13.1 Aufbau von Verbundwerkstoffen

Jeder Verbundwerkstoff besteht aus mindestens zwei Einzelstoffen, aus einem Matrixstoff (Bindestoff, Grundwerkstoff) und einem Verstärkungsstoff. Die beiden Stoffe gehören i. d. R. zu verschiedenen Werkstoffgruppen und haben unterschiedliche Aufgaben. Durch die Kombination lassen sich die vorteilhaften Eigenschaften der Verbundpartner ausnutzen. Bei den Verbundwerkstoffen werden oft die Prinzipien der Naturstoffe angewandt.

13.1.1 Aufgaben der Einzelstoffe

Der Matrixstoff soll den Zusammenhalt eines Verbundwerkstoffes gewährleisten und Kräfte übertragen. Er soll eine mindestens ausreichende Zähigkeit besitzen und dem Verbund ggf. noch Wärmeleitfähigkeit und/oder Korrosionsbeständigkeit verleihen.

Der Verstärkungsstoff soll, entsprechend seiner Bezeichnung, Festigkeit und Steifigkeit des Verbundwerkstoffes gewährleisten. Die wichtigste Bedeutung hat, neben seiner Art, die Form des Verstärkungsstoffes, ob er als Teilchen, als Faser oder in Schichten vorliegt.

Die Erfüllung der Aufgaben kann nur bei ausreichender Haftung zwischen der Matrix und dem Verstärkungsstoff erfolgreich sein.

13.1.2 Matrixstoffe

Als Matrixstoff kann prinzipiell jeder Werkstoff verwendet werden. Das Hauptkriterium für die Auswahl eines Matrixstoffes ist die Einsatztemperatur des Verbundwerkstoffes.

Kunststoffe können bei niedrigen Temperaturen eingesetzt werden. Meist werden Duroplaste (Abschn. 11.1), insbesondere Epoxid- und Polyesterharze als Matrixstoffe verwendet. Die Verwendung von Thermoplasten ist noch selten, zu ihnen zählen vor allem Polyamide sowie Polypropylen und Polycarbonat. Aufgrund der vergleichsweise einfachen Herstellung bilden Verbundwerkstoffe mit einer Polymermatrix die größte Gruppe.

Metalle als Matrixstoff ermöglichen höhere Einsatztemperaturen, jedoch ist die Herstellung dieser Verbundwerkstoffe kompliziert. Vor allem werden Aluminium und Kobalt verwendet.

Die höchsten Einsatztemperaturen von Verbundwerkstoffen sind mit einer keramischen Matrix möglich. Dabei werden die Aufgaben der Stoffe anders aufgeteilt. Der Matrixstoff soll neben dem Zusammenhalt auch die Steifigkeit gewährleisten. Der Verstärkungsstoff (der Name ist hier nicht passend) soll die Zähigkeit des Verbundwerkstoffes verbessern. Für eine keramische Matrix werden vor allem Aluminiumoxid (Abschn. 12.5.1) und siliziumbasierte Nichtoxidkeramiken (Abschn. 12.6.3) verwendet. Da Keramiken nur sintertechnisch herstellbar sind, ist auch die Herstellung dieser Verbundwerkstoffe kompliziert und aufwendig.

Verbundwerkstoffe bestehen aus einem Matrixstoff, in den ein Verstärkungsstoff eingelagert ist.

13.2 Einteilung von Verbundwerkstoffen

Verbundwerkstoffe werden nach der Form des Verstärkungsstoffes eingeteilt. Dabei spielt auch die Rolle, wie die Verbundpartner zueinander angeordnet sind. Wir unterscheiden: Teilchen-, Durchdringungs-, Faser- und Schichtverbundwerkstoffe (Abb. 13.1).

Abb. 13.1
figure 1

Einteilung von Verbundwerkstoffen

Bei Teilchenverbundwerkstoffen liegt der Verstärkungsstoff in Form von Teilchen in der Matrix vor. Je nach Teilchengröße und -verteilung sind verschiedene Variationen möglich. Die technisch wichtigsten Teilchenverbundwerkstoffe sind Hartmetalle (Abschn. 13.3).

Bei Faserverbundwerkstoffen liegt der Verstärkungsstoff in Form von Fasern in der Matrix vor. Hierbei können die Fasern verschiede Längen und Ausrichtungen haben. Die Faserverbundwerkstoffe (Abschn. 13.4) bilden die größte und technisch wichtigste Gruppe der Verbundwerkstoffe.

Bei Durchdringungsverbundwerkstoffen bilden die Verbundpartner einen gefügeähnlichen Verbund. Am häufigsten bestehen diese Verbundwerkstoffe aus einem porenhaltigen Gerüst eines höher schmelzenden Metalls (meist Wolfram), in das ein niedrig schmelzendes Metall (meist Kupfer und Silber) eingesaugt wird. Diese eher seltenen Werkstoffe werden oft nicht zu den Verbundwerkstoffen gezählt. Unter dem Namen Kontaktwerkstoffe finden sie in der Energietechnik Verwendung.

Bei Schichtverbundwerkstoffen liegen die Verbundpartner schichtweise übereinander. Die Schichtdicke kann variabel sein. Die Unterscheidung zwischen einem Matrix- und einem Verstärkungsstoff ist hierbei nicht sinnvoll. Werkstoffe dieser Gruppe werden mitunter als Werkstoffverbunde bezeichnet, um sie von den anderen Gruppen abzugrenzen.

Teilchen-, Durchdringungs- und Faserverbundwerkstoffe sind makroskopisch quasihomogen. Hingegen sind Schichtverbundwerkstoffe makroskopisch inhomogen und somit keine richtigen Werkstoffe mehr, sondern eher eine Konstruktion. Deswegen werden sie in diesem Buch nicht weiter besprochen.

Die wichtigsten Verbundwerkstoffe sind Teilchen- und Faserverbundwerkstoffe.

13.3 Hartmetalle

Hartmetalle sind Teilchenverbundwerkstoffe, deren Haupteinsatzgebiet die Zerspanungstechnik ist.

13.3.1 Aufbau und Herstellung von Hartmetallen

Bei den Hartmetallen besteht die Matrix aus einem weichen und zähen Metall (somit ist der Name dieser Gruppe ein wenig irreführend). Am häufigsten werden Kobalt und Kobalt-Nickel-Legierungen verwendet. Der Anteil des Matrixstoffes kann max. 25 % erreichen.

Als Verstärkungsstoffe werden sehr harte Teilchen metallischer Hartstoffe (Abschn. 12.6.2), meist Karbide und Nitride, eingesetzt.

Das Gefüge eines Hartmetalls ist schematisch in Abb. 13.2a dargestellt. Die häufigsten Verstärkungsteilchen sind eckige Wolframkarbide. Des Weiteren können Titan-Mischnitride mit abgerundeter Form und einer Kern-Rand-Struktur verwendet werden (Abb. 13.2b). Diese Hartmetalle werden auch als Cermets bezeichnet. Durch die abgerundete Form der Teilchen weisen Cermets eine verbesserte Oxidationsbeständigkeit auf.

Abb. 13.2
figure 2

Aufbau und Anwendungsbeispiel für Hartmetalle. a Gefüge mit eckigen Teilchen, b Gefüge mit abgerundeten Teilchen, c Wendeschneidplatten

Hartmetalle werden sintertechnisch (Abschn. 12.2) aus Pulvern hergestellt. Dadurch werden Hartmetalle häufig der technischen Keramik oder den Sinterwerkstoffen zugeordnet. Nach dem Hauptkriterium der Werkstofftechnik, nach dem Aufbau, gehören Hartmetalle zu den Verbundwerkstoffen.

13.3.2 Eigenschaften und Anwendung von Hartmetallen

Hartmetalle besitzen ein besonderes Eigenschaftsprofil. Sie haben eine sehr hohe Härte (bis 2.000HV), die bis ca. 1.000 °C erhalten bleibt. Bedingt durch die hohe Härte und ihr Gefüge, sind sie sehr verschleißfest. Die weiche, metallische Matrix verleiht eine ausreichende Zähigkeit. Durch das stark heterogene Gefüge werden Schwingungen gut gedämpft. Nachteilig ist ihre sehr hohe Dichte von ca. 15 g/cm3.

Hartmetalle werden überwiegend in der Zerspanungstechnik als Wendeschneidplatten für Fräs- und Drehwerkzeuge (Abb. 13.2c) oder als schwingungsdämpfende Vollhartmetall-Werkzeuge eingesetzt.

Für den zerspanungstechnischen Einsatz wurde eine spezielle Buchstaben-Bezeichnung der Hartmetalle eingeführt, bei der folgende Zerspanungs-Hauptgruppen unterschieden werden:

  • P – Eignung zum Zerspanen von langspanenden Eisenwerkstoffen,

  • M – Eignung zum Zerspanen von lang- und kurz spanenden Eisenwerkstoffen,

  • K – Eignung zum Zerspanen von kurzspanenden Eisenwerkstoffen, Nichteisenmetallen und Nichtmetallen.

In der Praxis werden Hartmetalle mit „Widia“ bezeichnet, was aus dem Ausdruck „wie Diamant“ abgeleitet ist.

Hartmetalle bestehen aus einer weichen Metallmatrix und harten Teilchen von Karbiden und Nitriden.

Sie zeichnen sich durch eine hohe Härte und Verschleißbeständigkeit aus.

13.3.3 Produktion und Recycling von Hartmetallen

Die Produktion der Hartmetalle ist von der Herstellung des Wolframkarbids abhängig, das derzeit durch nichts zu ersetzen ist. Wolframkarbide kommen nicht in der Natur vor. Das Karbid wir durch Umsetzung von metallischem Wolfram mit Ruß oder Graphit erzeugt. Der Wolframgehalt in der Erdkruste ist gering, das größte Wolframvorkommen befindet sich in China. Die weltweite Fördermenge liegt bei über 70.000 Tonnen pro Jahr.

Aufgrund des relativ hohen Preises ist das Recycling und Rückführung des verbrauchten Hartmetalls in den Produktionsprozess sehr wichtig.

Die beim Herstellprozess anfallenden „weichen“, d. h. noch nicht gesinterten Hartmetallabfälle, werden fast vollständig in den Herstellprozess rückgeführt. Die Verwertung von „hartem“, d. h. bereits gesintertem Hartmetall-Abfall, bzw. von verbrauchtem Hartmetall ist hingegen sehr schwierig.

Bedingt durch das heterogene Gefüge aus sehr unterschiedlichen Bestandteilen, müssen bei der Verwertung spezielle und komplizierte Methoden angewandt werden. Zu diesen Methoden gehören neben einer mechanischen Zerkleinerung auch chemische und thermische Behandlungen, welche die Auflockerung des Gefüges bewirken. Eine nur auf Hartmetalle abgestimmte Recyclingmethode stellt das Zinkaufschlussverfahren dar. Durch Behandlung des Hartmetalls in einer Zinkschmelze wird die Kobaltmatrix unter Volumenzunahme in eine Kobalt-Zink-Legierung überführt. Anschließend wird das Zink praktisch vollständig durch Destillation wiedergewonnen. Der Hartmetall-Schrott liegt anschließend in Form einer porösen, lockeren Masse vor, die auf konventionelle Art in Kugelmühlen zu Pulver vermahlen werden kann. Alle Bestandteile des Metalls wie Wolframkarbid, Mischkarbid und Kobalt bleiben erhalten.

Die Kosten aller Recyclingverfahren von Hartmetall-Abfällen sind hoch und ihr praktischer Einsatz ist noch selten. Der Anteil von wiedergewonnenem Hartmetall am Gesamtverbrauch nimmt jedoch ständig zu.

13.4 Faserverbundwerkstoffe

Faserverbundwerkstoffe (Composites) bilden die größte und wichtigste Gruppe der Verbundwerkstoffe. Als Verstärkungsstoffe werden Faserwerkstoffe verwendet, die eine eigene, spezielle Stoffgruppe darstellen.

Unter dem Begriff Faserverbundwerkstoffe werden ausschließlich faserverstärkte Kunststoffe verstanden. Faserverstärkte Kunststoffe dienen uns als Leichtbauwerkstoffe, da sie eine gute spezifische Festigkeit und Steifigkeit besitzen. Die größte Bedeutung haben glasfaser- und kohlenstofffaserverstärkte Duroplaste (Epoxid- und Polyesterharz), die die Kurzzeichen GFK und CFK tragen.

Faserverstärkte Keramiken (Abschn. 13.5) bilden eine kleine Gruppe und können auch zu den keramischen Werkstoffen gezählt werden. Faserverstärkte Metalle sind eine selbstständige Werkstoffgruppe und werden als Metall-Matrix-Composites bezeichnet (Abschn. 13.6).

Die Entwicklung der Faserverbundwerkstoffe begann um 1950. Die ersten Meilensteine waren Karosserieteile sowie ein Segelflugzeug aus einem glasfaserverstärkten Kunststoff.

13.4.1 Faserwerkstoffe

Faserwerkstoffe sind Stoffe in Form von sehr dünnen Fasern. Interessanterweise haben Werkstoffe in der Faserform andere Eigenschaften als in der kompakten Form. Ihre Zugfestigkeit wird deutlich höher, was allgemein durch eine günstigere statistische Verteilung von Fehlstellen in den Fasern erklärt wird. Die Fasern müssen einen höheren E-Modul und eine höhere Festigkeit als der Matrixwerkstoff aufweisen.

  • a. Arten und Handelsformen von Faserwerkstoffen

Faserwerkstoffe haben meist einen runden Querschnitt mit einem Durchmesser von 10 μm. Eine wichtige Rolle spielt das Verhältnis der Länge zum Durchmesser, das bei Langfasern größer als 104 ist. Die mit Abstand wichtigsten Faserwerkstoffe sind Glasfasern, gefolgt von Kohlenstofffasern. Geringere Verwendung finden Aramidfasern, Borfasern, Polyethylenfasern und Siliziumkarbidfasern.

Faserwerkstoffe können logischerweise nicht in Form von Einzelfaser verwendet werden. Wir setzen diese Werkstoffe in technisch sinnvollen Verwendungsformen wie Rovings, Matten, Gelege, Gewebe und Prepregs ein.

Rovings sind unidirektionale, nicht versponnene Faserbündel mit einem Durchmesser von 1,0 mm. Matten sind gepresste, unverwebte, zufällig orientierte Fasern. Gelege sind durch dünne Fäden in einer oder mehreren Lagen zusammengehaltene Rovings.

Gewebe sind verwobene Faserbündel und stellen die wichtigsten textilen Halbzeuge dar. Hierbei werden verschiedene Gewebearten verwendet, die aus der Textilindustrie bekannt sind. In Abb. 13.3 sehen wir drei Faserwerkstoffe, die unterschiedlich gewoben sind.

Abb. 13.3
figure 3

Gewebe aus verschiedenen Faserwerkstoffen

Eine besondere Handelsform von Faserwerkstoffen sind sogenannte Prepregs (preimpregnated). Prepregs sind bereits mit einem Duroplast-Harz vorimprägnierte Gelege oder Gewebe mit einem optimalen Harz-Gewebe-Verhältnis. Da sie ein reaktionsfähiges Polymer (Harz) enthalten, ist eine Kühllagerung erforderlich.

  • b. Eigenschaften wichtiger Faserwerkstoffe

Glasfasern

Glasfasern werden meist aus geschmolzenem E-Glas gesponnen. Sie sind nicht brennbar und haben gute thermische Eigenschaften. Glasfasern leiten die Wärme besser als andere Fasern. Da Glas ein isotropes Material ist, haben auch die Fasern isotrope Eigenschaften und sind ebenfalls wie Glas sehr spröde. Mechanische Eigenschaften von Glasfasern sind in Tab. 13.1 dargestellt.

Tab. 13.1 Mechanische Eigenschaften wichtiger Faserwerkstoffe

Kohlenstofffasern

Kohlenstofffasern bestehen aus Graphitschichten, die in Faserrichtung orientiert sind. Sie wurden 1959 entwickelt und gewinnen seitdem stetig an Bedeutung. Ihre Herstellung erfolgt durch Pyrolyse von Polymerfasern, meist Polyacrylnitril (PAN). Je nach Prozessbedingungen werden hochfeste und hochmodule Sorten gefertigt. Kohlenstofffasern sind sehr spröde. Ihre geringe Wärmeausdehnung ist mit einem negativen Wärmeausdehnungskoeffizienten (größere Ausdehnung mit abnehmender Temperatur) verbunden, was bei ihrer Verwendung beachtet werden muss. Sie sind elektrisch und thermisch leitend sowie chemisch beständig. Ihre Wärmebeständigkeit ist gut, jedoch nur in sauerstofffreien Medien, da die Fasern leicht oxidieren. Ihre Eigenschaften sind stark anisotrop. Mechanische Eigenschaften von Kohlenstofffasern sind in Tab. 13.1 dargestellt.

Aramidfasern

Aramidfasern sind flüssigkristalline, aromatische Polyamide (Handelsname Kevlar), die aus einer Polymerlösung gesponnen werden. Sie sind hygroskopisch und UV-empfindlich. Ihre herausragende Eigenschaft ist die extreme Zähigkeit, was jedoch auch eine schlechte Bearbeitung zur Folge hat. Da Aramidfasern Polymere sind, ist ihre Wärmebeständigkeit gering. Ihre Eigenschaften sind anisotrop. Sie werden hauptsächlich als Garn in der Textilindustrie verwendet. Mechanische Eigenschaften von Aramidfasern sind in Tab. 13.1 dargestellt.

Faserwerkstoffe zeichnen sich durch eine hohe Festigkeit aus.

Die wichtigsten Faserwerkstoffe sind Glas- und Kohlenstofffaserwerkstoffe.

13.4.2 Beeinflussung der Eigenschaften von Faserverbundwerkstoffen

Die Eigenschaften faserverstärkter Kunststoffe sind von vielen Faktoren abhängig und können entsprechend durch diese beeinflusst werden. Die wichtigsten Faktoren sind in Abb. 13.4 dargestellt.

Abb. 13.4
figure 4

Beeinflussung von Eigenschaften eines Faserverbundwerkstoffes

Die Grundeigenschaften eines Faserverbundwerkstoffes werden durch die Auswahl von Matrix- und Faserwerkstoff bestimmt. Die beiden Stoffe bringen ihre Eigenschaften in den Verbund ein. Eine wichtige Rolle spielt die Faser-Matrix-Verträglichkeit, mit der vor allem die Haftung gemeint wird. Für eine Verbesserung der Haftung wird häufig ein Haftvermittler auf die Fasern aufgetragen.

Weitere Möglichkeiten, die Eigenschaften eines Faserverbundwerkstoffes zu beeinflussen, ergeben sich durch die Faktoren Faseranteil, Fasergeometrie und Faseranordnung.

Beim Faseranteil gilt eine folgende einfache Regel: je höher, desto besser ist die Festigkeit des Verbundes. Aufgrund des Zusammenhalts kann der Faseranteil max. 80 % betragen. In der Praxis werden hohe Faseranteile selten erreicht.

Bei der Fasergeometrie kann ebenfalls eine einfache Regel formuliert werden: je größer das Verhältnis der Länge zum Durchmesser (praktisch je länger die Fasern), desto besser die Festigkeit des Verbundes. Grundsätzlich werden Kurzfaser, Langfaser und Endlosfaser unterschieden. Endlosfasern existieren jedoch nur theoretisch. In der Praxis wird ein Kompromiss zwischen Herstellungsaufwand und den erzielbaren Eigenschaften gesucht. Meist wird mit speziellen rechnerischen Methoden ein kritischer Wert des Länge-Durchmesser-Verhältnisses ermittelt. Daraus wird die kritische Faserlänge ableitet. Wenn die reale Faserlänge ca. 15-mal größer als die kritische ist, dann verhalten sich die Fasern, als ob sie endlos wären.

Den größten und wichtigsten Einfluss auf die Eigenschaften faserverstärkter Kunststoffe hat die Faseranordnung . Durch eine geeignete Faseranordnung kann die Belastbarkeit des Verbundes an die konkreten Einsatzbedingungen angepasst werden. Diese Beeinflussung ist schematisch in Abb. 13.5 gezeigt.

Abb. 13.5
figure 5

Einfluss von Faseranordnung auf Eigenschaften von Faserverbundwerkstoffen

Bei bestimmten Faseranordnungen kann der Faserverbundwerkstoff mehr oder weniger anisotrop werden (Abb. 13.5a und b) und dadurch besser auf seinen Einsatz abgestimmt werden. Bauteile mit isotropen Eigenschaften können aus Fasermatten hergestellt werden (Abb. 13.5c). Mithilfe der Wickeltechnik werden Rohre mit Verstärkung gegen den Innendruck angefertigt (Abb. 13.5d).

Eine Eigenheit der Faserverbundwerkstoffe ist, dass die Fasern auch zu dreidimensionalen Anordnungen verflochten werden können, was weitere Möglichkeiten ergibt.

Eigenschaften von Faserverbundwerkstoffen lassen sich durch verschiedene Faktoren beeinflussen.

Zu den wichtigsten Faktoren gehören der Faseranteil und die Faseranordnung.

13.4.3 Mechanische Eigenschaften von Faserverbundwerkstoffen

Die Festigkeit und Steifigkeit eines Faserverbundwerkstoffes ist in Faserrichtung wesentlich höher als quer zur Faserrichtung. Quer zur Faser ist die Festigkeit sogar oft geringer als die einer unverstärkten Matrix. Bei Hochleistungskonstruktionsbauteilen werden die Faserrichtungen von Konstrukteuren anhand von Computerberechnungen festgelegt, um die geplante Festigkeit und Steifigkeit eines Bauteils zu erreichen.

  • a. Zug- und Druckfestigkeit

Die Zugfestigkeit faserverstärkter Kunststoffe wird durch die Faserfestigkeit entscheidend beeinflusst. Dieser Zusammenhang ist anhand der Spannungs-Dehnungs-Kurve eines Faserverbundes erkennbar (Abb. 13.6a). Bei der Höchstspannung stehen die Fasern kurz vor dem Bruch.

Abb. 13.6
figure 6

Verhalten von Faserverbundwerkstoffen bei Belastung. a Spannungs-Dehnungs-Kurve, b Verhalten bei Zug- und Druckbelastung

Unter Druckbelastung fallen Verbundwerkstoffe durch Faserknicken aus (Abb. 13.6b). Die dazu erforderliche Kraft ist geringer als für einen Bruch unter Zugbelastung.

  • b. Zähigkeit

Fasern erhöhen die Zähigkeit eines Faserverbundwerkstoffes. Dies erscheint auf den ersten Blick unwahrscheinlich, da Glas- oder Kohlenstofffasern spröde sind. Wenn ein infolge schlagartiger Belastung entstandener Riss sich öffnet, werden die Fasern aus der Rissfläche herausgezogen (Abb. 13.7a) und absorbieren dabei Energie. Dadurch kann sich der Verbund zäh verhalten.

Abb. 13.7
figure 7

Schlagartige Belastung von Faserverbundwerkstoffen. a Verhalten von Fasern, b Bruchfläche eines glasfaserverstärkten Kunststoffes

In Abb. 13.7b ist die Bruchfläche eines glasfaserverstärkten Kunststoffes zu sehen. Die rausgezogenen Fasern sind gut zu erkennen.

13.4.4 Herstellung von Faserverbundwerkstoffen

Bauteile aus faserverstärkten Kunststoffen werden mithilfe speziell entwickelter Verfahren hergestellt, auf die an dieser Stelle nicht näher eingegangen wird. Ausführliche Informationen zu den einzelnen Herstellverfahren sind in der weiterführenden Literatur zu finden.

Folgende Verfahren werden angewandt:

  • Handlaminieren,

  • Pressverfahren (Vakuumsackverfahren und Drucksackverfahren),

  • Autoklav-Verfahren (für Prepregs),

  • Injektionsverfahren (RTM-Verfahren),

  • Wickeltechnik (für rotationssymmetrische Bauteile),

  • Pultrusion (Strangziehverfahren).

Da die Mehrheit der Faserverbundwerkstoffe eine duroplastische Matrix besitzt, muss bei jedem der genannten Verfahren eine Aushärtung (meist Warmhärtung) stattfinden.

13.4.5 Arten und Eigenschaften von Faserverbundwerkstoffen

  • a. Glasfaserverstärkte Kunststoffe

Glasfaserverstärkte Kunststoffe (Kurzzeichen GFK) bilden die größte Gruppe der Faserverbundwerkstoffe. Als Matrixstoff werden meist Duroplaste (z. B. Polyesterharz oder Epoxidharz) verwendet. Von den Thermoplasten wird derzeit Polyamid am häufigsten genutzt.

Die Dichte glasfaserverstärkter Kunststoffe beträgt ca. 2,0 g/cm3. Ihre mechanischen Eigenschaften sind von der Faseranordnung (Abschn. 13.4.2) abhängig. Bei einem Faseranteil von beispielsweise 60 % beträgt der E-Modul in Faserrichtung ca. 44.000 MPa und quer zu den Fasern nur 13.000 MPa. Verglichen mit anderen Faserverbundwerkstoffen haben glasfaserverstärkte Kunststoffe einen relativ niedrigen Elastizitätsmodul. Selbst in Faserrichtung liegt er unter dem von Aluminium. Für Anwendungen mit hohen Steifigkeitsanforderungen sind diese Werkstoffe daher nicht geeignet. Durch eine Faseranordnung kann die Festigkeit stark beeinflusst werden, bis sie in einem Bereich von 70 bis 1.000 MPa liegt.

Ein Vorteil der Glasfaser im Verbund mit einer passenden Kunststoffmatrix liegt in der elastischen Verformung und Energieaufnahme. Deshalb werden aus glasfaserverstärkten Kunststoffen Blattfedern, Rotorblätter von Windkraftanlagen (Abb. 13.8a) und ähnliche Bauteile gefertigt.

Abb. 13.8
figure 8

Anwendungsbeispiele für glasfaserverstärkte Kunststoffe. a Rotorblätter einer Windkraftanlage, b verschiedene Halbzeuge

Glasfaserverstärkte Kunststoffe sind chemisch beständig. Dies macht sie zu einem geeigneten Werkstoff für Behälter im Anlagenbau oder für Rümpfe von Booten und Jachten. Ihre guten Isoliereigenschaften werden in der Elektrotechnik genutzt. Besonders Isolatoren, die hohe mechanische Lasten übertragen müssen, werden aus glasfaserverstärkten Kunststoffen gefertigt.

Zu den weiteren Anwendungsbereichen glasfaserverstärkter Kunststoffe gehören auch Rümpfe und Tragflächen von Segelflugzeugen. Oft werden Wellplatten (Abb. 13.8b) hergestellt, die z. B. für Wände und Bedachungen verwendet werden.

  • b. Kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe

Kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe (Kurzzeichen CFK) werden umgangssprachlich „Carbon“ genannt. Die Kohlenstofffasern sind, meist in mehreren Lagen, in eine Kunststoff-Matrix eingebettet. Die Matrix besteht aus Duroplasten, vorwiegend aus Epoxidharz.

Die Dichte kohlefaserverstärkter Kunststoffe liegt bei 1,5 g/cm3. Ihre mechanischen Eigenschaften sind, wie bei allen Faserverbundwerkstoffen, von der Faseranordnung abhängig. Der E-Modul beträgt in Faserrichtung ca. 180.000 MPa und quer zur Faserrichtung ca. 12.000 MPa.

Kohlefaserverstärkte Kunststoffe werden als Ersatz für Metalle im Leichtbau gesehen. Ihre Eignung für diese Anwendung ist durch ihre gute spezifische Festigkeit und Steifigkeit begründet. In Abb. 13.9 ist ein Vergleich dieser Werkstoffe mit einigen Metallen dargestellt. Dabei ist jedoch zu beachten, dass alle Metalle unabhängig vom späteren Bauteil und seiner Geometrie, vorher bekannte, kalkulierbare Eigenschaften haben. Im Falle der Faserverbundwerkstoffe entstehen der Werkstoff und seine Eigenschaften erst bei der Bauteilherstellung.

Abb. 13.9
figure 9

Vergleich spezifischer Kennwerte von CFK mit Metallen

Kohlefaserverstärkte Kunststoffe sind für großflächige Bauteile mit einfachem Spannungszustand gut geeignet. Dagegen haben diese Werkstoffe bei komplexen Spannungszuständen und vielen Krafteinleitungen kaum Vorteile.

Derzeit werden kohlefaserverstärkte Kunststoffe vorwiegend für Kleinserien und Einzelfertigungen eingesetzt. Bei der Serienproduktion müssen besondere Anforderungen an die Fertigungsverfahren erfüllt werden, insbesondere bezüglich der Wiederholbarkeit und des Zeitaufwandes.

Kohlefaserverstärkte Kunststoffe werden hauptsächlich in der Luft- und Raumfahrt z. B. für Seitenleitwerke von Flugzeugen verwendet. Aus ihnen werden Rotorblätter großer Windkraftanlagen und Karosserien moderner Sportautos gefertigt. Breite Verwendung finden sie für Sportgeräte wie Fahrradrahmen (Abb. 13.10a und b) und andere Fahrradteile sowie Tennisschläger. In Zukunft werden kohlefaserverstärkte Kunststoffe vor allem in der Automobilindustrie an Bedeutung gewinnen.

Abb. 13.10
figure 10

Anwendungsbeispiele für kohlefaserverstärkte Kunststoffe. a Fahrradrahmen, b Platten

Die wichtigsten Faserverbundwerkstoffe sind glasfaser- und kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe.

13.4.6 Produktion und Recycling von Faserverbundwerkstoffen

Den größten Marktanteil der Faserverbundwerkstoffe haben derzeit glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK) mit fast 95 %. Kohlefaserverstärkte Kunststoffe (CFK) haben, trotz des starken Wachstums, noch eine geringe Auswirkung auf die Marktsituation.

Glasfaserverstärkte Kunststoffe sind kostengünstig und werden in vielen Bereichen verwendet (Abb. 13.11).

Abb. 13.11
figure 11

Einsatzgebiete glasfaserverstärkter Kunststoffe. (Quelle: AVK-Industrievereinigung verstärkte Kunststoffe)

Die Produktion glasfaserverstärkter Kunststoffe liegt bei ca. 850.000 Tonnen (Quelle: AVK-Industrievereinigung verstärkte Kunststoffe). Die Produktion kohlefaserverstärkter Kunststoffe betrug 2011 ca. 57.000 Tonnen (Quelle: Carbon Composites e. V.). Die Nachfrage an CFK soll in Zukunft jedoch sprunghaft steigen.

Das Recycling von Faserverbundwerkstoffen ist derzeit noch in der Entwicklungsphase. Die ersten Methoden werden getestet, beispielsweise können über chemische Verfahren Glasfasern aus der Epoxidharzmatrix gelöst werden.

13.5 Faserverstärkte Keramik

Keramische Werkstoffe (Kap. 12) sind aufgrund ihrer Sprödigkeit für den technischen Einsatz in sicherheitsrelevanten Bereichen ungeeignet. Daher werden weltweit Anstrengungen unternommen, keramische Werkstoffe, insbesondere Oxidkeramiken, mit schadenstolerantem (quasiduktilem) Verhalten zu entwickeln. Eine Möglichkeit liegt in der Verstärkung durch kurze Kohlenstofffasern oder durch keramische Fasern.

Obwohl in diesem Fall beide Komponenten spröde sind, zeigen faserverstärkte Keramiken ein „quasiduktiles“ Bruchverhalten. Die Ursache ist der sog. Rissstoppeffekt. Für diesen Effekt ist – im Gegensatz zu anderen Faserverbundwerkstoffen – eine schwache Haftung zwischen der Matrix und den Fasern vorteilhaft. In diesem Fall können Risse die Fasern nicht durchdringen, es setzen Rissablenkungen ein und der Riss kann sich nicht ausbreiten.

Auf diese Weise wird häufig Siliziumkarbid (Abschn. 12.6.3) mit Eigenfasern bzw. mit Kohlenstofffasern kombiniert. Die Faserkeramik wurde zunächst in den Hitzeschilden der Spaceshuttles verwendet. Die Kacheln sollen ein Verglühen beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verhindern. Der Werkstoff wird heute unter anderem als Friktionswerkstoff für Bremsscheiben sowie für Reibbeläge von Magnetschwebebahnen und Aufzügen verwendet.

13.6 Metall Matrix Composites MMC

Metallmatrix-Verbundwerkstoffe (engl. metal matrix composites MMC) bestehen aus einer Metallmatrix und einem Verstärkungsstoff, der in verschiedenen Formen vorliegen kann.

Metallmatrix-Verbundwerkstoffe können mit mehreren Methoden hergestellt werden, wie z. B. dem Einrühren von Keramikpartikeln in Metallschmelze und Pulvermetallurgie.

Bei MMC handelt es sich meist um verstärktes Aluminium oder Titan und Nickel. In letzter Zeit werden dazu auch verstärkte Magnesium- und Kupferwerkstoffe hergestellt. Die Matrix liegt als elementares Metall oder in Form einer Legierung vor. Als Verstärkungsphase werde keramische Partikel (z. B. Aluminiumoxid und Siliziumkarbid) verwendet, deren Anteil max. 10 % beträgt. Mit Kurz- oder Langfasern (auf Kohlenstoff basierend) wird vorwiegend Aluminium verfestigt, die Faseranteile können bis zu 60 % betragen.

Die Metallmatrix-Verbundwerkstoffe finden z. B. Verwendung für Schweißelektroden und Turbinenschaufeln sowie in der Raketentechnik.