Auszug
Das „Vertragsstaatskirchenrecht“ mit Herausbildung eines weltweit einzigartig dichten Netzes von „Staatskirchenverträgen“ ist ein Spezifikum des rechtstatsächlichen Religions(verfassungs)rechts der Bundesrepublik. Nur mit Religionsgemeinschaften (praktisch fast nur den Kirchen) trifft der Staat derartige Abkommen in oft feierlicher Form, nicht aber mit anderen wichtigen gesellschaftlichen Organisationen. Alexander Hollerbach drückt diese Tatsache mit dem Satz aus: „Das staatskirchenrechtliche System des Grundgesetzes ist ein den Vertrag als Gestaltungsmittel bevorzugendes System sachlich begrenzter Kooperation ...“1 Mit Joseph Listl bezeichnet er das bundesrepublikanische System auch als „verfassungs- und vertragsrechtlich begründetes freiheitliches2 Kooperationssystem“.3 Diese tatsächlich richtige Beschreibung bedeutet aber keineswegs, dass das Vertragsrecht auch als wichtiger Systembestandteil des Religionsverfassungsrechts der Bundesrepublik angesehen werden könnte. Denn das GG kennt keine Ermächtigungsnorm zum Abschluss solcher Verträge, verbietet sie aber auch nicht. Niemand bestreitet ihre grundsätzliche Zulässigkeit. Es stellt sich aber die Frage, aus welchen Gründen andere Staaten, die die Religionsfreiheit ebenfalls achten oder die großen Kirchen sogar ausdrücklich privilegieren, ohne ein vergleichbares Vertragsnetz auskommen.
A. Hollerbach, HStR Bd. 6 (1989), § 138 Rn. 138 und VVDStRL 26 (1968), 57 (101).
Ob das Vertragssystem wirklich so freiheitlich ist, wird unten im Zusammenhang mit den Fragen der formalen Vertragsschließung und -umsetzung unter III 3 kritisch diskutiert.
A. Hollerbach, a. a. O. Rn. 139 unter Zitierung von J. Listl, HdbKathKR 1983, 1050 (1054).
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(2008). Vertragsrecht (Konkordate und Kirchenverträge). In: Religions- und Weltanschauungsrecht. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-540-72049-2_14
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