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Die Reproduktion gesellschaftlicher Machtbeziehungen in Theorie und Behandlungstechnik der Gruppenanalyse

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Die Gruppe und das Unbewusste
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Zusammenfassung

In der Gruppenanalyse werden stark gruppenzentrierte Konzeptionen wie die von Bion oder Foulkes als theoretisch besonders aussagekräftig und therapeutisch günstig betrachtet. Eine erneute Analyse dieser Ansätze unter dem Blickwinkel der Erfassung des komplexen Geschehens zwischen den Mitgliedern einer analytischen Gruppe sowie der Erleichterung und Förderung der analytischen Klärungsarbeit in Gruppen führt zu dem paradoxen Ergebnis, dass durch besonders gruppenzentriertes Arbeiten spezifische Konstellationen in Gruppen (Gruppenphänomene wie Abhängigkeit, Kampf und Flucht etc.) behandlungstechnisch hervorgerufen, erzeugt werden, die therapeutisch schwer zu handhaben sind und die therapeutische Arbeit, insbesondere die Klärung der vielfältigen individuellen Bewegungen (Ängste, Impulse und Abwehrmaßnahmen), erschweren. Durch eine solche Arbeitsweise wird (ungewollt) eine starke Bindung an die Autorität des Gruppenanalytikers hervorgerufen und eine unnötige Abhängigkeit von diesem erzeugt bzw. aufrechterhalten. Es wird die Hypothese vertreten, dass die sehr gruppenzentrierten Ansätze in der gruppenpsychologischen „Denk- und Fühltradition“ S. Freuds sind, der ja der Auffassung war, in Gruppen gebe es nur dann gedeihliche, konstruktive Prozesse, wenn die Teilnehmer sich kollektiv mit dem (positiven) Ich-Ideal des Gruppenleiters identifizieren. Diese latent autoritäre Tradition und Behandlungstechnik der Gruppenanalyse, die zur Reproduktion gesellschaftlicher Machtbeziehungen in Theorie und Behandlungstechnik der Gruppenanalyse führt, wird kontrastiert mit dem Ansatz des Begründers der Gruppenanalyse, Trigant Burrow, dem es darum ging, eine Kultur der gemeinsamen analytischen Klärungsarbeit in Gruppen zu initiieren und zu fördern. Es wird dargelegt, welche spezifische Probleme in analytischen Gruppen entstehen beim Übergang von einem sehr gruppenbezogenen und damit auch besonders an der Deutungsmacht des Gruppenanalytikers orientierten gruppenanalytischen Arbeitsweise zu einer alle Teilnehmer einbeziehenden Kultur gemeinsamer und gleichberechtigter analytischer Klärungsarbeit sowie der Förderung möglichst vielfältiger emotionaler Austauschprozesse zwischen allen Teilnehmern der Gruppe.

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Sandner, D. (2013). Die Reproduktion gesellschaftlicher Machtbeziehungen in Theorie und Behandlungstechnik der Gruppenanalyse. In: Die Gruppe und das Unbewusste. Springer VS, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-34819-8_12

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