Auszug
Die Gemeinschaftspraxis bezeichnet die engste Verbindung niedergelassener Ärzte gleicher Fachrichtung. Die Praxis wird nicht nur räumlich, sondern auch fachlich als Einheit geführt und die Behandlung der Patienten kann von jedem der beteiligten Ärzte vorgenommen werden. Die Gemeinschaftspraxis bildet regelmäßig eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, § 705 BGB1, kann aber auch über die Konstruktion als freier Mitarbeiter entstehen. Durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten sich die Ärzte gegenseitig, die zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks des Betriebs der Arztpraxis vorgesehenen Verhaltensweisen zu setzen. Gemeinschaftspraxisverträge mit Nichtvertragsärzten über die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeiten sind freilich verbotsgesetzwidrig; ein solcher Mangel führt zur Gesamtnichtigkeit2. Der Gesellschaftsvertrag braucht nicht schriftlich abgeschlossen zu werden, es empfiehlt sich jedoch, eine genaue Regelung nach rechtlicher und wirtschaftlicher Beratung zu treffen. Mediziner gehen demgegenüber gelegentlich erschreckend gedankenlos bei der Abfassung bzw. Handhabung ihrer vertragsrechtlichen Beziehungen untereinander vor.3 Diese sollten die Verteilung der Einnahmen, die Geschäftsführung und Vertretung sowie die Aufnahme weiterer Kollegen und das Ausscheiden4 ausdrücklich regeln. Hinsichtlich der Geschäftsführung ist das deswegen notwendig, weil nach § 709 BGB gemeinschaftliche Geschäftsführung als Regelfall gilt, so dass ohne Sonderregelung für jedes Geschäft die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich ist. Wenn ein Mitglied einer Gemeinschaftspraxis ein anderes ausschließen will, so kommt das bei beiderseitiger Ursache für die Zerstörung des gesellschaftsinternen Vertrauensverhältnisses nur in Betracht, wenn der Auszuschließende das Zerwürfnis überwiegend verursacht hat.
Zur Sonderproblematik der sog. „Nullbeteiligungsgesellschaft“ Möller, MedR 1999, 493.
OLG München MedR 2006, 172.
Z. B. OLG Oldenburg MedR 2005, 355: bewusstes Unterlassen des Abschlusses eines wirksamen Gesellschaftsvertrages und nachfolgend zweijähriges Betreiben einer gemeinsamen ärztlichen Tätigkeit, das in einen Rechtsstreit bis hin in den einstweiligen Rechtsschutz führte.
Zur Konkurrentenklausel OLG München (Az. 17 U 5531/95): Klausel, wonach Konkurrenz für den ausscheidenden Arzt im Umkreis von 20 Kilometer verboten wurde, ist sittenwidrig und nichtig.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Ausgewählte Literatur
Ahrens, Praxisgemeinschaften in Ärztehäusern mit Fremdgeschäftsführung, MedR 1992, 141
Andreas, Der Chefarzt und seine Mitarbeiter, ArztR 2000, 4
ders., Überörtliche Gemeinschaftspraxis für Ärzte, die nicht patientenbezogen tätig sind, ArztR 2004, 370
ders., Medizinische Versorgungszentren, ArztR 2005, 144
ders., Die Haftung des Arztes für seine Erfüllungsgehilfen und der erforderliche Versicherungsschutz, ArztR 2003, 88
ders., Zukunft des Liquidationsrechts, ArztR 2006, 172
Attermeyer, Die ambulante Arztpraxis in der Rechtsform der GmbH, 2005
Baur, Chefarzt-/Belegarztvertrag. Vertragsmuster und Kommentar zur Vertragsgestaltung, 2003
Blaurock, Gestaltungsmöglichkeiten der Zusammenarbeit von Vertrags-und Privatarzt, MedR 2006, 643
Cramer, Praxisgemeinschaft versus Gemeinschaftspraxis, MedR 2004, 552
Damm, Neues Gesellschaftsrecht der freien Berufe, Festschrift für Thomas Raiser, 2005, 23
Debong/ Andreas, Der Chefarztdienstvertrag — Die arbeitsrechtliche Situation in den neuen Ländern, ArztR 1998, 11
Deutsch, Arzthaftung, Arztversicherung und Arzneimittelversicherung, Mannheimer Vorträge zur Versicherungswissenschaft Nr. 24, 1982
Franzki/ Hansen, Der Belegarzt, NJW 1990, 737
Gollasch, Die fachübergreifende Gemeinschaftspraxis, 2004
Haak, Die Beteiligung an einer Gemeinschaftspraxis, MedR 2005, 631
Haser, Haftpflichtversicherungsschutz angestellter Krankenhausärzte, 2002
Häußermann/ Dollmann, Die Ärztegesellschaft mbH, MedR 2005, 255
Hiersche (Hrsg.) Der Chefarzt und das Recht (Rechtsprechungs-Sammlung), 1999
Hümmerich/ Bergwitz, Abschied von der chefärztlichen Entwicklungsklausel, MedR 2005, 185
Kaiser, Die Ärzte-GmbH, 2006
Koch, Niederlassung und berufliche Kooperation, GesR 2005, 241
Korts/ Korts, Heilberufsgesellschaften — ärztliche Partnerschaft, 1996
Krahe, Ärztliche Kooperationsformen in den USA und in Deutschland, MedR 2005, 691
Krauskopf, Medizinische Versorgungszentren — ein schwieriger Start, Festschrift für Laufs, 2005, 953
Laufs, Die Ärzte-GmbH und das Berufsrecht, MedR 1995, 11
Lelley/ Sabin, Entwicklungsklauseln in Chefarztverträgen — Reichweite des Direktonsrechts des Krankenhausträgers, MedR 2004, 359
Lüke-Rosendahl, Der Beruf der Arztes unter besonderer Berücksichtigung der ärztlichen Kooperationen, 1999
v. Mickwitz, Organisation und Haftung vernetzter Kooperationsformen in der gesetzlichen Krankenversicherung, 2006
Möller, Der im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) angestellte Arzt, GesR 2004, 456
ders., Aktuelle Probleme bei Gründung und Betrieb von Gemeinschaftspraxen, MedR 2006, 621
Platzer, Einzelverträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern–Eine Zwischenbilanz, RPG 2004, 115
Ratzel/ Möller/ Michels, Die Teilgemeinschaftspraxis, MedR 2006, 377
Rau, Offene Rechtsfragen bei der Gründung Medizinischer Versorgungszentren?, MedR 2004, 667
Reiter, Ärztliche Berufsausübungsgemeinschaft vs. Organisationsgemeinschaft, GesR 2005, 6
Reinecke, Gerichtliche Konktrolle von Chefarztverträgen, NJW 2005, 3383
Rupprecht, Zivilrechtliche Haftung des niedergelassenen Arztes aus Anlaß der Heilbehandlung in medizinischen Kooperationsformen, 2002
Saenger, Gesellschaftsrechtliche Gestaltung ärztlicher Kooperationsformen, NZG 2001, 234
ders., Gesellschaftsrechtliche Binnenstruktur der ambulanten Heilkundegesellschaft, MedR 2006, 138
Schirmer, Berufsrechtliche und kassenarztrechtliche Fragen der ärztlichen Berufsausübung in Partnerschaftsgesellschaften, MedR 1995, 341, 383
Sodan, Verfassungsrechtliche Anforderungen an Regelungen gemeinschaftlicher Berufsausübung von Vertragsärzten, NZG 2001, 169
Spoerr/ Brinker/ Diller, Wettbewerbsverbot zwischen Ärzten, NJW 1997, 3056
Spoerr/Fenner, Rückforderungsrecht der Kassenärztlichen Vereinigungen bei „missglücktem“ Gemeinschaftspraxisvertrag, MedR 2002, 109
Steffen, Formen der Arzthaftung in interdisziplinär tätigen Gesundheitseinrichtungen, MedR 2006, 75
Taupitz, Integrative Gesundheitszentren, MedR 1993, 367
ders., Zur Zulässigkeit von Freiberufler-GmbHs, JZ 1994, 1100
ders., Die Partnerschaft als neue Kooperationsform für Ärzte, ArztR 1995, 123
Teichner/ Schröder, Rechtsfragen im Zusammenhang mit der ärztlichen Berufshaftpflichtversicherung am Beispiel der sog. kosmetischen Chirurgie, MedR 2005, 127
Wehlers, Das Ende des Privat-Liquidationsrechts der Leitenden Abteilungsärzte in den Universitätskliniken, MedR 2007, 515
Walter, Haftungsverhältnisse in ärztlichen Kooperationsformen..., MedR 2002, 169
ders., Organhaftung in als BGB-Gesellschaft betriebenen ärztlichen Gemeinschaftspraxen, GesR 2005, 396
Weber, Die rechtliche Zulässigkeit und wirtschaftliche Sinnhaftigkeit des Betreibens einer Arztpraxis in Rechtsform der GmbH, ArztR 1997, 179
Weber/ Müller, Chefarzt-und Belegarztvertrag, 1999
Wigge, Vertragsarzt-und berufsrechtliche Anforderungen an Gemeinschaftspraxisverträge, NZG 2001, 293
ders, Medizinische Versorgungszentren nach dem GMG, MedR 2004, 123
Rights and permissions
Copyright information
© 2008 Springer-Verlag Berlin Heidelberg
About this chapter
Cite this chapter
(2008). Verträge der Ärzte untereinander, mit dem Krankenhausträger und Versicherungen. In: Medizinrecht. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-540-72468-1_5
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-540-72468-1_5
Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-540-72467-4
Online ISBN: 978-3-540-72468-1
eBook Packages: Humanities, Social Science (German Language)