Zusammenfassung
Das Phänomen der Religion zeigt sich zum einen in den Inhalten bestimmter Überzeugungen. Insofern besteht Religion aus Gedanken, ihrer Äußerung und der Kommunikation über sie. Daneben zeigt sich das Phänomen der Religion aber auch in menschlichen Handlungen, die sich nicht im bloßen Äußern oder Rezipieren von Gedanken erschöpfen. Wir können also ganz grob zwischen religiöser Theorie (Glauben) und religiöser Praxis (Handlungen) unterscheiden. Dieser Unterscheidung folgend lassen sich einige Menschenrechte aufzeigen, durch die einige Aspekte der Religion bereits abgedeckt werden, so dass für ein eigenständiges Recht auf Religionsfreiheit insoweit weder Raum ist noch ein Bedürfnis besteht. Hinzu kommt ein allgemeines Rechtsprinzip, das konstitutiv ist für den freiheitlich demokratischen Rechtsstaat und der alle übrigen Aspekte der Religion erfasst. Allerdings handelt es sich insoweit nicht um ein Menschenrecht.
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Interessanterweise erwähnt die französische Verfassung von 1791 die Glaubensfreiheit nicht mehr, sondern verbürgt in Titel I „die Freiheit jedes Menschen zu reden, zu schreiben, zu drucken und seine Gedanken zu veröffentlichen, ohne dass seine Schriften irgendeiner Zensur oder Aufsicht vor ihrer Veröffentlichung unterworfen sein dürfen, und den religiösen Kult auszuüben, dem er anhängt“.
- 2.
Genau dies machte allerdings das Katholische Bistum Regensburg in einem Rechtsstreit geltend, in dem sich der Philosoph Michael Schmidt-Salomon gegen die unwahre Behauptung des Bischofs Gerhard Ludwig Müller in einer Predigt wehrte, wonach er angeblich Kindstötungen befürworte. Das Bistum machte geltend, die religiöse Äußerungsfreiheit umfasse auch das Recht zu unrichtigen Tatsachenbehauptungen ungeachtet des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der hiervon betroffenen Person. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof und nachfolgend das Bundesverwaltungsgericht (08.08.2011) wiesen dieses Ansinnen entschieden zurück.
- 3.
Zu diesem Prinzip näher Tiedemann 2012a, 568 ff.
- 4.
Das gilt auch in der englisch sprechenden Philosophie, wie man etwa bei Martha Nussbaum 2008 oder bei Maclure/Taylor 2011 sehen kann. Letztere definieren die Religionsfreiheit als eine Unterkategorie der Gewissensfreiheit (a. a. O S. 119).
- 5.
Für die Diskussion bis Anfang der 90er Jahre: Tiedemann 1991.
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Tiedemann, P. (2012). Die Religion im Geflecht der Menschenrechte. In: Religionsfreiheit - Menschenrecht oder Toleranzgebot?. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-32709-4_4
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