Auszug
Bis vor wenigen Jahren sprach man fast nur von Staatskirchenrecht. Man meinte damit das umfangreiche Rechtsgebiet, das die Gesamtheit der staatlichen Rechtsnormen betrifft, die Religion und Weltanschauung zum Gegenstand haben. Im Vordergrund standen nach 1949 ganz eindeutig die sehr guten Beziehungen des Staats zu den Religionsgemeinschaften, und zwar speziell zu den großen Kirchen. Repräsentativ dafür ist insbesondere das gewichtige und thematisch umfassende Handbuch des Staatskirchenrechts.1 Da erstmals unter der Geltung des GG individuelle Grundrechte wirksam einklagbar wurden und das BVerfG auf die Rechtspraxis Druck auszuüben vermochte, spielten zunehmend auch vielfältige Problemstellungen der individuellen Religionsfreiheit (s. zu diesem zusammenfassenden Terminus § 7 I) eine Rolle. Sie wurden allgemein in das Verständnis des Begriffs „Staatskirchenrecht“ einbezogen. In einem weiteren Sinn wurden alle Vorschriften des einfachen Rechts als dazugehörig betrachtet, soweit sie sich punktuell mit Religion befassten (vgl. dazu insb. § 18).
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Literatur
HdbStKirchR, 2 Bde., 2. A. 1994/95. M. Stolleis merkte dazu in ZevKR 1996, 435 ff. an, die Autoren gehörten zu den Personenkreisen, die sich alljährlich bei den „Essener Gesprächen“ oder den Mitarbeitertagungen der ZevKR versammelten, also „eine geschlossene Gesellschaft, deren Grundkonsens in der Zugehörigkeit zu einer der beiden großen Konfessionen sowie in der prinzipiellen Bejahung der in Jahrzehnten entwickelten staatskirchenrechtlichen Ordnung besteht“ (437). „Der Duktus des Ganzen ist affirmativ und konservativ“ (440). Islam, Freikirchen und Weltanschauungsgemeinschaften hätten keine Stimme. Das Werk sei institutionell orientiert und Ausdruck eines „auf Wahrung seines politischen Einflusses und seiner Besitzstände bedachten Denkens“ (441).
G. Czermak, NVwZ 1999, 743; P. Häberle, DÖV 1976, 73. Auf die Existenz tiefschürfender begriffshistorischer und-theoretischer Untersuchungen sei hier nur hingewiesen. Insb.: A. Hense, in: A. Haratsch/N. Janz u. a. (Hrsg.): Religion und Weltanschauung im säkularen Staat, Stuttgart u. a. 2001, 9; C. Walter, in: Grote/Marauhn, Religionsfreiheit, 2001, 215.
So bedurfte es einer Entscheidung des VerfGH von Brandenburg, um den nichtstaatlichen Weltanschauungsunterricht eines humanistischen Verbands als Pendant zum nichtstaatlichen Religionsunterricht zu ermöglichen, abgedr. in NVwZ 2006, 1052 (U. v. 15. 12. 2005).
F. v. Zezschwitz, JZ 1971, 11 (11).
M. Heckel, DVBl 1996, 453 (455).
Jeand’Heur/ Korioth, Grundzüge, 2000, S. 67 (Hervorhebung im Original).
M. Kleine, Institutionalisierte Verfassungswidrigkeiten, 1993.
J. Wieland, Der Staat 1995, 477 (Buchbesprechung M. Kleine, 1993); Zitate Wieland, S. 479 und 477. In diesem Zusammenhang stehen auch die zahlreichen geschliffenen Sottisen des rechtsdogmatisch besonders interessierten L. Renck.
J. Listl SJ, Staat und Kirche in der Bundesrepublik Deutschland, StdZ 1973, 291 ff., zit. nach P. Mikat, Staat und Kirche in der neueren Entwicklung, 1980, 240 (244). Listls Beitrag enthält freilich selbst nicht geringe Emotionen und Verzeichnungen gegnerischer Positionen.
v. Campenhausen, Staatskirchenrecht, 2. A. 1983, 2.
J. Isensee, Essener Gespräche 25 (1991), 104 (117).
St. Muckel, Religiöse Freiheit, 1997.
Vgl. H. Weber, Maurer-FS 2001, 469; der noch weit umfangreichere Katalog von H. Weber, NJW 1983, 2541, ist immer noch von Bedeutung.
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(2008). Grundfragen und aktuelle Probleme des Religionsrechts. In: Religions- und Weltanschauungsrecht. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-540-72049-2_2
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