Zusammenfassung
Unzureichende Forschungsbemühungen auf dem Gebiet der dissoziativen Störungen korrespondiert mit einem unzureichenden ätiologischen Verständnis dieser Krankheitsbilder. Klinische wie auch grundlagenwissenschaft lich ausgerichtete Untersuchungen auf dem Gebiet der dissoziativen Bewusstseinsstörungen und Konversionsstörungen könnten nicht nur die therapeutische Handlungsfähigkeit erweitern, sondern auch zu grundlegenden Erkenntnissen zur Willensbildung, Handlungssteuerung und Bewusstsein beim Menschen führen. Moderne Formen neurobiologischer Methoden, die bereits im Rahmen der Stressforschung entwickelt wurden, könnten dazu beitragen, die Ätiologie dieses immer noch unzureichend verstandenen Krankheitsbildes zu erhellen. Dabei kommt der Bedeutung des Verständnisses zwischen der Aktivierung biologischer Stressantwortsysteme und psychopathologischer Erscheinungsbilder eine besondere Bedeutung zu. Weitere Bemühungen, die dissoziativen Störungen in einem entwicklungspsychopathologischen Kontext zu untersuchen, würden auch das Verständnis für belastungsreaktive Störungen im Kindes- und Jugendalter (Anpassungsstörungen, akute Belastungsreaktion, posttraumatische Belastungsstörung) erheblich erweitern. Der beschriebene Nachweis pathophysiologischer Mechanismen im Bereich der dissoziativen Bewegungsstörungen wirkt dem immer noch anzutreffenden Geist-Körper-Dualismus entgegen und kann zur Entstigmatisierung dieser großen Patientengruppe beitragen (Brunner u. Resch 2008; Sharpe u. Carson 2001).
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Literatur
Brunner R, Resch F (2008) Dissoziative und somatoforme Störungen. In: Herpertz-Dahlmann B, Resch F, Schulte- Markwort M, Warnke A (Hrsg) Entwicklungspsychiatrie. Biopsychologische Grundlagen und die Entwicklung psychischer Störungen, 2. Aufl. Schattauer, Stuttgart, S 940–968
Sharpe M, Carson A (2001) »Unexplained« somatic symptoms, functional syndromes, and somatization: Do we need a paradigm shift? Annals of Internal Medicine 134: 926–930
Stonnington CM, Barry JJ, Fisher RS (2006) Conversion disorder. American Journal of Psychiatry 163: 1510–1517
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Brunner, R. (2012). Was wir nicht wissen: Offene Fragen. In: Dissoziative und Konversionsstörungen. Manuale psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-540-48849-1_8
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