Auszug
Das 12. Kapitel des Romans Ahnung und Gegenwart von Joseph von Eichendorff schildert einen Besuch des Protagonisten, des Grafen Friedrich, in einem Salon, in dem ästhetische Normen der Romantik gelten. Es ist nicht möglich, diese Romanpassage eindeutig auf ein historisches Vorbild zu beziehen. Im Hintergrund stehen wohl Erfahrungen, vor allem aber Beschreibungen von Salons in Berlin und Wien. Unzweifelhaft aber bezieht sich dieses Kapitel auf Erlebnisse Eichendorffs in seinen Heidelberger Jahren 1807/08. Denn mehrere Personen, die hier auftreten, besitzen Züge von Bekannten und Freunden Eichendorffs aus dieser Zeit. Dabei handelt es sich um Otto Heinrich Graf von Loeben (1786–1825), Gerhard Friedrich Abraham Strauß (1786–1863) und Heinrich Wilhelm Budde (1786–1860). Dies ist auch umgehend bemerkt worden. Loeben wendet sich in einem Brief an Eichendorff und fordert ihn auf, zuzugeben, dass mit einer Figur dieses Kapitels, die „der Schmachtende“ genannt wird, er selbst gemeint sei. Eichendorff antwortet darauf etwas gewunden — „wenn ich dabei bisweilen wirklich an Dich, wie Du damals schienst, dachte“ — fügt dann aber in Klammern das klare Eingeständnis hinzu: „verzeihe es mir, lieber guter Freund! denn ich will es nicht leugnen“.1 Ebenso erkennt Loeben, dass mit der Figur des sogenannten „Dithyrambisten“ Strauß gemeint ist, und auch das gibt Eichendorff zu.2 Interessant ist allerdings eine Ergänzung, die er vornimmt: Er habe bei der Konzeption dieses Kapitels ebenso oft sich selber gemeint wie die Freunde, und er kann dies auch begründen.
Eichendorff, HKA XII: 53.
Ebd.
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von Petersdorff, D. (2008). Korrektur der Autonomie-Ästhetik, Appell an das ‚Leben‘. In: Strack, F. (eds) 200 Jahre Heidelberger Romantik. Heidelberger Jahrbücher, vol 51. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-540-75234-9_4
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