskleidung besteht, flüssigkeitsdichte Schürzen und langärmeligen Schutzkittel verwenden.

  • Wenn mit Kontamination der Arbeitskleidung mit infektiösem Material zu rechnen ist, Schutzkittel verwenden.

  • Das Tragen von Schutzkitteln beim Betreten des Zimmers ohne geplanten Patientenkontakt (z. B. Abstellen eines Tabletts, Blick in die Kurve und Patientengespräch) ist nicht erforderlich, es sei denn, es besteht ein spezifisches Streupotenzial (z. B. unkontrolliertes Husten bei tracheotomiertem Patienten mit Erregernachweis im Trachealsekret) oder bei isolierungspflichtigen Patienten mit Acinetobacter baumannii.

14.1.2.2 Mund-Nasen-Schutz (chirurgische Maske, FFP 1)
  • Beim endotrachealen Absaugen, wenn Erreger im Tracheal- oder Bronchialsekret nachweisbar sind ggf. auch Schutzbrille

  • Bei Aerosolbildung und wenn Gefahr des Verspritzens von infektiösem Material besteht (Mund-Nasen-Schutz und Schutzbrille!)

14.2 MRSA

Staphylokokken sind grampositive, katalasepositive Kokken, die im mikroskopischen Präparat einzeln, als Paare, kurze Ketten oder unregelmäßige Anhäufungen auftreten. Sie können unter verschiedenen Umweltbedingungen wachsen, am besten jedoch bei Temperaturen zwischen 30 und 37 °C. Eine weitgehende pH-Toleranz und Resistenz gegen Austrocknung machen sie vergleichsweise unempfindlich, sodass sie auch in der unbelebten Umgebung einige Zeit überdauern können.

Sie sind als Besiedler der Haut sowie der Schleimhäute des Nasen-Rachen-Raums beim Menschen und bei Tieren weit verbreitet. Die größte pathologische Bedeutung unter den bekannten Staphylokokken-Spezies besitzt Staphylococcus aureus , wobei auch hier eine (temporäre) nasopharyngeale Besiedlung bei ca. einem Viertel der Bevölkerung zu beobachten ist. Zu den Pathogenitätsfaktoren von S. aureus gehören:

  • Koagulase

  • Hitzebeständige DNase

  • Hyaluronidase

  • Mehrere Hämolysine (α, β, χ, δ, ε)

  • Fibrinolysin

  • Leukozidine (Panton-Valentin-Leukozidin [Luk F/S] oft assoziiert mit Stämmen aus tiefgehenden Hautinfektionen und nekrotisierender Pneumonie bei CA-MRSA-Stämmen)

S.-aureus-Stämme können als Superantigene das „toxic shock syndrome toxin“ (TSST) und Staphylokokkenenterotoxine bilden, die Lebensmittelvergiftungen hervorrufen.

14.2 „Staphylococcal scalded skin syndrome“ (SSSS)

Bestimmte S.‑aureus-Stämmen bilden exfoliative Toxine (ETA, ETB, ETC), welche die staphylogene toxische epidermale Nekrolyse (TEN) , im angloamerikanischen Sprachraum auch „staphylococcal scalded skin syndrome“ (SSSS) genannt, verursachen. Der Erkrankung liegt eine intradermale Spaltbildung mit nachfolgendem Ödem zwischen unterem Stratum spinosum und oberem Stratum granulosum zugrunde.

Bullöse Impetigo und Pemphigus neonatorum sind lokal begrenzte Verlaufsformen. Die generalisierte Verlaufsform resultiert aus der Toxinausschwemmung über den gesamten Organismus infolge des Fehlens einer ausreichenden Bildung spezifischer Antikörper. Sie wird auch Dermatitis exfoliativa Ritter von Rittershain genannt. Überwiegend sind Säuglinge, seltener ältere und immunsupprimierte Patienten betroffen. Obgleich die Dermatitis exfoliativa vorwiegend als Hospitalinfektion sowie als Gruppeninfektion in Kindertagesstätten auftritt, ist darauf hinzuweisen, dass toxinbildende S.-aureus-Stämme auch in der gesunden Bevölkerung verbreitet sind. MRSA sind bisher erst in einem klinischen Fall als Verursacher einer Dermatitis exfoliativa beschrieben worden.

14.2 „Toxic shock syndrome“ (TSS)

Diese lebensbedrohliche Infektion ist durch folgende Symptome gekennzeichnet:

  • Fieber (über 39 °C)

  • Diffuses makulöses Exanthem

  • Hypotonie

  • Multiorganversagen (MODS)

Für die Diagnosestellung „TSS“ müssen mindestens 3 der folgenden Organsysteme beteiligt sein:

  • Gastrointestinaltrakt (Erbrechen, Übelkeit oder Diarrhö)

  • Muskulatur (ausgeprägte Myalgien mit Erhöhung des Serumkreatinins bzw. der Phosphokinase)

  • Schleimhäute (vaginale, oropharyngeale oder konjunktivale Hyperämie)

  • Nieren (Erhöhung von Harnstoff oder Kreatinin im Serum, Pyurie ohne Nachweis einer Harnwegsinfektion)

  • Leber (Erhöhung von Transaminasen, Bilirubin oder alkalischer Phosphatase)

  • Zentrales Nervensystem (Desorientiertheit, Bewusstseinsstörung).

Die typische Hautschuppung kann 1–2 Wochen nach Krankheitsbeginn vor allem an den Handflächen und Fußsohlen auftreten.

Das TSS beruht auf der Superantigenwirkung des Toxic-Shock-Syndrome-Toxins (TSST-1). Es sind allerdings auch Fälle durch Enterotoxin B oder C (ca. 3 %) bekannt. An TSS erkranken fast immer jüngere Personen, da im späteren Erwachsenenalter mehr als 90 % aller Menschen Antikörper gegen TSST-1 aufweisen. Die Mehrzahl (>90 %) der bisher beschriebenen Fälle traten bei menstruierenden jungen Frauen auf, vor allem im Zusammenhang mit Tampongebrauch. Die Inzidenz ist mit 3–6 Fällen auf 100.000 Frauen im sexuell aktiven Alter jedoch niedrig. Ein TSS kann auch als Komplikation bei Frauen mit Diaphragma, im Wochenbett, mit infektiösem Abort sowie in der nicht geburtshilflichen gynäkologischen Chirurgie auftreten.

Von den epidemischen MRSA besitzt der in Großbritannien verbreitete Stamm ST 30 das tst-Gen und bildet TSST-1. In Deutschland tritt dieser Stamm selten auf. Auch MRSA der klonalen Linie ST 05 („Rhein-Hessen“) können das tst-Gen besitzen. Vereinzelt wurden auch Fälle von TSS bekannt, die durch den Barnimer Epidemiestamm verursacht wurden, der Enterotoxin C bildet.

14.2 Lebensmittelintoxikationen

Die Lebensmittelvergiftung wird durch die Aufnahme von Enterotoxinen verursacht, die von S. aureus in kontaminierten Lebensmitteln vor der Nahrungsaufnahme produziert wurden. Durch die hohe Hitzestabilität werden S.-aureus-Enterotoxine auch bei der Lebensmittelzubereitung nicht abgetötet. Bereits 2–6 h nach Aufnahme des kontaminierten Lebensmittels treten abrupt Übelkeit, Erbrechen, krampfartige Bauchschmerzen und Durchfall auf. In den meisten Fällen ist die Erkrankung selbstlimitierend und endet nach 8–24 h. In schweren Fällen kann es zu Hypovolämie und Hypotonie kommen. MRSA-Stämme spielen auch hier eine untergeordnete Rolle.

14.2 Methicillinresistenz

Die Methicillinresistenz beruht auf Bildung des zusätzlichen Penicillinbindeproteins PBP2a mit nur geringer Affinität für β-Laktam-Antibiotika. Deshalb besteht Kreuzresistenz gegen alle Vertreter der Substanzgruppe. Das Resistenzverhalten der MRSA-Stämme wird durch die Methicillinresistenzdeterminante (mec), bestehend unter anderem aus dem mecA-Gen und regulatorischen Elementen (mecI, mecR1), bedingt. PCR-basierte Nachweismethoden (Schnelltests) basieren auf dem Nachweis der mecA-Genkassette.

Methicillinsensible S.-aureus-Stämme werden häufig auch als MSSA bezeichnet.

Gemäß der Verordnung zur Anpassung der Meldepflicht nach § 7 IfSG an die epidemiologische Lage ist der Nachweis von MRSA aus Blut oder Liquor meldepflichtig (Labormeldepflicht).

Bestimmte MRSA-Stämme, die durch molekulare Typisierung gut definiert werden können, haben eine besondere Fähigkeit, sich epidemisch auszubreiten. Diese Eigenschaft der Ausbreitungsfähigkeit wird als „epidemische Virulenz bezeichnet. Sie wird von Faktoren der Stämme selbst (Widerstandsfähigkeit, Ausstattung mit Pathogenitätsfaktoren) im Sinne der intrinsischen Virulenz und Faktoren der Umwelt (hygienische und antibakterielle Maßnahmen) bestimmt.

Das Maß der Ausbreitungsfähigkeit entscheidet mit darüber, ob Einzelerkrankungen oder Ausbrüche auftreten. Die rasche asymptomatische Besiedlung von Kontaktpersonen und die Tatsache, dass vorangegangene Besiedlungen oder Infektionen mit MRSA nicht vor einer neuen Besiedlung oder Infektion schützen, erhöhen das Ausbreitungspotenzial.

Durch ihre besondere Resistenz fallen Ausbrüche mit MRSA schnell auf, während Ausbrüche mit MSSA häufig unentdeckt bleiben.

14.2 MRSA-Infektionen

Die Gesamtzahl von MRSA-Neuerkrankungen und -besiedlungen ist seit einigen Jahren leicht rückläufig (Abb. 14.1). Seit Mitte der 1990er-Jahre wurde das Auftreten von MRSA-Infektionen außerhalb von Krankenhäusern („community acquired“) und seit 2005 in verstärktem Maße bei Nutztieren („livestock associated“) beobachtet. Daher ist es aus klinisch-epidemiologischer Sicht heute sinnvoll, entsprechend zu unterscheiden:

  • HA-MRSA: „hospital acquired“ MRSA

  • CA-MRSA: „community acquired“ MRSA

  • LA-MRSA: mit der Tiermast assoziierte MRSA, „livestock associated“ MRSA

Treten durch kürzere Krankenhausverweilzeiten im Krankenhaus erworbene MRSA erst nach der Entlassung als Besiedler oder Infektionserreger in Erscheinung, so werden diese als „hospital associated community onset“ MRSA (HCA-MRSA) bezeichnet.

Folgende Risikofaktoren sind mit dem Auftreten von HA-MRSA assoziiert, woraus sich auch die vom RKI empfohlenen Screeningindikationen für ein risikoadaptiertes Screening ableiten:

  • Patienten mit bekannter MRSA-Anamnese

  • Patienten aus Regionen/Einrichtungen mit bekannt hoher MRSA-Prävalenz

  • Patienten mit einem stationären Krankenhausaufenthalt (>3 Tage) in den zurückliegenden 12 Monaten

  • Patienten, die (beruflich) direkten Kontakt zu Tieren in der landwirtschaftlichen Tiermast (v. a. Schweine) haben

  • Patienten, die während eines stationären Aufenthalts Kontakt zu MRSA-Trägern hatten (z. B. bei Unterbringung im selben Zimmer für mehr als 24 h)

  • Patienten mit 2 oder mehr der nachfolgenden Risikofaktoren:

    • Chronische Pflegebedürftigkeit

    • Antibiotikatherapie in den zurückliegenden 6 Monaten

    • Liegende Katheter (z. B. Harnblasenkatheter, PEG-Sonde)

    • Dialysepflichtigkeit

    • Hautulkus, Gangrän, chronische Wunden, tiefe Weichteilinfektionen

    • Brandverletzungen

CA-MRSA treten unabhängig von den oben genannten Risikofaktoren auf. Vielmehr tragen eine unzureichende Standardhygiene (soziale Randgruppen), enge körperliche Kontakte (Schulen, Saunabesuche, Sportclubs) sowie ein Erwerb im Rahmen von Aufenthalten in Ländern mit endemischer Verbreitung zur Ausbreitung bei.

CA-MRSA werden überwiegend im Zusammenhang mit tiefgehenden und nekrotisierenden Haut-/Weichteilinfektionen isoliert, insbesondere der Furunkulose, seltener als Verursacher einer nekrotisierenden Pneumonie. Diese Krankheitsbilder sind offenbar mit der Fähigkeit von CA-MRSA zur Bildung von Panton-Valentin-Leukozidin (PVL) assoziiert. Die genetische Determinante PVL kann mittels PCR nachgewiesen werden und kommt auch bei MSSA vor. Im Vergleich zu den HA-MRSA-Epidemiestämmen besitzen CA-MRSA oft einen schmalen Resistenzphänotyp (Oxacillin allein oder zusätzlich 1–2 weitere Resistenzen), sodass das Antibiogramm bereits erste Hinweise geben kann.

Auch bei CA-MRSA gibt es weit verbreitete Stämme (klonale Linien). In den USA sind dies entsprechend der Multilocus-Sequenz-Typisierung die Stämme ST 01 und ST 08 (auch als MRSA USA 300) bezeichnet, in Kalifornien vor allem der Stamm ST 30. Aus den USA gibt es Berichte, dass von außen in Krankenhäuser eingeschleppte CA-MRSA der klonalen Linie ST 08 dort nosokomiale Ausbrüche verursachen. In Europa ist ST 80 vorherrschend. In Mitteleuropa wurden aber auch Fälle des Auftretens von ST 01 und ST 08 (meist bei Bürgern der USA) bekannt. Besonderer epidemiologischer Aufmerksamkeit bedarf das Auftreten von CA-MRSA des Typs ST 22, der ohne PVL als Hospitalstamm weit verbreitet ist

Der anteilige Nachweis für LA-MRSA ST 398 als Ursache von Infektionen außerhalb der Krankenhäuser für die Jahre 2006–2010 lag bei 17,4 %. Damit tritt LA-MRSA ST 398 neben CA-MRSA ST 08 (anteiliger Nachweis 45,7 %) und ST 80 (anteiliger Nachweis 37 %) auch als Verursacher von Haut-/Weichgewebeinfektionen mit gleichen klinischen Krankheitsbildern wie CA-MRSA in Erscheinung. Ähnliche Daten sind auch aus Dänemark bekannt. Ein wichtiger Aspekt bei der Surveillance derartiger Isolate ist der Erwerb weiterer Virulenzeigenschaften.

In den Jahren 2010/11 wurde erstmals bei MSSA-ST-398-Isolaten aus rezidivierender Furunkulose die genetische Determinante für PVL nachgewiesen. Für MRSA dieser klonalen Linie sind PVL-positive Isolate aus China bekannt, ebenso verschiedene Sepsisfälle sowie Endokarditis und nekrotisierende Fasziitis für MRSA/MSSA ST 398 aus Europa. Die Ausstattung mit zusätzlichen virulenzassoziierten Genen deutet auf die Adaptation an den Menschen hin, denn bisher sind PVL-positive S. aureus von Tieren sehr selten.

Aktuelle Untersuchungen (RKI 2011) zur Übertragung von LA-MRSA ST 398 von Tieren auf Menschen zeigen folgendes Bild:

  • Probenentnahmen auf einem Geflügelhof im Harz bei Hühnern, Puten, Fleisch aus der eigenen Produktionsstrecke, vom Landwirt sowie vom Personal, das in der Fleischverarbeitung tätig ist, waren ohne MRSA-Nachweise, wie auch in einer Anlage mit Legehennenhaltung mit alternativer Haltungsform und deren Kontaktpersonen.

  • Untersuchungen zum Nachweis von LA-MRSA auf einer Putenfarm in Nordrhein-Westfalen sowie einer Gänsefarm in Sachsen-Anhalt ergaben lediglich 2 Nachweise für LA-MRSA ST 398 bei Gänsen ohne MRSA-Nachweise bei den Kontaktpersonen.

  • Punktprävalenzerhebungen in 2 Alten- und Pflegeheimen in einem Gebiet mit hoher „Schweinedichte“ ergaben unter den gescreenten 92 Heimbewohnern 3 Träger von MRSA. Die molekulare Typisierung ordnete die Isolate den klonalen Linien ST 22 und ST 225 zu. Bei 2 von 75 untersuchten Pflegekräften gab es einen Nachweis für HA-MRSA ST 225 und einen Nachweis für LA-MRSA ST 398, letzterer bei einer Altenpflegerin, die zu Hause im Schweinemastbetrieb des Ehemanns mitwirkte. Eine Übertragung von LA-MRSA auf die Heimbewohner hatte offensichtlich nicht stattgefunden. Es erfolgte bei der Pflegekraft und deren Familienangehörigen eine MRSA-Sanierung. Ein Wiederholungsscreening bestätigte den Sanierungserfolg, für die weitere Tätigkeit im familiären Schweinemastbetrieb wurde das Tragen einer Schutzmaske empfohlen.

  • Bei Schülern einer Sekundarschule in einem Gebiet mit hoher „Schweinedichte“ konnte gezeigt werden, dass eine Weiterverbreitung von LA-MRSA über den unmittelbaren Kontaktbereich der Tiermast hinaus offensichtlich sehr selten stattfindet.

  • Während in konventionellen Schweinemastbetrieben eine hohe Inzidenz von LA-MRSA bei den Tieren zu verzeichnen ist, zeigte eine Pilotstudie zum Auftreten von LA-MRSA bei Bauernfamilien in 24 alternativen Schweinemastbetrieben in 3 norddeutschen Bundesländern sowie bei 16 Privathaltern mit Kleinhaltung, dass bei Tieren in alternativen Haltungsformen keine MRSA nachweisbar waren. Bei den exponierten Menschen gelang der Nachweis von LA-MRSA ST 398 nur bei einem Landwirt, der sich zum Zeitpunkt der Probenentnahme im Ausbildungsverhältnis eines konventionellen Schweinezuchtbetriebs befand.

  • Dass Staphylococcus aureus sehr wahrscheinlich kein natürlicher Besiedler von Schweinen ist, zeigen Untersuchungen an 119 erlegten Wildschweinen mit nur einem Nachweis.

Die vorliegenden Daten zeigen, dass die Übertragung von LA-MRSA ST 398 auf Menschen im Wesentlichen mit Anlagen der konventionellen Nutztierhaltung assoziiert ist, d. h. sehr eng mit der Tätigkeit in diesen Anlagen und in geringem Maße mit dem unmittelbaren Wohnumfeld verbunden ist.

Es gibt bisher keine Anhaltspunkte für den Erwerb von LA-MRSA ST 398 über den Verzehr von Fleischprodukten oder über die Inhalation von Stallstaub im weiteren Wohnumfeld, auch wenn dieser in der Abluftfahne von Ställen nachgewiesen wurde.

14.2 Übertragungswege und Risikofaktoren

Wie bei S. aureus allgemein können MRSA-Stämme, die zu einer Infektion führen, zum einen vom betroffenen Patienten selbst stammen (endogene Infektion) oder von anderen Menschen (Hände) oder Tieren bzw. über die unbelebte Umgebung (z. B. gemeinsam benutzte Badetücher) übertragen werden (exogene Infektion).

In den meisten Fällen erfolgt die Übertragung durch die Hände, z. B. des Pflege- und ärztlichen Personals. Bei nasaler Besiedlung kann sich der Erreger ausgehend vom Vestibulum nasi, dem eigentlichen Reservoir für S. aureus, auf andere Bereiche der Haut (u. a. Hände, Axilla, Perinealregion) und Schleimhäute (z. B. Rachen) ausbreiten. Auch im Darm wird MRSA zuweilen nachgewiesen. Eine derartige Darmbesiedlung ist nicht selten ein Grund für das Versagen konventioneller Dekolonisierungsversuche.

Bei Screeninguntersuchungen auf MRSA sollten immer Nase und Rachen (gepoolt) abgestrichen werden, da dies die Sensitivität um ca. 10 % erhöht. Daneben werden verdächtige Hautläsionen und Device-Eintrittsstellen abgestrichen.

Prädisponierende Faktoren für eine Infektion mit S. aureus im Allgemeinen und damit auch für MRSA sind:

  • Diabetes mellitus

  • Dialysepflichtigkeit

  • Vorhandensein von Fremdkörpern aus Plastikmaterialien (z. B. Venenkatheter, Urethralkatheter, Tracheostoma)

  • Vorhandensein von Implantaten aus Metalllegierungen (z. B. Gelenkersatz)

  • Verletzungen der Haut als äußere Barriere

  • Immunsuppression oder bestimmte Infektionen (z. B. mit Influenza-A-Viren).

14.2 Klinische Manifestationen

Zu den klinischen Manifestationen der S.-aureus-Infektion gehören:

  • Furunkel , Karbunkel , Pyodermie , Abszesse , Empyeme , Wundinfektionen

  • Otitis media, Sinusitis , eitrige Parotitis , Mastoiditis , (sekundäre) Meningitis

  • Pneumonie

  • Osteomyelitis

  • Endokarditis

  • Sepsis

  • Fremdkörperinfektionen

  • Pyomyositis .

Wie auch von den koagulasenegativen Staphylokokken bekannt, vermag S. aureus sehr gut an hydrophobe Oberflächen wie Plastikmaterialien und Edelstahllegierungen zu adhärieren mit der Folge von Infektionen bei Kathetern und Gefäßprothesen sowie auch bei Gelenkersatz und Osteosynthesen in der Traumatologie und Orthopädie.

Entgegen früheren Auffassungen sind MRSA in Bezug auf invasive Infektionen nicht virulenter als MSSA. Allerdings kommt es durch Verzögerungen bei der adäquaten Therapie von MRSA-Infektionen und den Antibiotikanebenwirkungen zu einer höheren Letalität, vor allem bei Sepsis. Je nach lokaler Endemiesituation bzw. Risikofaktoren sollte dies bei Leitlinien zur empirischen Therapie der Sepsis berücksichtigt werden.

14.2 Alten- und Pflegeheime

Das Auftreten von mehrfachresistenten Erregern in Alten- und Pflegeheimen erfordert eine bewohner- und einrichtungsspezifische Risikobewertung. Nach dem Stand der Wissenschaft besteht für MRSA-besiedelte Personen jedoch keine Kontraindikation zur Aufnahme in Alten- und Pflegeheime.

Eine Weiterverbreitung (Besiedlung anderer Heimbewohner) von MRSA ist bei MRSA-positiven Bewohnern mit produktivem Husten, Tracheostoma oder offenen Hautläsionen und entsprechendem Streupotenzial eher zu erwarten als bei Bewohnern ohne Risikofaktoren, wobei das Risiko für Infektionen im Alten- und Pflegeheim deutlich geringer ist als in einer Akutklinik und sich eher dem der Normalbevölkerung nähert.

In der Regel können Heimbewohner mit MRSA-Besiedlung am Gemeinschaftsleben und an Therapiemaßnahmen teilnehmen, wenn angemessene Präventionsmaßnahmen zum Schutz empfänglicher Mitbewohner im Sinne der Standardhygiene eingehalten werden.

Wichtigste Maßnahmen im Rahmen der Standardhygiene im Alten- und Pflegeheim sind die Händedesinfektion des Personals, die Händehygiene der Bewohner und das richtige Niesen und Schneuzen (in die Ellenbeuge statt in die Hohlhand).

Dringend erforderlich ist die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Heimleitung, betreuenden Hausärzten und verlegender Einrichtung. Das gilt besonders für die gegenseitige Vorabinformation über den Besiedlungsstatus von zu verlegenden MRSA-positiven Bewohnern/Patienten zwischen Klinik, Pflegeeinrichtungen und ambulanten Diensten.

Tipp

Für den reibungslosen Informationsaustausch stehen inzwischen in den meisten Regionen Überleitbögen und Vereinbarungen der lokalen MRE-Netzwerke zur Verfügung.

Patienten mit noch bestehender asymptomatischer MRSA-Besiedlung in Nase, Rachen, Wunde oder auf der Haut (z. B. perianal) können aus dem Krankenhaus nach Hause entlassen werden. Das Ansteckungsrisiko für Angehörige eines solchen MRSA-Trägers ist in der Regel nicht sehr hoch. Durch Küsse oder enge Körperkontakte kann es zu einer passageren Besiedlung von Familienmitgliedern kommen, die jedoch in der Regel keine Bedrohung darstellt. Durch eine Infektion gefährdet sind Personen mit offenen Wunden oder Hautläsionen sowie mit bekannter Disposition für eine Infektion mit S. aureus (z. B. Diabetiker, dialysepflichtige Patienten). In diesen Fällen ist eine Distanzierung von MRSA-Trägern (direkten Körperkontakt und Kontakt mit persönlichen Pflegeutensilien vermeiden bzw. Händedesinfektion nach Handkontakt) bis zur erfolgreichen Sanierung sinnvoll.

Problematisch sind MRSA-besiedelte diabetische Ulcera. Eine Sanierung ist hier meist nicht möglich. In diesen Fällen sind eine kontinuierliche fachkundige Wundbehandlung und sorgfältiges Abdecken der Wunde auch im häuslichen Bereich wichtig.

14.2 Schwangerschaft

Für Schwangere und das ungeborene Kind besteht zunächst keine Gefahr, da die Staphylokokken nicht die Plazentaschranke passieren. Es empfiehlt sich aber, bei bekanntem MRSA-Trägerstatus der Schwangeren nach Eintritt des Mutterschutzes Abstriche aus dem Genitalbereich zu entnehmen. Bei etwaigem Nachweis von MRSA ist eine Sanierung der Scheide und des Nasen-Rachen-Raums noch vor der Entbindung ratsam, da es zu Wundinfektionen oder Besiedlung des Neugeborenen kommen könnte. Die Schwangere sollte sich im Zeitraum des Trägerstatus sorgfältig die Hände desinfizieren.

MRSA-Besiedlungen der Brust bzw. der Brustdrüsengänge der Mutter eines Neugeborenen sind ebenso wie die Übertragung von MRSA auf das Neugeborene in der Literatur beschrieben. Die Entscheidung, ob ein Säugling bei MRSA-Besiedlung der Brust der Mutter gestillt werden kann, sollte daher nach einer Risikoeinschätzung und unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten für das Kind durch den behandelnden Kinderarzt erfolgen.

Dekolonisierungsregime

Ein Dekolonisierungsregime für MRSA-besiedelte Patienten besteht aus (Dauer 5 Tage):

  • Mupirocin-Nasensalbe (alternativ ggf. Octenidin- oder Polyhexanid-Nasensalbe)

  • Antiseptische Rachenspülung (Octenidin, Chlorhexidin, Polyhexanid)

  • Antiseptische Ganzkörperwaschung (Octenidin, Chlorhexidin, Polyhexanid)

Begleitmaßnahmen während der Dekolonisationsbehandlung:

  • Täglich frische Kleidung, Bettwäsche und Handtücher

  • Gebrauchte Wäsche bei mindestens 60 °C waschen

  • Zahnbürste, Kosmetika und Hautpflegeprodukte entsorgen und während der Dekolonisation Einmalprodukte verwenden

  • Kämme, Haarbürsten, Nagelscheren und -pfeilen etc. nach Gebrauch desinfizieren (im häuslichen Bereich am besten bei mehr als 60 °C in der Spülmaschine) bzw. Einmalprodukte verwenden

Kontrolle der Dekolonisationsmaßnahmen:

  • 3 Kontrollabstriche jeweils im Abstand von mindestens 24 h, beginnend frühestens 3 Tage nach Ende der Dekolonisationsmaßnahmen und/oder einer MRSA-wirksamen systemischen Antibiotikatherapie

Bei Versagen der Dekolonisationsbehandlung:

  • Compliance bei der Durchführung der Behandlung überprüfen, bei offensichtlichen Anwendungsfehlern wiederholen

  • Anamnestische Fokussuche nach erfolgslimitierenden Faktoren (z. B. chronische Sinusitis, chronische Wunden)

  • Rektalabstrich durchführen und bei fortbestehender Darmbesiedlung Behandlung wie oben wiederholen plus 500 mg Vancomycin oral alle 6 h (für 1–2 Wochen)

  • Untersuchung von engen Kontaktpersonen und Haustieren auf MRSA und bei positivem Nachweis ebenfalls wie oben behandeln

  • Nach zweitem erfolglosem Versuch: Umgebungsuntersuchungen häufiger Kontaktflächen und Flächendesinfektionsmaßnahmen; dann Wiederholung der Behandlung wie oben

  • Nach drittem erfolglosem Versuch und Durchführung aller beschriebenen Maßnahmen und dringender Indikation zur Dekolonisierung ausnahmsweise erneuter Versuch, diesmal mit begleitender systemischer Antibiotikatherapie (nach Antibiogramm des Erregers) für 7–14 Tage

14.2.1 Praktische Hygienemaßnahmen

14.2.1.1 Hygiene beim Patienten

14.2.1.1 Anleitung des Patienten
  • Information des Patienten über den Erreger und seine Übertragung

  • Verzicht auf Händeschütteln

  • Einweisung in die Händedesinfektion

  • Einweisung in ggf. erforderliche Isolierungsmaßnahmen bzw. das Tragen spezieller Schutzausrüstung (z. B. Mund-Nasen-Schutz beim Verlassen des Zimmers bei nasaler Besiedlung und häufigem Husten oder Niesen)

14.2.1.1 Unterbringung des Patienten
  • Eine Unterbringung im Einzelzimmer erleichtert die Einhaltung der Standardhygienemaßnahmen und wird allgemein empfohlen.

  • Zwingend erforderlich ist eine Einzelzimmerunterbringung mit Kontaktisolierung bei Patienten mit hohem Streupotenzial, z. B. bei ausgedehnter Hautbesiedlung bei generalisierter Psoriasis, großflächiger Wundinfektion oder starker Wundsekretion und bei Nachweis von CA-MRSA oder bei Patienten mit fehlender Hygienecompliance.

  • Eine Kohortenisolierung bei gleichem Resistenzmuster ist möglich.

  • Auch bei Unterbringung im Einzelzimmer kann der Patient das Zimmer nach Rücksprache mit dem Stationspersonal/Hygieneteam verlassen. Medizinisch indizierte Transporte können durchgeführt werden.

  • Bei Einzelzimmerunterbringung muss der Patient medizinisch adäquat versorgt werden, der zusätzlichen psychosozialen Isolierung muss entgegen gewirkt werden.

  • Bei Besiedlung ohne Streupotenzial ist z. B. in Rehabilitationskliniken für Anschlussheilbehandlungen (Risikoprofil der Einrichtung berücksichtigen) die Teilnahme an gemeinschaftlichen Behandlungen (z. B. Physiotherapie) und die Essenseinnahme im Speisesaal ohne Probleme möglich. Zuvor sollten Maßnahmen wie die Einweisung des Patienten in die Händedesinfektion, Abdecken besiedelter Wunden oder ggf. das Anlegen eines Mund-Nasen-Schutzes bei Hustenreiz oder Niesen erfolgen.

14.2.1.1 Maßnahmen bei Verstorbenen
  • Keine über die Standardhygiene hinausgehenden Maßnahmen erforderlich

14.2.1.1 Besucher
  • Menschen mit normalem Immunstatus können den Patienten besuchen, bei abwehrgeschwächten Besuchern im Zweifelsfall Rücksprache mit dem Hygieneteam halten.

  • Auf das Händeschütteln zur Begrüßung verzichten.

  • Wichtig ist eine gründliche Händedesinfektion (Einweisung durch Stationspersonal) vor Verlassen des Patientenzimmers.

  • Bei engem, über den Handkontakt hinausgehendem, körperlichem Kontakt (z. B. beim Einbeziehen der Angehörigen in die Pflege oder Physiotherapie des Patienten) wird Schutzkleidung analog dem Pflegepersonal getragen.

14.2.1.1 Operative Eingriffe
  • Bei elektiven Eingriffen vorherige Dekolonisation (s. oben) anstreben

  • Wenn keine Dekolonisation möglich ist: Suppression mit Mupirocin-Nasensalbe (ggf. alternativ Octenidin- oder Polyhexanid-Nasensalbe) und Ganzkörperwaschung (z. B. Octenidin, Chlorhexidin oder Polyhexanid) am Vorabend der OP bzw. präoperativ und für 48–72 h postoperativ

  • Bei Indikation zur perioperativen Antibiotikaprophylaxe Einsatz eines geeigneten MRSA-wirksamen Präparats, z. B. Vancomycin , Linezolid oder Daptomycin („single shot“)

  • Narkosebeatmungsschläuche nach Gebrauch wechseln

  • Bei Verlegung in den Aufwachraum: Einzelzimmer wenn möglich, ansonsten Barrierepflege am Bettplatz (zur Erleichterung der Durchführung einen Bettplatz als „Puffer“ freilassen)

14.2.1.1 Transport und Verlegung
  • Information an die Zieleinrichtung und an das Transportpersonal

  • Nach diagnostischen/therapeutischen Maßnahmen, wie z. B. Röntgen, EKG, Punktionen, Endoskopie, Sonographie usw., Wischdesinfektion der Oberflächen (Untersuchungsliegen, Geräteoberflächen), die in Kontakt mit dem Patienten kamen (Standardhygiene)

  • Weitergehende Desinfektionsmaßnahmen (z. B. Wischdesinfektion patientenferner Flächen) nur nach sichtbarer Kontamination

  • Raum kann wieder benutzt werden, wenn die Reinigungsarbeiten abgeschlossen und die Flächen abgetrocknet sind (keine speziellen Einwirkzeiten von Desinfektionsmitteln)

  • Bei Wundinfektion bei Bedarf zuvor Verbandswechsel (d. h. Verband muss immer trocken und sauber sein)

  • Vor Verlassen des Zimmers Händedesinfektion des Patienten

  • Bei Transport im Bett ist ein Bettwäschewechsel erforderlich, sofern die Wäsche sichtbar verschmutzt ist

  • Erfolgt in der Zieleinrichtung ein Umlagern, sollte ein Schutzkittel angezogen bzw. ein frischer Schutzkittel mitgenommen und danach dort entsorgt werden

  • Händedesinfektion nach Umlagern am Transportziel bzw. im Patientenzimmer

  • Abschließende Wischdesinfektion von Transportliege oder Rollstuhl

14.2.1.1 Pflegeutensilien/Medizinprodukte
  • Patientenbezogener Gebrauch von medizinischen Geräten (z. B. Stethoskop, Blutdruckmanschetten etc.) wenn möglich, Wischdesinfektion nach Gebrauch

  • Thermische Aufbereitung wiederaufbereitbarer Instrumente

  • Möglichst wenig Verbrauchsmaterial im Zimmer lagern (Tagesbedarf)

14.2.1.1 Geschirr
  • Kann ohne Vorbehandlung wie üblich in der Spülmaschine aufbereitet werden

14.2.1.1 Wäsche
  • Kein Aufschütteln von Bettwäsche

  • Der Wäscheabwurf erfolgt im Zimmer (patientennah)

  • Die üblichen desinfizierenden Waschverfahren sind ausreichend (keine Klassifikation als infektiöse Wäsche)

  • Zusätzlichen Plastiksack verwenden, wenn der Stoffsack durchfeuchten könnte

14.2.1.1 Abfall
  • Normaler Abfall (AS 18 01 04)

  • Nach Abtransport der geschlossenen Säcke sofort die Hände desinfizieren.

14.2.1.1 Flächendesinfektion
  • Flächen bei sichtbarer Kontamination immer sofort gezielt desinfizieren

  • Übliche Flächendesinfektionsverfahren mit den üblichen Mitteln und Konzentrationen gemäß Reinigungs- und Desinfektionsplan

  • Reinigungspersonal informieren

  • Laufende Desinfektion: Wischdesinfektion der patientennahen Flächen auf Allgemeinstation einmal täglich, auf Intensivstation und in Risikobereichen einmal pro Schicht, Fußboden einmal täglich desinfizierend reinigen.

14.2.1.1 Besonderheiten bei/nach Verlegung
  • Information der Zieleinrichtung bzw. des nachbehandelnden Arztes

  • Bei Verlegung durch den Rettungsdienst Verwendung eines Überleitungsbogens (z. B. des lokalen MRE-Netzwerks)

  • Information des Patienten und ggf. seiner Angehörigen (zusätzlich Mitgeben eines Merkblattes hilfreich)

  • Schlussdesinfektion aller erreichbaren Flächen im Patientenzimmer

  • Verbrauchsmaterialien im Zimmer entweder vor Weiterverwendung desinfizieren oder entsorgen

  • Vorhänge o. ä. waschen.

14.2.1.2 Hygiene beim Personal

14.2.1.2 Händedesinfektion
  • Immer äußerst sorgfältig nach den Regeln der Standardhygiene durchführen (mindestens 30 s)

  • Insbesondere vor aseptischen Tätigkeiten und nach möglicher Kontamination

  • Insbesondere nach jeder Manipulation an der/den kolonisierten bzw. infizierten Körperstelle(n) vor weiteren Tätigkeiten am Patienten, um nach Möglichkeit eine Ausdehnung der Besiedlung auf andere Körperstellen zu verhindern, z. B. bei Verbandswechsel, endotrachealem Absaugen, Mundpflege, Manipulationen am Blasenkatheter etc.

  • Einmalhandschuhe nach den Regeln der Standardhygiene verwenden. Handschuhe ausziehen, wenn Tätigkeit beendet, danach Händedesinfektion. Nicht mit den Handschuhen an den Händen andere Tätigkeiten im Patientenzimmer (z. B. Eintragungen in die Kurve, Aufräumarbeiten) durchführen, um eine Ausbreitung des Erregers in der Patientenumgebung soweit wie möglich zu verhindern.

  • Über diese Standardhygienemaßnahmen hinausgehend wird immer auch vor Verlassen des Patientenzimmers (unabhängig davon, ob Patientenkontakt stattgefunden hat oder nicht) eine hygienische Händedesinfektion durchgeführt, da evtl. unbemerkt eine Kontamination der Hände durch Kontakt mit kontaminierten Flächen erfolgt ist.

14.2.1.2 Schürzen und Schutzkittel
  • Für übliche pflegerische Tätigkeiten, bei denen die Gefahr der Durchfeuchtung der Arbeitskleidung besteht, flüssigkeitsdichte Schürzen und langärmelige Schutzkittel verwenden

  • Wenn mit Kontamination der Arbeitskleidung mit infektiösem Material zu rechnen ist, Schutzkittel verwenden

  • Das Tragen von Schutzkitteln beim Betreten des Zimmers ohne geplanten Patientenkontakt (z. B. Abstellen eines Tabletts, Blick in die Kurve und Patientengespräch) ist nicht erforderlich, es sei denn, es besteht ein spezifisches Streupotenzial (z. B. unkontrolliertes Husten bei tracheotomiertem Patienten mit Erregernachweis im Trachealsekret).

14.2.1.2 Mund-Nasen-Schutz (chirurgische Maske, FFP 1)
  • Beim endotrachealen Absaugen, wenn Erreger im Tracheal- oder Bronchialsekret nachweisbar sind ggf. auch Schutzbrille

  • Bei Aerosolbildung und wenn Gefahr des Verspritzens von infektiösem Material besteht (plus Schutzbrille!)

14.2.2 Indikationen für ein Personalscreening

Ein routinemäßiges, ungezieltes MRSA-Screening der Mitarbeiter, z. B. nach Kontakt zu MRSA-besiedelten Patienten, sollte nicht erfolgen, sondern nur gezielt bei Vorliegen einer Indikation für ein Screening. Im Einzelfall kann ein ungezieltes Screening auf Wunsch des Betroffenen psychologisch sinnvoll sein und sollte dann auch vom Betriebsarzt durchgeführt werden.

Gezielte MRSA-Untersuchungen sollten veranlasst werden bei:

  • Verdacht auf einen epidemiologischen Zusammenhang zwischen betreuendem Mitarbeiter und Auftreten von MRSA-Kolonisierungen bzw. -Infektionen bei Patienten (Ausbruch)

  • Auftreten einer nosokomialen CA-MRSA -Übertragung bzw. -Infektion.

Dabei sollte die Suche nach Personal mit klinischen Hinweisen für eine aktive Staphylokokkeninfektion im Vordergrund stehen, da in der Regel Erkrankte (nicht selten kleinere chronische Wunden an den Händen) und nicht die kolonisierten Träger für Übertragungen verantwortlich sind. Bei nasopharyngealer Besiedlung und gleichzeitiger Infektion der oberen Atemwege wurden allerdings auch Fälle einer massiven Streuung („super spreader“) beschrieben.

Wurden entsprechende Mitarbeiter identifiziert, sollten zunächst diese auf eine Kolonisation/Infektion mit MRSA untersucht werden. Andernfalls kann ein erweitertes Screening von Kontaktpersonen, die für eine Übertragung infrage kommen, durchgeführt werden.

Bei größeren Ausbruchssituationen wird in der Regel aus Zeitgründen und logistischen Gründen ein allgemeines Personalscreening im betroffenen Bereich durchgeführt oder durch das Gesundheitsamt angeordnet.

Wegen des komplexen Ineinandergreifens von Belangen des Patientenschutzes, Personalschutzes und der Persönlichkeitsrechte des Mitarbeiters sollten die Vorgehensweisen beim Personalscreening und die Maßnahmen bei einem entsprechenden Erregernachweis im Vorfeld unter Einbeziehung der Mitarbeitervertretung im Hygieneplan oder einer entsprechenden Verfahrensanweisung festgelegt werden. Hierbei geht es nicht nur um MRSA sondern auch um ein ggf. erforderliches Personalscreening bei Ausbrüchen mit anderen Erregern.

Über die unmittelbare Durchführung eines Personalscreenings sollte ein entsprechend bestimmtes Gremium entscheiden, dem folgende Personen angehören sollten:

  • Betriebsarzt

  • Ärztliche Leitung der Abteilung/Ärztliche Direktion

  • Pflegedienstleitung

  • Kaufmännische Leitung/Geschäftsführung

  • Klinikhygiene

  • Gegebenenfalls behandelnder Arzt/behandelnde Ärztin

  • Mitarbeitervertretung.

Mit dem Mitarbeiter selbst muss vor Durchführung des Screening ein individuelles, dokumentiertes Beratungsgespräch geführt werden, das ihn in die Lage versetzt, erforderliche Maßnahmen und Konsequenzen einzuschätzen.

14.2.2 Konsequenzen bei MRSA-Nachweis

Hat ein Mitarbeiter Zeichen einer aktiven Staphylokokkeninfektion an Händen und/oder Unterarmen (z. B. Furunkel, Abszess oder Panaritien) oder einer eitrigen Rhinitis/Sinusitis, sollte bis zur Ausbehandlung direkter Patientenkontakt, also Pflegetätigkeit oder direkte ärztliche Tätigkeit, vermieden werden. Das gilt übrigens generell für Staphylokokkeninfektionen und nicht nur für MRSA. Ausnahmen können kleinere Läsionen sein, die gut mit Verbänden abzudecken sind.

In jedem Fall sollte mit dem jeweiligen Mitarbeiter ein persönliches, vertrauensvolles Beratungsgespräch geführt werden, bei dem mögliche Übertragungsrisiken bei seinen spezifischen Tätigkeiten analysiert und entsprechende Verhaltensmaßregeln gegeben werden. Von diesem Gespräch muss die eventuelle Tätigkeitseinschränkung beim Umgang mit Patienten und zur Dekolonisierungsbehandlung abhängig gemacht werden.

Sollte im Rahmen der Risikoabwägung eine Tätigkeit nicht möglich sein, müssen Art und Umfang der Freistellung sowie die Kostenübernahme (Lohnausfall, Dekolonisierungsbehandlung) durch den Arbeitgeber im Vorfeld festgelegt werden, da bei reiner Kolonisation keine Krankheit im Sinne des SGB V und auch kein Unfallereignis im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung vorliegen.

Maßnahmen und Kostenübernahme im Falle eines Tätigkeitsverbots müssen im Vorfeld festgelegt werden. Eine Stigmatisierung des betroffenen Personals muss verhindert werden.

14.3 VRE

Enterokokken sind grampositiv, katalasenegativ und werden aufgrund des Fehlens von Porphyrinen und Cytochromen als aerotoleranter anaerober Keim eingestuft. Die kugelförmigen (kokkoiden) Bakterien sind in Paaren oder kurzen Ketten angeordnet.

Das Hauptreservoir von Enterokokken ist der Gastrointestinaltrakt von Mensch und Tier: Aufgrund ihrer Umweltpersistenz können sie jedoch noch Tage bis Wochen auch auf unbelebten Flächen oder Gegenständen in der Umgebung von Patienten nachweisbar sein.

Die wichtigsten Entereokokken sind:

  • Enterococcus faecalis (äußerst häufig)

  • E. faecium

  • E. durans und E. hirae (eng verwandt mit E. faecium)

  • E. gallinarum und E. cassiflavus (selten)

Enterococcus faecium weist bereits intrinsisch eine Reihe von Resistenzen auf und akquiriert häufiger eine Vancomycinresistenz als E. faecalis. Gegen Cephalosporine und einige Penicilline besteht eine natürliche Resistenz, man spricht diesbezüglich von der „Enterokokkenlücke“ dieser Antibiotika.

Zu den Enterokokken selektierenden Antibiotika zählen vor allem oral applizierbare Cephalosporine und Fluorchinolone . Gerade durch die orale Applikationsmöglichkeit gelangen diese Antibiotika in den Intestinaltrakt, das natürliche Habitat der Enterokokken, und können dort zu ihrer Selektion beitragen. Werden dann noch Glykopeptide therapeutisch eingesetzt, besteht die zusätzliche Gefahr der Selektion von vancomycinresistenten Enterokokken (VRE ).

14.3 Resistenztypen

Innerhalb der klinisch bedeutsamen transferablen Glykopeptidresistenztypen unterscheidet man zwischen VanA- und VanB-Typ. Als weitere erworbene Glykopeptidresistenztypen sind VanD, VanE, VanG, VanL, VanM und VanN zu nennen, die jedoch bisher keine klinische Bedeutung erlangt haben.

Daneben existieren bei Enterokokken noch die speziesspezifischen intrinsischen Vancomycin-low-Level-Resistenztypen VanC1 (E. gallinarum) und VanC2/3 (E. casseliflavus), die chromosomal weitergegeben werden und nicht übertragbar sind. Daher bedürfen diese VanC-Stämme auch keiner Isolierungsmaßnahmen – sind aber klinisch ohnehin von nachrangiger Bedeutung.

VRE vom Typ VanC1 und VanC2/3 sind aufgrund der chromosomalen Resistenzweitergabe nicht isolierungspflichtig.

Der VanA-Resistenztyp zeichnet sich durch Kreuzresistenz zwischen Vancomycin und Teicoplanin aus, während beim VanB-Resistenztyp Vancomycinresistenz, aber Teicoplaninempfindlichkeit vorliegt.

Moderne PCR-Tests auf VRE sollten VanA- und VanB-Resistenztypen erfassen.

Insgesamt wird in den vergangenen Jahren ein leichter, aber stetiger Anstieg von VRE in Deutschland beobachtet, wobei lokale, größere Ausbruchsereignisse bei der Interpretation berücksichtigt werden müssen (Abb. 14.1). Das Verhältnis von E. faecalis zu E. faecium wird mit 90:10 angegeben, wobei deutliche lokale Unterschiede zu verzeichnen sind (Werner 2012). Eine besonders hohe VRE-Inzidenz findet sich in Griechenland, Portugal, Israel, Großbritannien und Irland (RKI 2010) und in vielen Bundesstaaten der USA.

Entsprechend häufig findet man eine endogene Selektion und Besiedlung mit VRE und aufgrund der hohen Umweltpenetranz auch immer wieder (größere) Kolonisationsausbrüche durch Übertragung (meist bei Lücken in der Händehygiene oder durch kontaminierte Materialien wie rektale Fieberthermometer o. ä.). Besiedlungen werden am häufigsten im Darm (Rektalabstrich) und im Urin festgestellt. Bei Patienten mit Inkontinenz, Diarrhö, Ileostoma, Kolostoma oder mit Enterokokken besiedelten oder infizierten, drainierenden Wunden ist die Umgebungskontamination hoch.

14.3 VRE-Infektion

Infektionen mit Enterokokken sind hingegen eher selten und dann häufig mit eine abdominalen Pathologie vergesellschaftet oder treten als Blutstrominfektionen in Erscheinung. Enterokokkenpneumonien im eigentlichen Sinne gibt es kaum, Enterokokkennachweise im Trachealsekret sind in der Regel als begleitende Aspirationsflora zu werten.

VRE treten häufig als Besiedler (nicht selten auch in Form von Ausbrüchen) in Erscheinung, sind aber eher selten klinisch manifeste Infektionserreger. Die Manifestationsrate („colonization pressure“), d. h. das Verhältnis von kolonisierten zu infizierten Patienten, wird mit 10–20:1 geschätzt.

Etwa 95 % der VRE-Infektionen werden durch vancomycinresistente E. faecium und 5 % durch vancomycinresistente E. faecalis verursacht. Risikofaktoren sind:

  • Aufenthalt auf Intensivstationen

  • Medizinische Devices (v. a. ZVK, Harnwegskatheter)

  • Hochgradige Immunsuppression

  • Gabe von Breitspektrumantibiotika

  • Kontakt zu VRE-besiedelten/infizierten Patienten.

14.3 Dekolonisierung/Screening

Es ist kaum möglich, eine Dekolonisierung durch bestimmte Maßnahmen zu erreichen. Lang anhaltende Besiedlungen sind häufig, nicht selten auch nach erfolgreicher Therapie einer manifesten Infektion (Sohn 2012). Daher bleiben die speziellen Hygienemaßnahmen meist über die gesamte Zeit des Krankenhausaufenthalts bestehen. Der Einsatz von Probiotika ist von fraglichem Nutzen.

Bei Mitpatienten im Zimmer eines isolierungspflichtigen Patienten sollte ein Screening durch Abnahme eines Rektalabstrichs bzw. von Stuhl zur Untersuchung auf VRE erfolgen. Ein generelles Aufnahmescreeening auf Intensivstationen kann in Gegenden mit hoher Inzidenz sinnvoll sein.

14.3.1 Praktische Hygienemaßnahmen

14.3.1.1 Hygiene beim Patienten

14.3.1.1 Anleitung des Patienten
  • Information des Patienten über den Erreger und seine Übertragung

  • Verzicht auf Händeschütteln

  • Einweisung in die Händedesinfektion

  • Einweisung in die Toilettenhygiene, Toilettendeckel beim Spülen geschlossen halten.

14.3.1.1 Unterbringung des Patienten
  • Eine Unterbringung im Einzelzimmer erleichtert die Einhaltung der Standardhygienemaßnahmen und wird allgemein empfohlen.

  • Zwingend erforderlich ist eine Einzelzimmerunterbringung mit Kontaktisolierung bei Patienten mit hohem Streupotenzial , z. B. bei starkem Durchfall, Inkontinenz oder bei Patienten mit fehlender Hygienecompliance.

  • Eine Kohortenisolierung ist möglich.

  • Auch bei Unterbringung im Einzelzimmer kann der Patient das Zimmer nach Rücksprache mit dem Stationspersonal/Hygieneteam verlassen. Medizinisch indizierte Transporte können durchgeführt werden.

  • Bei Einzelzimmerunterbringung muss der Patient medizinisch adäquat versorgt werden. Der zusätzlichen psychosozialen Isolierung muss entgegen gewirkt werden.

  • Bei Besiedlung ohne Streupotenzial ist z. B. in Rehabilitationskliniken für Anschlussheilbehandlungen (Risikoprofil der Einrichtung berücksichtigen) die Teilnahme an gemeinschaftlichen Behandlungen (z. B. Physiotherapie) und die Essenseinnahme im Speisesaal ohne Probleme möglich. Zuvor sollte der Patient in die Händedesinfektion eingewiesen werden.

14.3.1.1 Maßnahmen bei Verstorbenen
  • Keine über die Standardhygiene hinausgehenden Maßnahmen erforderlich

14.3.1.1 Besucher
  • Personen mit normalem Immunstatus können den Patienten besuchen, bei abwehrgeschwächten Besuchern im Zweifelsfall Rücksprache mit dem Hygieneteam halten.

  • Auf das Händeschütteln zur Begrüßung verzichten.

  • Wichtig ist eine gründliche Händedesinfektion (Einweisung durch Stationspersonal) vor Verlassen des Patientenzimmers.

  • Bei engem, über den Handkontakt hinausgehendem, körperlichem Kontakt (z. B. beim Einbeziehen der Angehörigen in die Pflege oder Physiotherapie des Patienten) wird Schutzkleidung analog dem Pflegepersonal getragen.

14.3.1.1 Transport und Verlegung
  • Transport nach den Regeln für Kontaktisolierung.

14.3.1.1 Pflegeutensilien/Medizinprodukte
  • Patientenbezogener Gebrauch von medizinischen Geräten (z. B. Stethoskop, Blutdruckmanschetten etc.) wenn möglich, Wischdesinfektion nach Gebrauch

  • Thermische Aufbereitung wiederaufbereitbarer Instrumente

  • Möglichst keine Rektalthermometer verwenden

  • Möglichst wenig Verbrauchsmaterial im Zimmer lagern (Tagesbedarf).

14.3.1.1 Geschirr
  • Kann ohne Vorbehandlung wie üblich in der Spülmaschine aufbereitet werden.

14.3.1.1 Wäsche
  • Der Wäscheabwurf erfolgt im Zimmer (patientennah).

  • Die üblichen desinfizierenden Waschverfahren sind ausreichend (keine Klassifikation als „infektiöse“ Wäsche).

  • Zusätzlichen Plastiksack verwenden, wenn der Stoffsack durchfeuchten könnte.

14.3.1.1 Abfall
  • Normaler Abfall (AS 18 01 04)

  • Nach Abtransport der geschlossenen Säcke sofort die Hände desinfizieren.

14.3.1.1 Flächendesinfektion
  • Flächen bei sichtbarer Kontamination immer sofort gezielt desinfizieren.

  • Übliche Flächendesinfektionsverfahren mit den üblichen Mitteln und Konzentrationen gemäß Reinigungs- und Desinfektionsplan

  • Reinigungspersonal informieren

  • Laufende Desinfektion: Wischdesinfektion der patientennahen Flächen auf Allgemeinstation einmal täglich, auf Intensivstation und in Risikobereichen einmal pro Schicht, Fußboden einmal täglich desinfizierend reinigen.

14.3.1.1 Besonderheiten bei/nach Verlegung
  • Information der Zieleinrichtung bzw. des nachbehandelnden Arztes

  • Bei Verlegung durch den Rettungsdienst Verwendung eines Überleitungsbogens (z. B. des lokalen MRE-Netzwerks)

  • Information des Patienten und ggf. seiner Angehörigen (zusätzlich Mitgeben eines Merkblattes hilfreich)

  • Schlussdesinfektion aller erreichbaren Flächen im Patientenzimmer.

  • Verbrauchsmaterialien im Zimmer entweder vor Weiterverwendung desinfizieren oder entsorgen

  • Vorhänge o. ä. waschen

  • Toilettenbürste und Toilettenpapierreste entsorgen.

14.3.1.2 Hygiene beim Personal

  • Strikte Einhaltung der Standardhygienemaßnahmen

  • Einmalhandschuhe nach den Regeln der Standardhygiene verwenden. Handschuhe ausziehen, wenn Tätigkeit beendet, danach Händedesinfektion. Nicht mit den Handschuhen an den Händen andere Tätigkeiten im Patientenzimmer (z. B. Eintragungen in die Kurve, Aufräumarbeiten) durchführen, um eine Ausbreitung des Erregers in der Patientenumgebung soweit wie möglich zu verhindern.

  • Über diese Standardhygienemaßnahmen hinausgehend immer auch vor Verlassen des Patientenzimmers (unabhängig davon, ob Patientenkontakt stattgefunden hat oder nicht) eine hygienische Händedesinfektion durchführen, da evtl. unbemerkt eine Kontamination der Hände durch Kontakt mit kontaminierten Flächen erfolgt ist.

  • Für übliche pflegerische Tätigkeiten, bei denen die Gefahr der Durchfeuchtung der Arbeitskleidung besteht, flüssigkeitsdichte Schürzen und langärmeligen Schutzkittel verwenden

  • Wenn mit Kontamination der Arbeitskleidung mit infektiösem Material zu rechnen ist, Schutzkittel verwenden

  • Tragen von Schutzkitteln beim Betreten des Zimmers ohne geplanten Patientenkontakt (z. B. Abstellen eines Tabletts, Blick in die Kurve und Patientengespräch) in der Regel nicht erforderlich

  • Bei Aerosolbildung und wenn Gefahr des Verspritzens von infektiösem Material besteht Mund-Nasen-Schutz und Schutzbrille tragen.

14.4 MRE-Screening in der Praxis

Für bestimmte Erreger (z. B. MRSA oder MRGN) und Risikobereiche (neonatologische Intensivstation) gibt es Screeningempfehlungen der KRINKO. Für die Praxis empfiehlt sich die Übertragung dieser Empfehlungen in ein einfaches Flussschema, das dem Pflegepersonal ein Screening ohne separate ärztliche Anordnung entsprechend dem Risikoprofil des Patienten ermöglicht und gleichzeitig die Dokumentation der Risikoanalyse beinhaltet (Tab. 14.5).

Tab. 14.5 Checkliste: Risikoadaptiertes Screening auf multiresistente Erreger (MRE): MRSA, VRE und MRGN. (Mit freundlicher Genehmigung des Deutschen Beratungszentrums Hygiene)

Für Intensivstationen und hämatologisch-onkologische Abteilungen kann je nach Ausrichtung und endemischer Situation ein generelles Eingangsscreening auf MRE (MRSA, VRE, MRGN) und eine fortlaufende Surveillance (z. B. 1- bis 2-mal pro Woche) von Langliegern durch Nasen-Rachen- und Analabstriche sinnvoll sein (Kap. 22). Zum Umgang mit mikrobiologischen Proben siehe Kap. 8.

14.5 Clostridium difficile

Clostridium-difficile-Infektionen (CDI) zählen inzwischen mit 6,6 % zu den häufigsten im Krankenhaus erworbenen Infektionen. Die Symptomatik reicht von clostridienassoziierter Diarrhö (CDAD ) über pseudomembranöse Kolitis bis hin zu toxischem Megakolon, Darmperforationen und septischen Verläufen. Die Letalität wird auf 1–2 % geschätzt, kann in Verbindung mit hypervirulenten Stämmen und bei rezidivierender Erkrankung jedoch deutlich höher sein. Inzwischen werden auch vermehrt schwere, ambulant erworbene Verläufe beobachtet.

Risikofaktoren für die nosokomiale CDI sind:

  • Gemeinsame Unterbringung mit einem symptomatischen C.-difficile-Patienten

  • Störungen der Darmphysiologie und damit der mikrobiellen Darmflora, insbesondere durch Antibiotikabehandlung und die Verwendung von Protonenpumpeninhibitoren (wahrscheinlich auch H2-Blocker, da die Veränderung des Magen-pH als kausaler Faktor angesehen wird)

  • Gastrointestinale Grundkrankheiten

  • Magen-Darm-Eingriffe

  • Immunologischer Status.

Am häufigsten sind Cephalosporine der 3. Generation, Chinolone und Clindamycin mit einer CDI assoziiert. Ein geringeres Risiko besteht bei Tetrazyklinen und Makroliden.

14.5 Symptome

Die Symptomatik beginnt häufig abrupt mit breiigen bis wässrigen, faulig riechenden Durchfällen (mindestens 3 Stuhlgänge pro Tag für mehrere Tage), abdominellen Schmerzen bei ca. 22 % der Fälle, häufig verbunden mit Fieber (ca. 28 %).

Je nach Schwere kann es zu Dehydratation, Elektrolytverlust, einer ausgeprägten Leukozytose und einer Hypalbuminämie durch den massiven Proteinverlust kommen (differenzialdiagnostisch wichtig im Gegensatz zu anderen Durchfallerkrankungen). Bei schweren Verläufen kann Blut im Stuhl auftreten.

Allerdings sind auch septische Verläufe oder das Auftreten eines Megakolons ohne Durchfall beschrieben, und mitunter findet sich gerade bei älteren Patienten als Erstsymptom ein delirantes Krankheitsbild vor Einsetzen der typischen Durchfallsymptome.

14.5 Sporen und Toxine

Es handelt sich bei Clostridium difficile um obligat anaerobe, grampositive Stäbchenbakterien und Endosporenbildner, die durch die Bildung von zytotoxischen Toxinen (Enterotoxin A und Cytotoxin B) die Intestinalzellen schädigen. Eine spezifische Infektionsdosis ist nicht bekannt.

Das Bakterium bildet besonders während der akuten Erkrankung umweltresistente Sporen aus und ist dadurch gegenüber vielen Desinfektionsmitteln (auch gegenüber dem zur Händedesinfektion routinemäßig verwendeten Alkohol) in hohem Maß resistent, weshalb zusätzlich zur Händedesinfektion immer auch eine Händewaschung nach Kontakt mit Patienten mit CDI erfolgen muss.

Pathogene Stämme produzieren meist beide Toxine, einige Stämme aber auch nur Cytotoxin B. Ein weiteres binäres Toxin (CDT) wird zusätzlich in einigen besonders virulenten Stämmen exprimiert (Rolle in der Pathogenese der Erkrankung ungeklärt). Stämme, die keine Toxine bilden können, gelten als apathogen.

Besonders relevant sind heute international die in den letzten Jahren aufgetretenen epidemischen Stämme (Ribotyp 027 und Toxinotyp III) mit ihren besonderen Virulenzeigenschaften: binäres Toxin CDT, erhöhte Expression der Toxine A und B. Diese zeichnen sich im Antibiogramm meist durch eine Resistenz gegen Erythromycin und Moxifloxacin aus. Ribotyp-027-Isolate mit anderem Resistenzmuster sind ebenfalls zu finden. In Deutschland überwiegen jedoch bei nosokomialen Infektionen Isolate des Ribotyps 001 bei insgesamt großer Variabilität der in der Bevölkerung vorkommenden Stämme.

14.5 Kontagiosität/Infektiosität

Clostridium difficile findet sich ubiquitär in der Umwelt (z. B. im Boden und im Oberflächenwasser) und im Darmtrakt von Tier und Mensch, vor allem bei Kleinkindern (bis zu 80 %, dort jedoch wegen fehlender Rezeptoren für die Toxine nicht pathogen) und seltener bei Erwachsenen (≤5 %). Bei letzteren ist jedoch ein rascher Anstieg der Besiedlungszahlen mit zunehmender Länge des Krankenhausaufenthalts zu beobachten, wobei der überwiegende Anteil der kolonisierten Patienten asymptomatisch bleibt. Die Rate manifester Infektion ist bei mitgebrachter Kolonisation geringer als bei im Krankenhaus erworbener Kolonisation.

Die Übertragung erfolgt fäkal-oral durch direkten und durch indirekten Kontakt. Symptomatische Patienten scheiden große Mengen von Bakterien/Sporen mit ihrem flüssigen Stuhl aus, asymptomatische Patienten in weit geringerem Maße. Als Vektoren werden vor allem kontaminierte Hände des Personals oder indirekt kontaminierte Oberflächen der Umgebung des Erkrankten sowie nicht sachgerecht aufbereitete Fieberthermometer beschrieben.

Wird während des Spülens der Toilettendeckel nicht geschlossen, zeigt sich eine deutlich erhöhte Kontamination der Umgebung.

14.5 Inkubationszeit

Es sind keine gesicherten Angaben im Sinne einer klassischen Inkubationszeit möglich. Der zeitliche Abstand zu einer vorangehenden Antibiotikatherapie und dem Auftreten der Symptome beträgt meist nur wenige Tage, kann aber mehrere Wochen und in seltenen Fällen auch Monate betragen.

Unter pragmatischen Gesichtspunkten werden die Kontaktisolierungsmaßnahmen für einen Zeitraum von 48 h nach Sistieren der Durchfälle aufrechterhalten, da der Stuhl während der Durchfallphase die höchste Erregerlast aufweist. Eine anschließende dauerhafte Trägerschaft ist jedoch nicht selten, ein Übertragungsrisiko allerdings gering.

14.5 Meldepflicht

Schwer verlaufende Infektionen durch C. difficile und Infektionen mit dem Ribotyp 027 sind als bedrohliche Krankheit namentlich an das Gesundheitsamt zu melden (§ 6 IfSG). Für diese Meldungen gilt die Übermittlungspflicht nach § 11 an die zuständige Landesbehörde und von dort an das RKI.

Gemeldet werden müssen Patienten mit pseudomembranöser Kolitis oder Patienten mit Durchfall oder toxischem Megakolon mit C.-difficile-Toxinnachweis (A und/ oder B) oder Nachweis toxinbildender C. difficile mit einer anderen Methode, die mindestens eines der folgenden 4 Kriterien für einen schweren Verlauf erfüllen:

  • Notwendigkeit einer Wiederaufnahme aufgrund einer rekurrenten Infektion

  • Verlegung auf eine Intensivstation zur Behandlung der CDI (früher CDAD) oder ihrer Komplikationen

  • Chirurgischer Eingriff (Kolektomie) aufgrund eines Megakolons, einer Perforation oder einer refraktären Kolitis

  • Tod nach <30 Tagen nach Diagnosestellung und CDI als Ursache oder zum Tod beitragende Erkrankung und/oder Nachweis des Ribotyps 027

14.5 Aufzeichnungspflicht

  • Nosokomiale Diarrhöen durch Clostridium difficile (CDAD) sollen in allen Bereichen eines Krankenhauses erhoben werden (RKI 2013). Mit dieser Ergänzung der gemäß § 23 Absatz 4 in Verbindung mit § 4 Absatz 2 IfSG zu erhebenden nosokomialen Infektionen hat das RKI die CDAD-Erfassung für alle Krankenhäuser verbindlich gemacht.

14.5 Mikrobiologische Diagnostik

Die mikrobiologische Diagnostik erfolgt in einer Stuhlprobe mittels Glutamatdehyrogenase-(GDH-)Test als Suchtest und dem Toxinnachweis (A und B) als Bestätigungstest. Dies reicht bei entsprechender Klinik für die Diagnose CDI und Einleitung einer spezifischen Therapie aus. Allerdings sollte nach Möglichkeit immer auch eine Kultur angelegt werden, um eine Resistenzbestimmung und ggf. eine Typisierung des Stamms zu ermöglichen. Aufgrund der hohen Sensitivität schließt ein negativer GLDH-Test eine Clostridieninfektion in der Regel aus. Bei fehlendem Toxinnachweis, aber typischer Klinik sollte der Test aufgrund der deutlich geringeren Sensitivität insgesamt 3-mal wiederholt werden.

Nach positivem Toxinbefund oder kulturellem Nachweis von Clostridium difficile sind mikrobiologische Wiederholungsuntersuchungen nicht erforderlich und für eine Bestimmung der Krankheitsaktivität oder des Übertragungsrisikos ungeeignet. Die Entscheidung zur Aufhebung der Kontaktisolierung erfolgt ausschließlich über die klinische Symptomatik

14.5 Therapie

Zur Therapie leichter Fälle wird Metronidazol oral (3-mal 500 mg) eingesetzt. Bei schweren Fällen und Rezidiven sollte eine Kombinationstherapie mit enteralem (oral, über Ernährungssonde und oder per Einlauf) Vancomycin (4-mal 250 mg) und Metronidazol (3-mal 500 mg i.v.) erfolgen. Rezidive werden zunächst mit dem gleichen Regime behandelt, wobei die Vancomycindosis auf 4-mal 500 mg oral erhöht wird. Zusätzlich kann 2-mal 400 mg Rifaximin gegeben werden.

Vancomycin ist bei CDAD nur bei enteraler Gabe wirksam, da systemische Gaben keine ausreichenden Spiegel im Stuhl erreichen.

Als Alternative zur Vancomycintherapie steht inzwischen Fidaxomicin (2-mal 200 mg) für schwere Verläufe und Rezidive zur Verfügung.

Eine auslösende Antibiotikatherapie ebenso wie Protonenpumpeninhibitoren sollten nach Möglichkeit abgesetzt werden. Die Therapiedauer beträgt 10 Tage.

14.5 Stuhltransplantation

Bei Relaps bzw. Rezidiven kann neben der Rezidivprophylaxe mit Saccharomyces boulardii (2-mal 500 mg oder 4-mal 250 mg enteral) eine Stuhltransplantation zur Rekonstitution der Darmflora durchgeführt werden. Diese sollte auch bei schweren Verläufen eher frühzeitig erwogen werden. Hierzu werden in erster Linie Verwandte oder aber jeder gesunde Freiwillige herangezogen. Vor der Stuhltransplantation sollte eine Stuhluntersuchung des Donors auf pathogene Keime sowie eine mikroskopische Untersuchung auf Parasiten erfolgen. Manche Autoren empfehlen auch ein serologisches Screening auf HIV, Hepatitis B, C und A. Bei Notfallindikationen ist ein Verzicht auf diese Untersuchungen bei unauffälliger Anamnese des Donors und nach entsprechender Aufklärung des Patienten bzw. Betreuers denkbar.

Damit die Bakterien bei nasogastraler Gabe nicht durch die Magensäure abgetötet werden, wird der Empfänger am Vortag und am Tag der Behandlung mit 2 Dosen eines Protonenpumpeninhibitors behandelt. Die Anticlostridienmedikation des Empfängers sollte bis zum Vorabend der Stuhltransplantation verabreicht und dann abgesetzt werden. Anstelle der alleinigen Gabe des Stuhlfiltrats über die nasogastrale Gabe kann je nach Situation auch die kombinierte Gabe (je zur Hälfte) über die nasogastrale Sonde und als Einlauf sinnvoll sein.

Eine Überlegenheit der kolonoskopischen Gabe gegenüber der nasogastralen Gabe konnte nicht gezeigt werden (Postigo 2012). Die kolonoskopische Gabe erlaubt jedoch eine gezielte Applikation und kann immer dann für den Patienten auch ästhetisch vorteilhaft sein, wenn ohnehin eine diagnostische Kolonoskopie angezeigt ist. Van Nood et al. (2013) beschreiben die nasoduodenale Gabe nach Lavage und konnten eine deutliche Überlegenheit gegenüber der Standardtherapie mit Vancomycin zeigen.

Stuhltransplantation

  • Gewinnen des Donorstuhls maximal 6 h vor Gabe

  • Keimarme Einmalhandschuhe tragen.

  • 1 Litergefäß 0,9% NaCL Spüllösung mit Schraubverschluss.

  • 800 ml abgießen und ca. 100 g Stuhl (~2 gehäufte Eßlöffel) mit Einmallöffel hineingeben.

  • Löffel entsorgen, Gefäß mit Schraubverschluss verschließen und für einige Minuten kräftig durchschütteln zur Homogeniserung. Lösung kurz ruhen lassen.

  • Lösung über Einmaltrichter mit Kaffeefilter in einen großen Einmalbecher abfiltrieren.

  • Materialien entsorgen, Handschuhe ausziehen, Händedesinfektion und frische Handschuhe anziehen, dann Lösung aus dem Einmalbecher in zwei 50 ml-Spritzen aufziehen und möglichst unmittelbar verabreichen, ansonsten bei Raumtemperatur zwischenlagern.

14.5.1 Praktische Hygienemaßnahmen

14.5.1.1 Hygiene beim Patienten

14.5.1.1 Anleitung des Patienten
  • Toilettendeckel beim Spülen geschlossen halten, um Umgebungskontamination zu reduzieren

  • Sorgfältiges Händewaschen mit Wasser und Flüssigseife zusätzlich zur Händedesinfektion, v. a. nach Toilettenbesuch.

14.5.1.1 Unterbringung des Patienten
  • Kontaktisolierung im Einzelzimmer mit Nasszelle und eigener Toilette

  • Die gemeinsame Unterbringung von mehreren Patienten mit gleichem Ribotyp ist nach mikrobiologisch gesicherter Diagnose möglich (Kohortenisolierung ).

  • Zimmer kennzeichnen, z. B. „Vor Eintritt bitte beim Personal melden“

14.5.1.1 Maßnahmen bei Verstorbenen
  • Keine über die Standardhygiene hinausgehenden Maßnahmen erforderlich

14.5.1.1 Besucher
  • Händedesinfektion und Händewaschen vor Verlassen des Zimmers

  • Tragen von Einmalhandschuhen und Schutzkittel, wenn Kontakt mit infektiösem Material möglich ist

14.5.1.1 Transport und Verlegung
  • Solange die Isolierungspflicht besteht, gelten die Maßnahmen eines Transportes bei Kontaktübertragungsmöglichkeit.

14.5.1.1 Pflegeutensilien/Medizinprodukte
  • Möglichst patientenbezogen einsetzen (z. B. Stethoskope, Thermometer usw.) und nach Gebrauch bzw. vor Anwendung bei einem anderen Patienten aufbereiten

  • Wischdesinfektion mit Sauerstoffabspalter

  • Instrumente trocken abwerfen und in der ZSVA aufbereiten

14.5.1.1 Geschirr
  • Kann ohne Vorbehandlung wie üblich in der Spülmaschine aufbereitet werden.

14.5.1.1 Wäsche
  • Der Wäscheabwurf erfolgt im Zimmer (patientennah).

  • Bettzeug vorsichtig abziehen und sofort in den Wäschesack ablegen, um eine Ausbreitung der Sporen so gering wie möglich zu halten

  • Zusätzlichen Plastiksack verwenden, wenn der Stoffsack durchfeuchten könnte

  • Nach Abtransport der geschlossenen Säcke sofort die Hände waschen und desinfizieren.

  • Die üblichen desinfizierenden Waschverfahren sind ausreichend (keine Klassifikation als „infektiöse“ Wäsche).

14.5.1.1 Abfall
  • Normaler Abfall (AS 18 01 04)

  • Nach Abtransport der geschlossenen Säcke sofort die Hände desinfizieren und waschen

14.5.1.1 Flächendesinfektion
  • Sporozid wirksame Präparate, vorzugsweise auf der Basis von Sauerstoffabspaltern, z. B. Peressigsäure, verwenden

  • Flächen bei sichtbarer Kontamination immer sofort gezielt desinfizieren

  • Reinigungspersonal informieren

  • Laufende Desinfektion: Wischdesinfektion der patientennahen Flächen auf Allgemeinstation einmal täglich, auf Intensivstation einmal pro Schicht, Fußboden einmal täglich desinfizierend reinigen.

14.5.1.1 Besonderheiten bei/nach Verlegung
  • Information der Zieleinrichtung bzw. des nachbehandelnden Arztes

  • Information des Patienten und ggf. seiner Angehörigen

  • Schlussdesinfektion aller erreichbaren Flächen im Patientenzimmer

  • Verbrauchsmaterialien im Zimmer entweder vor Weiterverwendung desinfizieren oder entsorgen

  • Vorhänge o. ä. waschen

  • Toilettenbürsten und Toilettenpapierrestbestände entsorgen.

14.5.1.2 Hygiene beim Personal

  • Hygienische Händedesinfektion (wie üblich) und zusätzlich gründliches Händewaschen (Sporenreduktion durch Abschwemmeffekt) mit Flüssigseife nach Patientenkontakt und vor Verlassen des Zimmers

  • Einmalhandschuhe bei direktem Kontakt mit dem Patient oder der patientennahen Umgebung

  • Schutzkittel und flüssigkeitsdichte Einmalschürze bei möglicher Kontamination der Arbeitskleidung gemäß den Regeln der Standardhygiene (v. a. bei pflegerischen Maßnahmen zur Beseitigung von Stuhl)

  • Weitere persönliche Schutzausrüstung nach den Regeln der Standardhygiene bei Bedarf.

14.6 Noroviren

Noroviren (früher Norwalk-like-Viren ) sind „small round structured viruses“ (SRSV) aus der Familie Caliciviridae. Es sind nicht umhüllte RNA-Viren mit ausgeprägter Genomvariabilität. Es werden 5 Genotypgruppen (GGI bis V) unterschieden. GGI, GGII und GGIV sind humanpathogen und werden wiederum in verschiedene Subtypen aufgeschlüsselt, die mit unterschiedlichen Ausbruchscharakteristika vergesellschaftet sind (Matthews 2012). Die Viren sind vergleichsweise schwierig zu inaktivieren und umgebungsstabil. Die Infektiosität der Erreger ist sehr hoch. Eine Infektionsdosis von 10–100 Viruspartikeln ist bereits ausreichend, daher sind Noroviren häufig für größere Ausbrüche (Greig 2012) in Gemeinschaftseinrichtungen, Krankenhäusern, Altenheimen, aber auch auf Kreuzfahrtschiffen verantwortlich. Es besteht keine dauerhafte Immunität, mehrfache Infekte sind möglich.

Zwar besteht immer noch eine saisonale Häufung von Norovirenausbrüchen in den Wintermonaten, doch ist zunehmend eine ganzjährige Aktivität zu beobachten.

14.6 Symptome

Die Erkrankung beginnt nach kurzer Inkubationszeit plötzlich mit starken Durchfällen und/oder schwallartigem Erbrechen, begleitet von einem ausgeprägten Krankheitsgefühl, ggf. mit Abdominalschmerzen, Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, Übelkeit, Mattigkeit und Fieber. Leichtere und asymptomatische Verläufe sind möglich. Die Erkrankung verläuft selbstlimitierend, und die Symptomatik endet in der Regel nach 12–72 h, sodass nur symptomatische Maßnahmen (v. a. Flüssigkeitssubstitution) erforderlich sind.

Bereits 12 h vor Auftreten gastrointestinaler Symptome und in hohem Maße während der symptomatischen Erkrankung werden Viruspartikel ausgeschieden. Die Virusausscheidung kann bis zu 2 Wochen, nachdem die Krankheitssymptome verschwunden sind, anhalten. Sie lässt aber nach Sistieren der Durchfälle stark nach, woraus sich die Empfehlungen zu den Schutzmaßnamen (RKI 2009) ableiten.

14.6 Meldepflicht

In folgenden Fällen besteht eine Meldepflicht für Krankheitsverdacht und Erkrankung an einer infektiösen Gastroenteritis:

  • Wenn eine Tätigkeit im Sinne des § 42 IfSG ausgeübt wird oder wenn zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen auftreten, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird (§ 6 IfSG, Arztmeldepflicht).

  • Weitere gesetzliche Regelungen betreffen Kinder in Gemeinschaftseinrichtungen und das Tätigkeitsverbot für Beschäftigte im Lebensmittelbereich.

  • Nur der direkte Labornachweis von Noroviren aus Stuhl ist namentlich an das Gesundheitsamt zu melden (§ 7 IfSG), soweit die Nachweise auf eine akute Infektion hinweisen (Labormeldepflicht).

  • Erweiterte Meldepflichten bestehen in einzelnen Bundesländern (Abschn. 1.1)

14.6.1 Praktische Hygienemaßnahmen

In Ausbruchssituationen müssen Gemeinschaftsverpflegung auf Station, Kaffeebars etc. sofort stillgelegt werden. Besucherverkehr und Transporte sollten limitiert und über frühzeitige Schließung für Neuaufnahmen nachgedacht werden.

Erkranktes Personal muss unbedingt zu Hause bleiben, um die Infektion nicht weiter auszubreiten.

14.6.1.1 Hygiene beim Patienten

14.6.1.1 Anleitung des Patienten
  • Patienten werden in die korrekte Durchführung der Händedesinfektion mit längerer Einwirkzeit (z. B. 2-mal 30 s, Herstellerangaben beachten) für die Dauer von 14 Tagen nach Beginn der Erkrankung eingewiesen.

  • Viruswirksames Händedesinfektionsmittel verwenden, ggf. als Kitteltaschenflaschen bereitstellen

  • Bereitstellung von „Spucktüten“

  • Toilettendeckel beim Spülen geschlossen halten, um Umgebungskontamination zu reduzieren.

14.6.1.1 Unterbringung des Patienten
  • Kontaktisolierung im Einzelzimmer mit Nasszelle und eigener Toilette während der symptomatischen Erkrankung. Bei Ausbrüchen ist eine Kohortenisolierung von mehreren Patienten bei gesicherter Diagnose möglich.

  • Aufhebung der Kontaktisolierung 2 Tage nach Sistieren der Symptomatik

  • Zimmer kennzeichnen, z. B. „Vor Eintritt bitte beim Personal melden“

  • Kontaktpatienten (Unterbringung im gleichen Zimmer mit dem Indexpatienten beim Auftreten der Symptomatik): Möglichst in Einzelzimmer verlegen oder kohortieren (Verdachtskohorte) und aufmerksam auf beginnende Symptomatik beobachten. Aufhebung der Maßnahmen nach 3 Tagen ohne Symptomatik.

14.6.1.1 Maßnahmen bei Verstorbenen
  • Keine über die Standardhygiene hinausgehenden Maßnahmen erforderlich

14.6.1.1 Besucher
  • Besuch während der akuten Krankheitsphase nur bei hoher Dringlichkeit zulassen.

  • Einweisung in die korrekte Durchführung der Händedesinfektion mit längerer Einwirkzeit (z. B. 2-mal 30 s, Herstellerangaben beachten)

  • Schutzkittel und Mund-Nasen-Schutz (chirurgische Maske, FFP 1) bei Betreten des Zimmers wegen der Gefahr des Verspritzens und der Tröpfchenbildung bei unkontrolliertem Erbrechen des Patienten

  • Einmalhandschuhe bei direktem Patientenkontakt.

14.6.1.1 Transport und Verlegung
  • Verlegung des Patienten auf eine andere Station oder in eine andere Einrichtung möglichst erst nach Aufhebung der Kontaktisolierung

  • Bei Notfallverlegungen Information der entsprechenden Einrichtung und Transport mit entsprechenden Kontakt-/Tröpfchenschutzmaßnahmen

14.6.1.1 Pflegeutensilien/Medizinprodukte
  • Möglichst patientenbezogen einsetzen (z. B. Stethoskope, Thermometer usw.) und nach Gebrauch bzw. vor Anwendung bei einem anderen Patienten aufbereiten

  • Wischdesinfektion mit viruzidem Flächen- oder Instrumentendesinfektionsmittel

  • Instrumente trocken abwerfen und in der ZSVA aufbereiten

14.6.1.1 Geschirr
  • Kann ohne Vorbehandlung wie üblich in der Spülmaschine aufbereitet werden

  • Gegebenenfalls separater Transport und Hinweis an das Spülküchenpersonal bei Ausbrüchen

14.6.1.1 Wäsche
  • Bei massiver Kontamination (z. B. Stuhl, Erbrochenes) im Patientenzimmer in einen geschlossenen Wäschesack geben, bei Gefahr der Durchfeuchtung mit einem zusätzlichen Plastiksack

  • Nach Abtransport der geschlossenen Säcke sofort die Hände desinfizieren

  • Bei massiver Kontamination in der Wäscherei entsprechend UVV als infektiöse Wäsche separat gewaschen, sonst normale Krankenhauswäsche.

14.6.1.1 Abfall
  • Normaler Abfall (AS 18 01 04)

  • Nach Abtransport der geschlossenen Säcke sofort die Hände desinfizieren.

14.6.1.1 Flächendesinfektion
  • Viruzid wirksame Präparate, vorzugsweise auf der Basis von Sauerstoffabspaltern, z. B. Peressigsäure, verwenden

  • Flächen bei sichtbarer Kontamination immer sofort gezielt desinfizieren

  • Reinigungspersonal informieren

  • Laufende Desinfektion: Wischdesinfektion der patientennahen Flächen auf Allgemeinstation einmal täglich, auf Intensivstation einmal pro Schicht, Fußboden einmal täglich desinfizierend reinigen.

14.6.1.1 Besonderheiten bei/nach Verlegung
  • Information der Zieleinrichtung bzw. des nachbehandelnden Arztes

  • Information des Patienten und ggf. seiner Angehörigen

  • Schlussdesinfektion aller erreichbaren Flächen im Patientenzimmer

  • Verbrauchsmaterialien im Zimmer entweder vor Weiterverwendung desinfizieren oder entsorgen

  • Vorhänge o. ä. waschen

  • Toilettenbürsten und Toilettenpapierrestbestände entsorgen.

14.6.1.2 Hygiene beim Personal

  • Hygienische Händedesinfektion mit viruzidem Händedesinfektionsmittel und verlängerter Einwirkzeit

  • Schutzkittel und Mund-Nasen-Schutz (chirurgische Maske, FFP 1) bei Betreten des Zimmers wegen der Gefahr des Verspritzens und der Tröpfchenbildung bei unkontrolliertem Erbrechen des Patienten

  • Weitere persönliche Schutzausrüstung nach den Regeln der Standardhygiene, insbesondere Einmalhandschuhe bei direktem Patientenkontakt

  • Personal des betroffenen Bereichs nicht in anderen Bereichen einsetzen (möglichst keine „Springer“ oder „Poolpflegende“)

  • Möglichst wenig Personal aus anderen Bereichen in den betroffenen Bereich lassen (z. B. Konsiliardienste auf das Nötigste beschränken)

  • Sofortige Freistellung des erkrankten Personals (auch mit nur leichter Symptomatik!)

  • Wiederzulassung des erkrankten Personals zur Arbeit frühestens 48 h nach Abklingen der klinischen Symptome und verlängerte Händedesinfektion mit viruzidem Händedesinfektionsmittel nach Toilettenbesuch für 14 Tage (Kitteltaschenflaschen bereitstellen)

14.7 Influenza

Erreger der Influenza beim Menschen sind Orthomyxoviren:

  • Typ A mit verschiedenen Subtypen, z. B. A(H3N2)

  • Typ B mit 2 genetisch unterschiedlichen Linien (Yamagata-Linie und Victoria-Linie), die seit Jahren weltweit zirkulieren

Die Typen/Linien unterscheiden sich in ihren Hüllantigenen, spikeartigen Oberflächenstrukturen durch Hämagglutinin (HA, Hauptkomponente, die eine Immunantwort auslöst) und Neuraminidase (NA, wichtige Rolle bei der Freisetzung neu gebildeter Viren aus der Zelle). Es sind 16 verschiedene HA- und 9 NA-Glykoproteine bekannt.

Influenza-A-Viren kommen beim Menschen und auch bei Säugetieren vor (v. a. Schweine und Pferde). Das eigentliche Reservoir sind jedoch Vögel, insbesondere Wasservögel, bei denen alle bisher bekannten HA- und NA-Subtypen nachgewiesen wurden. Influenza-B-Viren treten quasi nur beim Menschen auf.

Aviäre Influenzaviren (H5N1, H7, H9), die bei Vögeln vorkommen, unterscheiden sich von den in der menschlichen Bevölkerung zirkulierenden Influenzaviren dadurch, dass erstere sehr spezifisch an unterschiedliche zelluläre Rezeptoren im oberen Atmungstrakt von Vögeln, letztere im oberen Atmungstrakt von Menschen anbinden. Im Atmungstrakt des Schweins kommen dagegen beide Rezeptoren vor, sowohl für menschliche als auch für aviäre Influenzaviren, sodass in diesem Zwischenwirt ein Austausch von Virulenzfaktoren stattfinden kann.

14.7 Symptome

Die Influenza beginnt typischerweise mit folgenden Symptomen:

  • Plötzliches Fieber (>38,5 °C)

  • Trockener Reizhusten

  • Halsschmerzen

  • Muskel- und Kopfschmerzen

  • Zusätzlich allgemeine Schwäche, Schweißausbrüche, mitunter Übelkeit, Erbrechen und Durchfall.

Die Symptome dauern meistens eine Woche an.

Vor allem bei älteren Personen und bei Personen mit schweren Grunderkrankungen kommt es zu schweren Verläufen und häufig zu bakteriellen Superinfektionen , die die Letalität erhöhen. Beim Stamm H1N1 kam es allerdings zu besonders vielen schweren Atemnotsyndromen bei jüngeren Patienten, die eine ECMO-Behandlung (extrakorporale Membranoxygenation) erforderlich machten. Besonders hoch ist die Letalität bei der aviären Influenza (ca. 50 %), die jedoch beim Menschen äußerst selten ist.

14.7 Diagnostik

Für die Diagnostik werden konventionelle (Ergebnisse nach 3–10 Tagen) und beschleunigte (Ergebnisse nach 1–3 Tagen) Zellkulturverfahren, direkte und indirekte Immunfluoreszenztests (Ergebnisse nach 1–4 h) und PCR-Verfahren (Ergebnisse nach 1–6 h) aus nasopharyngealem Abstrichmaterial, Rachenspülwasser oder bronchoalveolärer Lavage verwendet.

Die Ergebnisse von (meist immunchromatographischen) Schnelltests liegen zwar innerhalb von 15–30 min vor, weisen jedoch im klinischen Alltag eine geringe Sensitivität auf, sodass sie nur bei positivem Ergebnis als Entscheidungsgrundlage für Therapie- und Hygienemaßnahmen (z. B. Kohortenisolierung) verwendet werden können.

14.7 Übertragungswege

Die Übertragung geschieht überwiegend durch den Kontakt der Schleimhäute der oberen Atemwege und der Bindehaut mit Tröpfchen respiratorischen Sekrets beim Husten und Niesen bei engem Kontakt („face to face“) sowie durch direkten Kontakt der Hände zu kontaminierten Oberflächen und anschließendem Hand-Mund- oder -Nasenkontakt.

Die aviäre Influenza (C, D, A) wird vermutlich über die Einatmung infektiöser Partikel bei engem Kontakt bzw. Handhabung von Geflügel, durch Verschlucken von kontaminiertem Wasser oder Material, das durch Vogelexkremente kontaminiert ist, übertragen.

14.7 Inkubationszeit

Die Inkubationzeit beträgt 1–2 Tage bei saisonalen Influenzaviren und beim pandemischen Influenzavirus A(H1N1), bei aviären Influenzaviren vermutlich länger.

14.7 Meldepflicht

Der direkte Labornachweis von Influenzaviren (auch der Schnelltest) ist namentlich an das Gesundheitsamt zu melden (§ 7 IfSG), soweit die Nachweise auf eine akute Infektion hinweisen (Labormeldepflicht).

Krankheitsverdacht, Erkrankung und Tod eines Menschen im Zusammenhang mit einer aviären Influenza sind namentlich an das Gesundheitsamt zu melden (Aviäre-Influenza-Meldepflichtverordnung – AIMPV vom 11. Mai 2007, Arztmeldepflicht).

Die Verordnung über die Meldepflicht bei Influenza, die durch das erstmals im April 2009 in Nordamerika aufgetretene neue Virus („Schweinegrippe “) hervorgerufen wird, ist am 1. Mai 2010 außer Kraft getreten.

14.7 Grippeschutzimpfung

Wichtigste Präventionsmaßnahme ist die saisonale Grippeschutzimpfung . Zielgruppen der Impfung (laut Empfehlungen der STIKO ) sind:

  • Personen, die mindestens 60 Jahre alt sind

  • Schwangere ab dem 2. Trimenon, bei erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens ab dem 1. Trimenon

  • Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens, wie z. B.:

    • Chronische Krankheiten der Atmungsorgane (inklusive Asthma und COPD)

    • Chronische Herz-, Kreislauf-, Leber- und Nierenkrankheiten

    • Diabetes mellitus und andere Stoffwechselkrankheiten

    • Chronische neurologische Krankheiten, z. B. multiple Sklerose mit durch Infektionen getriggerten Schüben

    • Personen mit angeborenen oder erworbenen Immundefekten mit T- und/oder B-zellulärer Restfunktion

    • HIV-Infektion

  • Bewohner von Alters- oder Pflegeheimen

  • Personen mit erhöhter Gefährdung, z. B. medizinisches Personal, Personen in Einrichtungen mit umfangreichem Publikumsverkehr, sowie Personen, die als mögliche Infektionsquelle für von ihnen betreute ungeimpfte Risikopersonen fungieren können

  • Eine weitere Indikationsgruppe stellen Personen mit erhöhter Gefährdung durch direkten Kontakt zu Geflügel und Wildvögeln dar, wobei eine Impfung mit dem aktuellen saisonalen humanen Influenzaimpfstoff zwar keinen direkten Schutz vor Infektionen durch den Erreger der aviären Influenza bietet, jedoch Doppelinfektionen mit den aktuell zirkulierenden Influenzaviren verhindern kann.

Die Durchimpfungsrate ist jedoch gerade bei medizinischem Personal besonders schlecht, obwohl bei dieser Indikation zum Eigenschutz auch der Patientenschutz hinzukommt (Herdenimmunität) – ein Faktor, der gerade für immunkompromittierte Patienten im Krankenhaus und z. B. Bewohner von Pflegeeinrichtungen besonders wichtig ist.

In manchen Ländern, z. B. in den USA (www.cdc.gov), gibt es eine allgemeine Impfempfehlung für alle Personen, die älter als 6 Monate sind, wobei insbesondere durch die Einbeziehung von Kindern durch eine verbreiterte Herdenimmunität die Ausbreitungskette der Influenza unterbrochen zu werden scheint.

14.7.1 Maßnahmen im Pandemiefall

Für den Pandemiefall muss ein entsprechender Pandemieplan erstellt werden. Er ist Teil des Krankenhausnotfallplans (Alarm- oder Katastrophenplan) und beschreibt den Notfallbetrieb zur Aufnahme und Versorgung vieler Patienten, z. B. im Influenzapandemiefall (Notfallbetrieb bei externen Gefahrenlagen). Er ist mit dem Gesundheitsamt abzustimmen. und gibt den Personal- und Materialeinsatz sowie den organisatorischen Ablauf in den Grundzügen vor.

Wichtigster Aspekt eines Pandemieplans ist die Festlegung der Zuständigkeiten und eine stets aktuelle Liste der verantwortlichen Personen (und ihrer Vertreter) und ihre Erreichbarkeit.

Folgende Aspekte sollten im Pandemieplan berücksichtigt und beschrieben werden:

14.7.1 Einrichtung eines Pandemiestabs

Leitung:

  • Geschäftsführung der Einrichtung

  • Ärztliche Direktion

Mitglieder:

  • Krankenhaushygieniker

  • Hygienebeauftragter Arzt/hygienebeauftragte Ärzte

  • Leitung Zentrallabor

  • Leitung Apotheke

  • Pflegedienstleitung

  • Hygienefachkräfte

  • Amtsarzt bzw. Vertreter des Gesundheitsamts

  • Leitung Rettungsdienst (wenn am Krankenhaus stationiert)

  • Weitere Mitglieder je nach Einrichtung

14.7.1 Administrative Einsatzleitung

Die Aufgaben der Krankenhauseinsatzleitung für administrativ-organisatorische Belange umfasst:

  • Herstellung und Aufrechterhaltung des Kontakts zum Gesundheitsamt bzw. zu Bundes- und Landesbehörden, zu Einsatzleitungen und Rettungsdiensten

  • Öffentlichkeitsarbeit

  • Meldung an das zuständige Gesundheitsamt, z. B. aufgenommene Influenzapatienten pro Woche, Bettenbelegung, personelle und materielle Engpässe

  • Interne Koordination von organisatorischen Aufgaben, z. B. Personaleinsatz, Sachmittelbeschaffung und -verteilung, Freigabe geeigneter Räumlichkeiten, ggf. Erweiterung der Bettenkapazitäten, Koordination interner und externer Patientenverlegungen, ggf. Aufnahmestopp und Stopp geplanter Maßnahmen

  • Umsetzung und Dokumentation eigener bzw. übergeordnet festgelegter Maßnahmen.

14.7.1 Medizinische Einsatzleitung

Die Aufgaben der medizinischen Einsatzleitung (Chefärzte, Oberärzte) für die unmittelbare Patientenversorgung umfassen:

  • Festlegung der Situation vor Ort und Bericht an den Pandemiestab

  • Personal- und Bettenorganisation vor Ort

  • Rekrutierung von zusätzlichem Pflege- und ärztlichem Personal

  • Bevorratung mit Schutzausrüstung, Medikamenten und Impfseren

  • Überprüfung der Verfügbarkeit medizinisch-technischer Geräte

  • Überprüfung der Lagerkapazitäten

  • Information und Schulung des Krankenhauspersonals über die sachgerechte Vorgehensweise im Pandemiefall

  • Nochmalige Bekanntmachung und Verbreitung von Behandlungsleitlinien für Influenza

  • Überprüfung der durchgeführten Maßnahmen.

14.7.1 Ausstattung und Organisation

Allgemeine Aspekte zu Ausstattung und Organisation des Krankenhauses im Pandemiefall beinhalten:

  • Getrennte Aufnahmebereiche für infizierte bzw. infektionsverdächtige und nicht infizierte Patienten (ggf. schaffen)

  • Abgrenzung der Behandlungs-/Pflegebereiche für Influenzapatienten vom übrigen Krankenhausbetrieb

  • Maßnahmen zur Kohortenisolierung, Ausweisung spezieller Stationen zur Isolierung und Behandlung von Influenzapatienten

  • Sauerstoffversorgung

  • Aktuell geführte Liste der verfügbaren Beatmungsgeräte (Beatmungsgeräte Erwachsene/Kinder, transportable Notfallbeatmungsgeräte/Reservegeräte, nicht invasive Beatmungsgeräte, transportable Sauerstoffgeräte etc.) und der Aufbereitungsmöglichkeiten

  • Intensivmedizinische Ausrüstung

  • Überprüfung und Festlegung zusätzlicher Kapazitäten (z. B. auch Leichenhallen)

  • Personalausfall einplanen (Ausfall ist mindestens so hoch wie bei der Normalbevölkerung)

  • Vertretungspläne bzw. die Freistellung infizierten Personals planen

  • Entscheidung über zusätzliche personelle Ressourcen, z. B. durch Ausfall elektiver Eingriffe, Aktivierung der Ärzte und des Pflege-, Fach- und Hilfspersonals aus dem Ruhestand, Einsatz der Fachschüler, zu denen ein Ausbildungsvertrag besteht, etc.

  • Aktuell geführte Kontakt- und Telefon-/Piepserlisten bereithalten, um die Mitarbeiter im Alarmfall erreichen zu können

  • Erhöhter Bedarf an antiviralen Medikamenten, da zu Beginn einer Pandemie ggf. keine Impfstoffe zur Verfügung stehen

  • Generell erhöhter Bedarf an Medikamenten, insbesondere an Antibiotika zur Behandlung bakterieller Superinfektionen

  • Antigenschnelltests zum Nachweis humaner Influenza-A- und -B-Viren

  • Desinfektionsmittelbevorratung (erhöhter Bedarf)

  • Erhöhter Bedarf an persönlicher Schutzausrüstung (PSA)

    • Atemschutzmasken Schutzstufe FFP 1

    • Atemschutzmaske Schutzstufe FFP 2 und höherwertig FFP 3 (z. B. Bronchoskopie)

    • Schutzbrillen

    • Schutzkittel

  • Gegebenenfalls Abstellen von RTL-Anlagen bzw. spezielle Einstellungen (Unterdruck) in Patientenzimmern

  • Besucherregelung, Besuchsverbote in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt.

Pandemiewarnstufen der WHO

  • Phase 1: Es wurde kein neuer Virussubtyp bei Menschen entdeckt. In Tieren können Virussubtypen umlaufen, die auch Menschen infizieren, jedoch wird das Risiko als gering bewertet.

  • Phase 2: Es wurde kein neuer Virussubtyp bei Menschen entdeckt. Ein in Tieren umlaufender Subtyp stellt ein erhebliches Risiko einer Erkrankung von Menschen dar.

  • Phase 3: Beginn der Alarmphase: Vereinzelt werden Menschen infiziert, eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist jedoch sehr selten und tritt allenfalls bei engem Kontakt zu einem Infizierten auf.

  • Phase 4: Es kommt zu einem begrenzten Ausbruchsgeschehen (jeweils weniger als 25 Personen über weniger als 2 Wochen) oder sporadischen Einzelfälle ohne nachweisbaren Kontakt der Erkrankten zu Tieren. Dies legt nahe, dass das Virus nur bedingt an den Menschen angepasst ist.

  • Phase 5: erhebliches Pandemierisiko: Größere, aber noch örtlich und zeitlich eng begrenzte Ausbrüche in zwei Gebieten einer der 6 WHO-Regionen werden registriert. Das Virus ist besser, aber noch nicht vollständig an den Menschen angepasst. Letzte Chance, die globale Verbreitung zu verzögern.

  • Phase 6: Verlauf der Pandemie: Es kommt zur wachsenden und anhaltenden Übertragungen von Mensch zu Mensch in der gesamten Bevölkerung. Räumlich getrenntes Ausbruchsgeschehen in mindestens 2 WHO-Regionen.

14.7.2 Praktische Hygienemaßnahmen

14.7.2.1 Hygiene beim Patienten

14.7.2.1 Anleitung des Patienten
  • Der Patient wird über die Übertragungswege und die von ihm ausgehenden Übertragungsrisiken, die Notwendigkeit der Händehygiene und Vermeidung von Hand-Gesicht-Kontakt informiert.

  • Der Patient sollte dazu angehalten werden, in Anwesenheit von dritten Personen beim Husten und Niesen den Mund und die Nase mit einem Tuch zu bedecken.

14.7.2.1 Unterbringung des Patienten
  • Bei klinisch begründetem Verdacht Patienten nicht im Wartebereich aufhalten lassen, sondern möglichst gleich in der Notaufnahme bzw. im Untersuchungszimmer isolieren und die Verlegung in Isolierzimmer zur Weiterbehandlung organisieren

  • Unterbringung im Einzelzimmer und Kontaktisolierung plus Tröpfchenschutzmaßnahmen schon bei Verdacht

  • Bei gesichertem Nachweis bei verschiedenen Patienten können diese auch zusammen isoliert werden (Kohortenisolierung ).

  • Der Patient sollte das Zimmer nicht unnötig verlassen.

  • Zimmer kennzeichnen, z. B. „Vor Eintritt bitte beim Personal melden“

14.7.2.1 Maßnahmen bei Verstorbenen
  • Keine über die Standardhygiene hinausgehenden Maßnahmen erforderlich

14.7.2.1 Besucher
  • Einweisung in die Händehygiene und den Umgang mit erforderlicher persönlicher Schutzausrüstung

  • Enge Kontaktpersonen mit erhöhtem Risiko der Virusübertragung auf Risikogruppen mit erhöhter Infektionsgefährdung (chronische Krankheiten der Lunge, nicht kompensierte Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz, angeborene oder erworbene Immunschwäche bzw. Immunsuppression, Schwangerschaft, Frühgeborene, Säuglinge, Kleinkinder) müssen bei „grippalen“ Beschwerden umgehend ihren Hausarzt informieren und zu Hause bleiben.

  • Besucherverkehr so gering wie möglich halten

  • Besucher sollten nach Verlassen des Isolierzimmers keine Gemeinschaftseinrichtungen (Cafeteria) oder andere Patienten im Klinikum aufsuchen.

14.7.2.1 Transport und Verlegung
  • Transporte erfolgen unter den Schutzmaßnahmen für durch Tröpfchen übertragbare Erkrankungen.

  • Der Patient sollte beim Verlassen des Isolierzimmers eine chirurgische Maske oder bei Bedarf eine Sauerstoffmaske tragen.

14.7.2.1 Pflegeutensilien/Medizinprodukte
  • Pflegeutensilien, Geräte und Medizinprodukte (Stethoskope, RR-Manschetten etc.) sind patientenbezogen zu verwenden.

  • Thermische Aufbereitung gemäß Herstellerangaben

14.7.2.1 Geschirr
  • Geschirr direkt in den Tablettwagen schieben und nicht offen außerhalb des Zimmers zwischenlagern (geschlossener Transport)

  • Aufbereitung ohne Vorbehandlung wie üblich in der Spülmaschine

14.7.2.1 Wäsche
  • Normale Krankenhauswäsche

14.7.2.1 Abfall
  • Normaler Abfall (AS 18 01 04)

  • Nach Abtransport der geschlossenen Säcke sofort die Hände desinfizieren.

14.7.2.1 Flächendesinfektion
  • Sofortige gezielte Flächendesinfektion bei sichtbarer Kontamination von Flächen oder Gegenständen, insbesondere mit respiratorischem Sekret

  • Laufende Desinfektion der patientennahen Flächen und häufig berührter Flächen, wie z. B. Türklinken

14.7.2.1 Besonderheiten bei/nach Verlegung
  • Die Aufhebung der Isolierung und der Isolierungsmaßnahmen erfolgt nach Beendigung der Symptomatik, in der Regel 5 Tage nach Beginn der Symptome.

  • Schlussdesinfektion der zugänglichen Flächen des Patientenzimmers einschließlich des Fußbodens nach Aufhebung der Isolierung, nach Verlegung oder Entlassung des Patienten. Besonders wichtig sind Oberflächen mit häufigem Handkontakt (Bettgitter, Nachttisch, Tisch, Stühle sowie Tür- und Schrankgriffe).

14.7.2.2 Hygiene beim Personal

  • Möglichst keine Patientenbetreuung durch nicht immunes Personal

  • Jährliche Schutzimpfung gegen saisonale Influenza nach STIKO

  • Mund-Nasen-Schutz (chirurgische Maske, FFP 1) während der Dauer der Ansteckungsfähigkeit (auch bei Verdachtsfällen in den Aufnahmebereichen)

  • Verwendung einer FFP-2-Maske (oder höherwertig) und Schutzbrille bei aerosolprovozierenden Tätigkeiten, wie z. B. Bronchoskopie, Intubation, Reanimation, endotracheales Absaugen, Sputuminduktion

  • Handschuhe, Schutzkittel und Schutzbrille, wenn Kontakt mit infektiösem Material möglich ist

  • Wenn möglich Abstand von >1 m zu Personen mit Infektionen der oberen Atemwege halten (d. h. „Face-to-Face-Kontakt“ vermeiden).

  • Asymptomatische Mitarbeiter können nach ungeschütztem Kontakt zu einem Influenzapatienten unter strikter Beachtung der Standardhygienemaßnahmen weiter in der direkten Patientenversorgung in Nichtrisikobereichen tätig sein. Entscheidung im Einzelfall gemeinsam mit der Krankenhaushygiene in Abhängigkeit vom Ausmaß der Exposition. Wichtig sind das Erkennen von Symptomen und das unverzügliche Fernbleiben bei den ersten Krankheitsanzeichen. Kranke Mitarbeiter müssen zu Hause bleiben.

  • Prä- oder postexpositionelle Anwendung antiviraler Mittel, z. B. wenn keine wirksame Impfung zur Verfügung steht, nur in speziellen Situationen (Pandemiefall mit pathogenem Stamm, Ausbruchssituationen) nach Anordnung des Pandemiestabs bzw. im Einzelfall durch den Betriebsarzt

14.8 Tuberkulose

Bei den Tuberkuloserregern handelt es sich um aerobe unbewegliche stäbchenförmige, säurefeste Bakterien der Gattung Mycobacterium. Für den Menschen sind mehrere Spezies pathogen:

  • Mycobacterium tuberculosis (am häufigsten)

  • M. bovis

  • M. africanum

  • M. microti

  • M. canetti

  • M. pinepedii

Die Tuberkulose (Tbc) wird fast ausschließlich von Mensch zu Mensch übertragen. Die Primärinfektion verläuft in der Regel asymptomatisch und findet zu 80 % in der Lunge statt, sie kann aber jedes Organ befallen und ist nicht infektiös. Etwa 6 Wochen nach der Infektion wird der THT-Test (Tuberkulinhauttest nach Mendel-Mantoux) positiv. In seltenen Fällen kann die Reaktion auch ausbleiben.

Eine Infektion ist nicht gleichbedeutend mit einer manifesten Tbc-Erkrankung, die sich nur bei ca. 5–10 % aller infizierten Personen durch eine endogene (Re-)Aktivierung der seit der Primärinfektion ruhenden Erreger entwickelt. In den meisten Fällen gelingt es dem Organismus, die Tuberkulosebakterien erfolgreich zu bekämpfen oder sie abzukapseln und damit die Infektion dauerhaft einzugrenzen (latente tuberkulöse Infektion, LTBI ).

Exogene Reinfektionen (Zweitinfektion nach Verschwinden der Tuberkulinhautreaktion bei Personen mit normaler Abwehrlage) oder Superinfektionen (zusätzliche Infektion mit einem anderen Stamm von M. tuberculosis) sind selten.

14.8 Infektiosität

Die Lungentuberkulose zählt nicht zu den hochinfektiösen Erkrankungen, obwohl sie fast ausschließlich aerogen über Inhalation kleinster Tröpfchenkerne (= Aerosole <5 µm) übertragen wird.

Für M. bovis sind neben dem Menschen auch das Rind und andere Wildtiere das Reservoir. Eine Ansteckung durch den Verzehr nicht pasteurisierter Milch erkrankter Rinder ist möglich. Der Rinderbestand in Mitteleuropa ist allerdings weitestgehend tuberkulosefrei.

Das größte Infektionsrisiko geht von unbehandelten Patienten mit offener Tuberkulose der Atemwege (Lunge, Bronchien, Kehlkopf) durch Freisetzung bedeutsamer Mengen an Erregern beim Husten und Niesen aus.

Die meisten Infektionen erfolgen in der „Verdachtsphase“ der Erkrankung – daher müssen schon bei Verdacht entsprechende Schutzmaßnahmen eingeleitet werden.

Bei offener Tuberkulose der Atemwege nimmt man an, dass bei alleinigem kulturellem Nachweis der Erreger im Sputum eine geringe Infektiosität und bei mikroskopischem Nachweis der Erreger eine hohe Infektiosität besteht. Unter wirksamer Therapie sind die meist Patienten nach 2–3 Wochen nicht mehr infektiös.

Hat eine Sedimentation der erregerhaltigen Aerosole auf Oberflächen stattgefunden, werden die Erreger nicht mehr resuspendiert, und es besteht keine Infektiosität.

14.8 Gefährdete Kontaktpersonen

Die Infektiosität im Rahmen der aerogenen Übertragung und das individuelle Erkrankungsrisiko von Kontaktpersonen ist im Wesentlichen abhängig von:

  • Zahl und Virulenz der freigesetzten Erreger durch die infizierte Person

  • Dauer der Exposition gegenüber den Erregern

  • Enge des Kontakts mit der infizierten Person

  • Empfänglichkeit/Immunkompetenz der Kontaktperson

Nach Kontakt mit einem Patienten, bei dem erst nach Aufnahme der Verdacht bzw. der Nachweis einer offenen Lungentuberkulose erfolgt, werden die Kontaktpersonen (Personal und Mitpatienten) ermittelt und in Abhängigkeit vom Infektionsrisiko und der kumulativen Kontaktzeit die erforderlichen Maßnahmen eingeleitet, z. B. Mendel-Mantoux-Test (frühestens 6 Wochen nach letzter Exposition), Quantiferon®-Test und ggf. Röntgenaufnahme. Bei entsprechenden Befunden wird die Indikation zur Antibiotikaprophylaxe gestellt.

Beim Quantiferon ® -Test handelt es sich um die Bestimmung der Freisetzung von γ-Interferon durch in vitro stimulierte T-Lymphozyten (IGRA) in einer Blutuntersuchung, die schneller und diagnostisch sicherer durchzuführen ist als der Hauttest. Allerdings kann auch dieser Test nicht zwischen einer latenten Infektion und einer manifesten Erkrankung unterscheiden, sondern zeigt lediglich die immunologische Auseinandersetzung mit dem Erreger an.

Das Gesundheitsamt koordiniert die entsprechenden Untersuchungen im Umfeld des Erkrankten (Umgebungsuntersuchung). Ein Algorithmus für das Vorgehen findet sich in den Empfehlungen des Deutsche Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK) zur Infektionsprävention bei Tuberkulose (Ziegler 2012).

Als Schwellenwerte für die kumulative Kontaktzeit werden angegeben:

  • Bei mikroskopischem Nachweis: 8 h Kontakt im gleichen Raum

  • Bei kulturellem Nachweis: 40 h Kontakt im gleichen Raum

Als gefährdete Kontaktpersonen gelten unabhängig von der kumulativen Kontaktzeit solche mit intensivem, ungeschütztem Kontakt mit respiratorischem Material (z. B. medizinisches Personal bei Bronchoskopie, sputuminduzierenden Maßnahmen, Absaugen, Reanimation, Intubation etc.).

Bei positivem Testergebnis nach Exposition (Serokonversion) kann eine Chemoprophylaxe (z. B. mit Isoniazid für 6 Monate) sinnvoll sein. Die individuelle Indikationsstellung erfolgt interdisziplinär zwischen Gesundheitsamt, Betriebsarzt bzw. behandelndem Arzt. Detailiierte Informationen zur Chemoprophylaxe finden sich in den „Empfehlungen zur Therapie, Chemoprävention und Chemoprophylaxe der Tuberkulose im Erwachsenen- und Kindesalter“ des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK) und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) (Schaberg 2012).

Besonders anfällig sind kleine Kinder, die zudem schwere generalisierte Krankheitsverläufe entwickeln können.

14.8 Meldepflicht

Nach IfSG § 6 Abs. 1 sind die Erkrankung und der Tod namentlich meldepflichtig, auch wenn ein bakteriologischer Nachweis nicht vorliegt. Praktisch muss also jede begonnene antituberkulöse Therapie gemeldet werden. Als Besonderheit erfolgt die namentliche Meldung einschließlich Geburtsland und Staatsangehörigkeit. Ferner ist der Abbruch einer Behandlung meldepflichtig (Arztmeldepflichten).

Für das Labor besteht Meldepflicht beim direkten Erregernachweis. Vorab ist schon der Nachweis säurefester Stäbchen im Sputum an das zuständige Gesundheitsamt zu melden (Labormeldepflicht).

Nach § 34 IfSG dürfen Personen, die an ansteckungsfähiger Tuberkulose erkrankt sind oder in Verdacht stehen, erkrankt zu sein, in Gemeinschaftseinrichtungen keine Lehr-, Erziehungs-, Pflege-, Aufsichts- oder sonstigen Tätigkeiten ausüben.

14.8 Inzidenz und Risikofaktoren

Laut RKI (2013) hat sich der in Deutschland langjährig beobachtete rückläufige Trend seit 2009 verlangsamt. Im Jahr 2010 wurden 4.330 Neuerkrankungen an aktiver Tuberkulose gemeldet, was einer Inzidenz von 5,3 Erkrankten pro 100.000 Einwohnern entspricht (2009: 4.419 Neuerkrankungen, Inzidenz: 5,4). Es unterliegen insbesondere Personen mit Risikofaktoren einem höheren Tuberkuloseinfektions- und -erkrankungsrisiko. Besonders gefährdet sind:

  • Enge Kontaktpersonen von an offener (d. h. infektiöser) Tuberkulose Erkrankten

  • Personen mit einer unzureichend behandelten früheren Tuberkulose

  • HIV-Infizierte bzw. Personen mit anderen Krankheiten oder Behandlungen, die zu einer relevanten Schwächung des Immunsystems führen, z. B. bei Einnahme von TNF-α-Inhibitoren

  • Faktoren wie Drogenabhängigkeit, Obdachlosigkeit und Armut stellen typische Risikofaktoren für eine Tuberkulose dar.

  • Die Tuberkuloseraten sind darüber hinaus besonders hoch bei Migranten aus Ländern, in denen die Tuberkulose noch sehr häufig ist.

Auf Europa entfallen schätzungsweise 5 % aller weltweit auftretenden Tuberkuloseneuerkrankungen (durchschnittliche Inzidenz der europaweit erfassten Fälle: 42/100.000 Einwohner im Jahr 2010), wobei deutliche regionale Unterschiede vorhanden sind und ein ausgeprägter Ost-West-Gradient erkennbar ist. So lag die durchschnittliche Inzidenz in den westeuropäischen Ländern unter 15 Erkrankungen/100.000 Einwohnern, in den Balkanstaaten bei etwa 20 und in Osteuropa bei über 100 (Angaben für 2010). Insbesondere in den Neuen Unabhängigen Staaten (NUS) ist die Situation problematisch, auch hinsichtlich der Resistenzsituation (RKI 2013).

14.8 Resistenzen

Von Einfachresistenz („single drug resistence“, SDR) wird bei Vorliegen einer Resistenz gegen eines der 5 Erstrangmedikamente gesprochen:

  • Isoniazid (INH)

  • Rifampicin (RMP)

  • Ethambutoln (EMB)

  • Pyrazinamid (PZA)

  • Streptomycin (SM)

Multiresistenz („multi drug resistence“, MDR) liegt bei einer Resistenz gegenüber Isoniazid und Rifampicin vor und eine extreme Resistenz („extrem drug resistence“, XDR) bei MDR-Charakteristika plus mindestens 3 Resistenzen gegenüber Zweitrangmedikamenten (Aminoglykoside, Polypeptide, Fluorchinolone, Thioamine, Cycloserin, Paraaminosalicylsäure).

Bei den in Deutschland nachgewiesenen Erkrankungen werden ca. 1,7 % durch MDR und lediglich Einzelfälle (häufig importiert) durch XDR-Mykobakterien verursacht (RKI 2012).

Es sollte stets eine Resistenztestung durchgeführt werden (bei Erstkultur und bei Folgekulturen). Die Behandlung von MDR- und XDR-Tuberkulosen sollte an spezialisierten Zentren erfolgen.

14.8.1 Praktische Hygienemaßnahmen

Die folgenden Hygienemaßnahmen gelten sowohl im Verdachtsfall als auch bei Nachweis einer offenen Lungentuberkulose.

14.8.1.1 Hygiene beim Patienten

14.8.1.1 Anleitung des Patienten
  • Unterweisung des Patienten im Tragen der FFP-1-Maske und im richtigen Niesen und Schnäuzen

  • Patienten auch im Isolierzimmer dazu anhalten, in Anwesenheit von dritten Personen beim Husten und Niesen den Mund und die Nase mit einem Tuch zu bedecken

  • Beim Verlassen des Isolierzimmers sollte der Patient einen Mund-Nasen-Schutz anlegen (chirurgische Maske entsprechend FFP 1 ausreichend).

  • Keinesfalls darf ein Patient mit offener Tuberkulose eine Maske mit Ausatemventil tragen.

14.8.1.1 Unterbringung des Patienten
  • Patienten mit offener oder Verdacht auf offene Tbc sind nach den Regeln für luftübertragbare Erkrankungen zu isolieren.

  • Keine Kohortenisolierung wegen der Gefahr der Superinfektion, sondern Einzelzimmerisolierung

  • Patienten sollten während der Isolierung das Zimmer möglichst nicht verlassen. Diagnostische und therapeutische Maßnahmen sollten im Zimmer stattfinden.

  • Die Zimmer sollten häufig durch das Fenster nach außen gelüftet werden, bei zum Stationsflur geschlossener Zimmertür.

  • Raumlufttechnische Anlage :

    • Bei Überdruckbelüftung im Zimmer muss durch die Technik auf Unterdruckbetrieb umgestellt werden. Ist dies nicht möglich, muss die Klimaanlage abgeschaltet und Fensterlüftung mehrmals täglich durchgeführt werden, da im Überdruckbetrieb die potenziell erregerhaltige Luft aus dem Zimmer in den Flur transportiert wird.

    • Bei Unterdruckbetrieb muss eine sichere Filterung der Abluft (HEPA, Abschn. 5.6) gewährleistet sein.

  • Hustenprovozierende bzw. aerosolerzeugende Maßnahmen und Eingriffe sollen in geschlossenen Räumen stattfinden, die nach dem Rücktransport des Patienten nach außen gelüftet werden. Der Rücktransport des Patienten soll erst dann erfolgen, wenn sich der Husten gelegt hat.

  • Nach einer Narkose soll ein Tuberkulosepatient in einem getrennten Raum überwacht werden.

  • Bei Patienten mit einer sezernierenden Tuberkulose außerhalb der Atemwege sind Standardhygienemaßnahmen (Handschuhe, Schutzkittel) erforderlich. Eine Einzelzimmerisolierung ist nur nötig, wenn ein spezifisches Streupotenzial (z. B. offene Wunde bei Patienten mit eingeschränkter Compliance) besteht oder z. B. offene Spülungen der Wunden mit der Möglichkeit der Freisetzung größerer Mengen infektiöser Aerosole erfolgen.

14.8.1.1 Maßnahmen bei Verstorbenen
  • Bei der Autopsie müssen FFP-2-Maske, Schutzkittel und Handschuhe getragen werden.

  • Aerosolerzeugende Maßnahmen vermeiden.

  • Anschließend gründlich lüften

  • Bei Manipulationen wie Waschen, Ankleiden und Umlagern wegen der Gefahr der passiven Exspiration des Toten Tragen einer FFP-2-Maske durch den Bestatter

14.8.1.1 Besucher
  • Wenige nahestehende Personen zulassen und über Isolierung und Infektionsrisiko aufklären

  • Höherwertiger Mund-Nasen-Schutz sollte getragen werden (FFP-2-Maske).

  • Anleitung durch das Stationspersonal zum korrekten Anlegen der Maske

14.8.1.1 Transport und Verlegung
  • Es gelten die Regeln eines Transports bei luftübertragbaren Erkrankungen.

14.8.1.1 Pflegeutensilien/Medizinprodukte
  • Thermische Aufbereitung bevorzugen

  • Einmalabsaugsysteme verwenden

14.8.1.1 Geschirr
  • Kann ohne Vorbehandlung in der Spülmaschine aufbereitet werden

14.8.1.1 Wäsche
  • Die massiv mit infektiösem Material (Sputum oder erregerhaltiges Sekret) kontaminierte Wäsche wird als infektiöse Wäsche getrennt gesammelt, in die Wäscherei transportiert und separat gewaschen.

14.8.1.1 Abfall
  • Nur der massiv mit infektiösem Material (Sputum, erregerhaltiges Sekret) kontaminierte Abfall (AS 18 01 03) wird getrennt gesammelt und entsprechend entsorgt.

14.8.1.1 Flächendesinfektion
  • Bei sichtbarer Kontamination mit Sputum oder anderen potenziell infektiösen Sekreten ist eine sofortige gezielte Wischdesinfektion mit einem tuberkuloziden Präparat erforderlich.

  • Die laufenden Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen richten sich im Umfang nach den Vorgaben der Standardhygiene.

14.8.1.1 Aufhebung der Isolierungsmaßnahmen
  • Wenn 2–3 Wochen nach Beginn einer effektiven Therapie (deutliche klinische Besserung, kein Husten mehr) 3 an verschiedenen Tagen abgenommene Sputumproben bzw. alternativ Magensaftproben mikroskopisch negativ sind (bei zuvor positivem Nachweis), können die Isolierungsmaßnahmen in der Regel aufgehoben werden.

  • Zu beachten ist aber, dass für Mitpatienten mit deutlicher Einschränkung der zellulären Abwehr (HIV mit niedrigen T-Helfer-Zellen, Rheumapatienten unter TNF-α-Blockern) oder bei Neutropenie weiterhin ein Infektionsrisiko bestehen kann, sodass diese nicht gemeinsam mit einem Tbc-Kranken untergebracht werden sollten.

  • Die Isolierungsmaßnahmen sollten bei MDR- oder XDR-Tuberkulose für die Dauer des stationären Aufenthalts bestehen bleiben.

14.8.1.2 Hygiene beim Personal

  • Betreuung von Tbc-Patienten durch wenige, wenn möglich tuberkulinpositive, immunkompetente Beschäftigte

  • Betreten des Isolierzimmers immer mit FFP-2-Maske

  • Bei hustenprovozierenden bzw. aerosolerzeugenden Maßnahmen und Eingriffen sollte das Personal einen höherwertigen Mund-Nasen-Schutz tragen (FFP-3-Maske mit Ausatemventil).

  • Es sollten verschiedene Größen von FFP-2- und -3-Masken zur Verfügung stehen und ggf. bei Bartträgern oder anatomischen Besonderheiten des Trägers ein „Fit-Testing“ zur Überprüfung des dichten Sitzes des Maskentyps erfolgen.

  • Bei beatmeten Intensivpatienten kann unter folgenden Voraussetzungen auf das ständige Tragen einer FFP-2-Maske bei kurzfristigem Aufenthalt im Raum verzichtet werden:

    • Verwendung eines geschlossenen Absaugsystems

    • Schutz des Beatmungssystems vor akzidenteller Diskonnektion

    • Patientennaher bakteriendichter Filter (z. B. HME-Filter [„heat moisture exchanger“] mit Filtrationsrate von 99,999 %)

    • Exspirationsschenkel mit gerätenahem bakteriendichtem Filter

  • Außerhalb geschlossener Räume, z. B. beim Patiententransport im Freien, kann vom Tragen von höherwertigem Mund-Nasen-Schutz abgesehen werden, sofern der Patient eine chirurgische Maske angelegt hat.

  • Der Gebrauch weiterer persönlicher Schutzausrüstung (PSA) richtet sich nach den Regeln der Standardhygiene.

14.9 Meningokokken

Meningokokken (Neisseria meningitidis ) sind gramnegative intrazelluläre Diplokokken. Der Mensch ist das einzige Reservoir, und 10 % der Bevölkerung (je nach Altersgruppe bis zu 30 %) sind gesunde Träger von meist apathogenen, nicht invasiven Meningokokken im Nasen-Rachen-Raum. Es sind 13 Sero- bzw. Kapseltypen bekannt, aber nur 5 mit Infektionen assoziiert (A, B, C, W135 und Y). Außerhalb des Körpers sterben die Erreger gewöhnlich rasch ab, sodass für eine Infektion ein enger Kontakt mit direkter Übertragung von oropharyngealen Sekreten von einem Keimträger oder einem Erkrankten erforderlich ist.

Meningokokkenerkrankungen treten weltweit auf. In den westlichen Industrieländern kommen in der Regel nur Einzelerkrankungen, gehäuft im Winter und im Frühjahr, oder kleinere Ausbrüche vor. Im nordafrikanischen „Meningitisgürtel“ südlich der Sahara und in Asien sind epidemische Infektionen durch Meningokokken der Serogruppe A, aber auch C, W135 und Y bekannt.

14.9 Symptome

Die Erkrankung beginnt nach einer Inkubationszeit von 3–4 Tagen (Variabilität: 2–10 Tage) mit uncharakteristischen Beschwerden im Nasen-Rachen-Raum und plötzlich auftretenden unspezifischen Symptomen wie Kopfschmerzen, Fieber, Schüttelfrost, Schwindel und schwerstem Krankheitsgefühl. Typisch sind petechiale Exantheme, großflächige Hauteinblutungen oder ein makulopapulöses Exanthem. Die für die Meningitis charakteristische Nackensteifigkeit kann fehlen. Bei Säuglingen und Kleinkindern sind die Symptome oft weniger charakteristisch. Primäre Manifestation kann auch ein Waterhouse-Friderichsen-Syndrom sein.

14.9 Meningokokkenimpfung

Derzeit gibt es einen Polysaccharidimpfstoff gegen die Serogruppen A, C, Y, W135, einen konjugierten Meningokokken-C-Impfstoff und einen tetravalenten Konjugatimpfstoff (A, C, W135, Y).

Die STIKO empfiehlt die Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe C für alle Kinder im 2. Lebensjahr zum frühestmöglichen Zeitpunkt sowie für alle nicht geimpften Kinder jenseits des 2. Lebensjahres zur Schließung von Impflücken. Die Impfindikation der STIKO für die Serogruppen A, C, W 135 und Y mit tetravalentem, konjugiertem Impfstoff gilt außerdem für die folgenden Risikogruppen (frühestens ab dem 1. Lebensjahr, ansonsten Polysaccharidimpfstoff nach Herstellerangaben verwenden):

  • Personen mit angeborenen oder erworbenen Immundefekten mit T- und/oder B-zellulärer Restfunktion, insbesondere Komplementdefekten, Hypogammaglobulinämie, funktioneller und anatomischer Asplenie

  • Gefährdetes Laborpersonal

  • Reisende in epidemische/hyperendemische Länder, besonders bei engem Kontakt zur einheimischen Bevölkerung

  • Vor Pilgerreisen nach Mekka (Hadj)

  • Schüler/Studenten vor Langzeitaufenthalten in Ländern mit empfohlener allgemeiner Impfung für Jugendliche oder selektiver Impfung für Schüler/Studenten (z. B. USA)

  • Personen im Umfeld bestimmter Ausbrüche oder bei regional gehäuftem Auftreten auf Empfehlung der Gesundheitsbehörden

  • Bisher ungeimpfte Haushaltskontaktpersonen eines Erkrankten mit einer impfpräventablen invasiven Meningokokkeninfektion, so bald wie möglich nach dem Kontakt (zusätzlich zur Chemoprophylaxe).

14.9 Kontagiosität/Infektiosität

Die Übertragung der Erreger erfolgt durch Sekrettröpfchen aus dem Nasen-Rachen-Raum bei sehr engem körperlichem Kontakt („face to face“) oder mit dem Hustenstoß innerhalb von 1–2 m.

Die Dauer der Ansteckungsfähigkeit beträgt ca. 7 Tage vor Ausbruch der Erkrankung bis 24 h nach Therapiebeginn. Hierdurch werden die Dauer der Kontaktisolierung des Patienten und das Ausmaß der Umgebungsuntersuchungen (Suche nach engen Kontaktpersonen im möglichen Übertragungszeitraum) festgelegt.

14.9 Meldepflicht

Es besteht Meldepflicht bei:

  • Krankheitsverdacht, Erkrankung und Tod an Meningokokkenmeningitis oder -sepsis (namentlich, Arztmeldepflicht)

  • Der Labornachweis von Neisseria meningitidis aus Liquor, Blut, hämorrhagischen Hautinfiltraten und anderen normalerweise sterilen Körperflüssigkeiten ist namentlich an das Gesundheitsamt zu melden, wenn er auf eine akute Infektion hinweist (Labormeldepflicht).

  • Leiter von Gemeinschaftseinrichtungen sind verpflichtet, das zuständige Gesundheitsamt unverzüglich über das zur Kenntnis gelangte Auftreten zu benachrichtigen und dazu krankheits- und personenbezogene Angaben zu machen (IfSG § 34).

14.9 Postexpositionsprophylaxe

Die Indikation zur Postexpositionsprophylaxe richtet sich nach der Art des Kontakts.

  • Medizinisches Personal mit direktem Kontakt mit Speichel oder respiratorischem Sekret, z. B. direktes Anhusten durch Patienten, Reanimation, Absaugen, Intubation, Diskonnektion des Tubus, Bronchoskopie, Mundpflege (jeweils ohne Mundschutz und ohne geschlossene Absaugsysteme)

  • Alle Haushaltsmitglieder und enge Kontaktpersonen aus Gemeinschaftseinrichtungen mit haushaltsähnlichem Charakter (Kindergarten, Schule, Internat, Kaserne, Gefängnis etc.) in den letzten 7 Tagen vor Ausbruch der Erkrankung

  • Sehr enger Personenkontakt (ähnlich wie Haushaltskontakt: z. B. Sitznachbar im Flugzeug) in den letzten 7 Tagen vor Ausbruch der Erkrankung

Die Antibiotikaprophylaxe mit Rifampicin , Ciprofloxacin oder Ceftriaxon sollte möglichst innerhalb der ersten 24 h nach Exposition verabreicht werden.

Sie ist nicht erforderlich bei kurzem (ungeschütztem) Aufenthalt mit einem Abstand >1 m im selben Raum mit dem Patienten.

Tipp

Gerade in Kliniken nehmen häufig viel zu viele Personen eine Antibiotikaprophylaxe ein, selbst wenn sie keinen direkten Patientenkontakt hatten, sondern diesen beispielsweise nur in der Notaufnahme oder vom Schwesternstützpunkt aus sicherer Entfernung gesehen haben.

14.9.1 Praktische Hygienemaßnahmen

14.9.1.1 Hygiene beim Patienten

14.9.1.1 Anleitung des Patienten
  • Anleitung zur Händehygiene

  • Einweisung ins richtige Niesen und Husten.

14.9.1.1 Unterbringung des Patienten
  • Einzelzimmerunterbringung des Patienten während der Dauer der Ansteckungsfähigkeit (bis 24 h nach Beginn einer wirksamen Antibiotikatherapie)

  • Zimmer kennzeichnen, z. B. „Vor Eintritt bitte beim Personal melden“

14.9.1.1 Maßnahmen bei Verstorbenen
  • Keine über die Standardhygiene hinausgehenden Maßnahmen erforderlich

14.9.1.1 Besucher
  • Besucher über die Kontagiosität der Erkrankung, über die infektiösen Materialien und die Übertragungswege (Kontakt mit respiratorischen Sekreten, Tröpfcheninfektion) informieren

  • Einweisung in die Händedesinfektion

  • Tragen von Mund-Nasen-Schutz beim Betreten des Zimmers während der Tröpfchenschutzisolierung

  • Weitere persönliche Schutzausrüstung bei möglichem Kontakt mit infektiösem Material.

14.9.1.1 Transport und Verlegung
  • In den ersten 24 h der Erkrankung sollten nur medizinisch dringlich indizierte Transporte durchgeführt werden.

  • Beim Transport sind die Tröpfchenschutzmaßnahmen zu beachten.

14.9.1.1 Pflegeutensilien/Medizinprodukte
  • Keine besonderen Maßnahmen erforderlich

14.9.1.1 Geschirr
  • Keine besonderen Maßnahmen erforderlich

14.9.1.1 Wäsche
  • Keine besonderen Maßnahmen erforderlich

14.9.1.1 Abfall
  • Normaler Abfall (AS 18 01 04)

14.9.1.1 Flächendesinfektion
  • Laufende Desinfektion während der Tröpfchenschutzisolierung mit hausüblichem Flächendesinfektionsmittel.

14.9.1.1 Besonderheiten bei/nach Verlegung
  • Die Tröpfchenschutzisolierung kann 24 h nach Beginn einer effektiven Antibiotikatherapie aufgehoben werden.

  • Es erfolgt eine normale Zimmerreinigung und Desinfektion patientennaher Flächen nach Entlassung des Patienten.

14.9.1.2 Hygiene beim Personal

  • Konsequente Anwendung der Standardhygienemaßnahmen, insbesondere der Händedesinfektion

  • Mund-Nasen-Schutz (chirurgische Maske, FFP 1) beim Betreten des Zimmers

  • Wenn möglich, Abstand von >1 m zum Patienten halten

  • Einmalhandschuhe und Schutzkittel, wenn Kontakt mit infektiösem Material möglich ist

  • Durchführung der Tröpfchenschutzmaßnahmen bereits im Verdachtsfall.

14.10 Keratoconjunctivitis epidemica

Die klassische Keratoconjunctivitis epidemica (KE) wird durch Adenoviren hervorgerufen. Adenoviren Typ 8 (auch 19 und 37) sind humanpathogene, unbehüllte DNA-Viren aus der Familie der Adenoviridae und sehr umweltresistent. Der Mensch ist das einzige Reservoir. Die Viren können bei Zimmertemperatur über Wochen infektiös bleiben und sind gegenüber manchen üblichen Desinfektionsmitteln resistent oder erst durch längere Einwirkzeit zu inaktivieren.

14.10 Symptome

Die Erkrankung beginnt plötzlich mit Rötung, ringförmiger Bindehautschwellung und präaurikulärer Lymphknotenschwellung, entzündlicher Ptosis, Fremdkörpergefühl, Lichtscheu, Juckreiz und Tränenfluss. Nach etwa einer Woche kann es zu einer Beteiligung der Kornea in Form einer Keratoconjunctivitis superficialis punctata mit Epitheldefekten kommen. Es können feine Hornhautinfiltrate subepithelial in den obersten Stromaschichten auftreten.

In der Regel klingt die Infektion in der zweiten bis vierten Woche ab. Hornhauttrübungen sind noch längere Zeit nachweisbar. Es kommt fast immer zur vollständigen Ausheilung, nur gelegentlich kann sich eine Visusminderung entwickeln. Eine spezifische Therapie gibt es nicht. Die Behandlung erfolgt symptomatisch.

14.10 Kontagiosität/Infektiosität

Gefürchtet ist die KE in Augenarztpraxen und -kliniken wegen ihrer hohen Kontagiosität und dem damit verbundenen Ausbruchspotenzial. Gelegentlich verursachen auch Entero- oder Coxsackie-Viren Ausbrüche von Konjunktivitiden, die im klinischen Bild der KE ähneln. Die Übertragung erfolgt durch direkten oder indirekten Kontakt mit infektiösem Material (Augensekret ), von Person zu Person, nicht jedoch aerogen.

Neben kontaminierten Händen spielen kontaminierte Gegenstände, wie z. B. Handtücher, Instrumente (v. a. Tonometer), kontaminierte Tropfpipetten und Augentropfen , eine große Rolle für die rasche Ausbreitung nosokomialer Infektionen. Eine geringe Zahl von Viruspartikeln ist ausreichend für eine Infektion.

Die Dauer der Ansteckungsfähigkeit ist variabel und besteht, solange das Virus im Sekret nachweisbar ist, d. h. in der Regel während der ersten 2 Wochen der Erkrankung.

14.10 Meldepflicht

Es besteht eine gesetzliche Labormeldepflicht für den direkten Nachweis von Adenoviren im Konjunktivalabstrich (namentlich an das Gesundheitsamt nach § 7 IfSG). In einigen Bundesländern, z. B. Thüringen und Sachsen, ist die epidemische Keratoconjunctivitis auch als klinisches Bild meldepflichtig (Arztmeldepflicht).

Da Ausbrüche nicht selten sind, muss in diesem Zusammenhang an die Ausbruchsmeldepflicht erinnert werden: Dem Gesundheitsamt ist unverzüglich das gehäufte Auftreten nosokomialer Infektionen, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird, als Ausbruch nicht namentlich zu melden (§ 6 IfSG).

Tipp

Bei 2 oder mehr klinischen Fällen von KE Ausbruchsmeldung an das Gesundheitsamt nicht vergessen.

14.10.1 Praktische Hygienemaßnahmen

14.10.1.1 Hygiene beim Patienten

  • Patienten mit Verdacht auf Augeninfektionen durch Aushang auffordern, sich direkt zu melden und bereits am Empfang triagieren

  • Den Patienten direkt ins Untersuchungszimmer bringen, nicht im Wartezimmer warten lassen

  • Pflegeutensilien patientenbezogen einsetzen

  • Medikamente patientenbezogen einsetzen

  • Für Augentropfen möglichst Einzeldosisbehältnisse verwenden

  • Gegenstände, die in die Nähe der Augen kommen, wie z. B. Tonometerhütchen, Spaltlampe etc., gründlich reinigen und viruzid desinfizieren.

14.10.1.1 Anleitung des Patienten
  • Information des Patienten über die Übertragungswege, die von ihm ausgehenden Übertragungsrisiken und die notwendige Vermeidung von Hand-Augen-Kontakt

  • Sorgfältige Händehygiene, um Übertragungen auf Kontaktpersonen (z. B. gleicher Haushalt) zu vermeiden

  • Keine gemeinsame Benutzung von Handtüchern etc.

14.10.1.1 Unterbringung des Patienten
  • Desorientierte Patienten im Krankenhaus sollten möglichst für die Dauer der Erkrankung nach Hause geschickt werden. Bei zwingend notwendiger stationärer Behandlung in einem Einzelzimmer bzw. als Kohorte zusammen mit anderen gleichermaßen betroffenen Patienten versorgen.

  • Zimmer kennzeichnen, z. B. „Vor Eintritt bitte beim Personal melden“

14.10.1.1 Maßnahmen bei Verstorbenen
  • Kontakt mit Tränenflüssigkeit unmittelbar nach dem Tod vermeiden (Handschuhe tragen beim Schließen der Augen)

14.10.1.1 Besucher
  • Besucher informieren über die hohe Kontagiösität der Erkrankung, das infektiöse Material, die Übertragungswege (Kontakt mit Augensekret, Tröpfcheninfektion), die Notwendigkeit der Händehygiene und die Vermeidung von Hand-Augen-Kontakt

  • Zusätzliche persönliche Schutzausrüstung in der Regel nicht erforderlich.

14.10.1.1 Medizinprodukte
  • Sofortige Aufbereitung aller patientenbezogenen Instrumente und Geräte (bevorzugt maschinell-thermische Aufbereitung)

  • Bei manueller Aufbereitung Verwendung eines viruziden Instrumentendesinfektionsmittels

  • Oberflächen von fest installierten Geräten, mit denen der Patient in Berührung gekommen ist (z. B. Kinn- und Stirnstützen von Spaltlampen und die dazugehörigen Griffe), müssen mit einem als viruzid gekennzeichneten Flächendesinfektionsmittel (z. B. auf Basis eines Sauerstoffabspalters oder bei alkoholischen Flächendesinfektionsmitteln mit Ethanolanteil) desinfiziert werden.

14.10.1.1 Geschirr
  • Kann ohne Vorbehandlung wie üblich in der Spülmaschine aufbereitet werden

14.10.1.1 Wäsche
  • Normale Krankenhauswäsche

14.10.1.1 Abfall
  • Normaler Abfall (AS 18 01 04)

  • Nach Abtransport der geschlossenen Säcke sofort die Hände desinfizieren

14.10.1.1 Flächendesinfektion
  • Nur Präparate mit nachgewiesener viruzider Wirksamkeit (Wirkbereich B) verwenden

  • Die Anwendungskonzentration des Flächendesinfektionsmittels richtet sich nach den Angaben des Herstellers.

  • Die Wirksamkeit gegenüber Adenoviren muss durch Gutachten belegt sein.

  • Laufende Desinfektion der patientennahen Flächen inklusive Türklinken; bei Bedarf Ausdehnung auf weitere Flächen.

14.10.1.1 Besonderheiten bei/nach Verlegung
  • Schlussdesinfektion der zugänglichen Flächen des Patientenzimmers einschließlich des Fußbodens nach Aufhebung der Isolierung, nach Verlegung oder Entlassung des Patienten

  • Besonders wichtig sind Oberflächen mit häufigem Handkontakt (Bettgitter, Nachttisch, Tisch, Stühle, Tür- und Schrankgriffe, Handläufe, Telefonhörer usw.).

14.10.1.2 Hygiene beim Personal

  • Konsequente Anwendung der Standardhygienemaßnahmen

  • Hygienische Händedesinfektion vor und nach Patientenkontakt mit einem viruziden Händedesinfektionsmittel

  • Einmalhandschuhe bei der Untersuchung von Patienten mit Verdacht auf bzw. Vorliegen einer infektiösen Augenerkrankung (z. B. augenärztliche Untersuchung) und bei möglichen sonstigen Kontakten mit Augensekret

  • Handschuhe sofort nach der Untersuchung ausziehen und hygienische Händedesinfektion vornehmen

  • PSA wie Schutzkittel, Mund-Nasen- sowie Augenschutz, wenn Kontakt mit infektiösem Material möglich ist (z. B. unkooperativer, dementer Patient)

  • Betroffenes Personal sollte für mindestens 14 Tage zu Hause bleiben.

14.11 Creutzfeldt-Jacob-Krankheit

Die Creutzfeldt-Jacob-Krankheit (CJK ) und ihre neue Variante vCJK sind neurodegenerative Erkrankungen des zentralen Nervensystems aus dem Formenkreis der transmissiblen spongiformen Enzephalopathien (TSE).

Es handelt sich um schwere, progrediente Erkrankungen mit Demenz und zunehmender Pflegebedürftigkeit, Verwirrtheit, Inkontinenz und anderen Krankheitserscheinungen wie Sehstörung. Die Erkrankungen verlaufen stets tödlich. Bisher gibt es keine effektive Therapie.

Histologisch sind Ablagerungen fibrillärer Proteine des ZNS und die spongiforme Enzephalopathie diagnostizierbar. Die vCJK unterscheidet sich klinisch, histopathologisch und infektiologisch von der CJK, da auch lymphatisches Gewebe betroffen ist.

Erreger sind Prionen (infektiöse Proteine, PrP), die aus einem unphysiologischen Konformer des normalen zellmembranständigen Prionproteins (PrPC) bestehen. Das Erregerprotein ist gegenüber üblichen Sterilisations- und v. a. Desinfektionsverfahren weitgehend stabil.

Bei der klassischen CJK gibt es verschiedene Genotypen. Bei der vCJK handelt es sich um einen anderen Subtyp des PrP, der mit dem BSE-Erreger identisch ist.

14.11 Kontagiosität/Infektiosität

Die iatrogene Übertragung der klassischen CJK wurde bisher nur vereinzelt in folgenden Situationen beschrieben:

  • Nicht prionenwirksam aufbereitete Elektroden oder chirurgische Instrumente bei neurochirurgischen Eingriffen

  • Durch Hornhauttransplantation und Tympanoplastiken in der Vergangenheit

  • Unzureichend sterilisierte Dura-mater-Präparate (bis 1987)

  • Wachstumshormon- und Gonadotropinpräparate aus menschlichen Hypophysen (seit 1987 gentechnologische Herstellung).

Voraussetzung für eine Übertragung der Infektion ist die perkutane Inokulation von infektiösem Material. Kein Risiko besteht bei Kontakt mit Blut und Körperflüssigkeiten an der intakten Haut. Das Risiko für Ärzte und Pflegepersonal wird als extrem gering eingeschätzt, da eine gesicherte Übertragung bei dieser Personengruppe und auch bei beruflich größerer Exposition, z. B. in der Pathologie, bisher noch nie beschrieben wurde.

Bei der vCJK liegt eine zoonotische Übertragung von Erregern der bovinen spongiformen Enzephalopathie (BSE) vom Rind auf den Menschen vor. Die orale Übertragung muss im Falle der vCJK-Fälle in England als wahrscheinlich angesehen werden. Die sekundäre Übertragung von Mensch zu Mensch durch Blut und Blutprodukte, Organe und Gewebe oder über kontaminierte chirurgische Instrumente und Medizinprodukte erscheint prinzipiell möglich (Tab. 14.6).

Tab. 14.6 Übersicht über die Gewebeinfektiosität bei Patienten mit CJK/VCJK

14.11 Inkubationszeit

Die Inkubationszeit bei CJK reicht von wenigen Jahren bis zu mehreren Jahrzehnten, abhängig von Aufnahmeweg, Aufnahmedosis und PrP-Genotyp. Bei der iatrogenen CJK sind Zeiten von 12 Monaten bis zu 30 Jahren beschrieben. Für die vCJK können keine genauen Angaben gemacht werden. Die Dauer der Ansteckungsfähigkeit ist bei CJK lebenslang gegeben, bei vCJK besteht eine Infektiosität vermutlich bereits Monate bis Jahre vor dem Auftreten von Symptomen.

14.11 Meldepflicht

Krankheitsverdacht, Erkrankung und Tod an einer humanen spongiformen Enzephalopathie (außer familiär-hereditäre Formen) sind namentlich an das Gesundheitsamt zu melden (Arztmeldepflicht).

14.11.1 Praktische Hygienemaßnahmen

14.11.1.1 Hygiene beim Patienten

14.11.1.1 Unterbringung des Patienten
  • Standardhygienemaßnahmen

14.11.1.1 Maßnahmen bei Verstorbenen
  • Standardhygienemaßnahmen

14.11.1.1 Besucher
  • Standardhygienemaßnahmen

14.11.1.1 Transport und Verlegung
  • Information der Zieleinrichtung

14.11.1.1 Pflegeutensilien/Medizinprodukte
  • Operation bei ausdrücklichem Verdacht auf CJK (gemäß RKI-Empfehlung):

    • Möglichst nur Einwegprodukte verwenden

    • Gebrauchte Einwegprodukte zur Verbrennung geben

    • Wieder verwendbare Gegenstände vorsichtig abwischen, alle sichtbaren Rückstände entfernen

    • Instrumente in Container ablegen, den Container verschließen, verplomben und aufbewahren, bis das Ergebnis der pathologischen Diagnostik vorliegt

      • Bei Bestätigung der Diagnose alle aufbewahrten Instrumente vernichten

      • Bei Ausschluss der Diagnose die aufbewahrten Instrumente nach den üblichen Regeln aufbereiten

  • Endoskopie (notfallmäßiger Einsatz bei bekannter Diagnose):

    • Möglichst Einmalendoskop verwenden

    • Endoskop wie üblich mit Reinigungslösung vorreinigen und zur weiteren Aufbereitung einsenden an: Institut für Neuropathologie, Universität Göttingen, Robert-Koch-Str. 40, 37075 Göttingen (Tel. 0551/392700).

14.11.1.1 Geschirr
  • Kann ohne Vorbehandlung wie üblich in der Spülmaschine aufbereitet werden

14.11.1.1 Wäsche
  • Normale Krankenhauswäsche

14.11.1.1 Abfall
  • Normaler Abfall (AS 18 01 04)

  • ZNS-, Augengewebe und Liquor zum infektiösen Abfall (AS 18 01 03)

14.11.1.1 Flächendesinfektion
  • Spezielle Flächendekontamination (z. B. 2,5 % NaOHCl) nur nach Kontamination mit Liquor oder Hirngewebe

14.11.1.1 Besonderheiten bei/nach Verlegung
  • Standardhygienemaßnahmen

14.11.1.2 Hygiene beim Personal

  • Tragen von zwei Paar Handschuhen, wenn Kontakt mit potenziell infektiösem Material möglich ist (z. B. Neurochirurgie, Lumbalpunktion, Opthalmochirurgie des hinteren Augenabschnitts etc.)

  • Maßnahme bei Kontakt der intakten Haut mit potenziell infektiösem Material: Hände oder die betreffende Körperstelle gründlich mit Wasser und Seife waschen

  • Maßnahmen nach perkutaner Exposition:

    • Nach Stich - oder Schnittverletzungen bei OP an ZNS oder Auge die Wunde zunächst ausgiebig mit Wasser spülen. Hautwunden anschließend für 5–10 min mit 1 N NaOH und danach nochmals gründlich mit Wasser spülen, evtl. chirurgische Exzision der Verletzungswunde

    • Vorstellen beim Betriebsarzt bzw. Durchgangsarzt zur Aufnahme des Arbeitsunfalls.

14.12 Milzbrand

Bacillus anthracis ist ein für die meisten Warmblüter hochpathogenes (Risikogruppe 3), grampositives, aerobes und bekapseltes Stäbchenbakterium aus der Familie der Bacillaceae. Die vegetativen Zellen können sich in widerstandsfähige hitze-, UV- und desinfektionsmittelresistente Sporen umwandeln. Diese können in der Umwelt, etwa im Boden, jahrelang überdauern und wieder zur vegetativen Zelle auskeimen.

Große Aufmerksamkeit hat Anthrax als bioterroristische Waffe durch bewusste Ausbringung in Pulverform gewonnen. Im bioterroristischen Szenario mit hoher Ausgangskeimzahl ist die Abtötung von Bacillus-anthracis-Sporen auch durch die von der WHO empfohlenen Desinfektionsmittel Formaldehyd, Glutardialdehyd, Peressigsäure, Wasserstoffperoxid und Natriumhypochlorit möglicherweise unzureichend.

Die Virulenz der vegetativen Zellen beruht auf der Exotoxinbildung („edema toxin“ [EdTx] und „lethal toxin“ [LeTx]), die für den Verlauf und die Schwere der Erkrankung, für die lokale Ödembildung, die Schädigung der Neutrophilenfunktion und den Gewebeuntergang maßgeblich sind.

Milzbrand beim Menschen ist in Industrienationen sehr selten. Ein gewisses berufsbedingtes Risiko tragen Personen, die Tierhäute und Felle und anderes Tiermaterial verarbeiten, und Beschäftigte in der Tiermedizin , der Land-, Forst- und Jagdwirtschaft, die mit infizierten Tieren in Berührung kommen. Die Postexpositionsprophylaxe wird bei konkretem Verdacht einer Exposition, insbesondere mögliche Inhalation von erregerhaltigem Material, analog dem bioterroristischen Szenario (s. unten) durchgeführt.

Abhängig vom Infektionsweg gibt es drei klinische Erkrankungsformen: Hautmilzbrand (mehr als 95 % der Fälle), Lungenmilzbrand (selten) und Darmmilzbrand (sehr selten). Der Erregernachweis erfolgt mit Mikroskopie, Kultur, PCR oder durch Antigennachweis in der Flüssigkeit der Pustula maligna, im Blut (bei Sepsis), im Stuhl (bei Darmmilzbrand) oder im Sputum (bei Lungenmilzbrand).

14.12 Hautmilzbrand (Pustula maligna )

Es handelt sich um eine rasch fortschreitende Entzündung an der Eindringstelle des Erregers mit einer papulösen, dann vesikulären Hautläsion. Nach 2–6 Tagen entwickelt sich daraus ein hämorrhagisches, schwarz belegtes Ulkus mit umliegendem Ödem (Milzbrandkarbunkel ). Bei gutartigem Verlauf bleibt die Erkrankung lokal, ohne systemische Infektionszeichen und fast ohne Fieber. Durch freigesetzte Exotoxine der Bakterien kann es aber auch zu einem septischen Verlauf kommen mit Fieber, Schüttelfrost, Diarrhö, Hautblutungen, Milzschwellung, Kreislaufstörungen oder Meningitis. Unbehandelt kann Hautmilzbrand in 5–25 % der Fälle tödlich verlaufen. Die Übertragung erfolgt durch direkten Kontakt der vorgeschädigten Haut mit erregerhaltigem tierischem Material.

14.12 Lungenmilzbrand

Der Lungenmilzbrand beginnt plötzlich mit uncharakteristischen Beschwerden einer akuten Atemwegsinfektion, Schüttelfrost, hohem Fieber und unproduktivem Husten. Nach 2–4 Tagen entwickelt sich eine atypische, schwere Bronchopneumonie mit Dyspnoe, Zyanose und blutigem Auswurf. Die Übertragung erfolgt durch Inhalation erreger- und sporenhaltiger Stäube oder Tröpfchenaerosole. Die Infektionsdosis ist mit 8.000–50.000 Keimen pro Person bzw. bis zu 10.000 Sporen relativ hoch.

14.12 Darmmilzbrand

Der Darmmilzbrand ist eine sehr seltene, aggressive und rasch verlaufende Erkrankung mit Erbrechen, blutigem Durchfall und Kreislaufversagen. Die Aufnahme des Erregers erfolgt mit der Nahrung (ungenügend gekochtes Fleisch und Innereien erkrankter Tiere).

Eine direkte Übertragung von Mensch zu Mensch ist praktisch ausgeschlossen und wird nur bei Hautmilzbrand sehr selten beschrieben. Eine Infektion einer großen Zahl an Menschen ist nur möglich, wenn Milzbrandsporen als Aerosol in großer Menge ausgebracht werden.

14.12 Inkubationszeit

Die Inkubationszeit kann wenige Stunden betragen (bei sehr hoher Erregerzahl, z. B. biologischer Angriff) oder 1–7 Tage, gelegentlich auch bis zu 60 Tage (Auskeimen der Sporen aus Mediastinallymphknoten, verzögerter Krankheitsbeginn). Hieraus leitet sich auch die Dauer einer Expositionsprophylaxe ab.

14.12 Meldepflicht

  • Bei Krankheitsverdacht, Erkrankung und Tod an Milzbrand (namentlich, Arztmeldepflicht)

  • Bei direktem und indirektem Labornachweis von B. anthracis (namentlich), soweit die Nachweise auf eine akute Infektion hinweisen (Labormeldepflicht).

14.12.1 Maßnahmen bei exponierten Personen

Bei bioterroristischer Exposition gelten folgende Personen als exponiert

  • Personen, die direkten Kontakt zum verdächtigen Gegenstand hatten

  • Personen, die sich nach dem Öffnen des Gegenstands im selben Raum aufgehalten haben

  • Falls der konkrete Verdacht besteht, dass die Raumluft kontaminiert ist, alle Personen, die sich in Räumen aufgehalten haben, welche vom selben Raumlüftungssystem versorgt werden.

Folgende Maßnahmen werden ergriffen:

  • Gründliches Händewaschen (Sporenreduktion durch Abschwemmeffekt), anschließend Händedesinfektion mit 0,2 % Peressigsäure (Wofasteril® 0,5 %, nach Arzneimittelgesetz für die Händedesinfektion zugelassen), Einwirkzeit 2-mal 1 min

  • Anschließend Flächendesinfektion des Waschbeckens mit sporozidem Präparat

  • Kleidung exponierter Personen bei sichtbarer Kontamination in einem Kunststoffsack asservieren; bestätigt sich der Verdacht, dann als infektiöse Wäsche separat waschen

  • Hochgradig kontaminierte Personen sollen ausgiebig duschen und Haare waschen (mit Wasser und Seife)

  • Risikoabschätzung durch Fachpersonal (Polizei, Feuerwehr, Gesundheitsamt)

  • Gegebenenfalls postexpositionelle Chemoprophylaxe für 60 Tage bzw. bis Verdacht entkräftet:

    • Ciprofloxacin 2-mal 500 mg/Tag (Kinder: 2-mal 10–15 mg kgKG, Cave: normalerweise kontraindiziert) oder

    • Doxycyclin 2-mal 100 mg/Tag (Kinder: 2-mal 2,5 mg kgKG, Cave: normalerweise kontraindiziert) oder

    • Amoxicillin 3-mal 1.000 mg/Tag (Kinder: 3-mal 13 mg kgKG/Tag)

  • Keine Quarantäne erforderlich

  • Bei begründetem Verdacht auf Inhalation eines verdächtigen Materials: Nasenabstrich mit sterilem feuchtem Tupfer (ein Tupfer für beide Nasenlöcher) abnehmen und in Transportmedium überführen

  • Die Patientenproben dürfen nur in Speziallaboratorien der Sicherheitsstufe 3 (BSL 3) untersucht werden.

  • Alle Materialeinsendungen vorher telefonisch anmelden

  • Der Transport von Patientenproben zur Bestätigungsdiagnostik erfolgt nach gefahrguttransportrechtlichen Bestimmungen für „infectious substances“, UN-Gefahrgut Klasse 6.2, Kategorie B (UN 3373) in Dreifachverpackung (flüssigkeitsdichtes Probengefäß, Schutzverpackung und ausreichend starre und feste Umverpackung) und den sonstigen Verpackungsanweisung nach Norm P650

  • Nicht mit sonstigem Klinikmaterial oder Taxi schicken, sondern mit eigens dafür bestimmtem Fahrzeug ohne Umwege direkt in das Labor

  • Ist der mikrobiologische Nachweis aus Patientenmaterial negativ, liegt das Ergebnis in der Regel innerhalb von 48–72 h vor. Wenn eine Prophylaxe begonnen wurde, wird in diesem Fall der Exponierte von den Gesundheitsbehörden bzw. dem behandelnden Arzt sofort benachrichtigt und die Antibiotikaprophylaxe wird abgesetzt.

14.12.2 Praktische Hygienemaßnahmen

14.12.2.1 Hygiene beim Patienten

14.12.2.1 Anleitung des Patienten
  • Information der Patienten insbesondere über das Händewaschen zusätzlich zur Händedesinfektion.

14.12.2.1 Unterbringung des Patienten
  • Standardhygienemaßnahmen

14.12.2.1 Maßnahmen bei Verstorbenen
  • Leichenausscheidungen als infektiös betrachten

  • Verschließbare flüssigkeitsdichte Plastikhülle für den Leichnam einsetzen

  • Bestatter über das Infektionsrisiko aufklären

  • Einmalhandschuhe und Schutzkittel tragen.

14.12.2.1 Besucher
  • Information der Besucher insbesondere über das Händewaschen zusätzlich zur Händedesinfektion.

14.12.2.1 Transport und Verlegung
  • Standardhygienemaßnahmen

14.12.2.1 Pflegeutensilien/Medizinprodukte
  • Standardhygienemaßnahmen

14.12.2.1 Geschirr
  • Kann ohne Vorbehandlung wie üblich in der Spülmaschine aufbereitet werden.

14.12.2.1 Wäsche
  • Normale Krankenhauswäsche

14.12.2.1 Abfall
  • Abfall, der massiv mit infektiösem Material kontaminiert ist (z. B. Verband bei Hautmilzbrand oder Absaugflüssigkeit bei Lungenmilzbrand), wird getrennt gesammelt und als infektiöser Müll (AS 18 01 03) entsorgt.

14.12.2.1 Besonderheiten bei/nach Verlegung
  • Keine

14.12.2.2 Hygiene beim Personal

  • Im Vordergrund steht der Schutz vor Kontamination durch Tragen von Einmalhandschuhen und die hygienische Händedesinfektion nach gründlichem Waschen der Hände mit Seife und Wasser vor und nach Patientenkontakt (Sporenreduktion durch Abschwemmeffekt, alkoholische Händedesinfektionsmittel sind gegen Milzbrandsporen nicht wirksam).

  • Tragen von Schutzkitteln bei direktem Patientenkontakt

  • Tragen von FFP-2-Masken und Schutzbrille beim Absaugen von an Lungenmilzbrand erkrankten Personen (blutiger Auswurf enthält reichlich Milzbrandbazillen)

14.13 Ektoparasiten

14.13.1 Krätze (Scabies)

Verursacher der Krätze sind Grabmilben (Sarcoptes scabiei ). Weibliche Krätzmilben sind 0,3–0,5 mm lang und kaum sichtbar; die männlichen Krätzmilben sind noch deutlich kleiner. Weibliche Krätzmilben leben 4–6 Wochen und produzieren in dieser Zeit 2–4 Eier pro Tag. Aus weniger als 10 % der Eier entstehen adulte Milben. Larven schlüpfen 2–4 Tage nach der Eiablage, fortpflanzungsfähige adulte Milben erscheinen 10–14 Tage später.

14.13 Gewöhnliche Scabies

Es werden 2 Verlaufsformen unterschieden. Bei der gewöhnlichen Scabies kommt es zu geringem Befall (ca. 10–15 Milben pro Gang). Bevorzugte Lokalisationen sind Handgelenke, Interdigitalfalten der Hände, Ellenbeugen, um die Brustwarzen, die Axillar-, Inguinal- und Anogenitalregion sowie der mediale Fußrand. In der Regel bleibt der Kopf (einschließlich des Gesichts) ausgespart. Bei Säuglingen und gelegentlich bei Kleinkindern sind eher Gesicht, behaarte Kopfhaut, Handflächen und/oder Fingerrücken befallen.

Bei einer Erstinfektion sind erst nach 4–5 Wochen klassische Milbengänge erkennbar. Auch erythematöse Papeln, Quaddeln oder verhärtete Knötchen können auftreten. Charakteristisch ist ein nachts durch die Bettwärme verstärkter quälender Juckreiz (allergische Reaktion auf Ausscheidungsprodukte der Milben in der Haut und hohe Milbenvermehrung). Bei einer Folgeinfektion treten Symptome schon nach 1–2 Tagen auf, und es kann als Folge der Sensibilisierung zu generalisierten, ekzematösen Hauterscheinungen kommen, meist um die Brustwarzen und am Handrücken

Tipp

Mit Rasierklingen können verdächtige Hautbereiche abgestreift und mikroskopisch auf Milben bzw. Milbenteile untersucht werden.

14.13 Borken- oder Norwegische Krätze

Bei dieser auch Scabies crustosa oder norvegica genannten Form kommt es zu starkem Befall (einige 1.000 Milben pro Gang) mit Borkenbildung an den Fingern, den Handrücken, der Haut über der Handwurzel und den Ellenbögen sowie zu Fissuren an den Streckflächen der Extremitäten. Nägel können verfärbt, laminiert, verdickt, rau und/oder erweicht sein. Die Borkenkrätze kommt besonders bei immunsupprimierten oder älteren Personen vor und ist wegen der Stärke des Befalls hochkontagiös. Auch eine Übertragung, z. B. durch Kleidung, Bettwäsche, Matratzen, Handtücher, Blutdruckmanschetten etc., ist möglich.

14.13 Therapie

Die Therapie mit insektizidhaltigen Präparaten (z. B. Permethrin ) ist schwierig, weil nicht alle befallenen Bereiche Symptome zeigen und dann nicht lokal behandelt werden. Bewährt hat sich der Einsatz von Ivermectin , es ist in Deutschland zwar beim Menschen nicht zugelassen, kann aber mit Zustimmung des Patienten im Rahmen eines Heilversuchs eingesetzt werden. Die Dosierung beträgt 200 µg/kgKG mit einer Wiederholung nach 8 Tagen. Bei Patienten mit Scabies crustosa werden 5–7 Behandlungen im Abstand von je 8 Tagen empfohlen (RKI 2009).

14.13 Hygienemaßnahmen

Folgende krankenhaushygienische Maßnahmen sind bei der Behandlung der Krätze zu beachten:

  • Strikte Kontaktisolierung im Einzelzimmer auch bei geringem Befall, wenn die Hygienecompliance des Patienten unzureichend ist, sowie bei Norwegischer Krätze

  • Zimmer kennzeichnen, z. B. „Vor Eintritt bitte beim Personal melden“

  • Das Pflegepersonal sollte auf ein Minimum reduziert bzw. falls möglich auf eine Person beschränkt werden. Beim Betreten des Zimmers und bei Patientenkontakt sollten immer Einmalhandschuhe und ein Schutzkittel getragen werden.

  • Keine Sozialkontakte (Händeschütteln) ohne Schutzhandschuhe

  • Flächen und Fußboden im Patientenzimmer täglich reinigen, beim Saugen nur Staubsauger mit HEPA-Filter verwenden

  • Dermatologische Untersuchungen von engen Kontaktpersonen veranlassen

  • Privatwäsche des Patienten in der häuslichen Umgebung bei mindestens 60 °C mit haushaltsüblichem Waschmittel waschen. Kleidung, die nicht bei 60 °C gewaschen werden kann, chemisch reinigen lassen. Wäsche in verschlossenem Plastiksack ist nach 4 Wochen nicht mehr infektiös. Alternativ kann man sie für 24 h in einer fest verschlossenen Box bei –18 °C lagern.

  • Aufhebung der Isolierung und der besonderen Hygienemaßnahmen bei Scabies norvegica mit ärztlicher Entscheidung nach dermatologischer Kontrolluntersuchung nach 14 Tagen

14.13.2 Läuse

Es gibt 3 (Menschen-)Läusearten: Pediculus humanus corporis (Kleiderlaus ), Pediculus humanus capitis (Kopflaus ) und Phthirus pubis (Filzlaus ). Die Menschenläuse sind blutsaugende Parasiten. Die Entwicklungszeit vom Ei (Nisse) über die Larve bzw. Nymphe (1–2 mm groß) bis zur adulten Laus dauert etwa 25 Tage, die adulten Läuse leben etwa 30 Tage. Getrennt vom Wirt können Kopfläuse maximal 3 Tage überleben, da sie relativ rasch austrocknen.

Die Übertragung erfolgt bei Filzläusen durch direkten Haut-/Sexualkontakt und bei Kopfläusen durch Haarkontakt oder durch gemeinsames Nutzen von Gegenständen wie Kämme, Mützen etc.

Das Auftreten von Kopfläusen hat nichts mit Sozialstatus oder Hygienemängeln zu tun, sondern kann insbesondere in Kindergärten oder Schulen jeden treffen.

14.13 Therapie

Zur Behandlung von Kopfläusen werden zugelassene Insektizide (z. B. Allethrin , Pyrethrum oder Permethrin ) nach Herstellerangaben eingesetzt und die Nissen mit einem Nissenkamm täglich ausgekämmt. Gegebenenfalls zum leichteren Kämmen die Haare mit Essigwasser (3 EL/l) oder Pflegespülung vorbehandeln. Die Behandlung mit dem Insektizid sollte nach 8–10 Tagen wiederholt werden.

14.13 Hygienemaßnahmen

Folgende krankenhaushygienische Maßnahmen sind bei Patienten mit Läusebefall zu beachten:

  • Kontaktisolierung im Einzelzimmer bis 24 h nach der Insektizidbehandlung

  • Enge Kontaktpersonen mitbehandeln

  • Tragen von Einmalhandschuhen bei direktem Patientenkontakt

  • Händewaschen nach Patientenkontakt zusätzlich zur Händedesinfektion

  • Privatwäsche des Patienten im häuslichen Bereich bei mindestens 60 °C mit hausüblichem Waschmittel zu Hause waschen lassen. Kleidung, die nicht bei 60 °C gewaschen werden kann, chemisch reinigen lassen oder 3 Tage im verschlossenen Plastiksack belassen, danach normal waschen.

14.13.3 Flöhe

Einen Befall mit Flöhen nennt man Policosis (Polikose ). Der Stich verursacht großflächig Juckreiz. Durch Probebisse oder Störungen durch Kratzen liegen die Bisse oft „perlschnurartig“ hintereinander aufgereiht, sind papulös oder seropapulös, zuweilen mit einer blutigen Stelle in der Mitte des Bisses, was auf Flöhe hindeutet. Die meisten Stiche und Bisse befinden sich an den Extremitäten, am Hals, im Gesicht, der Hüfte und an den Schultern.

Zuweilen hat ein Patient, der zum wiederholten Mal von einem Floh gestochen wird, das Gefühl, dass alte, längst abgeheilte Stiche wieder zu jucken beginnen. Dieses Phänomen wird „Repetieren“ genannt. Differenzialdiagnostisch sind Wanzenbisse zu berücksichtigen; diese befinden sich aber meist am behaarten Kopf oder im Intimbereich.

Folgende Floharten werden unterschieden:

  • Menschenfloh (Pulex iritans )

  • Hundefloh (Ctenocephalides canis )

  • Katzenfloh (Ctenocephalides felis )

  • Rattenfloh (Xenopsylla cheopis )

Flöhe werden in Nest- bzw. Pelzflöhe eingeteilt. Der Menschenfloh ist ein Nestfloh. Er lebt in der Umgebung des Schlafenden in dunklen, trockenen Falten der Bettwäsche und springt auf den Menschen über, um seine Blutmahlzeit einzunehmen. Danach verkriecht er sich wieder in die Bettumgebung. Flöhe sind ortstreu. Für Hunde-, Katzen- und Rattenflöhe stellt der Mensch einen Fehlwirt dar.

Das Hauptreservoir für durch Flöhe übertragbare Krankheiten bilden Nagetiere in den Tropen und Subtropen. Für die Pest liegen die Endemiegebiete in den Südweststaaten der USA, Ecuador, Peru, Tansania, Mosambique, Madagaskar, Russland, Kasachstan, China, Mongolei, Indien und in Vietnam.

Sandflöhe sind in ihrem Vorkommen auf die Tropen beschränkt und kommen in Europa nicht vor. Sie reisen als primär harmlose Hautparasiten in papulonodulären Knötchen in der Fußregion, bevorzugt unter den Zehennägeln (Tungiasis) von Touristen ein, können aber zu sekundären Infektionen führen.

Als Übertragungsweg für Krankheitserreger gilt die Aufnahme während der Injektion verschiedener Substanzen in den Biss- und Stichkanal durch den Floh. Darüberhinaus werden die Erreger vom Floh ausgeschieden und können durch Kratzen oder offene, entzündete Hautareale direkt inkorporiert werden. Ein dritter, sehr seltener, Übertragungsweg gilt für Bandwürmer, die Flöhe zuweilen als Zwischenwirt benutzen. Wird so ein parasitierter Floh verspeist (z. B. von einem Kind), kann es zum Wurmbefall mit Hund-, Katzen- oder Gurkenkernbandwürmern kommen (Dipylidiose).

Ein gründliches Absuchen sowie ein Auskämmen der Harre kann Hinweise auf einen Befall bringen. Falsch-negative Ergebnisse sind jedoch zu erwarten, sodass die Untersuchung bei klinischem Verdacht mehrfach wiederholt werden sollte. Das Zerkrümeln der in der Bettwäsche verteilten, schwärzlichen Flohkotanteile mit der Folge einer Rotverfärbung wegen der noch enthaltenen Blutpartikel kann ebenfalls als Hinweis gewertet werden. Auch am Schlafplatz befallener Haustiere lagern sich die Exkremente der Flöhe ab und erwecken dort den Eindruck von „Salz und Pfeffer“. Dieses Phänomen liefert ebenfalls einen Hinweis auf die Anwesenheit von Flöhen.

14.13.3 Hygienemaßnahmen

Folgende krankenhaushygienische Maßnahmen sind bei Verdacht auf bzw. nachgewiesenem Flohbefall sinnvoll:

  • Duschen/Baden des Patienten und das Waschen seiner Kleidung (60 °C) reichen als Dekontaminationsmaßnahmen aus.

  • Einmalhandschuhe und Schutzkittel bei direktem Patientenkontakt für 48 h nach erster Dekontaminationsdusche

  • Im Krankenhaus Unterbringung im Einzelzimmer bis 48 h nach erster Dekontaminationsdusche

  • Sanierung aller Haustiere mit einem geeigneten Spray, z. B. Imidacloprid, Nitenpyam, Selamecin als sogenanntes „Knock-down-Präparat“. Es gibt auch Kombinationspräparate, die ein Juvenilhormon (Methophren) enthalten, welches die Larvenentwicklung behindert, ebenso Fettsäuren, die zum Ersticken der Tiere führen, sowie Kaliumsalze, die die Eier austrocknen.

  • Auskämmen des Fells befallener Haustiere im Freien

  • Repellenzien/Insektizide, die die Flöhe vom Haustier fernhalten sollen, werden in ihrer Wirksamkeit höchst unterschiedlich eingeschätzt: Flohhalsbänder mit dem Wirkstoff Tetrachlorvinphos sind wirksam, aber lokal begrenzt auf die Kopf-und Halsregion. Häufig raten Tierärzte zu „Spot-on-Präparaten“, d. h. das Mittel wird punktförmig auf die Haut des Haustiers aufgetragen und verteilt sich innerhalb eines Tages auf die Körperoberfläche. Die Präparate enthalten Permethrin oder Fipronil.

Permethrin ist für Katzen hochgiftig und streng kontraindiziert, da Katzen nicht über ein Enzym zur Entgiftung des Wirkstoffs verfügen. Fipronil ist für Hunde und Katzen geeignet, allerdings bienengiftig.

  • Nach Flohbefall von Haustieren wird eine Antibandwurmkur für diese empfohlen.

  • Reinigung aller Textilien, Teppiche und Böden (Staubsaugen)

  • Reinigung aller Schränke und Betten

  • Wärmeentwesung von Häusern und Maschinen mit von der Berufsgenossenschaft geprüftem und empfohlenem Gebläse (50–60 °C) oder Permethrinverneblung, wenn Flohbefall anderweitig nicht beherrschbar.

14.14 Übersicht über erregerspezifische Schutzmaßnahmen

Die verschiedenen Hygienemaßnahmen in Abhängigkeit von den Übertragungswegen der Erreger wurden in Kap. 13 bereits genau dargestellt. In der folgenden an den CDC/HICPAC-Empfehlungen (Siegel 2007) orientierten Übersicht werden sie noch einmal erregerbezogen aufgelistet, um eine schnelle Orientierung im Alltag zu ermöglichen.

Abkürzungen

  • S: „standard precautions“ – Standardhygienemaßnahmen

  • C: „contact precautions“ – Kontaktschutzmaßnahmen

  • D. „droplet precautions“ – Schutzmaßnahmen vor Tröpfcheninfektionen

  • A: „airborne precautions“ – Schutzmaßnahmen vor Übertragungen durch die Luft

  • RG: erregerspezifische Risikogruppe nach TRBA 460, 462, 466

Ebenfalls gelistet sind die erregerspezifischen Risikogruppeneinteilungen nach den einschlägigen Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA), soweit anwendbar. Zu beachten ist, dass sich davon abgeleitete Schutzmaßnahmen der Arbeitssicherheit beim gezielten Umgang mit diesen Erregern, beispielsweise im Labor von den krankenhaushygienischen Maßnahmen in der klinischen Patientenversorgung zur Verhinderung einer Ausbreitung unterscheiden können.

Risikogruppen (Definition nach TRBA 250)

Gemäß § 3 Biostoffverordnung werden biologische Arbeitsstoffe nach ihrem Infektionsrisiko in 4 Risikogruppen (RG) eingeordnet:

  • Risikogruppe 1: biologische Arbeitsstoffe, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie beim Menschen eine Krankheit verursachen.

  • Risikogruppe 2: biologische Arbeitsstoffe, die eine Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine Gefahr für Beschäftigte darstellen können. Eine Verbreitung des Stoffes in der Bevölkerung ist unwahrscheinlich; eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung ist normalerweise möglich.

  • Risikogruppe 3: biologische Arbeitsstoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen können. Die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung kann bestehen, doch ist normalerweise eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung möglich.

  • Risikogruppe 4: biologische Arbeitsstoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen. Die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung ist unter Umständen groß; normalerweise ist eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung nicht möglich.

  • Z= Zoonose

Bei bestimmten biologischen Arbeitsstoffen, die in der Richtlinie 2000/54/EG in Risikogruppe 3 eingestuft und mit zwei Sternchen (**) versehen wurden, ist das Infektionsrisiko für Arbeitnehmer begrenzt, da eine Infizierung über den Luftweg normalerweise nicht erfolgen kann.

14.14.1 Liste der Erkrankungen

  • Abszess mit unkontrollierter Drainage und Streupotenzial: C

  • AIDS: S (doppelte Handschuhe bei Stich- und Schnittverletzungsrisiko), RG 3**

  • Aktinomykose: S, RG 2

  • Amöbiasis: S, RG 2

  • Anthrax (Milzbrand): S (auch bei Lungenmilzbrand keine Übertragung von Person zu Person), RG 3 Z → „airborne precautions“ und Schutzkleidung bei bioterroristischer Exposition durch Pulver

  • Arthropodenübertragene Virusenzephalitis (eastern, western, Venezuelan equine encephalomyelitis; St Louis, California encephalitis; west nile virus) und virales Fieber (Dengue, Gelbfieber, Colorado tick fever): S, 3 Z

  • Askariose: S, RG 2

  • Aspergillose: S (C und/oder A bei massiver Weichteilinfektion mit starker Sekretbildung und Notwendigkeit zur Irrigation), RG 2

  • Babesiose: S, RG 2

  • Bartonellose: S, RG 2

  • Bilharziose: S, RG 2

  • Blastomykose: S, RG 1

  • Botulismus: S

  • Brucellose: S (Antibiotikaprophylaxe für exponiertes Laborpersonal), RG 3 Z

  • Borreliose (Borrelia burgdorferi): S, RG 2

  • Candidiasis: S, RG 2

  • Cellulitis: S

  • Chlamydia pneumoniae: S, RG 2

  • Chlamydia trachomatis (Konjunktivitis, genital, Pneumonie): S, RG 2

  • Clostridium botulinum: S, RG 2

  • Clostridium difficile: C (bis 2 Tage nach Sistieren der Symptome), RG 2

  • Clostridum perfringens (Lebensmittelvergiftung und Gasbrand): S, RG 2

  • CMV: S (keine Zusatzmaßnahmen auch bei schwangerem Pflegepersonal), RG 2

  • Colorado-Tick-Fieber: S, RG 2 Z

  • Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung (CJK, vCJK): S (Verwendung von Einmalinstrumenten, wenn möglich)

  • Dengue-Fieber: S, RG 3 Z

  • Diphtherie (kutan): C (bis 2 Kulturen im Abstand von 24 h negativ), RG 2

  • Diphtherie (pharyngeal): D (bis 2 Kulturen im Abstand von 24 h negativ)

  • Ebola: D, RG 4

  • Echinokokkeninfektion: S, RG 3**

  • Enteroviren (Coxsackie A und B, Echoviren): S (C bei inkontinenten Patienten und bei Ausbrüchen), RG 2

  • Epiglottitis durch Haemophilus influenzae Typ B: D (für 24 h nach Therapiebeginn), RG 2

  • EBV: S, RG 2

  • Enteritis durch (* =C bei starkem Durchfall, Inkontinenz und fehlender Hygienecompliance und in Ausbruchsituationen):

    • Campylobacter spp.: S*, RG 2

    • Cholera: S*, RG 2

    • Clostridium difficile: C bis 2 Tage nach Sistieren der Symptome (Durchfall), Händewaschen zusätzlich zur alkoholischen Händedesinfektion und Sauerstoffabspalter zur Flächendesinfektion, RG 2

    • E. coli: S*, RG 2

    • Giardia lamblia: S*, RG 2

    • Norovirus: D bis 2 Tage nach Ende der Symptome (schwallartiges Erbrechen, Durchfall), Hinweis auf prolongierte Händedesinfektion durch Patienten bis 14 Tage nach Symptomende, RG 2

    • Rotavirus: C, RG 2

    • Salmonella spp.: S*, RG 2

    • Shigellen: S*, RG 2

    • Vibrio parahaemolyticus: S*, RG 2

    • Yersinia enterocolitica: S*, RG 2

  • ESBL-Bildner: wenn 3MRGN oder 4MRGN siehe MRE

  • Furunkulose: S, Cave CA-MRSA: C

  • Gasbrand (siehe C. perfringens): S, RG 2

  • Gonorrhö: S, RG 2

  • Granuloma venerum: S, RG 2

  • Guillan-Barré-Syndrom: S

  • Hakenwürmer: S, RG 2

  • Hantavirus: S, RG 3 Z

  • Helicobacter pylori: S, RG 2

  • Hepatitis A: S (bei inkontinenten Patienten: C), RG 2

  • Hepatitis B, C, D, E, G: S (doppelte Handschuhe bei Stich- und Schnittverletzungsrisiko), RG 3**

  • Herpes neonatorum: C (bis Läsionen verkrustet)

  • Herpes simplex (schwere Hautaffektionen, disseminiert): C (bis Läsionen verkrustet), RG 2

  • Herpes-simplex-Enzephalitis: S, RG 2

  • Herpes Zoster (generalisiert): C (bis Läsionen verkrustet), RG 2

  • Histoplasmose: S, RG 2

  • HIV: S (doppelte Handschuhe bei Stich- und Schnittverletzungsrisiko), RG 3**

  • Humanes Metapneumovirus: C, RG 2

  • Impetigo contagiosa: C (24 h nach Therapiebeginn)

  • Influenza: D, 5 Tage (bei immunkompromittierten Patienten für die Dauer des Aufenthaltes), RG 2, manche Stämme RG 3

  • Katzenkratzkrankheit (Bartonellose): S, RG 2

  • Kokzidiomykose: S, RG 2

  • Kongenitale Röteln: C (bis zum 1. Lebensjahr, S wenn nasopharyngeale Abstriche und Urinkultur negativ nach 3 Lebensmonaten), RG 2

  • Konjunktivitis (bakteriell, Chlamydien, Gonokokken): S

  • Keratoconjunktivitis epidemica: C (meist Adenovirus, hochinfektiös), RG 2

  • Krätze: C (bis 24 h nach Therapiebeginn)

  • Kryptokokkeninfektion: S, RG 2

  • Läuse: C (24 h nach Therapiebeginn)

  • Legionärskrankheit, Legionellenpneumonie: S, RG 2

  • Lepra: S, RG 3

  • Leptospirose: S, RG 2

  • Listeriose: S, RG 2

  • Lyme-Disease: s. Borreliose

  • Malaria: S, RG 3

  • Masern: A (bis 4 Tage nach Beginn des Exanthems, für den gesamten Aufenthalt bei Immunsuppression), RG 2

  • Melioidose: S, RG 2

  • Mononukleose: S, RG

  • Meningitis:

    • Viral, fungal, Listeria monocytogenes, Streptococcus pneumoniae, Mycobacterium tuberculosis, gramnegative Bakterien: S

    • Neisseria meningitis (Meningokokken), Haemophilus influenzae Typ B: D (bis 24 h nach Therapiebeginn, Postexpositionsprophylxe bei engem Kontakt z. B. mit Ciprofloxacin)

  • Meningokokkensepsis oder -pneumonie: D (bis 24 h nach Therapiebeginn, Postexpositionsprophylaxe bei engem Kontakt, z. B. mit Ciprofloxacin)

  • Milzbrand: s. Anthrax

  • Mucormykose: S, RG 2

  • MRE: RG 2

    • 3MRGN: S/C/D je nach Streupotenzial, Nachweislokalisation, Risikobereich und Patientencompliance

    • MRSA, VRE, 4MRGN: C/D je nach Nachweislokalisation, S in ausgewählten Fällen bei isoliertem Nachweis, z. B. in Wunden oder im Urin, und bei fehlendem Streupotenzial und guter Hygienecompliance des Patienten

  • Mumps: D (für 9 Tage), RG 2

  • Mykobakterien, atypische: S, RG 2, M. bovis, M africanum, M. microti: RG 3

  • Mycoplasma pneumoniae: D, RG 2

  • Nekrotisierende Enterocolitis (NEC): S (bei ausbruchsähnlicher Situation: C)

  • Nocardiose: S, RG 2

  • Parainfluenzavirus: C, RG 2

  • Parvovirus B19 (Erythema infectiosum): D, RG 2

  • Pertussis (Keuchhusten): D (für 5 Tage), RG 2

  • Pest (Yersinia pestis): RG 3

    • Bubonenpest: S

    • Lungenpest: D (bis 48 h nach Therapiebeginn, Postexpositionsprophylaxe für Kontaktpersonen)

  • Pneumonie:

    • Adenoviren: D, RG 2

    • Burkholderia cepacia: C, RG 2

    • Coronaviren, SARS: D, RG 3

    • Haemophilus influenzae Typ B bei Kindern: D (bis 24 h nach Therapiebeginn), RG 2

    • Meningokokken: D (bis 24 h nach Therapiebeginn), RG 2

    • Mycoplasma (primär atypische Pneumonie): D, RG 2

    • Sonstige Bakterien: S

    • Streptococcus Gruppe A: D (bis 24 h nach Therapiebeginn), RG 2

  • Morbus Ritter von Rittershain („staphylococcal scalded skin syndrome“): C

  • Ornithose (Chlamydia psittaci): S, RG 3 Z

  • Poliomyelitis: C, RG 2

  • Prionen (s. CJK)

  • Q-Fieber: S, RG 3

  • Rhinovirus: D (bei Ausbrüchen), RG 2

  • Roseola infantum (Exanthema subitum durch Humanes Herpesvirus 6): S, RG 2

  • Röteln: D (für 7 Tage nach Auftreten des Exanthems), Zusatzmaßnahmen bei Exposition ungeimpfter Kontaktpersonen: 5 Tage D, Impfung innerhalb von 3 Tagen nach Exposition bei nicht schwangeren Exponierten, Beschäftigungsverbot für Personal im Gesundheitswesen bis zum 21. Tag nach Exposition, RG 2

  • RSV: C, RG 2

  • Rückfallfieber (Läuserückfallfieber, engl. „louse-borne relapsing fever“ [LBRF], hauptsächlicher Erreger ist Borrelia recurrentis, und Zeckenrückfallfieber, engl. „tick-borne relapsing fever“ [TBRF], meist durch Borrelia duttoni verursacht): S, RG 2

  • Pocken: A, RG 4

  • SARS: D: RG 3

  • Streptococcus Gruppe A: RG 2

    • In großen Wundflächen: D (bis 24 h nach Therapiebeginn oder wenn keine adäquate Wundabdeckung möglich ist)

    • Pharyngitis bei Kindern: D (bis 24 h nach Therapiebeginn)

    • Pneumonie: D (bis 24 h nach Therapiebeginn)

    • Scharlach: D (bis 24 h nach Therapiebeginn)

  • Streptococcus Gruppe B und andere: S

  • Syphilis: S, RG 2

  • Tetanus: S, RG 2

  • Toxoplasmose: S, RG 2

  • Trachom: S, RG 2

  • Tuberkulose: RG 3

    • Extrapulmonal ohne Sekretion: S

    • Extrapulmonal mit Sekretion: A, C (bis 3 negative Kulturen, entnommen im Abstand von je 24 h, vorliegen)

    • Pulmonal: A (bis 3 negative Sputumproben, gewonnen im Abstand von je 24 h, vorliegen)

  • Tollwut: S, RG 3**

  • Virales hämorrhagisches Fieber (z. B. Lassa-, Ebola-, Marburg-, Krim-Kongo-Fieber): D, RG 4

  • VRE: s. MRE

  • Weicher Schanker (Ulcus molle durch Haemophilus ducreyi): S, RG 2

  • Windpocken: A, C (bis Läsionen verkrustet), RG 2

  • Zystikerkose: S, RG 2

14.14.2 Importierte Viruserkrankungen und ihre Übertragungswege

Tab. 14.7 gibt einen Überblick über wichtige importierte Viruserkrankungen. Angegeben sind jeweils die Virusfamilie, die Inkubationszeit, Nachweisparameter, die bekannten Vektoren oder Reservoire, das Verbreitungsgebiet (Vorkommen), ob eine Übertragung von Mensch zu Mensch möglich ist (Schmidt-Chanasit 2012) und die sich daraus ergebenden Schutzmaßnahmen. In Tab. 14.8 sind wichtige importierte Viruserkrankungen mit Fieber/hämorrhagisches Fieber als Leitsymptom dargestellt. Tab. 14.9 schließlich listet Viruserkrankungen mit dem Leitsymptom Arthralgie/Arthritis auf.

Tab. 14.7 Wichtige importierte Viruserkrankungen mit dem Leitsymptom Meningitis/Meningoenzephalitis
Tab. 14.8 Wichtige importierte Viruserkrankungen mit Leitsymptom Fieber/Hämorrhagisches Fieber
Tab. 14.9 Wichtige importierte Viruserkrankungen mit Leitsymptom Arthralgien/Arthritis

14.14.3 Ausgewählte tropenmedizinische Institute und Infektionskliniken in Deutschland

Institut für Tropenmedizin am Städtischen Klinikum Dresden-Friedrichstadt

Friedrichstraße 41

01067 Dresden

Tel. 0351/480-3801

www.khdf.de

Medizinische Klinik und Poliklinik IV der Universität Leipzig, Infektions- und Tropenmedizin

Philipp-Rosenthal-Str. 27

04103 Leipzig

Tel. 0341/9724971

http://in4.uniklinikum-leipzig.de

Zentrum für Reise- und Tropenmedizin Leipzig, Städtisches Klinikum St. Georg, II. Klinik für Innere Medizin

Delitzscher Straße 141

04129 Leipzig

Tel. 0341/909-2619

www.sanktgeorg.de/579.html

Charité – Campus Universitätsklinikum Rudolf Virchow, Standort Wedding, II. Medizinische Klinik

Augustenburger Platz 1

13353 Berlin

Tel. 030/4505-0

www.charite.de/infektiologie

Institut für Tropenmedizin

Spandauer Damm 130

14050 Berlin

Tel. 030/301166

Infektionsklinik des Klinikums Ernst v. Bergmann, Potsdam

Charlottenstraße 72

14467 Potsdam

Tel. 0331/241-0

www.klinikumevb.de

Abteilung für Tropenmedizin und Infektionskrankheiten, Klinik und Poliklinik für Innere Medizin der Universität Rostock

Ernst-Heydemann-Straße 6

18057 Rostock

Tel.: 0381/494-7511

www.tropen.med.uni-rostock.de

Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin

Bernhard-Nocht-Straße 74

20359 Hamburg

Tel. 040/42818-0

www.bni.uni-hamburg.de

Tropenmedizinische Ambulanz der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie

Moorenstraße 5

40225 Düsseldorf

Tel. 0211/8117031

www.uniklinik-duesseldorf.de

Institut für Medizinische Parasitologie der Universität Bonn

Siegmund-Freud-Straße 25

53105 Bonn

Tel. 0228/287-15673

www.uni-bonn.de

Schwerpunkt Infektiologie in der Medizinischen Klinik II des Universitätsklinikums Frankfurt

Theodor-Stern-Kai 7

60590 Frankfurt am Main

Tel. 069/6301-5194

www.kgu.de

Klinikum Saarbrücken, Infektiologie

Winterberg 1

66119 Saarbrücken

Tel. 0681/9632531

www.klinikum-saarbruecken.de/wir/zentren-info.php3?abt=6

Institut für Tropenhygiene und Öffentliches Gesundheitswesen der Universität Heidelberg

Im Neuenheimer Feld 324

69120 Heidelberg

Tel. 06221/562905

www.klinikum.uni-heidelberg.de/

Institut für Tropenmedizin im Universitätsklinikum Tübingen

Wilhelmstraße 17

72076 Tübingen

Tel. 07071/2982365

www.medizin.uni-tuebingen.de/

Tropenklinik Paul-Lechler-Krankenhaus

Paul-Lechler-Straße 24

72076 Tübingen

Tel. 07071/2060

www.tropenklinik.de

Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität München

Leopoldstraße 5

80802 München

Tel. 089/2180-13500

www.tropinst.med.uni-muenchen.de

Städtisches Klinikum München GmbH, Klinikum Schwabing, Klinik für Hämatologie, Onkologie, Immunologie, Infektiologie und Tropenmedizin

Kölner Platz 1

80804 München

Tel. 089/3068-2228

www.klinikum-muenchen.de/kliniken-zentren/schwabing

Augenklinik der Universität München, Abteilung für Präventiv- und Tropenophthalmologie

Mathildenstraße 8

80336 München

Tel. 089/5160-3824

www.klinikum.unimuenchen.de

Sektion Infektionskrankheiten und Tropenmedizin, Klinik für Innere Medizin III der Universität Ulm

Robert-Koch-Straße 8

89081 Ulm

Tel. 0731/500-45551

www.uni-ulm.de/reisemedizin

Tropenmedizinische Abteilung der Missionsärztlichen Klinik

Salvatorstraße 7

97067 Würzburg

Tel. 0931/791-2821

www.missioklinik.de/tropenmedizin/startseite

14.14.4 Vorgehen bei Verdacht auf virales hämorrhagisches Fieber

Bereits bei Verdacht auf direkt übertragbares, hochkontagiöses virales hämorrhagisches Fieber (Marburg -, Ebola- , Lassa- , Krim-Kongo-Fieber ) sind zusammen mit den Gesundheitsbehörden und den regionalen Kompetenzzentren für hochkontagiöse Erkrankungen Sofortmaßnahmen, strikte Isolierung (Quarantäne , im Einzelfall Sonderisolierstation ) und aufwendige Schutzmaßnahmen für Kontaktpersonen und Personal gesetzlich vorgeschrieben (IfSG § 30).

  • Für die persönliche Schutzausrüstung ist die höchste Schutzstufe erforderlich.

  • Zur Vermeidung von Fehlalarmen ist eine klare Falldiagnose notwendig.

14.14.4 Risikoeinteilung bei Verdachtsfällen

(Gemäß Vorschlag des Hessischen Sozialministeriums)

  • Geringes Risiko/geringe Wahrscheinlichkeit:

    • Durchschnittsreise mit Hotelaufenthalten in einem VHF-Endemiegebiet

    • Ausbruch der Erkrankung <21 Tage nach letzter Kontaktmöglichkeit mit VHF

  • Erhöhtes Risiko/erhöhte Wahrscheinlichkeit:

    • Längerer Aufenthalt und z. B. Arbeiten in einem Endemiegebiet

    • Rucksack- oder Campingtouristen in einem Endemiegebiet

  • Besonderes Risiko/hohe Wahrscheinlichkeit:

    • Aufenthalt >4 h im Haus in einem Endemiegebiet zusammen mit einem VHF-Kranken oder einem Patienten mit Verdacht auf VHF-Infektion (Wohngemeinschaft, Medizinalpersonal)

    • Pflege eines Patienten mit Fieber oder hämorrhagischer Diathese nach Tropenrückkehr

    • Unmittelbarer Kontakt zur Leiche eines VHF-Verstorbenen (z. B. Obduktion)

    • Kontakt zu Blut, Exkreten etc. von evtl. VHF-infizierten Tieren (z. B. Biss) oder Kadavern von Tieren in einem Endemiegebiet

    • Arbeit in einem entsprechenden Virusforschungslabor <3 Wochen vor Symptombeginn

    • Kontakt mit kontaminierten medizinischen Instrumenten in einem Endemiegebiet

    • Sexueller Kontakt zu einem Patienten mit Verdacht auf VHF-Infektion.

14.14.4 Notfallplan

Bei weiterbestehendem Verdacht Aktivierung des Notfallplanes für VHF:

  • Klinikleitung informieren

  • Klinikleitung/verantwortlicher Arzt ordnen vorläufige Schutzmaßnahmen (vorläufige Isolierung) an

  • Zuständiges Gesundheitsamt informieren (Amtsarzt, Kontaktdaten hinterlegen, z. B. im Notfallplan)

  • Das Gesundheitsamt ist die verantwortliche Stelle und nimmt sofort Kontakt mit einem der Kompetenz- und Behandlungszentren auf, es organisiert den Sonderpatiententransport bei strikter Isolation und entsprechend den Anforderungen des Kompetenzzentrums (je nach Bundesland muss der Transport z. B. über die Feuerwehr erfolgen).

  • Quarantäne

  • Schutzmaßnahmen für das Personal:

    • Flüssigkeitsdichter Einmalschutzanzug CE-Kategorie III, notfalls langärmeliger Schutzkittel mit Bündchen und wasserdichte Plastikschürzen

    • OP-Haube

    • Schutzhandschuhe doppelt, z. B. Latexhandschuhe (unsteril) plus obere Stulpenhandschuhe

    • Desinfizierbare Schuhe oder flüssigkeitsdichte und rutschfeste Einmalüberschuhe, alternativ Einwegüberziehstiefel, notfalls OP-Schuhe oder Gummistiefel

    • Mund-Nasen-Schutz (filtrierende Halbmasken mit FFP-3-Filter)

    • Arbeitsschutzbrille (mit seitlichem Spritzschutz) oder wiederverwendbare Respiratorhauben mit HEPA-Filterung

  • Bis zum Zeitpunkt eines möglichen Transports bzw. wenn der Erkrankte nicht auf eine der Sonderisolierstationen verlegt werden kann, müssen Absonderungs- bzw. Isolierungsmaßnahmen durchgeführt werden und besondere Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz des Personals und der Umgebung („barrier-nursing“) eingehalten werden.

  • Die Kontaktabteilung darf nicht mehr von Beschäftigten und Besuchern betreten oder verlassen werden.

  • Alle Kontaktpersonen ermitteln

  • Labor benachrichtigen

  • Kontaminierte Räume vorläufig schließen, fachgerecht desinfizieren.

Derzeitig stehen 9 Hochsicherheitsisolierstationen mit fachlich-medizinischer und pflegerischer Expertise sowie geeigneter räumlicher und technischer Infrastruktur zur Verfügung (Kontaktdaten s. oben):

  • Berlin, Charité, Campus Universitätsklinikum Rudolf Virchow, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie

  • Düsseldorf, Universitätsklinikum, Leber- und Infektionszentrum

  • Frankfurt am Main, Universitätsklinikum, Schwerpunkt Infektiologie in der Medizinische Klinik II

  • Hamburg, Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

  • Leipzig, Klinikum St. Georg, II. Klinik für Innere Medizin

  • München, Städtisches Klinikum München-Schwabing, 1. Medizinische Abteilung

  • Saarbrücken, Klinikum Saarbrücken, Medizinische Klinik I

  • Stuttgart, Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart, Innere Medizin I

  • Würzburg, Missionsärztliche Klinik, Abteilung für Tropenmedizin

14.14.4 Risikodifferenzierung von VHF-Kontaktpersonen

(Nach Fock et al. 2000)

  • Kategorie Ia: Kontaktpersonen mit hohem Risiko

    • Personen, die direkten Schleimhaut- oder invasiven Hautkontakt mit Blut, anderen Körperflüssigkeiten oder Geweben des Patienten hatten (z. B. durch Nadelstichverletzung, bei invasivem Eingriff, Reanimation oder Autopsie)

  • Kategorie Ib: Kontaktpersonen mit erhöhtem Risiko

    • Personen, die Kontakt mit Blut, anderen Körperflüssigkeiten oder Geweben des Patienten auf intakter Haut oder als Aerosol hatten (z. B. Krankenpflege- oder ärztliches Personal, Labormitarbeiter, Reinigungspersonal in vorbehandelnden Einrichtungen, ggf. Mitarbeiter externer Untersuchungslabors)

    • Personen, die mit Blut, Exkreten, Geweben oder dem Kadaver eines Tiers, das nachweislich mit VHF infiziert war, in Berührung gekommen sind

  • Kategorie II: Kontaktpersonen mit mäßigem Risiko

    • Personen, die den Patienten gepflegt oder Untersuchungsproben von ihm bearbeitet haben (z. B. Mitglieder einer Lebens- oder Wohngemeinschaft, betreuende Freunde oder Nachbarn, ggf. vor der Krankenhausaufnahme konsultierte Ärzte, Krankentransportpersonal, betreuendes Krankenhauspersonal einschl. Ärzten, Reinigungspersonal etc.)

    • Personen, die unmittelbaren Kontakt mit der Leiche eines Patienten mit VHF oder Verdacht auf VHF hatten, bevor der Sarg verschlossen wurde

    • Personen, die Kontakt zu einem Tier hatten, das mit VHF infiziert war

    • Personen mit längerem direkten Kontakt zum Indexpatienten, sofern dieser bereits symptomatisch war (z. B. Flugnachbarn)

    • Personen, die direkten Kontakt mit der Kleidung, dem Bettzeug oder anderen Gegenständen hatten, die mit Blut, Urin oder anderen Körperflüssigkeiten des Patienten kontaminiert gewesen sein könnten

  • Kategorie III: Kontaktpersonen mit geringem Risiko

    • Jegliche andere Art von Kontakten zum Indexpatienten (z. B. Aufenthalt im gleichen Raum, Benutzung der gleichen öffentlichen Transportmittel, allgemeine soziale Kontakte)

    • Medizinisches Personal mit provisorischer Schutzkleidung

Ist bei einem Patienten eine hochkontagiöse lebensbedrohliche Erkrankung nachgewiesenen, so sind bei Kontaktpersonen die in Tab. 14.10 dargestellten Maßnahmen erforderlich. Die Indikationen für eine Postexpositionsprophylaxe werden zum Teil kontrovers diskutiert. Die Argumente für bzw. gegen eine Postexpositionsprophylaxe im Einzelfall sollten deshalb immer sorgfältig abgewogen und mit der betreffenden Person ausführlich besprochen werden.

Tab. 14.10. Maßnahmen bei Kontaktpersonen eines nachgewiesenen Falls einer hochkontagiösen lebensbedrohlichen Erkrankung in Abhängigkeit von der Risikodifferenzierung. (Adaptiert nach Fock et al. 2000)