Zusammenfassung
Meine Überlegungen zum Thema ToM (ToM bedeutet, sich und anderen mentale Zustände – Wissen, Glauben, Wollen, Fühlen – zuzuschreiben) möchte ich mit einem klassischen psychopathologischen Phänomen, dem schizophrenen Wahn, beginnen . Ich folge hierbei den Gedanken von Klaus Conrad, der die beginnende Schizophrenie in ihrer Phasengesetzlichkeit beschreibt (1958). Die erste Phase wird als Trema bezeichnet. Es ist der Zustand, der dem eigentlichen Wahn vorausgeht. Mit steigender affektiver Spannung erhält die Umwelt einen befremdlichen Zug voller unheimlicher Bedeutungen. Dem Trema folgt die apophäne Phase, in der Wahrnehmungen eine abnorme Bedeutung bekommen! Zum Beispiel zeigt die rote Mütze des Bahnhofsvorstehers den Weltuntergang an. Der Wahnkranke fühlt sich im Mittelpunkt des Weltgeschehens. Obwohl auch jeder Gesunde Mittelpunkt seiner »Welt« ist, kann er sich doch als einen unter anderen Menschen sehen, sich neben den anderen stellen, sich in ihn hinein versetzen und gleichsam in seine Fußstapfen treten. Der Schizophrene hingegen hat in seiner Psychose die Möglichkeit dieses »Überstiegs« oder Perspektivenwechsels verloren. Er vermag das Bezugssystem nicht mehr zu wechseln. Deshalb gilt nun alles ihm, wohin sein Blick sich auch wendet. Der schizophrene Wahn tritt ein, wenn der Überstieg unmöglich geworden ist. Nicht nur die Außenwelt, auch die Innenwelt wird ergriffen. Jeder Einfall wird zur Eingebung, die eigenen Gedanken werden laut und für jedermann zugänglich, die Scheidewand zwischen der Welt und dem Ich wird durchlässig. Die Phase der Apokalyptik beginnt, die Ordnung der Denkzusammenhänge geht verloren. Stimmen beherrschen den Kranken, seine Bewegungen werden von außen gemacht. Er fühlt sich wie eine Marionette, ohne eigenen Willen.
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Ploog, D. (2012). Ich, der andere und mein Wille. Anmerkungen zur Theory of Mind. In: Förstl, H. (eds) Theory of Mind. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-24916-7_34
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