Der „Off-Label-Use“ eines Arzneimittels bezeichnet dessen Anwendung außerhalb der zugelassenen Indikation. Die zulassungsüberschreitende Anwendung basiert auf einer entsprechenden medizinisch-pharmazeutischen Praxis, weil sich der Therapieansatz in der täglichen Behandlungspraxis bewährt hat. Aus der zivilrechtlichen Perspektive des Arzthaftungsrechts handelt es sich dabei spätestens seit der „ Aciclovir“-Entscheidung1 des OLG Köln um ein Realphänomen: Behandlungsvertraglich schuldet der Arzt dem Patienten stets die bestmögliche Behandlung – deshalb kann im Einzelfall ein Verlassen des arzneimittelrechtlichen Zulassungsstandards geboten, jedenfalls erlaubt sein. Freilich ist der Begriff „ Standard“2 relativ: In einer Vielzahl von Fällen mag der durch §§ 21 ff. AMG fixierte Zulassungsstandard des Präparates zugleich die aus medizinischer Sicht optimale medikamentöse Versorgung vorgeben. Eine neue Arzneimitteltherapie wird dann zum Standard, wenn sie an einem für Aussagen über die Nutzen-Risiko-Bilanz ausreichend großen Patientenkreis medizinisch-wissenschaftlich erprobt, im Wesentlichen unbestritten und für den jeweiligen Patienten risikoärmer bzw. weniger belastend ist oder doch bessere Heilungschancen verspricht. Existiert mangels hinreichender Datenlage (noch) kein feststehendes Behandlungsschema, gewährt erst der „Off-Label-Use“ dem Patienten eine erfolgversprechende Behandlung oder eine zusätzliche Therapiechance. Zu nennen ist hier zunächst der Bereich der Pädiatrie.3 Wichtige Gründe für den „Off-Label-Use“ sind dabei das geringe Marktpotential pädiatrischer Indikationen sowie die hohen Anforderungen an Planung und Durchführung klinischer Studien an nicht oder nur beschränkt einwilligungsfähigen Minderjährigen. Darüber hinaus spielt der zulassungsüberschreitende Einsatz von Arzneimitteln in der Onkologie4, aber auch in der Neurologie und Infektiologie eine wichtige Rolle.
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Göben, J. (2009). Der „Off-Label-Use“ von Fertigarzneimitteln: Offene Fragen an der Schnittstelle von Standard, Humanität und Wirtschaftlichkeitsgebot. In: Medizin und Haftung. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-00612-8_12
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