Zusammenfassung
Im Frühjahr 1990 begegnete ich Douglas Crimp zum ersten Mal. Der Anlass war eine Ausstellung, die wir zwei Jahre zuvor gesehen hatten (Theising 2008). Damals, im Jahre 1988, hatten Gisela Theising und ich einen Monat in New York verbracht. Das Wochenblatt The Village Voice, das damals noch an Zeitungskiosken verkauft wurde (und nicht, wie heute, kostenlos verteilt wird), informierte uns über die breite Palette kultureller Angebote. Ein begeisterter Artikel behandelte eine Ausstellung in der Non-Profit-Galerie White Columns, von der es hieß, sie sei die erste politische Ausstellung seit den Jahren des Vietnam-Krieges. White Columns war 1970 von Jefferey Lew in 112 Greene Street gegründet worden und zog später zunächst in die Spring Street um (vgl. Abschn. 4.4). Wir begaben uns also in die Spring Street in Soho und besuchten die ACT UP Show. ACT UP ist das Logo einer politischen Bewegung, das für „AIDS Coalition To Unleash Power“ steht. Der Ausdruck „act up“ heißt übersetzt „Ärger machen“.
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Notes
- 1.
Die Collage war damals in reinem Schwarzweiß mit Schablonierung in Rot. Die Abbildung zeigt das mittlerweile gealterte Werk, dessen Klebestellen gebräunt sind.
- 2.
In Duisburg, Hildesheim und Heidelberg organisierten die AStAs die Wanderausstellung Bilderschock in ihren Universitäten.
- 3.
In den frühen Morgenstunden des 28. Juni setzten sich Schwule zur Wehr, als die Polizei eine Razzia im Stonewall Inn durchführen wollte. Das Lokal liegt in der Christopher Street im Greenwich Village. In US-Großstädten finden jedes Jahr Ende Juni zum Gedenken an dieses Ereignis „Gay Pride Parades“ statt, auch in deutschen Großstädten erinnern jedes Jahr Umzüge zum „Christopher Street Day“ daran.
- 4.
Neben den Ausstellungen Bilderschock und Silence = Death, die Gisela Theising und ich kuratierten (vgl. Abschn. 3.1), war eine der wenigen Ausnahmen gegendarstellung ethik und ästhetik im zeialter von aids im Kunstverein Hamburg im Jahre 1992 (Schmidt-Wulffen/Schwander 1992).
- 5.
The Silence = Death Project, wie sich die Gruppe nannte, hatte das Plakat ein paar Monate früher auf eigene Kosten drucken lassen und in Manhattan geklebt. Für Demonstrationen nutzten sie es später wieder. Zur Gruppe gehörten Avram Finkelstein, Brian Howard, Oliver Johnston, Charles Kreloff, Christopher Lione und George Socarras.
- 6.
Später relativiert er diese Auffassung, nun einer eher romantisierenden Haltung zuneigend: „Ich selbst habe in der Theorie der Avantgarde vom Scheitern der historischen Avantgardebewegungen gesprochen. Wenn man das Projekt an seinen Realisierungen misst, trifft das sicherlich zu. Aber das Urteil selbst verbleibt innerhalb der Logik des Entweder – Oder. Verlässt man diese Logik, wird fraglich, ob ein utopisches Projekt überhaupt scheitern kann, da es doch der Hoffnung verschwistert ist, die nach Ernst Blochs Diktum nicht enttäuscht werden kann. Der Gedanke lässt sich auch anders ausdrücken: das Scheitern ist der Modus, in dem der Avantgardist sich der utopischen Qualität seines Projekts versichert, das als verwirklichtes immer ein anderes wäre“ (Bürger 1987: 202).
- 7.
In der Übersetzung ins Deutsche durch Rolf Braumeis wurden die „constituencies“ etwas holprig zu „Wählerschaften“, ich bevorzuge den sozialwissenschaftlich präziseren Begriff „Milieus“.
- 8.
Arbeiten auf Spiegelglas lassen sich naturgemäß nur schlecht abbilden. Deshalb fotografierte Loring R. McAlpin sein Werk im Streiflicht.
- 9.
Als der Künstler an Aids gestorben war, organisierte eine Aktivistengruppe eine „politische“ Beerdigung (Episalla 2009: 194).
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Hieber, L. (2013). Die Fortsetzung des unvollendeten Projekts der historischen Avantgarde in New York. In: Zur Aktualität von Douglas Crimp. Aktuelle und klassische Sozial- und Kulturwissenschaftler|innen. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-93429-7_3
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