Zusammenfassung
Ein jeder, der beseelt ist von seiner Wissenschaft, der gerungen hat um Erkenntnis, der das Verschlungene zu entwirren versucht und nach langem Mühen eine Erklärung für das zuvor Unverständliche gefunden hat, wird die tiefe Freude an Einsicht kennen, der in diesem Preislied auf nam-dub-sar, die Kunst des (Tontafel-)Schreibers, Ausdruck verliehen ist. In den Skriptorien der berühmten Bibliothek des assyrischen Königs Assurbanipal (668–631 v. Chr.) zu Ninive wurde dieser sumerische Text, der vielleicht schon vor nahezu 4000 Jahren entstand, gleich mehrfach abgeschrieben. Auch den Fachfremden lässt er erahnen, dass ein tieferes Verständnis der Geisteswelt des Alten Orients, dessen schriftliche und archäologische Quellen auf den ersten Blick oft fremd und wenig gefällig wirken, durchaus möglich, vor allem aber lohnenswert ist. Das Gedicht lässt keinen Zweifel daran, dass auch im Alten Orient Studium und Gelehrsamkeit dem forschenden Geist dieselbe Ernsthaftigkeit, Selbstdisziplin und Begeisterungsfähigkeit abverlangte, die auch heute noch unabdingbare Voraussetzungen für jede gute, seriöse Wissenschaft sind. In den Schreibstuben Assurbanipals, der in seiner Palastbibliothek das gesamte Wissen seiner Zeit zusammentragen wollte, wirkten wohl nur die fähigsten Gelehrten Assyriens und Babyloniens. Bereits ein oberflächliches Studium der Bibliothekstafeln, die man in den Ruinen des Königspalastes in Ninive fand, stellt dies eindrucksvoll unter Beweis. Die elegant geformten, mit einer ebenmäßigen, geradezu genormten neuassyrischen Keilschrift beschriebenen Tontafeln zählen schon äußerlich zu den schönsten Schriftstücken, die der Alte Orient hervorgebracht hat.
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Literatur
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Maul, S.M. (2004). Das Band zwischen allen Dingen — Wissenskultur und Weltbild im Alten Orient. In: Gebhardt, H., Kiesel, H. (eds) Weltbilder. Heidelberger Jahrbücher, vol 47. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-18959-3_4
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