Zusammenfassung
Antisemitische Stereotype sind heute in allen politischen und gesellschaftlichen Kreisen virulent, sie sind in hohem Maße integrativer Bestandteil rechtsextremer Ideologie, finden sich im globalisierungskritischen und im linken Umfeld und sind auch in der Mitte der Gesellschaft längst kein Tabu mehr. Seit Beginn der Zweiten Intifada im Herbst 2000, als sich erneut zeigte, welchen Mobilisierungseffekt die Radikalisierung des Nahostkonflikts auf antisemitische Einstellungen und Aktionen hat, ist offensichtlich, dass antisemitische Stereotype und Propaganda aus der arabischen Welt, aus Nord-Afrika oder der Türkei in verschiedenen europäischen Ländern auch unter Migranten und deren Nachkommen virulent sind. Diese antisemitischen Vorurteilsstrukturen weisen allerdings kaum Anknüpfungspunkte an etwaige Traditionen im Islam auf. Vielmehr sind sie Ergebnis eines von europäischen Vordenkern des Antisemitismus in die muslimische Welt getragenen Topos, der dort inzwischen einen zentralen Stellenwert einnimmt und sich insbesondere in einer antizionistischen Variante gegen Israel, aber ebenso gegen Juden überhaupt richtet (vgl. zum Antisemitismus in der arabischen Welt: Tibi 2003).
Überarbeitete und aktualisierte Version meines Beitrags in Thorsten Gerald Schneiders (Hrsg.): Islamverherrlichung. Wenn die Kritik zum Tabu wird. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2010.
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Wetzel, J. (2012). Moderner Antisemitismus unter Muslimen in Deutschland. In: Schneiders, T.G. (eds) Verhärtete Fronten. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-94220-9_17
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