Nach der Lektüre dieses Kapitels können Sie

  • die Grundbegriffe und theoretischen Grundlagen des Service Design wiedergeben und erläutern;

  • verschiedene Kreativitätstechniken erklären und diese zur Entwicklung von Dienstleistungsideen anwenden;

  • Methoden beschreiben und erläutern, die es ermöglichen den Endnutzer mit in den Entwicklungsprozess einer Dienstleistung aufzunehmen;

  • beurteilen, welche Methoden zur Bewertung von Dienstleistungsideen geeignet sind und eine Bewertung durchführen;

  • die wesentlichen Prozesse des Service Designs identifizieren und diese in den Gesamtprozess der Dienstleistungsentwicklung einordnen.

1 Praxisbeispiel

Good design is good business“ diesen Slogan prägte Watson, ehemaliger IBM Präsident, in den 1950er Jahren. Design wird heute genutzt um einem Unternehmen eine Corporate Identity zu verleihen, Marken zu entwickeln sowie Produkte und Dienstleistungen von der Konkurrenz abzugrenzen.

Mit dem iPod, iPhone oder iPad hat Apple gezeigt, dass gutes Design, innovative Funktionen, einfache Bedienbarkeit und ein darauf abgestimmtes dahinterliegendes Dienstleistungsangebot für den Markterfolg entscheidender sind als technische Überlegenheit. Zentrales Element ist hierbei iTunes, das als Musikbibliothek aber auch als „Einkaufsladen“ funktioniert und es dem Benutzer über eine benutzerfreundliche Schnittstelle ermöglicht neben Musik, auch Filme, Programme und Bücher für die einzelnen Geräte zu beziehen und sie somit an die Bedürfnisse und Wünsche anzupassen.

2 Design

Wir leben im Zeitalter des Designs. Produkte die Aufmerksamkeit erzeugen und aus der Vielheit herausragen möchten, müssen sinnvoll gestaltet bzw. designed werden. Design begegnet uns in Form von materiellen und immateriellen Produkten jeden Tag und trägt stark dazu bei, wie ein Unternehmen oder eine Marke wirkt. Design kann aber auch in Prozessen vorhanden sein.

Es gibt viele Definitionen von Design. Im weitesten Sinne ist Design eine kreative Tätigkeit, die das Gestalten oder Entwerfen von erfolgreichen, nützlichen und anmutenden Produkten für den Kunden im Fokus hat (Hosak-Robb 2005). Während viele Menschen mit dem Begriff Design das Styling, die Produktkosmetik oder die Grafik assoziieren, sollte es vielmehr als eine Kompetenz zur Gestaltung von Schnittstellen zwischen einem Angebot und einem Nutzer, unter den Aspekten Funktionalität und Form, betrachtet werden (Mager 2007).

Ursprünglich stammt der Begriff Design aus dem Lateinischen designare, also (be) zeichnen. Im deutschen Sprachgebrauch wird Design vorwiegend auf gestalterische-kreative Aspekte ausgelegt. Im Englischen wird Design hingegen auch für die technische Gestaltung von Systemen verwendet.

Gutes Design muss in das Wertesystem des Benutzers passen, den Nerv treffen, Wünsche, Bedürfnisse und Interessen befriedigen, funktional sein und zu einem positiven Erlebnis führen. Gutes Design soll aber auch als ein absatzförderndes Element betrachtet werden.

Da es schwierig ist gutes Design quantitativ zu messen und zu bewerten, richten sich Unternehmen und Designer nach Design Thesen. Der Designer Dieter Rams hat zehn Thesen für gutes Design aufgestellt (Brandes et al. 1990).

Kriterien für gutes Design

Gutes Design

  • ist innovativ: Die Chancen, die die Technologie von heute und damit das Design bieten, sind längst nicht ausgeschöpft.

  • macht ein Produkt brauchbar: Man kauft ein Produkt, um damit einen bestimmten Zweck zu erfüllen. Gutes Design optimiert die Brauchbarkeit.

  • ist ästhetisch: Die ästhetische Qualität des Gestalteten und die dadurch ausgelöste Faszination ist ein integraler Teil seiner Funktion und Brauchbarkeit.

  • macht ein Produkt verständlich: Es offenbart die Struktur des Produktes auf logische Art und Weise, bringt es sozusagen zum Sprechen.

  • ist unaufdringlich: Das Gestaltete soll sich unauffällig in seine Umgebung einordnen.

  • ist ehrlich: Design darf nicht missbraucht werden, d. h. es soll das Gestaltete nicht innovativer, leistungsfähiger oder teurerer erscheinen lassen, als es in Wirklichkeit ist.

  • ist langlebig: Alles Modische veraltet schnell und fördert die Wegwerfgesellschaft.

  • ist konsequent bis ins letzte Detail: Oberflächlichkeit und Ungenauigkeit sind ein Zeichen für Geringschätzung dem Gestalteten und dem Verbraucher gegenüber.

  • ist umweltfreundlich: Designer müssen ihren Beitrag zur Schonung unserer Rohstoffreserven und der Umwelt leisten. Dabei ist die visuelle Umweltverschmutzung nicht weniger schädlich als die physische Verschmutzung der Natur.

  • ist so wenig Design wie möglich: Zurück zum Puren, zum Einfachen.

Diese Prinzipien bzw. Thesen spiegeln sich in Guidelines von Unternehmen wie AppleFootnote 1, GoogleFootnote 2, MicrosoftFootnote 3 wider.

Definition

„Design is a creative activity whose aim is to establish the multi-faceted qualities of objects, processes, services and their systems in whole life cycles. Therefore, design is the central factor of innovative humanisation of technologies and the crucial factor of cultural and economic exchange.“ (Design 2010)„Design ist eine kreative Tätigkeit, deren Ziel ist es, die vielfältigen Eigenschaften von Objekten, Prozessen, Dienstleistungen und ihrer Systeme in den ganzen Lebenszyklus zu etablieren. Daher ist das Design der zentrale Faktor für innovative Humanisierung von Technologien und der entscheidende Faktor des kulturellen und wirtschaftlichen Austausches.“ (Design 2010)

3 Einführung in das Service Design

Der Schwerpunkt des vorliegenden Kapitels liegt im Bereich des Service Design Prozesses, also der Ablaufbeschreibung des „Designens“. Die Verbindung zwischen Service und Design ist jedoch nicht offensichtlich. Während viele Menschen mit dem Begriff Design das Styling, die Produktkosmetik oder die Grafik assoziieren, sollte es vielmehr als eine Kompetenz zur Gestaltung von Schnittstellen zwischen einem Angebot und einem Nutzer, unter den Aspekten Funktionalität und Form, betrachtet werden (Mager 2007). Daraus lässt sich erkennen, dass durch das Zusammenbringen „von Service und Design die Chance für funktionale, formvollendete und innovative Services bestehen, die eine Differenzierung gegenüber Wettbewerbern möglich“ macht (Mager 2007, S. 10).

Der Bereich des Service Designs kann zum einen aus der Marketing Perspektive und zum anderen aus der Service Engineering Perspektive betrachtet werden. Während sich die Marketing Perspektive mit den Bedingungen, Erfolgsfaktoren und Hindernissen bei der Entwicklung von Dienstleistungen beschäftigt, fokussiert Service Engineering einen kundenzentrierten Ansatz und berücksichtigt die qualitativen Eigenschaften zwischen Mensch-Mensch und Mensch-Computer Beziehungen (Bullinger und Scheer 2003; Scheer und Spath 2004).

Nach Böttcher und Meyer (2004) können IT-gestützte Dienstleistungen definiert werden als, „Dienstleistungen, deren Nutzen für den Kunden zu einem maßgeblichen Teil durch den Einsatz von Informations- und Kommunikations- (IuK) Technologien entsteht. Sie treten auf in Form von Dienstleistungen, deren effiziente Gesamterbringung nur durch den Einsatz von IuK-Technologie gewährleistet werden kann, als begleitende Dienstleistungen zu Produkten der IuK-Technologie sowie als komplexe Hybridprodukte von Dienstleistungen und IuK-Produkten“.

Die ersten Beiträge zum Service Design gehen zurück auf Shostack (1982, 1984) und sind als Teil des Marketings und Managements angesehen worden. Zentraler Ansatz des Service Design ist hierbei die Kombination von Produkten und Dienstleistungen (Hybride Produkte).

Marketingorientiertes Service Design fokussiert insbesondere Bedingungen, Erfolgsfaktoren und Hindernisse für die Entwicklung neuer Dienstleistungen. Im Bereich des Service Engineerings verwendet das Service Design Methoden und Prozesse aus der klassischen Produktentwicklung, wie auch aus Disziplinen der Sozialwissenschaften, der Betriebswirtschaftslehre, dem Design und technologiegetriebenen Disziplinen, wie bspw. die Informatik. Fähnrich und Meiren (2007) und De Jong und Vermuelen (2003) (Jeroen und Patrick 2003) zeigen, dass Service Design ähnlich dem Service Engineering, Techniken und Methoden zum Entwickeln neuer Dienstleistungen einsetzt.

Der kundenzentrierte Ansatz (Customer-Centered Approach) Dienstleistungen zu entwickeln und zu gestalten, geht auf die Theorie des Service Engineerings (Bullinger 2006; Jeroen und Patrick 2003) zurück. Service Design berücksichtigt qualitative Eigenschaften zwischen Mensch-Mensch und Mensch-Computer Beziehungen. Dabei werden sowohl Dienstleister (diejenigen, die eine Dienstleistung anbieten) und Kunden der Dienstleistung oder Nutzer des Systems (diejenigen, die die Dienstleistung empfangen und nutzen) betrachtet. Das Service Design beschreibt alle notwendigen Objekte und Komponenten, die eine Dienstleistung darstellen.

3.1 Definition, Aufgaben und Herausforderungen

Im Folgenden wird Service Design aus einer kundenzentrierten Perspektive definiert. Service Design erweitert bestehende Standard-Service-Design-Ansätze um die Perspektive, der vom Kunden wahrgenommen Produkt- oder Serviceerfahrungen. Dies gilt auch für den dahinterliegenden Prozess, die Strategie und gegebenenfalls ein technisches System (Moritz 2005). Folgende Bestandteile sind für das Service Design wichtig:

  • Kunden oder Nutzer der Dienstleistung (Ziele, Bedürfnisse, Verhalten, Demographie, Psychographie)

  • Kontext (politischen, Gesetzgebung, wirtschaftliche, soziale, technologische, Wettbewerb)

  • Service-Mitarbeiter oder Anbieter (Ressourcen, Einschränkungen, Prozesse und Systeme, Sprache)

  • Beziehungen (Möglichkeiten, andere Anbieter)

Nach Bullinger (1999, S. 54) ist Service Design die systematische Entwicklung und Gestaltung von Dienstleistungen unter Verwendung geeigneter Vorgehensmodelle, Methoden und Werkzeuge.

Service Design ist nach deutschem Begriffsverständnis eine Phase des Service Engineering Prozesses. In dieser Phase werden Ideen entwickelt und diese bis zu einer funktionsfähigen Anwendung oder Dienstleistung verfeinert. Dabei ist es unbedeutend, ob es sich um eine neue Dienstleistung oder um das Verbessern bzw. Weiterentwickeln einer Dienstleistung handelt. Aus gestaltungsorientierter Sicht wird Service Design wie folgt definiert (Mager und Gais 2009):

Konzepte des Service Designs

Service Design besteht dabei aus drei wesentlichen Konzepten: Problemanalyse, Ideenentwicklung und Ideenbewertung. Um nutzerfreundliche Service-Systeme zu konzipieren, werden Usability-Guidelines, wie die ISO 9241, und Methoden aus dem Interaction-Design herangezogen.

Da von einem kundenorientierten Ansatz ausgegangen wird, ist es wichtig interaktive Produkte und Leistungen so zu gestalten, dass sie eine hohe Usability besitzen. Dieser Ansatz wird auch User-Centered Design genannt. Im Mittelpunkt des User-Centered Design steht die Einbeziehung der Endnutzer, die regelmäßig Prototypen bewerten (Preece et al. 2002). Außerdem kann die Usability, also die Benutzerfreundlichkeit eines Systems, bewertet und gegebenenfalls geändert werden. Gerade im Bereich der IT-gestützen Dienstleistung ist die Usability von besonderer Bedeutung. Um Systeme benutzerfreundlich zu entwickeln, können Usability-Guidelines, wie die ISO 9241, verwendet werden. Die ISO 9241 stellen Richtlinien dar, die für die Interaktion zwischen Computer und Mensch entwickelt wurden (ISO 2008).

  • Klares Verständnis der Benutzer und Aufgabenstellungen

  • Konsistente Zuteilung von Funktionen zwischen Benutzern und dem Service System

  • Iterativer Service Design Ansatz: Iterative Entwicklungsansätze greifen beim Testen von ersten Prototypen Reaktionen und Feedback von späteren Benutzern auf und berücksichtigen die gewonnenen Ergebnisse im weiteren Entwicklungsprozess. Prototypen können von einem einfachen papierbasierten Prototypen bis hin zu hochfunktionalen Prototypen reichen.

  • Interdisziplinäre Entwicklungsteams

Aufgaben des Service Designs

Aufgabe des Service Designs ist es, Dienstleistungen zu gestalten, die nützlich, nutzbar und attraktiv aus der Perspektive der Kunden sowie effektiv und effizient aus der Perspektive der Unternehmen sind. Zur Entwicklung einer neuen Dienstleistung wird oftmals interdisziplinär und unter Einbezug der späteren Kunden gearbeitet. Eine unzureichende Kundenorientierung bei der Entwicklung und Gestaltung von Dienstleistungen führt im Regelfall zu unzufriedenen Kunden, Reklamationen und im schlimmsten Fall zu der Abwanderung von Kunden.

Definition

„Service Design gestaltet Funktionalität und Form von Dienstleistungen aus der Perspektive des Kunden. So werden Service-Interfaces für immaterielle Produkte gestaltet, die aus der Sicht des Kunden nützlich, nutzbar und begehrenswert sind, aus der Sicht der Anbieter effektiv, effizient und anders. Service Designer visualisieren, formulieren und choreographieren Lösungen, die es heute noch nicht gibt. Sie beobachten und interpretieren Bedürfnisse und Verhaltensweisen und transformieren sie in mögliche zukünftige Dienstleistungen.“

3.2 Design Ansätze

Design bzw. Designprozesse lassen sich in zwei grundlegende Denkweisen bzw. Ansätze untergliedern, die unter verschiedenen Namen verwendet werden. „The Rational Model“, technische Problemlösung oder „The Reason-Centric Perpective“ ist hierbei ein Ansatz.

Eine alternative Sichtweise ist unter den Begriffen „Reflection-in-Action“, „Co-Evolution“ und „The Action-Centric Perspective“ bekannt (Ralph 2010).

Der rationale Designansatz ist unter anderem unabhängig von Simon (1969) und Pahl et al. (2007) entwickelt worden und sagt aus, dass

  1. 1.

    Designer versuchen Designalternativen auf bekannte Einschränkungen und Ziele zu optimieren,

  2. 2.

    der Design-Prozess Plan getrieben ist,

  3. 3.

    der Design-Prozess einer strickten Abfolge von Phasen folgt.

Rationaler Design Ansatz

Der rationale Ansatz basiert auf der rationalistischen Philosophie und hat die technische Rationalität im Vordergrund. Bekannte Verfahren bzw. Vorgehensmodelle, die dem rationalen Ansatz in der Entwicklung unterliegen, sind unter anderem das Wasserfall-Modell oder das Systems Development Life Cycle. Im Wasserfallmodell hat jede Phase einen definierten Start- und Endpunkt mit eindeutig definierten Ergebnissen und lediglich einem Durchlauf. In der Praxis wird dies jedoch selten so reglementiert angewendet. Jede Phase ist dabei abhängig von der vorherigen.

Die beiden Hauptkritikpunkte am rationalen Ansatz sind:

  1. 1.

    Designer arbeiten bzw. denken nicht auf diese Weise.

  2. 2.

    Unrealistische Annahmen – Ziele sind häufig nicht bekannt oder zu abstrakt, wenn ein Projekt beginnt. In der Regel verändern sich im Verlauf die Anforderungen und Einschränkungen, die aber nur unzureichend Einfluss finden.

Action-Centric Design Ansatz

Der Action-Centric Ansatz ist als eine Sammlung miteinander verknüpfter Konzepte zu verstehen. Hauptaussage ist, dass (Ralph 2010)

  1. 1.

    Designer Kreativität und Emotionen nutzen um Designvorschläge zu entwickeln,

  2. 2.

    der Design-Prozess improvisiert ist,

  3. 3.

    keine universelle Abfolge der Phasen offensichtlich ist – Analyse, Design und Implementierung sind stark miteinander verbunden.

Das Partizipative Design lässt sich zum Action-Centric Ansatz zuordnen und ist ein explorativer Designansatz zur Gestaltung und Entwicklung menschenzentrierter, nutzerfreundlicher Produkte, Systeme und Dienstleistungen. Dabei werden vornehmlich kollaborative Designmethoden angewendet, die unterschiedliche Design-Stakeholder, wie beispielsweise Nutzer, Entwickler, Designer und Manager, im Designprozess erfordern. Ziel hierbei ist das gemeinschaftliche Identifizieren und anschließende Auswählen möglicher Ausprägungen, in denen sich der Designvorgang bewegen soll.

Wie können partizipative Ansätze hier helfen?

Um bedarfsgerechte, also auf die Bedürfnisse der Anwender ausgerichtete Dienstleistungen, sowohl aus der Perspektive der Nutzer, als auch aus der Perspektive der Dienstleister, zu entwickeln oder zu verbessern, existieren nutzerorientierte Entwicklungsansätze, wie beispielsweise das User-Centered Design.

User-Centered Design – Ganzheitliche Kundenorientierung

User-Centered Design (UCD) ist erstmals 1986 von (Norman und Draper 1986) in der Literatur erwähnt worden und ist ein allgemeines Vorgehensmodell, mit dem sich gebrauchstaugliche Systeme entwickeln lassen. Es zielt darauf ab, interaktive Produkte so zu gestalten, dass sie eine hohe Gebrauchstauglichkeit (Usability) aufweisen. Erreicht wird dies durch das frühe Einbinden und die Fokussierung auf die Bedürfnisse, Fähigkeiten und Erwartungen von Endanwendern, die in den Mittelpunkt des Entwicklungsprozess gestellt werden und regelmäßig Prototypen evaluieren (Preece et al. 2002).

Generell kann der UCD Prozess in drei Phasen unterteilt werden: Anforderungserhebung, Entwicklung des Designs und Evaluierung des Designs. Am Ende des Entwicklungsprozesses steht ein Prototyp, der den Anforderungen der zukünftigen Nutzer gerecht wird und im weiteren Verlauf zu einem marktreifen Produkt weiterausgebaut werden kann.

UCD bietet eine Vielzahl von Methoden an, mit denen Nutzeranforderungen ermittelt, dokumentiert, und überprüft werden können. Etablierte Modelle des UCD, die Ansätze beschreiben wie UCD in den Softwareentwicklungsprozess integriert werden können, sind unter anderem der Usability Engineering Lifecycle (Mayhew 1999), der Ansatz des Scenario Based Design (Rosson und Carroll 2002), der Ansatz Interaction Design (Preece et al. 2002) und die ISO-Norm benutzerorientierte Gestaltung interaktiver Systeme (DIN 2000).

Der Usability Engineering Lifecycle (Mayhew 1999) beinhaltet die Punkte den User kennen, Usability Benchmarking, Ziel-orientiertes Interaktionsdesign, Iteratives Design, Prototyping, Evaluierung und Folgestudien.

Den Kern des Szenariobased Design (SBD) bilden kurze Geschichten, sogenannte Szenarien, die die Aktivität eines potentiellen Nutzers, inklusive dessen sozialen und emotionalen Hintergrundes, beschreiben. Die Geschichte bzw. das Szenario beschreibt demnach eine Abfolge von Handlungen und Ereignissen, die zu einem Ergebnis führen. Die Szenarien können einen bestehenden Nutzungskontext beschreiben, aber auch stellvertretend für eine Zukunftsvision stehen. Durch eine schrittweise und iterative Anpassung der Abstraktions- und Detailtiefe begleiten die Szenarien die komplette Erstellung der zu entwickelnden Dienstleistung von der Analysephase, über das Prototyping bis hin zur Evaluationsphase.

Mithilfe der ISO-Norm „benutzerorientierte Gestaltung interaktiver Systeme (DIN 2000)“ soll die Gebrauchstauglichkeit von interaktiven Systemen durch einen iterativen Prozess gewährleistet werden. Der iterative Prozess zeichnet sich dadurch aus, dass die verschiedenen Stadien eines Entwicklungsprozesses mehrmals durchlaufen werden sollen, bis ein zufriedenstellendes Ergebnis am Ende des Prozesses vorhanden ist. Die Norm sieht dabei zu Beginn vor, den Nutzungskontext zu analysieren. Daraus werden Anforderungen an das zu entwickelnde System abgeleitet. Anhand dieser Anforderungen können Designvorschläge entwickelt werden und diese von künftigen Nutzern evaluiert, also bewertet, werden. In der Entwicklungsphase werden die Aktivitäten iterativ durchgeführt, um sicherzustellen, dass das Endprodukt den Anforderungen des Benutzers genügt.

Kundenzentriete Designprozesse & -methoden

Kundenzentrierte Designprozesse und -methoden helfen, Designern und Entwicklern bessere Dienstleistungen zu gestalten und zu entwickeln, sowie die Servicequalität zu erhöhen, um die Erwartungen der Kunden zu erfüllen. Vorteile, die durch das Anwenden kundenzentrierter Design Prinzipien bei der Dienstleistungsentwicklung auftreten (Maguire 2001), sind unter anderem:

  • Verringerung von Trainings- & Supportzeiten: Human-centered Design und Usability Prinzipien helfen Dienstleistungsunternehmen Schulungszeiten und Supportanfragen zu verringern.

  • Verringerung von Fehlern: Schlecht gestaltete Dienstleistungssysteme steigern deutlich menschliches Versagen aufgrund von Inkonsistenz, Unklarheit oder anderen Interface-Designfehlern.

  • Steigerung der Produktivität: Eine Dienstleistung, die unter Berücksichtigung von User-Centered Design und Usability Prinzipien entwickelt worden ist, ermöglicht es Benutzern sich auf die Aufgabe und nicht auf das Interface zu konzentrieren, um effizient zu arbeiten.

  • Erhöhung der Akzeptanz: Die meisten Nutzer vertrauen in ein Dienstleistungssystem, dass Informationen gut darstellt und leicht zugänglich macht. Das hat zur Folge, dass sowohl die Akzeptanz von Endnutzern als auch die Kundenzufriedenheit steigt.

  • Erhöhung der Reputation: Ein gut konzipierter Service wird den Ruf des Anbieters im Marktumfeld verbessern.

4 Service Design Prozess

Nach dem Rahmenmodell (Kap. 3) besteht ein idealtypisches Vorgehensmodell für die systematische Dienstleistungsentwicklung aus insgesamt acht Phasen (Abb. 5.1).

Abb. 5.1
figure 1

Rahmenkonzept für Dienstleistungsengineering und -management. (Eigene Darstellung)

Verlauf der Dienstleistungsentwicklung

Der Prozess zeigt den Verlauf einer Dienstleistungsentwicklung von der Generierung der Ideen bis hin zur Markteinführung der fertigen Dienstleistung. Innerhalb der ersten Phase, der sogenannten „Startphase“, werden Ideen für eine neue Dienstleistung gesucht. In der Phase der Konzept und Szenario Entwicklung werden Ideen und Anforderungen für die Dienstleistungen erhoben, welche bei der Entwicklung der Dienstleistung zu beachten sind und darüber hinaus werden diese Anforderungen bewertet. Sollte sich herausstellen, dass keine geeigneten Ideen für die Umsetzung gefunden wurden, wird wieder in die Startphase gewechselt und der Prozess beginnt von vorne. Sollte jedoch optimaler Weise eine geeignete Idee gefunden werden, wird diese ausgearbeitet und geht in die Modellierungs- und Spezifikationsphase über. In dieser werden Prozesse definiert und die eigentliche Applikationsentwicklung angestoßen. Von diesem Punkt läuft die Phase in die Testphase über, in der die entwickelte Dienstleistung pilotiert und evaluiert wird. Wird die Dienstleistung als positiv bewertet, wird sie am Markt eingeführt. Dies führt in die Phase des Managements und Betriebes, weiter zum Performance Measurement und der Qualitätssicherung. Im weiteren Verlauf stehen Verbesserungsmaßnahmen an bis am Ende des Lebenszykluses der Marktaustritt geplant wird.

Prototyping

Das Prototyping ist innerhalb des Service Design Prozesses zu finden und kann somit innerhalb des Kreislaufes in der Start- und Analysephase eingeordnet werden (vgl. Abb. 5.2). Die Aufgabe des Service Design ist es „Dienstleistungen zu gestalten, die nützlich, nutzbar und attraktiv aus der Perspektive der Kunden und effektiv und effizient aus der Perspektive der Unternehmen sind“. Der Prozess des Service Design schließt die Phasen Identifikation, Exploration, Ideation, Prototyping und Evaluierung ein (vgl. Abb. 5.2).

Abb. 5.2
figure 2

Phasen des Service Designs i. A. a. Bullinger und Scheer 2003 und Scheuing und Johnson 1989

Phasen des Service Designs

In der Identifikationsphase werden die Ziele für die Dienstleistungsentwicklung definiert und die dazu benötigten Mittel festgelegt. In der Explorationsphase werden die Endnutzer analysiert und deren Bedürfnisse ermittelt, um eine zielgruppenadäquate Leistung erstellen zu können. In der dritten Phase liegt der Schwerpunkt auf der Ideengenerierung. In dieser Phase werden Lösungsansätze für die Problemfindung gesucht. Hierfür können verschiedene Methoden oder auch Kreativitätstechniken genutzt werden. Die bekannteste Methode stellt das Brainstorming dar, bei der eine Gruppe von 5–20 Personen gemeinsam nach Lösungsansätzen sucht und somit Ideen erzeugt. Diese Ideen können dann innerhalb der Phase des Prototypings umgesetzt werden, in der die Produkt- und Leistungsideen visualisiert gestaltet werden. In der letzten Phase wird die Akzeptanz der Ideen bewertet und der Prozess beginnt von vorne. Ein Service Design Prozess wird normalerweise nicht nur einmal, sondern öfter durchlaufen, damit eine höhere Qualität implementiert und auch nach weiteren Innovationen geforscht wird (Mager und Gais 2009, S. 68 ff.).

Service Design Prozess als iteratives Vorgehen

Der Service Design Prozess ist ein iteratives Vorgehen. Der Lösung eines Problems wird sich schrittweise, aber zielgerichtet, genähert und einzelne Schritte werden unter Anwendung desselben Verfahrens wiederholt. Die eingesetzten Methoden erlauben es, die Kundenperspektive erlebbar zu machen, bilden eine Basis für das Entwickeln kreativer Ideen und ermöglichen es, frühzeitig neue Dienstleistungskonzepte einfach und effizient zu testen. Das Design einer Dienstleistung kann Schritt für Schritt, aufgrund der Evaluationsergebnisse, verfeinert werden, bis ein optimales Ergebnis vorliegt. Insgesamt lässt sich der Prozess in fünf Phasen unterteilen.

4.1 Identifikationsphase

Die primäre Zielsetzung der Identifikationsphase dient der Aufnahme der Rahmenbedingungen der zu entwickelnden Dienstleistung. Es ist nicht von zentraler Bedeutung, ob es sich hierbei um eine Dienstleistungsinnovation oder das Verbessern einer bestehenden Dienstleistung handelt.

Aus der Service Strategie werden Vorgaben in der Identifikationsphase aufgegriffen, die dann in den nachfolgenden Phasen zu einem Prototyp entwickelt werden können.

Dazu können Service Blueprints erstellt werden, um aktuelle Prozesse zu dokumentieren. Der Einsatz verschiedener verfügbarer Technologien wird geprüft, sowie die Aufgabenstellung und Zielsetzung des Projektes definiert.

4.2 Explorationsphase

Die Explorationsphase erforscht das Nutzerverhalten der anvisierten, späteren Zielgruppe und wie diese das neu geplante Angebot nutzen wird. Hier können sowohl quantitative als auch qualitative Dimensionen untersucht werden. Quantitative Anhaltspunkte können Kundenstatistiken und Marktforschungsergebnisse liefern. Methoden der qualitativen Forschung, deren Ursprung in der empirischen Sozialforschung liegt, unterstützen die Informationserhebung. Interviews mit Benutzern oder Experten, Fokusgruppen oder teilnehmende Beobachtungen (Shadowing) der Kunden beim Konsumieren einer Dienstleistung liefern wertvolle Ergebnisse. Eine zentrale Frage in dieser Phase lautet: Welche Charakteristiken und Verhaltensweisen hat mein Kunde?

Personas

Personas sind der Archetyp eines Nutzers, bzw. eine Pauschalisierung einer bestimmten Nutzergruppe (Cooper 1999). Den Ausgangspunkt für Personas bildet eine präzise Beschreibung der Nutzer und ihrer Ziele. Personas ermöglichen dem Entwickler einer Dienstleistung oder eines Produktes sich in den Nutzer hineinzuversetzen und mit anderen Entwicklern oder Designern über ihn zu kommunizieren. Eine Zielgruppe, beispielsweise ältere Menschen, die an unbemerkten Gewichtsverlust leiden, kann zu der Persona „Karl-Heinz“ werden (Prinz et al. 2009) und ermöglicht es, über die konkreten Ziele, Erwartungen und Eigenschaften zu sprechen. Damit wird es allen am Projekt Beteiligten, möglich sich den Nutzer plastisch vorzustellen.

Um diese prototypischen Benutzer darzustellen und den Vorteil dieser zu nutzen, müssen zunächst die richtigen Personen für das Design ausgewählt werden, dabei soll darauf geachtet werden, dass die Bedürfnisse dieser Personen den Bedürfnissen einer großen Menge von Schlüsselanwendern zugeordnet werden kann. Die Priorisierung der User sollte die wichtigsten Bedürfnisse für die Anwendung erfassen, ohne jedoch die Bedürfnisse nachrangiger User einzuschränken (Cooper et al. 2010).

Personas geben Auskunft über:

  • Aktivitäten

  • Einstellungen

  • Fähigkeiten

  • Motive

  • Können

Informationen über persönliche Charaktereigenschaften, wie Name, Alter, Geschlecht usw. lassen die Personas noch persönlicher wirken und erzielen dadurch ein noch effizienteres Ergebnis.

Außerdem lassen sich Personas in vier Kategorien klassifizieren (Richter und Flückiger 2010):

  1. 1.

    Primäre Persona: Optimierung des Produktes an den Bedürfnissen und Anforderungen dieser User.

  2. 2.

    Sekundäre Persona: Orientierung an Primären Personas, jedoch sind hier einige Erweiterungen notwendig.

  3. 3.

    Ergänzende Persona: Bedürfnisse sind hier vollständig durch primäre Persona abgedeckt.

  4. 4.

    Non- Persona: Diese Persona wird explizit nicht berücksichtigt.

4.3 Ideenentwicklungsphase

Durch die eigentliche Bearbeitung der Aufgabe entsteht, zum Ende der dritten Phase die Invention (auch Inventionsphase), also die Idee einer Innovation. Es werden unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten hinsichtlich des vordefinierten Problems gesucht. Je mehr verschiedene Ansätze hierbei erarbeitet werden, desto wahrscheinlicher ist das Finden eines möglichst optimalen Lösungsansatzes. Zur Generierung von Ideen werden oftmals erfolgreich unterschiedliche Techniken und Methoden angewendet, die der Steigerung der Kreativität dienen sollen (Schlicksupp 1989). Einen Ansatz bietet beispielsweise De Bono (1976) mit der Unterscheidung zwischen vertikalem und lateralem Denken. Das vertikale Denken bezeichnet das logische und durch Erziehung überlieferte Denken, welches auf klaren Strukturen beruht. Kontinuierlich bauen alle implizierten Denkschritte aufeinander auf und folgen somit einem eindeutigen Verlaufsmuster. Im Gegensatz hierzu bedeutet laterales Denken eine Umstrukturierung des gewöhnlichen Denkprozesses. Der Fokus liegt hierbei auf der Generierung möglichst vieler Ideen und Alternativen. Es geht also nicht darum, die beste und einzig richtige Lösung zu finden, sondern vielmehr nach möglichst vielen und unterschiedlichen Lösungsansätzen zu suchen. Während beim vertikalen Denken, durch den aufeinander folgenden Aufbau, immer nach richtig und falsch unterschieden wird und die einzelnen Ergebnisse als richtig oder falsch beurteilt werden, nutzt das laterale Denken jede Idee, um möglicherweise eine neue zu erschließen. Das richtig oder falsch der Ideen spielt dabei keine Rolle. Es geht vielmehr darum, möglichst unwahrscheinliche, verschiedenartige, ungewisse und unstrukturierte Ideen hervorzubringen. Die Art der lateralen Denkweise fördert die Kreativität und Ideengenerierung, weil sie starre Strukturen aufhebt und nach Alternativen sucht, sie zwischen den gefundenen Ideen umherspringen kann und nicht an ein vorgegebenes Muster gebunden ist. Es ist ein Denkansatz, um Richtungswechsel und den Blick für Neues zu eröffnen (De Bono 1989).

Im Folgenden werden drei Kreativitätstechniken des lateralen Denkens (Brainstorming, 6-3-5 Methode und Morphologischer Kasten) zur Ideengenerierung aufgezeigt:

Brainstorming

Brainstorming ist eine Methode, um eine große Anzahl von neuen, ungewöhnlichen Ideen für die Lösung eines Problems zu generieren. Die Methode ist zur Anwendung innerhalb einer Gruppe (5–20 Personen) entwickelt worden. Gründer dieser Methodik ist der Amerikaner Alex Faickney Osborn, der 1953 das Prinzip des Brainstormings veröffentlichte. Er stellte die These auf, dass durch den Einsatz von Brainstorming eine Gruppe ihren kreativen Output verdoppeln kann (Osborn 1963). Das Brainstorming kann in drei Phasen unterteilt werden, die Vorbereitung, die eigentliche Ideenfindung sowie die Sortierung und Bewertung der generierten Ideen.

Phase 1 Vorbereitung

Im Vorfeld des Brainstormings muss das Kernproblem definiert werden. Dabei ist es wichtig, dass das Problem klar abgegrenzt ist, nicht zu umfangreich ist und einer Leitfrage unterliegt. Eine Leitfrage kann beispielsweise sein: „Welcher Service (Apps) auf Mobiltelefonen ist für Patienten hilfreich, jedoch noch nicht verfügbar?“

Phase 2 Ideengenerierung

Beim Brainstorming gelten grundsätzlich vier Regeln:

  1. 1.

    Quantität: Viele Ideen in kürzester Zeit entwickeln (Zeitrahmen ca. 5–30 min).

  2. 2.

    Keine Kritik: Kommentare, Korrekturen, Kritik sind verboten.

  3. 3.

    Kombinieren und Ideen erweitern: Kombinieren und Aufgreifen von bereits geäußerten Ideen ist erwünscht.

  4. 4.

    Ungewöhnliche Ideen: Freies Assoziieren und Phantasieren ist erlaubt.

Die Teilnehmer nennen spontan Ideen und Phantasien. Dabei ist es explizit erwünscht, dass geäußerte Ideen aufgegriffen und weiterentwickelt werden. Die generierten Ideen werden protokolliert.

Phase 3 Sortieren & Bewerten

Die zuvor generierten Ideen werden von den Teilnehmern sortiert und können anschließend bewertet werden. Beim Sortieren geht es um die thematische Zugehörigkeit und dem Aussortieren problemferner Ideen. Die Bewertung der Ideen kann, muss aber nicht, von den Teilnehmern oder durch andere Abteilungen, Vorgesetzte oder externe Dienstleister durchgeführt werden.

6-3-5 Methode

Die 6-3-5 Methode, auch Brainwriting genannt, basiert auf dem Konzept des Brainstormings und hat das Ziel 108 Ideen mit 6 Teilnehmern in 30 min zu generieren (6 Teilnehmer, je 3 Ideen, 5 mal Weiterreichen). Die Methode ist von Rohrbach (1969) für die Ideengenerierung in kleinen Gruppen entwickelt worden. Auch bei dieser Methode steht die Quantität der Ideen und nicht die Qualität im Vordergrund (Rohrbach 1969).

Im Idealfall hat das Brainstorming sechs Teilnehmer sowie einen Moderator. Die Teilnehmer erhalten ein Blatt mit 18 Kästchen (drei Spalten und sechs Reihen) in dem sie die ausformulierten Ideen in der ersten Reihe eintragen. Je nach Problemkomplexität werden die Blätter alle fünf bis zehn Minuten im Uhrzeigersinn weitergereicht. Die bereits niedergeschriebenen Ideen sollen vom nächsten Teilnehmer aufgegriffen und wenn möglich weiterentwickelt werden. Am Ende können die Ideen von den Teilnehmern oder von Extern bewertet werden.

Morphologischer Kasten

Die Kreativitätstechnik „morphologischer Kasten“, entwickelt von Zwicky (1966–1969), ist eine analytische Methode zur kreativen Lösungsfindung von Problembereichen (Zwicky 1966).

Die mehrdimensionale Matrix, die auch das Kernstück der Methode darstellt, hat eine strukturierte Vorgehensweise (Zwicky 1989):

  1. 1.

    Zunächst werden alle Merkmale, die den Fragestellungen angehören erfasst und untereinander aufgeschrieben. Dabei ist darauf zu achten, dass diese voneinander unabhängig und auch umsetzbar sind.

  2. 2.

    Wenn nun die zugehörigen Ausprägungen zu den jeweiligen Merkmalen rechts daneben geschrieben werden, entsteht eine Matrix, die alle Kombinationen der Ausprägungen der Merkmale und damit alle theoretisch möglichen Lösungen der Problemstellungen darstellt.

  3. 3.

    Die Auswahl der Ausprägungen kann in zwei Arten erfolgen:

    • Systematisch: Hier wird die Auswahl der Ausprägungen nur auf die betroffenen Merkmale beschränkt.

    • Intuitiv: Dabei werden alle Merkmale berücksichtigt und zu jedem wird eine Ausprägung ausgewählt, wodurch ein Linienzug entsteht, der eine alternative Lösung darstellt. Wenn dieser Prozess mehrmals durchgeführt wird, entstehen mehrere Kombinationen, woraus dann Ideen entwickelt werden können.

Diese Methode kann beliebig viele Merkmale enthalten, was die Berücksichtigung vieler Problemstellungen ermöglicht. Allerdings ist darauf zu achten, dass nicht zu viele Merkmale aufgeführt werden, da folglich zu viele Lösungsmöglichkeiten zu Unübersichtlichkeit führen (Nöllke 2006). Hierbei sollte man die Teilnehmeranzahl der Gruppe berücksichtigen (Magiera 2009).

4.4 Service-Prototyping

Die vielversprechendsten Ideen können in der Service-Prototyping-Phase umgesetzt werden. Unter Prototypen werden in diesem Zusammenhang Abbildungen von Produkt- und Service-Ideen verstanden, die eine Visualisierung der Idee ermöglichen. Sie können auch als unvollständige Teile eines Gesamtsystems dienen, die es ermöglichen Designideen auszuprobieren (Balzert 1989). In den ersten Durchläufen sehen Prototypen oftmals sehr einfach aus. Mit Hilfe von Mockups, wie beispielsweise Papierprototypen, Wizard of Oz Anwendungen, können Dienstleistungen oder User-Interface kostengünstig dargestellt werden.

Prototypen werden auch verwendet, um Lösungen für Probleme zu finden. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Prototypen ein Instrument zur Überprüfung von Ideen und Konzepten sind und geben somit die Möglichkeit mit Lösungsalternativen zu experimentieren und zu forschen (Buchenau und Suri 2000, S. 424 f.; Lim et al. 2008, S. 2). Des Weiteren können mit Hilfe von Prototypen Ideen einfach dargestellt werden und eine verständliche Form für die Kommunikation zwischen den einzelnen Stakeholdern herbeigeführt werden (Snyder 2003, S. 13).

Nach Bruhn (2003) sollten Prototypen bestimmte Anforderungen erfüllen. So nennt er zum einen den Leistungsbezug, das heißt der Kunde muss anhand eines Prototyps den Kern- und Zusatznutzen erkennen und beurteilen können. Zum anderen geht er auf den Aspekt der Vollständigkeit ein, somit sollte ein Prototyp eine Leistung detailliert wiedergeben, damit sowohl die Endnutzer als auch die Mitarbeiter lernen mit der Leistung umzugehen. Des Weiteren sollte ein Prototyp geeignet zum Testen sein, d. h. nicht zu stark individualisierungsbedürftig sein, damit generelle Implikationen für die weitere Entwicklung gewonnen werden können. Auch sollte ein Prototyp variierbar sein, um alternative Lösungsmöglichkeiten zu erhalten und die Validität sollte gegeben sein, damit durch die Evaluierung Verbesserungsmöglichkeiten gefunden werden können (Bruhn 2003).

Im Folgenden werden nun die Eigenschaften von Prototypen vorgestellt. Eine der wichtigsten Eigenschaften von Prototypen, stellt die Unvollständigkeit dar, da normalerweise nur bestimmte Eigenschaften einer Leistung oder eines Produktes mittels Prototypen dargestellt werden können. Die umgesetzten Attribute hängen sehr stark von den gesetzten Zielen ab, welche untersucht werden sollen. So können beispielsweise nur die Größe und Form eines Gerätes mittels eines Prototyps untersucht werden, oder aber auch die Funktionalitäten können bei einer Untersuchung im Vordergrund stehen. Nach Lim et al. (2008) können Prototypen auch als Filter betrachtet werden, welche Produkt- und Leistungseigenschaften herausfiltern. Dabei unterscheidet man zwischen verschiedenen Dimensionen von Prototypen, die sowohl für Produkte und klassische Dienstleistungen, als auch besonders für IT-gestützte Dienstleistungen gelten:

  • Appearance: die physischen Eigenschaften eines Prototypen (Form, Farbe, Gewicht, Haptik, Größ, etc.)

  • Data: Informationsarchitektur (Größe der Daten, Datentyp, semantische Organisation der Daten, etc.)

  • Funktionality: Systemfunktionen

  • Interacitvity: Interaktivitätsgrad und wie werden Interaktionen mit dem Prototypen umgesetzt

  • Spatial structure : Anordnung und Beziehungen der Schnittstellen oder Informationen, sowie deren räumliche Dimension (zwei oder dreidimensional, immateriell oder materiell)

Außerdem hat Lim et al. (2008) festgestellt das es drei Eigenschaften gibt, welche entscheidend für die Umsetzung von Prototypen sind. Zum einen spielt der Aspekt des Mediums, aus dem ein Prototyp erstellt wird, eine wichtige Rolle. Hierbei wird keine Unterscheidung zwischen greifbarem und nicht greifbarem Material gemacht. Somit kann ein Prototyp aus Papier, Holz oder Plastik bestehen, oder auch mit Hilfe von verschiedenen computerbasierenden Tools, wie z. B. Adobe Flash, erstellt werden. Außerdem ist es von besonderer Bedeutung, wie realistisch ein Prototyp erstellt wird und welche und wie viele Eigenschaften der Produkt- und Dienstleistungsidee mittels eines Prototypens abgedeckt werden (Lim et al. 2008).

In der Literatur und Praxis gibt es mittlerweile zahlreiche verschiedene Methoden, um Prototypen zu entwickeln und zu testen. Einige ausgewählte Ansätze werden im kommenden Abschnitt vorgestellt und erläutert.

Low-Fidelity Prototypen

Szenarios sind konsistente, alternative Abbildungen der Zukunft, die in einem gemeinsamen kommunikativen Prozess entworfen werden. Sie dienen dazu, sich mit kommenden Herausforderungen und Trends, die von den eigenen Zielvorstellungen abhängig sind, auseinanderzusetzen. Die Ergebnisse dieser Technik sind ein ideales Instrument, um Entscheidungen vorzubereiten (Burmeister et al. 2004).

Szenarien

Die Szenarienentwicklung erfolgt in acht Schritten (Reibnitz 1992):

  1. 1.

    Aufgabenanalyse: Problemfelder werden aufgesucht und analysiert.

  2. 2.

    Einflussanalyse: Dieser Schritt beinhaltet das Auffinden von möglichen Einflussfaktoren und den damit verbundenen Auswirkungen.

  3. 3.

    Deskriptorenanalyse: Damit erfolgt die Ermittlung und Beschreibung der Deskriptoren sowie deren Projektion auf den Betrachtungszeitraum (Kenngrößen/Maßzahl der Einflussfaktoren; alternativ/eindeutig).

  4. 4.

    Szenarienbildung: Bildung von Extrem- und Trendszenarien.

  5. 5.

    Szenarienanalyse: Bei diesem Schritt soll kontrolliert werden, ob die Szenarien widerspruchsfrei, logisch und verträglich sind. Außerdem erfolgt hier die Ausgestaltung der Szenarien.

  6. 6.

    Konsequenzanalyse: Entwicklung von Lösungsansätzen und Analyse der Auswirkungen (Chancen/Risiko-Auswertung).

  7. 7.

    Störereignisanalyse: Störereignisse werden aufgesucht und evtl. die damit verbundenen Präventivmaßnahmen (Krisenplan-Erstellung).

  8. 8.

    Szenario-Transfer: Umwandlung der Ergebnisse in eine Leitstrategie für die Gegenwart.

Im nachfolgenden wird ein Beispielszenario aufgezeigt (Prinz et al. 2009):

Beispiel Szenario

Karl-Heinz genießt seit mehreren Jahren seinen Ruhestand. Vor einigen Monaten ist seine Frau verstorben. Seine Kinder wohnen mehrere Hundertkilometer entfernt in einer Großstadt. Er leidet, bedingt durch den Tod seiner Frau und der sozialen Einsamkeit, an Depressionen.

Neben den psychischen Auswirkungen machen ihm die altersbedingten physischen Leiden Probleme. Die Gelenke schmerzen ihm beim Gehen, das Hören und Sehen klappt nicht mehr so gut und auch das neue Gebiss will nicht so recht sitzen. Hinzu kommt, dass er in seinem Leben nur einige wenige Male am Herd stand. Seine Frau liebte das Kochen, er hingegen konnte der Küchenarbeit nie etwas abgewinnen. Selbständiges nachgehen alltäglicher Aktivitäten und Verrichtung, wie beispielsweise die Zubereitung von warmen Mahlzeiten, kann er nicht mehr selbst vornehmen, er ist auf die Hilfe von ambulanten Pflegediensten und „Essen auf Rädern“ angewiesen.

Da er oft alleine in seiner Wohnung verweilt und sich nicht viel bewegt, verlangt sein Körper auch nicht regelmäßig nach Nahrung. Oft vergisst er deswegen zu Essen, die Folge daraus ist, dass sein Körper schwächer und schwächer wird.

Seine Kinder sind mit mobilen Diensten groß geworden und haben vor kurzem erfahren, dass ihr Vater immer mehr an Gewicht verliert. Vor kurzem haben sie von einem System gehört, mit dessen Hilfe es einfach und intuitiv möglich ist, die tägliche Kalorienaufnahme und den Verbrauch von Kalorien informationstechnisch zu speichern und zu analysieren.

Obwohl Karl-Heinz sich sein Leben lang wenig für technische Geräte interessiert hat, kann er mit dem NFC-basierten Ernährungsmanagement spielend leicht die Daten erfassen. Alles funktioniert mit seinem Mobiltelefon, durch Berühren eines Lebensmittelbildes auf einem dafür hergestellten Plakat werden die Daten an das System übermittelt. Zweimal das Plakat berühren genügt um die Daten zu versenden.

Werden über mehrere Tage zu wenige Kalorien aufgenommen, erhält zunächst der Pflegebedürftige eine Warnung, im weiteren Verlauf werden auch Pfleger und/oder Angehörige sowie der Arzt informiert. Mit seinem NFC-Mobiltelefon kann er selbstständig die Aufnahme seiner Nahrungsaufnahme durch die Berührung des Lebensmittelbildes protokollieren.

Durch die ständige Auseinandersetzung mit dem Thema Ernährung und den gelegentlichen automatisch eingehenden Warnungen und Erinnerungen hat Karl-Heinz in letzter Zeit sogar sein Gewicht wieder aufstocken können.

Storyboards

Einen weiteren Ansatz von Low-Fidelity-Prototypen bilden Storyboards. Storyboards wurden ursprünglich für die Filmproduktion genutzt und bestehen aus einer Abfolge von Szenen (vgl. Abb. 5.3). Die Szenen stellen eine Handlungsabfolge dar und erzählen somit eine filmische Geschichte. Grundsätzlich handelt es sich um eine Visualisierung eines Szenarios (Thesmann 2010, S. 228; Richter und Flückiger 2010, S. 34). Darüber hinaus zeigt es auf, wie ein Produkt oder eine Dienstleistung verwendet werden soll und es dient zur Kommunikation zwischen allen Beteiligten (Richter und Flückiger 2010, S. 34). Die Darstellungsmöglichkeiten reichen von skizzenartigen bis hin zu realistisch gestalteten Abfolgen. Mittlerweile gibt es auch die Möglichkeit Storyboards elektronisch zu erstellen. Das Ziel von Storyboards ist es Vorschläge und Entscheidungen über Anwendungsfunktionen, der Gestaltung oder aber auch der Software-Architektur zu vermitteln. Dabei ist es wichtig, dass plausibel begründet wird, warum die Personen in der Geschichte so handeln. Der Ansatz wird gerade in der frühen Phase einer Ideenentwicklung genutzt (Thesmann 2010; Richter und Flückiger 2010).

Abb. 5.3
figure 3

Storyboard für einen NFC-basierten, mobilen Freizeitplaner. (Studentische Arbeit aus der Veranstaltung Creating Innovative Servcies SS 2009)

Der Vorteil dieser Methode liegt zum einen darin, dass sie sehr kostengünstig ist und zum anderen auch, dass mittels einer Visualisierung Aspekte besser vermittelt werden können als textuell. Außerdem können Erlebnisse besser an das Zielpublikum transportiert werden. Der Ansatz eignet sich daher gerade für die Dialogabfolge von Benutzerschnittstellen, für das Aufzeigen schwer verständlicher Konzepte und Sachverhalte sowie für die Verdeutlichung wichtiger Aspekte des Anwendungskontextes (Richter und Flückiger 2010, S. 36).

Papierbasierte Prototypen

Eine weitere Variante von Low-Fidelity-Prototypen stellen die papierbasierten Prototypen dar. Ein papierbasierter Prototyp wird mit einfachen Mitteln nur grob skizziert (low fidelity). Das Ziel von papierbasierten Prototypen liegt in der Visualisierung von Annahmen und Anwendungssituationen. Der Kreativität bei der Erstellung sind keine Grenzen gesetzt, so können die verschiedensten Hilfsmittel von Stiften, Klebezetteln, Papier, Kleber, etc. genutzt werden, um einen papierbasierten Prototypen zu erstellen (Snyder 2003, S. 13). Da mittels diesem Prototypenansatzes keine tiefgehenden Funktionalitäten dargestellt werden können, sind sie als Low-Fidelity-Prototyp einzuordnen (Arnowitz et al. 2007). Papierbasierte Prototypen bieten eine Reihe von Vorteilen. So lassen sich Prototypen auch ohne technische Kenntnisse schnell und leicht erstellen. Außerdem stellt es eine kostengünstige Version dar, die bereits in der frühen Phase der Dienstleistungsentwicklung genutzt werden kann, um Probleme frühzeitig aufzudecken. Des Weiteren, hat es die bereits erwähnten Vorteile, der vereinfachten Kommunikation zwischen den Stakeholdern sowie der Förderung von Kreativität (Snyder 2003, S. 13).

Es ist festzuhalten, dass mittels Low-Fidelity-Prototypen nur wenige bis gar keine interaktiven Anwendungsfunktionen dargestellt werden können. Auch können Usability Tests nur begrenzt durchgeführt werden (Engelberg und Seffah 2002, S. 204). Low-Fidelity Prototypen zeichnen sich dadurch aus, dass sie in der frühen Phase der Ideengenerierung genutzt werden und somit innerhalb des Service Design Prozesses bereits in der Phase Ideation zum Einsatz kommen können. Ein weiterer wichtiger Vorteil dieser Methode ist die Entstehung niedriger Kosten. Weitere Vorteile von Low-Fidelity-Prototypen, bestehen in der Schnelligkeit der Erstellung und ermöglichen eine frühzeitige Bewertung im Service Design Prozess. Außerdem erleichtert es, durch die frühzeitige visuelle Darstellung einer Idee, das Brainstorming, lädt zu Diskussionen ein und größere Probleme können frühzeitig erkannt und ausgebessert werden (Snyder 2003).

Medium-Fidelity Prototypen

Nach Engelber und Seffah (2002) zeichnen sich Medium-Fidelity-Prototypen dadurch aus, dass sie sehr detaillierte Prototypen darstellen, welche die interaktiven Funktionen simulieren und die gesamte Navigation der Idee abgebildet werden kann. Darüber hinaus können alle interaktiven Funktionen wie Navigation, Funktionen, Inhalt, Layout dargestellt und vor allem auch bewertet werden, dies ermöglicht es auch Usability Tests durchzuführen. Auch stellt es im Vergleich zu einem High-Fidelity-Prototypen eine kostengünstigere Art und Weise dar, obwohl das vollständige Endprodukt noch nicht kommuniziert werden kann, da einige Spezifikationen noch nicht enthalten sein können. Als Beispiel für Medium-Fidelity-Prototypen werden nun die Ansätze Wizard of Oz und digitale Prototypen erläutert.

Wizard of Oz

Die Methode Wizard of Oz wurde bereits in den 1980er Jahren von John F. Kelley entwickelt und beschreibt einen Software-basierten Prototyp. Die Besonderheit liegt darin, dass eine Person an einem Computer sitzt, die noch niemals mit der neu entwickelten Software gearbeitet hat und nicht weiß, dass der Computer mit einem zweiten Computer verbunden ist. Die Steuerung des zweiten Computers übernimmt dabei häufig eine Person aus dem Entwicklerteam. Der Proband geht davon aus, dass er mit dem Computer interagiert, wobei in Wirklichkeit der Entwickler die Interaktion beantwortet (Dahlbäck et al. 1992). Die Interaktionen werden während der Nutzung protokolliert und aufgezeichnet, damit im Nachhinein eine genaue Analyse vorgenommen werden kann (Bernsen et al. 1993, S. 2).

Das Ziel dieser Methode ist es, das menschliche Verhalten und typische Bediensituationen zu kategorisieren (Nieschulz et al. 2001, S. 23). Ein Vorteil der Methode ist es, dass sie ohne eine bestimmte Technologie durchgeführt werden kann, wodurch Kosten und Zeit gespart werden kann (Gibbon et al. 1997). Außerdem kann eine optimale Anpassung an die Erwartung der Endnutzer vorgenommen werden, da das menschliche Verhalten und die Bediensituationen analysiert werden können (Bernsen et al. 1993; Nieschulz et al. 2001).

Digitale Prototypen

Ein weiterer Ansatz zur Erstellung eines Medium-Fidelity-Prototypen besteht in der Nutzung von digitalen Prototypen, mit denen die visuelle Gestaltung und interaktive Funktionen dargestellt werden können, aber die Systeme noch nicht programmiert werden müssen. Als Beispiel können hier die Programme PowerPoint, Adobe Flash oder auch Dreamweaver aufgezählt werden. Mit Hilfe dieser Programme besteht die Möglichkeit, Funktionen einer Idee darzustellen, auch auf die Optik kann bereits eingegangen werden und erste Farbideen oder Iconideen eingebracht werden. Mittlerweile gibt es auch eine Reihe von speziellen Prototyping-Tools, mit denen Medium-Fidelity-Prototypen erstellt werden können (Engelberg und Seffah 2002).

Es ist festzuhalten, dass der Kostenaufwand von Medium-Fidelity-Prototypen viel geringer ist als bei High-Fidelity-Prototypen, auch können erste interaktive Funktionen getestet werden. Es können mit Hilfe einfacher technischer Unterstützung Prototypen erstellt werden, womit auch die ersten Usability Test durchgeführt werden können. Jedoch ist auch zu sagen, dass diese Art von Prototyp noch nicht mit dem finalen Endprodukt verglichen werden kann (Engelberg und Seffah 2002).

High-Fidelity-Prototypen

High-Fidelity-Prototypen können dadurch charakterisiert werden, dass es sich um eine lebensechte Simulation des Endproduktes handelt. Es existiert bereits ein verfeinertes Konzept hinsichtlich Grafik und Design. Außerdem spiegelt es eine hohe Funktionalität und alle interaktiven Funktionen wider. Bei High-Fidelity-Prototypen wird die Benutzerschnittstelle eines Produktes oder einer Dienstleistung mit Hilfe von Software simuliert. Ihr Entwicklungsaufwand ist dementsprechend hoch, so muss mit einem hohen Zeit- und Kostenaufwand für eine solche Entwicklung gerechnet werden. Auch wird für die Erstellung eines High-Fidelity-Prototypen ein höheres Verständnis von Technik benötigt, wie die zwei nächsten Ansätze zeigen (Engelberg und Seffah 2002; Virzi et al. 1996).

Softwareprototypen

Eine Variante von High-Fidelity-Prototypen stellen die Softwareprototypen dar. Sie simulieren die Benutzerschnittstelle eines Produktes oder einer Dienstleistung mit Hilfe von Software. Diese Software wird auf einem grafischen Display ausgeführt und mit Maus oder Touchscreen bedient. Für die Entwicklung solcher Prototypen können Programmiersprachen wie Java, C + + oder Smalltalk verwendet werden. Durch die Nutzung von Softwareprototypen können im Vergleich zu Low- oder Medium-Fidelity-Prototypen auch tiefer liegende Funktionen simuliert werden (Arnowitz et al. 2007; MacDonald 2009).

Ein weiterer Ansatz stellen die Hardwareprototypen dar. Wenn für einen Prototyp nicht nur Software, sondern auch Hardware benötigt wird, spricht man von einem Hardwareprototypen. Hardwareprototypen können aus verschiedenen Materialien wie Knete, Holz, Ton oder Schaumstoff bestehen. Mit Hardwareprototypen können verschiedene Eigenschaften wie Gewicht, Form oder Größe von mobilen Geräten getestet werden. Hardwareprototypen können aus elektronischen Bauteilen bestehen, die selber zusammengesetzt werden oder aus fertigen Geräten stammen (Arnowitz et al. 2007; Bergmann 2000). (Tab. 5.1)

Tab. 5.1 Zusammenfassende Ergebnisübersicht der Prototypenphasen. (Eigene Darstellung)

Usability-Test

Usability Testing ist eine grundlegende Methode der Bewertung bzw. Evaluierung (Nielsen 1993). Dieser Test beschreibt den Prozess zum Erfassen der Usability eines Produktes, durch die Beobachtung eines Nutzers während der Interaktion mit dem Produkt (Barnum 2002). Tests wie Eyetracking, Userbefragungen usw. dienen zur Überprüfung getroffener Annahmen in allen Entwurfsstadien.

Die möglichen Untersuchungen gliedern sich in verschiedene Formen, wie z. B. als Feldtest oder als Simulation in Laboruntersuchungen. Bei der Überlegung welche Form am besten geeignet wäre, sind zunächst folgende Fragen zu stellen (Nielsen 1993):

„Zero users give zero insights“ (Nielsen)

  • Was ist das Ziel?

  • Wo und wann soll der Test stattfinden?

  • Wie viel Zeit sollte der Test in Anspruch nehmen?

  • Welche Computerunterstützenden Systeme sind notwendig?

  • Was für eine Software ist notwendig?

  • Auf welchem Stand sollte das zu bewertende System zum Zeitpunkt des Teststarts sein?

Da es beim Usability Testing keine optimale Lösung gibt, um sämtliche Faktoren zu berücksichtigen, sollte es einen Methodenmix geben, der an die speziellen Bedürfnisse angepasst werden muss (Bernhaupt 2009).

5 Bewertung von Dienstleistungsideen

Überprüfung und Sortierung

Eine Bewertung der gefundenen Lösungsmöglichkeiten ist insofern zunächst schwierig, als dass die Entscheidung üblicherweise mit einer Unsicherheit hinsichtlich der tatsächlichen Zukunftsentwicklung stattfindet. Je deutlicher im Vorfeld die Problemanalyse und Zielvorstellungen abgegrenzt wurden, desto realistischer lässt sich die Bewertung der Alternativen durchführen. Hierzu gehören beispielsweise auch klare Vorstellungen über den zu erreichenden Sollzustand. Ein Konflikt kann hier zwischen der Notwendigkeit, möglichst umfangreiche Informationen zur Verringerung der Unsicherheit zu sammeln und den hierfür aufzuwendenden Kosten der Beschaffung entstehen. Durch geeignete Bewertungsstrategien kann der Konflikt reduziert werden. Bestehen mehrere Lösungen für ein definiertes Problem, kann die Selektion beispielsweise nach einem Stufenverfahren entstehen. Hierbei wird zunächst aufgrund weniger aber eindeutiger Bewertungskriterien mit starker Selektionswirkung eine Vorauswahl getroffen. Mit allen folgenden Bewertungsstufen können die verbleibenden Alternativen weiter ausgearbeitet werden und anhand immer feiner werdender Kriterien weiter selektiert werden. Die Planungsdauer einer Innovation spielt hierbei ebenfalls eine Rolle, da die Unsicherheit mit wachsendem Planungshorizont steigt. Zudem stützt man sich bestenfalls auf wahrscheinlich eintretende Entwicklungen, die mit unterschiedlichen Verfahren vorhergesagt werden können (z. B. Trendanalysen, Delphi-Prognose). Angewendete Bewertungsverfahren sind unter anderem die Pro-und-Contra-Analyse, Nutzenwertanalysen, Wirtschaftlichkeitsrechnungen oder ABC-Analysen (Schlicksupp 1989).

6 Anwendungsbeispiel: Entwicklung einer mobilen Selbstbewertungsdienstleistung

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Forschungsprojekt „Mobile HybriCare“ untersucht, wie die intelligente Verzahnung von Produkt- (RFID- und NFC-unterstütztes Ernährungsmanagement) und Dienstleistungselementen (ärztlich, pflegerisch, medizintechnisch) Kostenreduzierung bei gleichzeitiger Qualitätserhöhung der medizinischen Versorgung herbeiführen kann. Ziel ist es zu erforschen, wie innovative, personenbezogene Dienstleistungen und Technologien für chronisch Erkrankte entwickelt, erbracht, vermarktet und genutzt werden können.

Forschungsprojekt Mobile HybriCare

www.mobilehybricare.de

Krankheitsbild amyotrophe Lateralsklerose

Die amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine seltene, unheilbare Krankheit, die im Verlauf von Monaten bis wenigen Jahren zu einer vollständigen Lähmung des Körpers und schließlich zum Tod führt. Das Durchschnittsalter der Betroffenen liegt bei 56–58 Jahren. In der Folge der ALS erleiden die Patienten eine neurologisch bedingte Bewegungslosigkeit, so dass die Betroffenen in allen Bereichen des täglichen Lebens auf vollständige Hilfe und Pflege angewiesen sind. Neben altersbedingten Verschlechterungen der Sinnesorgane, wie das Hören, Sehen und Tasten erschweren Lähmungserscheinungen das Bedienen mobiler Geräte, bedingt durch kleine Tasten und Displays.

Durch internetbasierte und telemedizinische Dienstleistungen, sowie informationstechnische Lösungen, kann eine engere Integration von Patienten, Angehörigen, Betroffenengruppen, Pflegeteams und betreuenden Ärzten erreicht werden.

Um die Patientenautonomie zu stärken und den Patienten in Entscheidungsprozesse stärker einzubinden, kann die Patientenselbstbewertung (Krankheitszustand, Qualität von Grund- und Behandlungspflege, sowie Lebensqualität) als wichtiger patientenorientierter Entscheidungsparameter der spezialisierten ärztlichen Versorgung, der ambulanten Versorgung und des Pflegemanagements dienen.

Lösungsansatz

Für die Patientenselbstbewertung ist ein mobiles System entwickelt worden, dass es Patienten mit eingeschränkter Feinmotorik erlaubt, Fragen bezüglich ihres Krankheitsverlaufs von zu Hause aus zu bewerten. Das System besteht aus einem Mobiltelefon mit eingebauten NFC (Near Field Communication) Lesegerät und einem Smart-Poster, das auf der Rückseite mit NFC-Tags ausgestattet ist. Für den Patienten ist die NFC-Technologie unsichtbar. Da sich auf der Vorderseite des Posters nur die gedruckten Frage- und Antwortbereiche befinden. Die Fragen sind dem ALSFRSr (Amyotrophic lateral sclerosis functional rating scale revised) entnommen, der ein international anerkanntes Bewertungsinstrument zur Ermittlung der Krankheitsprogression bei ALS ist. Es handelt sich um einen 12-teiligen Selbstbewertungsfragebogen, der Symptomfelder wie Sprache, Speichelfluss, Schlucken, motorische Funktion und Luftnot abdeckt (The Amyotrophic Lateral Sclerosis Functional Rating Scale. Assessment of activities of daily living in patients with amyotrophic lateral sclerosis. The ALS CNTF treatment study (ACTS) phase I–II Study Group 1996; Cedarbaum et al. 1999).

Vor der Entwicklung der mobilen Selbstwertungsapplikation ist die Bewertung der Krankheit im Krankenhaus teils von Pflegern, teils von Ärzten oder direkt vom Patienten durchgeführt worden. Die Bewertung erfolgte bei jedem Besuch im Krankenhaus, der im Schnitt alle drei bis sechs Monate stattfindet.

Durch die Entwicklung der neuen, IT-unterstützen Dienstleistung können Patienten mithilfe eines Posters und einem speziellen Mobiltelefon durch Berühren des Posters (vgl. Abb. 5.4) mit dem Mobiltelefon ihren Krankheitszustand von zu Hause aus bewerten. Durch die IT-gestützte Lösung kann der Patient wöchentlich seinen Krankheitszustand dokumentieren, der Arzt erhält Einsicht in diese Daten und bekommt somit einen präziseren Datenbestand seiner Patienten und kann bei Verschlechterung des Krankheitszustandes direkt die Medikation oder Behandlung ändern.

Abb. 5.4
figure 4

NFC Smartposterzur Patientenselbstbewertung. (Eigene Darstellung)

Für die Entwicklung und Gestaltung der Dienstleistung sind Methoden und Prozesse des nutzerzentrierten Service Designs verwendet worden. Ziel war es, eine Lösung zu entwickeln, die eine hohe Gebrauchstauglichkeit aufweist. Dies ist unter anderem dadurch erreicht worden, dass zukünftige Nutzer unter Berücksichtigung ihrer Fähigkeiten, Bedürfnisse und Präferenzen früh in den Entwicklungsprozess einbezogen worden sind (Abb. 5.5).

Abb. 5.5
figure 5

AALSDA: Application of the process for AAL service development. (Menschner et al. 2011)

Den Ausgangspunkt für den Entwicklungsprozess bildet jeweils ein zuvor identifiziertes Problem. Das Problem, in diesem Fall die mangelnde Informationslogistik zwischen Patient und Arzt, sowie die eingeschränkten motorischen Fähigkeiten der Patienten, wird mit Methoden aus dem Service Engineering und des User-Centered Designs analysiert. Hintergrundinformationen zum Problem sind durch eine Literatursuche, Fallstudien, Interviews, Fragebögen, Beobachtungen und Dokumentenanalysen gewonnen worden. Zusätzlich sind Service Blueprints der aktuellen Vorgänge erstellt worden.

Die Erkenntnisse werden in einem ersten Lösungsansatz, der Service Idea, beschrieben. Im weiteren Verlauf wird ein Sollprozess der neuen Dienstleistung sowie ein Design Konzept entwickelt (Service Blueprint, Design Konzept). Diese wiederum bilden die Grundlage für mehrere, in ihrer Funktionalität unterschiedlichen, Prototypen. Die Prototypen werden von späteren Nutzern in mehreren Iterationsschleifen evaluiert und mit Hilfe des Feedbacks der Tester verfeinert und optimiert. Am Ende des Entwicklungsprozesses entsteht eine vollfunktionsfähige IT-basierte Dienstleistung, die in einem Feldtest erprobt und auf Nutzerakzeptanz untersucht wird. Der evaluierte Prototyp bildet dann die Grundlage, um im weiteren Verlauf zu einem marktreifen Produkt weiterentwickelt zu werden.

7 Zusammenfassung

Dieses Kapitel liefert eine Einführung in das Service Design. Dabei wird deutlich, dass das Design ein wichtiges Kriterium erfolgreicher Dienstleistungen ist. Um entscheiden zu können, ob eine Dienstleistung gut „designed“ worden ist, werden Prinzipien für gutes Design vorgestellt. Das Service Design wird im Gesamtprozess der Dienstleistungsentwicklung eingeordnet und die wesentlichen Punkte des Service Designs als Einführung behandelt. Im Folgenden werden die einzelnen Phasen des Service Designs also die Service-Identifikationsphase, die Service-Explorationsphase, die Service-Ideenentwicklungsphase und das Service-Prototyping detailliert erläutert. In den einzelnen Phasen werden die wichtigsten Methoden und Werkzeuge vorgestellt. Insbesondere der User-Centered Approach im Service-Prototyping bildet den Schwerpunkt des Kapitels. Den Abschluss des Kapitels bildet ein am Fachgebiet Wirtschaftsinformatik real durchgeführtes Projekt zur mobilen Dokumentation von Ernährungsdaten.

8 Testfragen/Wiederholungsfragen

  1. 1.

    Was verstehen Sie unter Service Design und wie lässt sich Service Design in den Gesamtprozess des Service Engineering einordnen?

  2. 2.

    Welches sind die verschiedenen Phasen des Service Designs?

  3. 3.

    Nennen Sie drei Kriterien für „gutes“ Design.

  4. 4.

    Beschreiben Sie eine Kreativitätstechnik und erklären Sie wie Sie diese zur Entwicklung von Dienstleistungsideen anwenden können.

  5. 5.

    Nennen Sie die typischen Elemente und die Aufgaben einer Persona.

  6. 6.

    Beschreiben Sie eine Methode mit dessen Hilfe Sie Endnutzer in den Entwicklungsprozess von Dienstleistungen aufnehmen können.

  7. 7.

    Nennen Sie eine Methode zur Bewertung von Dienstleistungsideen und beschreiben Sie den Bewertungsvorgang.

  8. 8.

    Welche Stufen von Prototypen existieren in der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen?