Zusammenfassung
Wir reden hier munter über die Herstellung neuen Lebens, aber was wissen wir eigentlich über das Leben? Und zwar nicht über die einzelnen Prozesse, die sich in lebenden Systemen abspielen, sondern über das Wesen des Lebens an sich. Was macht ein System lebendig? Der amerikanische Psychologieprofessor und Systemwissenschaftler Mark A. Bedau, Chefredakteur der Zeitschrift Artifical Life, stellt in seinem Buch What is Life? von 2007 fest, dass sich drei Giganten der Philosophie mit dieser einfachen Frage beschäftigt haben. In De anima („Über die Seele“) postuliert Aristoteles, dass Leben eine verschachtelte Hierarchie von Funktionen wie Stoffwechsel oder Bewegung ist. Dieses Gebäude aus voneinander abhängigen Funktionen verband er auch mit der Seele, den Geistesfunktionen. Der französische Philosoph und Mathematiker Descartes fasste das Leben mechanisch auf: Lebewesen sah er als komplexe Maschinen an. Geist und Körper sind nach dieser Auffassung strikt voneinander getrennt. Im 18. Jahrhundert tat sich der deutsche Philosoph Kant mit der mechanistischen Sichtweise Descartes’ schwer. Kant stellte völlig zu Recht fest, dass die Teile einer Maschine zwar füreinander, aber nicht durch einander geschaffen sind. Die Maschinenteile arbeiten zusammen, um etwas zu bewirken, aber eine Maschine konstruiert sich nicht selbst. In lebenden Organismen läuft das ganz anders: Jeder Bestandteil ist sowohl Ursache als auch Folge, sowohl Mittel als auch Zweck. In seinem Buch Kritik der Urteilskraft (1790) charakterisiert er lebende Organismen als selbstorganisierte Wesen, deren Bestandteile gemeinsam und in wechselseitiger Abhängigkeit das Ganze ihrer eigenen Ursächlichkeit erschaffen. Dabei ging Kant davon aus, dass nichts in der Natur zweckfrei sei. Ein lebender Organismus ist ein selbstorganisiertes System, das natürliche Ziele hat.
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Schrauwers, A., Poolman, B. (2013). Was ist Leben?. In: Synthetische Biologie. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-34593-7_1
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