Zusammenfassung
Einer der am häufigsten verwendeten Begriffe, um die gesellschaftlichen Verhältnisse der Gegenwart zu beschreiben, ist der Begriff der Wissensgesellschaft (Stehr 1994). Es soll damit zum Ausdruck gebracht werden, dass wissenschaftliches Wissen zur Grundlage der alltäglichen Praxis in allen Handlungsbereichen geworden ist. Wissenschaftliches Wissen ist universell gültiges Wissen, das in alle lokalen Lebenswelten eindringt und dort die eingelebten Traditionen in Frage stellt. Diese werden durch sogenanntes evidenzbasiertes Wissen ersetzt (Drori et al. 2003). Mit der Umstellung der gesellschaftlichen Praxis auf wissenschaftliches Wissen wird das Handeln auf rationale Grundlagen gestellt, es werden die effektivsten Mittel zur Erreichung von Zielen eingesetzt, die Menschen werden von den Borniertheiten ihrer lokalen Traditionen befreit und alle Welt bekommt Zugang zum universell gültigen wissenschaftlichen Wissen. Dieser Gewinn an Rationalität, effektiver Mittelwahl bei der Verfolgung von Zielen, Freiheit der Entscheidung und Gleichheit muss allerdings mit dem wachsenden Risiko erkauft werden, dass auch das Wissen über unser Nichtwissen wächst, auch die effektivsten Mittel zur Erreichung bestimmter Ziele unerwünschte Nebenfolgen haben, die Befreiung von Traditionen neue Zwänge entstehen lässt und aus der Inklusion in die Wissensgesellschaft durch Bildung neue Formen der Exklusion hervorgehen.
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Münch, R. (2011). Globales Wissen, lokale Lebenswelten Reflexive Modernisierung in der Wissensgesellschaft. In: Maurer, A., Schimank, U. (eds) Die Rationalitäten des Sozialen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-94118-9_8
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