Zusammenfassung
Die während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Vordergrund stehende vergleichend-anatomische Hirnforschung war zwar überwiegend morphologisch orientiert, doch finden sich durchaus auch Briefe, die auf die vergleichende Physiologie, das Verhalten der Tiere unterschiedlicher Entwicklungshöhe und auf experimentell-psychologische Untersuchungen eingehen sowie zur Frage Bewusstsein und Gedächtnis Stellung nehmen (so der Baseler vergleichende Anatom R. Burckhardt, Brief Nr. 132 vom 21.10. 1892 oder der Psychiater P. J. M. Möbius am 22.9.1892 an Edinger, Nr. 131). Es lag nahe, dass sich aus der Abfolge der Entwicklungsschritte mit einer Erweiterung bzw. einer Änderung des Leistungsspektrums einer Spezies eine Schichtenlehre entwickelte, verbunden mit der Fragestellung, wo die Grenze zwischen reflektorischem und bewusstem Handeln zu ziehen sei, wo von Seele zu sprechen und wie diese zu definieren sei. Morphologisch war der Ausgangspunkt die Frage, in welcher Weise (Gewicht, Umfang, Fältelung der Hirnoberfläche, Entwicklung neuer Bahnenverbindungen, Zelldichte) sich das menschliche Gehirn von dem der Primaten unterscheidet und ob solche Differenzen spezifische geistige bzw. seelische Eigenschaften des Menschen zu erklären vermögen. Dazu gehörte allerdings auch die Frage, ob diese Eigenschaften überhaupt menschenspezifisch sind und ob nicht bisher nur dem Menschen zugesprochene Leistungen der Intelligenz und des Bewusstseins auch beim Tier nachweisbar sind, es also auch eine Tierseele gebe.
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Note
zitiert bei H Emisch 1991, S. 135-136.
Näher ausgeführt in Edinger, L.: Zur Methodik in der Tierpsychologie. Der Hund H.; Zschr. Psychologie 70: 101-124, 1914; ferner L. Edinger: Zur Methode der psychologischen Untersuchung an Säugetieren. Beobachtungen am Hund. Bericht IV. Kongr. experim. Psychologie Göttingen 15.-18.4.1914. In: F. Schumann (Hsg) Leipzig 1914, S. 74-75.
Einleitung zu Edinger, L.: Vorlesungen über den Bau der nervösen Zentralorgane des Menschen und der Tiere. Bd. 2, 7. Auflage Leipzig 1908.
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Hierzu auch L. Edinger in Ostwald: Das monistische Jahrhundert. Heft 1, 1912, S. 263–264.
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H Emisch 1991.
Die Kraepelin vor allem in seinen ersten Berufsjahren stark beschäftigenden Fragen der Strafrechtsreform und der forensischen Psychiatrie sind mit den hieraus sich ergebenden Arbeiten zusammengefasst bei Burgmair, W. et al. 2000
P Flechsig 1896.
Hierzu auch Hoche, A. E.: Das träumende Ich. Verlag G. Fischer, Jena 1927
G W Schimmelpenning 1998.
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Peiffer, J. (2004). Von der vergleichenden Psychologie zur Psychiatrie. In: Hirnforschung in Deutschland 1849 bis 1974. Schriften der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, vol 13. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-18650-9_6
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