Zusammenfassung
In praktisch allen modernen Rechtsstaaten finden sich Gesetze, Richtlinien und Grundsätze zur Antidiskriminierung von Personen zumindest in der immateriellen Dimension. Niemand darf heute wegen seines Alters, seines Geschlechts oder einer Behinderung diskriminiert werden. Antidiskriminierung ist jedoch nicht auf die immaterielle Dimension (Stichwort Chancengleichheit) eingeschränkt, sondern erfasst auch die materielle Dimension. Noch immer verdienen Frauen mit den tollkühnsten Begründungen weniger als Männer, ganz zu schweigen von jenen Arbeitskräften mit Behinderung. Um dem Antidiskriminierungsgebot tatsächlich zu genügen, muss es deshalb unabdingbares Ziel für die Unternehmen sein, ihre Honorierungspolitik in nicht-diskriminierender Weise zu gestalten. Soziale Daten wie Geschlecht, Alter, Nationalität oder eben auch eine Behinderung, dürfen weder offen noch versteckt zu einer Minderung des Salärs führen. Denn die Tatsache, dass ein Mitarbeiter z. B. behindert ist, muss nicht zwingend mit einer Leistungsminderung einhergehen, die eine Gehaltsminderung tatsächlich rechtfertigt. Überhaupt gilt es, stets zu definieren, wie eng Leistung definiert ist, sowie, woran diese gemessen und womit sie verglichen wird. Um in diesem Zusammenhang stehende unerwünschte Effekte zu vermeiden, braucht es griffige Diversity-Konzepte, welche nicht die Entlohnung per se lösen müssen, jedoch diskriminierungsfreie Grundlagen bieten, in der Kultur verankert und entsprechend gelebt werden. Dies, damit die vielfältigen Managementprozesse sich gezielt gestalten lassen. In der materiellen Dimension der innerbetrieblichen Antidiskriminierung gibt es also Innovationsbedarf. Eine dieser Innovationen ist die Berücksichtigung der sogenannten komparativen Kompetenzen. Kompetenzen also, die im Zusammenhang mit dem einen Menschen jeweils prägendsten sozialen Datum stehen, wie zum Beispiel einer Behinderung. Der besondere Erfahrungshintergrund, den eine Behinderung mit sich bringt, die damit zusammenhängenden Bewältigungs- und Kompensationsstrategien sowie die spezifische Problemlösungswahrnehmung sind HR-Potenziale, die das fachliche Know-how und die Teamrollenkompetenz ergänzen – dadurch ergibt sich für die Unternehmung ein weiterer Faktor der Wertschöpfung aus den Human-Ressourcen. So gesehen kann eine Behinderung zu einer strategischen Erfolgsposition werden – und solche werden in der Wirtschaft in der Regel gut bis sehr gut entlohnt! Die Beachtung der komparativen Kompetenzen ist jedoch nicht nur als ein möglicher, neuer Erfolgsfaktor zu verstehen, sondern verhilft den Unternehmungen durch das Einbinden in die Honorierungskonzepte, wirksam und transparent nun auch der materiellen Antidiskriminierung beispielsweise von behinderten Mitarbeitern nachzukommen.
„Diversity“ oder „soziale Diversität“ bezeichnet ganz grundsätzlich die Vielfalt innerhalb der Zusammensetzung eines soziodemografischen Systems, wie z. B. einer Gesellschaft oder eines Unternehmens. Um diese Vielfalt zu beschreiben und zu differenzieren, werden Kategorien wie Geschlecht, Alter, Ethnie, Behinderung, sexuelle Orientierung gebildet. Diversity an sich ist aber noch keine Strategie. Müller und Sander (2009) halten fest: „Erst durch den bewussten Umgang mit Diversity – mit Diversity Management – kann Vielfalt als Chance und Ressource sowohl des Unternehmens wie der einzelnen Mitarbeiter erfolgen“ (S. 7).
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Notes
- 1.
Zu den sozialen Daten werden auszugsweise gezählt: Geschlecht, Lebensalter, Nationalität, Gesundheitszustand, Zivilstand, Religion, sozialer Hintergrund (vgl. Jent 2003, S. 19).
- 2.
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Jent, N., Dietsche, R. (2013). Rewards and Compensation von Menschen mit Behinderung: Eine ethische Perspektive. In: Böhm, S., Baumgärtner, M., Dwertmann, D. (eds) Berufliche Inklusion von Menschen mit Behinderung. Springer Gabler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-34784-9_3
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