Zusammenfassung
Emotionen und Gemeinschaften sind zwei Phänomene, die häufig zusammen zu beobachten sind. Gemeinschaften erscheinen hochgradig emotional, weil Emotionen ihre Entfaltung erst im gemeinsamen Miteinander finden. Dieser Zusammenhang bildete schon bei Durkheim (1994) ein Steigerungsverhältnis, das ein Gefühl der Zugehörigkeit produziert. Das Individuum kann im Moment der Efferveszenz über sich hinaus- und in die Gemeinschaft aufgehen. Dieser Übergang bildete bei Durkheim die Grundlage für gesellschaftliche Solidarität und Moral. Gemeinschaft erscheint damit als Reproduktionsort des Zusammenhalts der Gesellschaft, als deren sozialer Kitt. Dem steht die Angst vor Gemeinschaft als diskriminierendes Phänomen gegenüber. Statt einer individuelle Differenzen überbrückenden Wirkung wird die mit ihr betriebene und unvermeidliche Distanzierung gegenüber anderen betont: Dem Wir steht immer auch ein Ihr gegenüber – eine Differenz, die nur noch idealerweise und darum kaum praktisch in einem universalen Wir eingebettet vorgestellt werden kann (dazu Tietz 2002).
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Literatur
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John, R. (2012). Individuen in Gemeinschaft. In: Schnabel, A., Schützeichel, R. (eds) Emotionen, Sozialstruktur und Moderne. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-93443-3_18
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