Behandlungsprobleme bei Kindern und Jugendlichen

Zusammenfassung

Das Kindes- und Jugendalter ist die Zeit, in der sich der Mensch am schnellsten und umfassendsten verändert. Organisch-biologische Reifung und psychosoziale Entwicklung greifen ineinander und ermöglichen die komplexen Prozesse, durch die ein Kind zum Erwachsenen wird. Kinder- und Jugendpsychiatrie ist deshalb wesentlich durch das Entwicklungsparadigma geprägt, während Modelle der Beeinträchtigung, Behinderung oder Handicapierung weniger im Vordergrund stehen. Vor allem im Kindesalter zeichnet sich ein großer Teil der psychischen Störungen durch einen günstigen, eher episodischen Verlauf aus. Allerdings gibt es auch im Kindesalter bereits schwere und chronische Störungen, die rehabilitative Rahmenbedingungen erfordern. Dabei wird Behinderung häufig und partiell zu Unrecht mit dem Bild des Entwicklungsstillstandes verbunden. Auch behinderte Kinder und Jugendliche entwickeln sich, wenn auch unter spezifischen und eingeschränkten Bedingungen. So muss die psychiatrische Rehabilitation von Kindern und Jugendlichen sowohl ihrer Behinderung als auch ihrer Entwicklung gerecht werden.

Zusätzlich zu diesen eher grundsätzlichen Überlegungen gibt es organisatorische Gegebenheiten, welche die psychiatrische Rehabilitation in der Kinder- und Jugendpsychiatrie leicht aus dem Blickfeld treten lassen. Zum einen ist es traditionell und berechtigterweise so, dass behinderte Kinder und Jugendliche weitgehend aus dem medizinischen System ausscheiden und in komplementären, meist pädagogischen Einrichtungen betreut werden, in denen eine langfristige Betreuung wesentlich besser als in einer Klinik geleistet werden kann. Zum anderen endet die Zuständigkeit der Kinder- und Jugendpsychiatrie mit dem 18. Lebensjahr, so dass früher oder später Kinder und Jugendliche mit bleibenden psychischen Einschränkungen aus dem System der Kinder- und Jugendpsychiatrie »herauswachsen« und in den Einrichtungen für behinderte Erwachsene weiter betreut werden. Zum dritten haben sich einige Bereiche der Behinderungsrehabilitation schon vor längerer Zeit von der Psychiatrie separiert; dazu zählen v. a. die Rehabilitation der geistigen Behinderung und der Epilepsien. Diese Bereiche suchen den Kontakt zur Kinder- und Jugendpsychiatrie in der Regeln nur dann noch, wenn es sich um Kinder mit problematischen komorbiden Störungen handelt, die den Rahmen der jeweiligen Institution überfordern.