Abstract
Netzwerke nehmen eine Vermittlungsposition zwischen Mikro- und Makroebene ein, denn was wir als gesellschaftliche Realität wahrnehmen, spielt sich in Netzwerken oder durch Netzwerke ab. Ein wesentliches Problem in der Netzwerkforschung besteht bisher jedoch darin, dass soziale Netzwerke ofensichtlich über Strukturen verfügen, die zwar mit dem netzwerkanalytischen Instrumentarium adäquat beschrieben werden können, soziale Strukturen aber mehr umfassen als mit manifesten Interaktionsbeziehungen erfasst wird. Das heißt, dass die netzwerkanalytische Forschung zwar einen wichtigen Aspekt sozialer Strukturen erfasst, die Mikro- Makro-Problematik allerdings über soziale Beziehungsnetzwerke hinaus weist. Vor diesem Hintergrund ist das Ziel unseres Beitrages, die Netzwerkforschung stärker theoretisch zu fundieren und damit eine Grundlage für die gleichzeitige Berücksichtigung von Makro- und Mikroebene bei der Erklärung sozialen Handelns zu schaffen. Dazu verknüpfen wir Bourdieus Habitus- und Feldtheorie mit den Grundannahmen der Netzwerkforschung. Durch diese Verknüpfung wird es möglich, Netzwerkstrukturen als Muster sozialer Praktiken zu beschreiben, die durch mikro- und makrostrukturelle Merkmale wechselseitig hervorgebracht und beeinflusst werden. Mit Hilfe der egozentrierten Netzwerkanalyse konnten wir das geschaffene theoretische Fundament empirisch validieren. Im Zentrum der empirischen Untersuchung des Zusammenhangs von Habitus und Netzwerkstruktur stand die kombinierte Erhebung von Milieuzugehörigkeit, Gesellungsstilen und egozentrierten Netzwerken. Im Ergebnis zeigt sich, dass ein Großteil der Netzwerkstrukturmerkmale eng mit Habitusmerkmalen (Milieu und Gesellungsstil) verbunden sind. Die theoretische Verknüpfung von Habitus/ Feldtheorie und der Netzwerkanalyse und deren empirische Validierung liefert uns einerseits ein theoretisches Fundament für die Netzwerkforschung, andererseits eine Grundlage zur weiteren empirischen Erforschung des wechselseitigen Zusammenhanges von Makro- und Mikroebene bzw. Habitus und Netzwerken.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Beckert, Jens, 2005: Soziologische Netzwerkanalyse. S. 286–312 in: Dirk Käsler (Hg.), Aktuelle Theorien der Soziologie. Von Shmuel N. Eisenstadt bis zur Postmoderne München: Beck.
Bernhard, Stefan, 2008: Netzwerkanalyse und Feldtheorie. Grundriss einer Integration im Rahmen von Bourdieus Feldtheorie. S. 121–130 in: Christian Stegbauer (Hg.), In: Netzwerkanalyse und Netzwerktheorie: Ein neues Paradigma in den Sozialwissenschaften. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Bommes, Michael und Valerie Tacke, 2005: Luhmann’s system theory and network theory. S. 282–304 in: David Seidl und Kai Helge Becker (Hg.), Niklas Luhmann and organzation studies. Malmö: Lieber & Copenhagen Business School Press.
Bommes, Michael und Valerie Tacke, 2010: Das Allgemeine und das Besondere des Netzwerkes. S. 25–50 in: Netzwerke in einer funktional diffenezierten Gesellschaft, VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Bourdieu, Pierre, 1983: Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital. S. 183–198 in: Reinhard Kreckel (Hg.), Soziale Ungleichheiten. Göttingen: Schwartz.
Bourdieu, Pierre, 1985: Sozialer Raum und Klassen. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Bourdieu, Pierre, 1987: Die feinen Unterschiede. Kritik an der gesellschaftlichen Urteilskraft. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Bourdieu, Pierre, 1992: Die verborgenen Mechanismen der Macht. Hamburg: VSA-Verlag.
Bourdieu, Pierre, 1998: Praktische Vernunft. Zur Theorie des Handelns. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Bourdieu, Pierre und Loïc J. D. Wacquant, 1996: Reflexive Anthropologie. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Burt, Ronald S., 1982: Toward a Structural Theory of Action. Network Models of Social Structure, Perception, and Action. New York: Academis Press.
Coleman, James Samuel, 1990: Foundations of social theory. Cambridge, Mass.: Belknap Press of Harvard University Press.
De Nooy, Wouter 2003: Fields and networks: correspondence analysis and social network analysis in the framework of field theory. Poetics 31: 305–327.
Doreian, Patrick, 2006: Actor network utilities and network evolution. Social Networks 28: 137–164.
Durkheim, Emile, 1988: Über soziale Arbeitsteilung. Frankfurt/Main: Suhrkamp.
Fröhlich, Gerhard, 1994: Kapital, Habitus, Feld, Symbol. S. 42–54 in: Ingo Mörth und Gerhard Fröhlich (Hg.), In: Das symbolische Kapital der Lebenstile. Zur Kultursoziologie der Moderne nach Pierre Bourdieu. Frankfurt/ New York: Campus Verlag.
Gulas, Christian 2007: Netzwerke im Feld der Macht. Zur Bedeutung des Sozialkapitals für die Elitenbildung. S. 68–94 in: Elisabeth J. Nöstlinger und Ulrike Schmitzer (Hg.), In: Bourdieus Erben. Gesellschaftliche Elitenbildung in Deutschland und Österreich. Mandelbaumverlag.
Haines, Valerie A., 1988: Social network analysis, structuration theory and the holism-individualism debate. Social Networks 10: 157–182.
Hennig, Marina und Steffen Kohl, 2011: Rahmungen und Spielräume sozialer Beziehungen. Zum Einfluss des Habitus auf die Herausbildung von Netzwerkstrukturen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Holzer, Boris 2008: Netzwerke und Systeme. Zum Verhältnis von Vernetzung und Differenzierung. S. 155–164 in: Christian Stegbauer (Hg.), Netzwerkanalyse und Netzwerktheorie. Ein neues Paradigma in den Sozialwissenschaften. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Hummon, Norman P., 2000: Utility and dynamic social networks. Social Networks 22: 221–249
Knoke, David und James H. Kuklinski, 1982: Network Analysis. Californien: Sage Publications.
Trezzini, Bruno, 1998: Theoretische Aspekte der Sozialwissenschaftlichen Netzwerkanalyse. Schweiz. Z. Soziol. 24: 511–544.
Trezzini, Bruno, 2010: Netzwerkanalyse, Emergenz und die Mikro-Makro-Problematik. S. 193–204 in Christian Stegbauer und Roger Häußling (Hg.), Handbuch Netzwerkforschung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Wellman, Barry, 1988: Structural analysis. From method and methaphor to theory and substance. S. 19–61 in: Barry Wellman und Stephen D. Berkowitz (Hg.), Social Structures: a network Approach. Cambridge; New York: Camridge University Press.
White, Harrison C., Scott A. Boorman und Ronald L. Breiger, 1976: Social Structure from Multiple Networks. I. Blockmodels of Roles and Positions. The American Journal of Sociology 81: 730–780.
White, Harrison C., Jan Fuhse, Matthias Thiemann und Larissa Buchholz, 2007: Networks and Meanings: Style and Switches. Soziale Systeme 13: 543–555.
Windeler, Arnold, 2001: Unternehmungsnetzwerke. Konstitution und Strukturation. Opladen: Westdeutscher Verlag.
Editor information
Rights and permissions
Copyright information
© 2012 Springer Fachmedien Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Hennig, M., Kohl, S. (2012). Fundierung der Netzwerkperspektive durch die Habitus und Feldtheorie von Pierre Bourdieu. In: Hennig, M., Stegbauer, C. (eds) Die Integration von Theorie und Methode in der Netzwerkforschung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-93464-8_2
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-93464-8_2
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-17865-3
Online ISBN: 978-3-531-93464-8
eBook Packages: Humanities, Social Science (German Language)