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Vom Serum zur chemischen Substanz – Die Revolution der pharmakochemischen Therapie

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Illustrierte Geschichte der Medizin
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Zusammenfassung

In keinem anderen Bereich unterscheidet sich die Medizin des 20. und frühen 21. Jahrhunderts dramatischer von früheren Zeiten als in dem der natürlichen und synthetischen Arzneimittel. Gegenüber früheren Jahrhunderten verfügt die moderne Medizin über eine Vielzahl erfolgreicher Medikamente mit überwiegend bekanntem Wirkmechanismus. Die Grundlagen hierfür wurden durch die biochemisch orientierte Physiologie und Lebensmittelchemie des 19. Jahrhunderts gelegt. Exaktere chemische Analysemethoden und die Darstellung reiner Substanzen wurden nun möglich. Erste Erfolge waren auf diesen Gebieten bereits am Anfang des Jahrhunderts durch die Darstellung des Morphiums (1806), des Strychnins (1818) und des Chinins (1820) zu verzeichnen gewesen. Der eigentliche Entwicklungsschub vollzog sich freilich erst im zweiten Drittel des Jahrhunderts. Er wurde durch den Aufschwung der organischen Chemie ebenso beeinflusst wie durch die neuen Methoden der experimentellen Erprobung und klinischen Prüfung dieser Wirkstoffe, wie sie die exakte physiologische Messung erlaubte. Justus von Liebig (1803–1873) ist hier mit seinen Forschungen zur Nahrungsmittelchemie und zur Ernährungsphysiologie an erster Stelle zu nennen. Jakob Berzelius (1779–1848) und Friedrich Wöhler (1800–1882) stehen für Forschungen zur Gärung, zur Harnstoffsynthese und zur Stoffwechselchemie. Felix Hoppe-Seyler (1825–1895) lieferte mit seinen Forschungen die Grundlagen der modernen Blutfarbstoff- und Eiweißchemie. Die Summe der neuen Möglichkeiten bildete schließlich die Grundlage der wissenschaftlichen Pharmazie und Pharmakotherapie. Zeugnis für die Fortschritte auf diesem Gebiet legt eine ganze Reihe medizinisch relevanter oder bereits therapeutisch einsetzbarer Stoffe ab, die seit dem zweiten Drittel des 19. Jahr hunderts dargestellt oder produziert werden konnten. Zu ihnen gehörten etwa das Chloroform (1831), das Chloral (1832), die Essigsäure (1845), die Acetylsalicyl- und Ameisensäure (1853), der als Barbitursäure bekannte Malonyl- Harnstoff (1863) oder das Aminophenazon (1893). Die neuen Möglichkeiten wirkten disziplinbildend und führten zur Institutionalisierung der wissenschaftlichen Pharmakologie in Deutschland. Dieser Prozess, der die Epoche der alten Pharmazie beendete, die Disziplin aus der gelegentlich sehr zweifelhaften Nähe der Kräuterkrämer und Oleatenhändler endgültig befreite und zugleich die Voraussetzungen für eine Industrialisierung der Pharmazie schuf, war verbunden mit den Namen Rudolf Buchheim (1820–1879) und Oswald Schmiedeberg (1838–1921). Spätestens am Ende des Jahrhunderts ist die Vernaturwissenschaftlichung der Pharmakologie abgeschlossen.

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Eckart, W.U. (2011). Vom Serum zur chemischen Substanz – Die Revolution der pharmakochemischen Therapie. In: Illustrierte Geschichte der Medizin. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-12610-9_12

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