Zusammenfassung
Seit 2003 hat sich die Zahl der so genannten „Tafeln“ und „Tische“ im bun-desdeutschen Zusammenhang auf knapp 900 fast verdreifacht (Selke 2008). Parallel zu diesen in gemeinnütziger Trägerschaft befindlichen Nahrungsmit-telausgaben findet sich eine Vielzahl so genannter Suppenküchen oder anderer Essensausgaben, in wachsender Zahl auch als Teil von Bildungsinstitutionen, wie Kindertagesstätten und Grundschulen. Tafeln, Tische und Suppenküchen verstehen sich als Angebote zur Bekämpfung wachsender Armut. Der Bundes-verband Deutsche Tafel e.V. fasst diese Zielsetzung in seiner Leitformel zusammen: „Die Tafeln bemühen sich um einen Ausgleich: Sie sammeln überschüssige’, aber qualitativ einwandfreie Lebensmittel, und geben diese an Bedürftige weiter“ (http://www.tafel.de/; Stand: 14. Juli 2009). Parallel zur Etablierung dieser „neuen Mitleidsökonomie“ (vgl. Kessl 2009) ist im bundesdeutschen Zusammenhang der Niedriglohnsektor zwischen 1995 und 2007 um 2,1 Mio. Personen auf 21,5% gestiegen (vgl. Kalina/Weinkopf 2009). Die Reallöhne sind in Deutschland als einzigem Land der EU zwischen 2000 und 2008 um 0,8% gesunken und die Spaltung zwischen denjenigen Gesellschaftsmitgliedern, die über ein großes oder sehr großes Vermögen verfügen und denjenigen, die auf ein kleines oder kein Vermögen zugreifen können, ist in demselben Zeitraum kontinuierlich angewachsen: Das oberste Zehntel der Bevölkerung verfügt 2007 über 61,1% des Gesamtvermögens (2002: 57,9%), die untersten 70% über weniger als 9% (2002: 10,5%) (vgl. Frick/Grabka 2009).
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Kessl, F., Klein, A., Landhäußer, S. (2012). Armut und Prekarisierung von Adressatinnen Sozialer Arbeit. In: Thole, W. (eds) Grundriss Soziale Arbeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-94311-4_33
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