Zusammenfassung
Eine junge Frau kommt mit ihrem 2 Jahre alten Kind in die Praxis, da ihre Tochter seit einiger Zeit Gangunsicherheiten aufweist und auch nicht mehr wächst. Die junge, sehr schlanke Frau ist gepflegt und sehr um die Gesundheit des Kindes besorgt. Das Kind ist schmächtig, kleinwüchsig und blass. Die neurologische Untersuchung ergibt Störungen der Motorik, des Vibrations- und des Lageempfindens. Auf die Frage, wie das Kind ernährt wird, antwortet die Mutter, sie ernähre sich gesund und habe das Kind 7 Monate gestillt. Anschließend habe sie Gemüsesäfte und Sojamilch bzw. Sojaprodukte gefüttert. Nach genauer Ernährungsanamnese stellt sich heraus, dass sich die Mutter seit 5 Jahren vegan ernährt und dieses ihr zweites Kind ist. Die diagnostische Abklärung zeigt das Vorliegen von funikulärer Myelose, einer bei Vitamin-B12-Mangel auftretenden Erkrankung des Rückenmarkes. Dabei ist vor allem die Vitamin-B12-abhängige Bildung von Myelinscheiden gestört. Die fortschreitende Demyelinisierung beeinträchtigt dann die Nervenfortleitung. Der B-Mangel entwickelte sich in diesem Fall, da die Zufuhr von Vitamin B12 bei dieser Ernährungsweise sehr gering ist und jede Schwangerschaft einen zusätzlichen Bedarf bedeutet. Wird das Kind dann lange gestillt und ebenfalls vegan ernährt, kann sich das Vollbild eines Vitamin-B12-Mangels mit funikulärer Myelose durch Demyelinisierung sowie eine perniziöse Anämie durch gestörte Bildung von Erythrozyten entwickeln. Die Diagnose des B12-Mangels aus dem Blutbild kann besonders dann schwierig sein, wenn die Mutter, wie dies heute von Gynäkologen empfohlen wird, Folsäure supplementiert hat. Folsäure behebt die Blutbildveränderungen, nicht aber die funikuläre Myelose. Letztere ist nur bedingt reversibel.
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Literatur
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Biesalski, H. (2010). Ernährung. In: Schmidt, R., Lang, F., Heckmann, M. (eds) Physiologie des Menschen. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-01651-6_37
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