Zusammenfassung
Die Medizinproduktrichtlinien des Europäischen Rates beruhten auf der neuen Konzeption der gegenseitigen Anerkennung (praktische Konvergenz) im Gegensatz zur Harmonisierung. Nach diesen Grundsätzen können Produkte, die in einem Mitgliedsstaat nach den dort geltenden Vorschriften auf den Markt gekommen sind, grundsätzlich in der gesamten Union frei vertrieben werden, wenn sie einem gemeinsamen Schutzniveau entsprechen. Dieses Konzept verlagert die technischen Anforderungen an die Produkte, die in den einzelnen Mitgliedsstaaten in unterschiedlicher Weise gesetzlich geregelt waren. Die europäischen Vorgaben für die neue medizinprodukterechtliche Gesetzgebung wurden in Gestalt von vier europäischen Richtlinien, der Richtlinie über aktive implantierbare medizinische Geräte 90/385 EWG, über Medizinprodukte 93/42 EWG, über In-vitro-Diagnostika 98/90 EG und der Richtlinie 2000/70 EG sowie der Richtlinie über Medizinprodukte hinsichtlich Medizinprodukten, die stabile Derivate aus menschlichem Blut oder Blutplasma enthalten, festgelegt. Diese vier großen Rechtsmaterien sind durch das Medizinproduktegesetz in einem einzigen Gesetz vereinheitlicht worden. Vor Inkrafttreten des MPG war die Rechtsmaterie Medizinprodukterecht erheblich zersplittert und bedingt durch rechtliche Überschneidungen verschiedener Gesetze auch von Sicherheitslücken gekennzeichnet. Medizinische Produkte, die in ihrer Wirkungsweise eher physikalischer Natur waren, wie Verbandsstoffe, chirurgisches Nahtmaterial, ärztliche und zahnärztliche Instrumente wurden vor dem Inkrafttreten des MPG als Arzneimittel gem. § 6 Abs. 1a AMG (a.F.) behandelt. Eine sachgerechte Aufteilung nach der Wirkungsweise eines Produkts fehlte, so dass die strengen Anforderungen des AMG auch für Produkte galten, für die sie gar nicht erforderlich waren. Die wohl tiefgreifendste Änderung, die durch das Medizinproduktegesetz erfolgt ist, stellt die Zuordnung der In-vitro-Diagnostika zu den Medizinprodukten i.S.d. MPG dar. Die einschlägige Definition findet sich in § 3 Nr. 4 MPG. Das MPG ist am 1.1.1995 in Kraft getreten, lange Zeit aber wegen der geräumigen Übergangsfristen nur wenig zur Kenntnis genommen worden. Mit dem 1. MPG-ÄndG 1998 und dem 2. MPG-ÄndG zum 1.1.2002 ist das MPG an weitere EG-Richtlinien angepasst worden. Der 3. MPG-Novelle hat der Bundesrat am 16.2.2007 zugestimmt; der Bundestag hat das Gesetz ohne Rücksicht auf einige Verbesserungsvorschläge am 14.6.2007 verabschiedet. Das 3. MPGÄnderungsgesetz ist am 30.6.2007 in Kraft getreten. Mit Gesetz vom 29.7.2009 zur Änderung medizinprodukterechtlicher Vorschriften (4.MPG-Novelle) wurde die Richtlinie 2007/47/EG zur Änderung der Richtlinien 90/385/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über aktive implantierbare medizinische Geräte und 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte sowie die Richtlinie 98/8/EG über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten in deutsches Recht umgesetzt. Klinische Prüfungen sollen wie Arzneimittelstudien einer Genehmigungspflicht unterliegen. Die Zuständigkeiten der Bundes- und Landesbehörden werden neu geordnet. Eine Verbesserung der Marktüberwachung soll zudem durch die Vereinheitlichung der Akkreditierung durch die Umsetzung der Verordnung765/2008 des Europäischen Parlaments erfolgen.
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Deutsch, E., Lippert, HD. (2011). Einführung in die Grundzüge weiterer Gesetze. In: Deutsch, E., Lippert, HD. (eds) Kommentar zum Arzneimittelgesetz (AMG). Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-01455-0_20
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