Zusammenfassung
Unter dem Begriff „andere Verfahren der Unternehmensbewertung“ werden in diesem Kapitel Ansätze vorgestellt, die nicht als investitionsrechnerisches Kapitalisierungskalkül ausformuliert, also nicht theoriefundiert sind, denen aber trotzdem eine gewisse praktische Bedeutung und Verbreitung zukommt. Marktorientierte Verfahren extrahieren Informationen aus in der Vergangenheit beobachteten Marktpreisen vergleichbarer Unternehmen, um einen angemessenen Unternehmenswert für das spezifische Bewertungssubjekt zu ermitteln. Dies geschieht häufig über sogenannte Multiplikatoren, die ein wertbestimmendes Merkmal – etwa eine Gewinngröße – mit beobachteten Transaktionspreisen in Beziehung setzen. Als zweite Kategorie werden Einzelbewertungs- und Mischverfahren vorgestellt. Mischverfahren ermitteln den Unternehmenswert als gewogenes Mittel aus verschiedenen Bewertungskonzeptionen, etwa dem Substanzwert und dem Ertragswert. Die besprochenen Verfahren können teilweise als Heuristiken des Ertragswertverfahrens verstanden und gerechtfertigt werden.
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Das WP-Handbuch betont, dass die vereinfachten Preisfindungsverfahren grundsätzlich keinen Ersatz für die Unternehmenswertermittlung nach IDW S 1 darstellen, aber flankierend für eine ergänzende Plausibilisierung herangezogen werden können, vgl. IDW (2014), Rn. 436.
- 2.
Vgl. Löhnert und Böckmann (2015), S. 795 f, zu Vor- und Nachteilen der einzelnen performance-Maße sowie zur Eignung für spezifische Unternehmen.
- 3.
Zu beachten ist, dass die verschiedenen Vorgehensweisen i. d. R. zu unterschiedlichen Multiplikatoren und damit auch zu abweichenden Marktpreisschätzungen für das zu bewertende Unternehmen führen.
- 4.
Vgl. Hachmeister und Ruthardt (2015a), S. 1769, mit weiteren Nachweisen.
- 5.
Zur Unterstützung aller drei Methoden stehen in den USA verschiedene Informationsquellen zu den grundsätzlich umfangreichen peer groups zur Verfügung, zu einer Auflistung vgl. Mandl und Rabel (1997), S. 260 ff. In anderen Ländern ist die Aussagekraft wegen geringer Grundgesamtheiten eher fraglich.
- 6.
- 7.
Zur Darstellung und Diskussion gängiger Multiplikatoren vgl. Schüler (2014), S. 1147 ff.
- 8.
- 9.
- 10.
- 11.
- 12.
Vgl. Mandl und Rabel (1997), S. 266.
- 13.
- 14.
Vgl. Nowak (2000), S. 168, nennt auf Basis einer Untersuchung in den USA einen durchschnittlichen Fungibilitätsabschlag von ca. 29 %. Vgl. Nowak (2000), S. 168, zu weiteren in der Literatur erhobenen Abschlägen. Zu Fungibilitätsabschlägen vgl. auch Kap. 3, Abschn. 3.3, sowie die dort angeführte Literatur (Damodaran (2012), S. 683–688; desgleichen Matschke und Brösel (2013), S. 679 f.)
- 15.
Für 51 US-amerikanische Akquisitionen haben Kaplan und Ruback die tatsächlich gezahlten Transaktionspreise mit den Ergebnissen der SPC-Methode sowie der RA-Methode verglichen. Bei der ersten Methode kam es zu einer durchschnittlichen Unterschätzung von 18,9 %, bei der zweiten Methode zu einer durchschnittlichen Überschätzung von 5,9 %; vgl. Kaplan und Ruback (1995), S. 1067. Die Kombination der Ergebnisse beider Verfahren kam bis auf 0,1 % an die tatsächlich gezahlten Preise heran. Dieses zunächst verblüffende Ergebnis kann natürlich dann nicht als Qualitätsausweis der Vergleichsverfahren herangezogen werden, wenn sich die Transaktionsbeteiligten bei ihren Verhandlungen an den Ergebnissen der genannten Methoden orientiert haben.
- 16.
Vgl. dazu den umfangreichen Katalog von Ähnlichkeitsdimensionen nach Achleitner und Dresig (2002), S. 2422.
- 17.
Vgl. Hayn (2015), S. 969.
- 18.
Vgl. Ballwieser (2003), S. 26.
- 19.
Vgl. dazu die Ausführungen in Abschn. 2.1.2.
- 20.
Vgl. etwa Hafner (1993), S. 88 f.; Hayn (2003), S. 112. Für eine aktuelle Übersicht zur Beurteilung von Multiplikatoren in Wissenschaft und Praxis vgl. Löhnert und Böckmann (2015), S. 787–790. Zur Verbreitung von Multiplikatorverfahren in der Bewertungspraxis vgl. auch Brösel und Hautmann (2007), S. 236. Auch bei Urteilen von US-Gerichten spielen Muliplikatorverfahren bisweilen eine gewichtige Rolle, vgl. dazu Hachmeister und Ruthardt (2015b), S. 1511 f.
- 21.
- 22.
- 23.
Vgl. Mandl und Rabel (2015), S. 90.
- 24.
Vgl. Mandl und Rabel (2015), S. 90.
- 25.
Vgl. Grün und Grote (2015), S. 1055.
- 26.
Aus diesem Grund wird bei der Übergewinnmethode die begrenzte zeitliche Reichweite der im Unternehmen bei dessen Erwerb vom Vorbesitzer angelegten Überrendite unterstellt; vgl. dazu auch Schmidt-von Rhein (1997), S. 72. Ebenda zu einer vergleichenden Gegenüberstellung der Bewertungsempfehlungen der betreffenden berufsständischen Kammern, S. 60 ff.
- 27.
Vgl. Piltz (2005), S. 784.
- 28.
Hannes (2015), S. 1391.
- 29.
Vgl. Piltz (2005), S. 784.
- 30.
Vgl. Piltz (2005), S. 786. Die Tatsache, dass das IDW in der 13. Auflage des WP-Handbuchs, Bd. I (2008), von der Darstellung eines multiplikatorgestützten Mischverfahrens (Umsatzverfahrens) zur Bewertung von Wirtschaftsprüferpraxen Abstand nimmt, lässt aber einen Rückschluss auf die diesbezügliche Meinungsbildung im Berufsverband zu; vgl. hierzu auch Grün und Grote (2015), S. 1058 f. Bitte ändern zu (2015), S. 1058 f.
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Kuhner, C., Maltry, H. (2017). Andere Verfahren der Unternehmensbewertung. In: Unternehmensbewertung. Springer Gabler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-540-74305-7_7
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