Zusammenfassung
Es ist kein neues und auch kein spezifisches Problem des Physikunterrichts komplizierte Zusammenhänge so zu vereinfachen, dass diese möglichst von allen Schülerinnen und Schülern, möglichst gründlich, in möglichst kurzer Zeit und auf humane Weise verstanden werden. Dieses Problem ist so alt wie der Versuch, Lernen zu organisieren und zu systematisieren. Der berühmte Schweizer Pädagoge Pestalozzi glaubte an eine naturgemäße Methode, der zufolge man Lehrstoffe in „Elemente“ zerlegen kann. Solche angeblich natürlichen „Elemente“ werden im Unterricht in einer unveränderlichen, lückenlosen Reihenfolge zusammengesetzt (s. Klafki 1964). Eine solche universelle Methode kann es nicht geben, weil die psychischen Gegebenheiten der Lernenden verschieden und nicht genau genug bekannt sind. Außerdem sind die durch die Physik dargestellten Strukturen der physikalischen Objekte nicht beliebig „zerlegbar“; sie beziehen sich ja auf eine von uns im Wesentlichen unabhängige Realität. Die Aufbereitung von Sachstrukturen für die Schulphysik muss neben den erwähnten fachlichen Strukturen und internen psychischen Strukturen der Schüler auch allgemeine Zielvorstellungen berücksichtigen. Dieser Prozess wird als „didaktische Reduktion“ (Grüner 1967) oder wie derzeit in der Physikdidaktik bevorzugt, als „Elementarisierung“ bezeichnet. Kattmann u. a. (1997) schlagen neuerdings den Ausdruck „didaktische Rekonstruktion“ vor. Im Folgenden bedeutet „Elementarisierung“ die Vereinfachung von realen oder theoretischen Entitäten mit Bezug zu Physik und Technik – ein Zerlegen von komplexen „Dingen“ in elementare Sinneinheiten. „Didaktische Rekonstruktion“ charakterisiert den Wiederaufbau von Strukturen aus den Sinneinheiten. Beides, das Zerlegen und der Wiederaufbau, geschieht aufgrund anthropologischer und soziokultureller Gegebenheiten und aufgrund normativer Gesichtspunkte, den Zielen des Unterrichts.
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Kircher, E., Girwidz, R., Häußler, P. (2009). Elementarisierung und didaktische Rekonstruktion. In: Kircher, E., Girwidz, R., Häußler, P. (eds) Physikdidaktik. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-01602-8_4
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