Abstract
Die völkerrechtswissenschaftliche Beschäftigung mit aktuellen Themen inmitten von Zeiten schnellen Wandels, welche auch Zeiten des Rechtswandels sind, birgt Risiken. Die Völkerrechtswissenschaft sieht sich einem Dilemma vergleichbar der Heisenberg’schen Unschärferelation gegenüber. Solange formelle, sämtliche Staaten bindende internationale Rechtsetzungsverfahren fehlen, weist die Bildung und Fortentwicklung von Völkerrechtsnormen eine stark prozesshafte Dimension auf: Diese werden oft nicht einfach geschaffen, sie zeichnen sich vielmehr ab – vorerst in einer politischen Praxis von Staaten, Staatengruppen und internationalen Organisationen, um sich vielleicht zu Normen des soft law zu verdichten, bis sie schliesslich durch ihre vielfache Befolgung die Qualität von Rechtsnormen erlangen. Auch dann setzt Normgewissheit – zumindest ausserhalb des kodifizierten Rechts – im nach wie vor dezentralen internationalen System die kontinuierliche Bestätigung und Anerkennung der geltenden Völkerrechtsnormen voraus, damit sich deren verhaltenssteuernde, konfliktbereinigende und systemgestaltende Funktion erhält. Es ist daher kaum möglich, inmitten eines Rechtswandels zu gesicherten Erkenntnissen über das geltende Recht zu gelangen, denn dem Verhalten von Staaten und internationalen Organisationen fehlt in volatilen politischen Vorgängen oft jene Präzision und Stringenz, welche für den Nachweis einer Normbildung oder eines Rechtswandels erforderlich wären. Erst der Blick ex post beseitigt die Unschärfen einer Momentaufnahme.
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Saxer, U. (2010). Einführung. In: Die internationale Steuerung der Selbstbestimmung und der Staatsentstehung. Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht, vol 214. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-10271-4_1
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